Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Arbeitnehmers
Leitsatz (amtlich)
Die Haftung des Arbeitnehmers für Schäden, die er in Verrichtung seiner betrieblich veranlaßten Tätigkeit verursacht hat, ist lediglich bei fahrlässigem Verhalten eingeschränkt. Bei vorsätzlicher Schadenszufügung entfällt die Haftungsbeschränkung. Der Vorsatz (auch in der Form des dolus eventualis) hat sich nicht nur auf die haftungsbegründende, sondern auch auf die haftungsausfüllende Kausalität zu beziehen (so BAG, Urteil vom 18.06.1970, AP Nr. 57 zu § 611, Haftung des Arbeitnehmers, Hanau/Rolphs NJW 94, 1439 ff, 1442; unentschieden BGH, Urteil vom 20.11.1979, NJW 80, 996 ff). Damit unterscheidet sich die Haftung des Arbeitnehmers von der allgemeinen des Privatrechts, nach welcher der vorsätzliche Verstoß gegen die Vertragspflicht allein für die Begründung der Schadensersatzpflicht genügt.
Normenkette
BGB §§ 611, 823 Abs. 1, §§ 276, 254
Verfahrensgang
ArbG Jena (Aktenzeichen 3 Ca 169/99) |
Tenor
1) Die Berufung der Klägerin (Berufungsklägerin) und die Anschlussberufung des Beklagten (Berufungsbeklagten) gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Jena vom 07.04.2000 (3 Ca 169/99) werden zurückgewiesen.
2) Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 3/4 und der Beklagte 1/4.
3) Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin macht mit ihrer Klage Schadensersatzansprüche gegenüber dem Beklagten, der ehemals Auszubildender bei ihr war, geltend.
Die Schadensersatzansprüche basieren auf einem Vorfall von Anfang Mai 1998. Der Beklagte, damals Auszubildender der Klägerin, fuhr mit einem Gabelstapler der Klägerin gegen das Tor der Lagerhalle der Klägerin und beschädigte dieses Tor. Streitig ist zwischen den Parteien, ob dem Beklagten die Benutzung des Gabelstaplers von der Klägerin verboten worden war und ob sich das Lamellentor der Lagerhalle, welches zur Öffnung unter das Dach der Lagerhalle zu ziehen war und dort waagerecht parallel zum Dach aufgehängt war, während der Benutzung des Gabelstaplers durch den Beklagten unversehens absenkte, mit der Folge, dass der Beklagte den Gabelstapler nicht mehr rechtzeitig anhalten konnte und das Tor beschädigte.
Wegen des erstinstanzlichen Parteivortrages, wegen der gestellten Anträge, wegen der richterlichen Feststellungen und wegen des Ergebnisses der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils gem. § 543 Abs. 1 ZPO und auf den Inhalt der Vernehmungsniederschriften vom 17.03.2000 und vom 07.04.2000 Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Jena hat der Klage mit Urteil vom 07.04.2000 teilweise stattgegeben und sie zum überwiegenden Teil aus den aus den Entscheidungsgründen (Bl. 69 – 77 d. A.) ersichtlichen Gründen abgewiesen.
Gegen dieses ihr am 07.06.2000 zugestellte Urteil legte die Klägerin am 07.07.2000 Berufung ein und begründete die Berufung am 07.08.2000. Der Beklagte legte am 05.10.2000 die – unselbständige – Anschlussberufung ein.
Während die Klägerin die vom erstinstanzlichen Gericht zugrundegelegten tatsächlichen Feststellungen im Ergebnis nicht beanstandet, wendet sie sich gegen die Rechtsauffassung im angefochtenen Urteil, wonach die Haftung des Beklagten im konkreten Falle summenmäßig auf drei Monatsgehälter beschränkt wurde. Die Klägerin ist der Auffassung, eine Haftungserleichterung könne es für den Beklagten im vorliegenden Falle nicht geben, weil wegen des ausdrücklichen Verbotes der Klägerin gegenüber dem Beklagten, den Gabelstapler zu benutzen, der Gesichtspunkt des Betriebsrisikos keine Rolle spielen könne.
Die Klägerin beantragt,
in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Jena vom 07.04.2000, Az.: 3 Ca 169/99, den Beklagten zu verurteilen, über die Verurteilung des Arbeitsgerichts Jena vom 07.04.2000, Az.: 169/99, hinaus weitere 5.175,00 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 25.03.1999 zu bezahlen und die Anschlussberufung des Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Jena vom 07.04.2000, Az.: 3 Ca 169/99, abzuändern, die Klage abzuweisen und die Berufung der Klägerin vom 17.07.2000 kostenpflichtig zurückzuweisen.
Der Beklagte ist in erster Linie der Auffassung, die Klägerin habe die Frist zur Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches gem. § 18 des allgemeinverbindlichen Tarifvertrages für den Einzelhandel in Thüringen versäumt. Im übrigen vertritt der Beklagte die Auffassung, die Klägerin habe ihm einen Auftrag erteilt, nämlich Abladen von Fahrrädern, welche in Kartons verpackt und sodann auf Paletten gebündelt befestigt waren, den er ohne Benutzung des technischen Hilfsmittels Gabelstapler nicht habe bewältigen können. Daher habe die Klägerin eine erhebliche Ursache dafür gesetzt, dass der Beklagte sich entgegen möglicherweise erteilten Anweisungen des Gabelstaplers bedient habe. Daher liege in der Benutzung des Gabelstaplers eine von der Klägerin verursachte Handlung mit der Folge, dass der Schaden nur aufgrund leichter bis mittlerer Fahrlässigkeit zustande gekommen sei. Für d...