Haftung: Unfall eines Mitarbeites mit Firmenfahrzeug

Arbeitnehmer, die mit einem Firmenfahrzeug einen Unfall bauen, können nicht davon ausgehen, dass der Arbeitgeber grundsätzlich für den Schaden einsteht. Die Grundsätze der privilegierten Arbeitnehmerhaftung spielen hier eine entscheidende Rolle.

Einem Mitarbeiter wurde von seinem Arbeitgeber im Laufe seines Arbeitsverhältnisses über einen Leasingvertrag ein Firmenfahrzeug, ein Nissan Leaf, überlassen. Für das Fahrzeug war eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen.

Mit Betriebsfahrzeug Auto des Chefs angefahren

Auf dem Betriebsgelände des Arbeitgebers kam es zu einem Unfall. Der Arbeitnehmer fuhr beim Zurücksetzen des Nissan auf ein BMW-Cabrio auf, das dem Geschäftsführer des Unternehmens gehörte und das zum Unfallzeitpunkt abgemeldet war. Die Schadenshöhe beim BWM lag bei knapp 2.315 EUR.

Privilegierte Arbeitnehmerhaftung – Arbeitnehmer haftet nur für Teil des Schadens

Vor Gericht musste unter anderem geklärt werden, ob der Arbeitnehmer für den an dem BMW des Geschäftsführers entstandenen Schaden haftet. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen hat entschieden, dass der Geschäftsführer gegenüber dem ehemaligen Mitarbeiter einen Anspruch auf Zahlung von 1543 EUR gemäß §§ 823 Abs. 1, 398 BGB hat. Die nur anteilige Haftung des Arbeitnehmers ergebe sich aus den vom BAG aufgestellten Grundsätzen der privilegierten Arbeitnehmerhaftung, so das LAG.

Die Anwendung der Grundsätze über die beschränkte Arbeitnehmerhaftung setze ein betrieblich veranlasstes Handeln des Arbeitnehmers voraus. Betrieblich veranlasst sind solche Tätigkeiten des Arbeitnehmers, die ihm arbeitsvertraglich übertragen worden sind oder die er im Interesse des Arbeitgebers für den Betrieb ausführt. Dabei muss die Tätigkeit in nahem Zusammenhang mit dem Betrieb und seinem betrieblichen Wirkungskreis stehen. Diese Voraussetzung war laut LAG erfüllt.

Gericht sieht mittlere Fahrlässigkeit beim Arbeitnehmer

Das Gericht kam zu der Auffassung, dass dem Arbeitnehmer eine mittlere Fahrlässigkeit im oberen Bereich vorzuwerfen sei und bemaß die Haftungsquote entsprechend. Während des Rückwärtsfahrens sei es erforderlich, sich permanent durch die Benutzung der Innen- und Außenspiegel sowie durch einen Schulterblick zu vergewissern, dass die avisierte Fahrstrecke frei von Hindernissen ist. Gegebenenfalls müsse sich der Fahrer durch einen Beifahrer oder eine dritte Person einweisen lassen, so das LAG.

Grundsätzlich gibt es folgende Abstufungen bei der privilegierten Arbeitnehmerhaftung:

  • Leichte bzw. leichteste Fahrlässigkeit wie z. B. ein typisches Abirren, ein sich „vergreifen“ oder „vertun“. Keine Haftung des Arbeitnehmers.
  • Mittlere Fahrlässigkeit – liegt vor, wenn der Arbeitnehmer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat und der missbilligte Erfolg bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt vorhersehbar und vermeidbar gewesen wäre. Teilweise Haftung des Arbeitnehmers.
  • Grobe Fahrlässigkeit – liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maß verletzt und unbeachtet gelassen wird, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Haftung: Arbeitnehmer müssen in aller Regel den gesamten Schaden tragen.

Die Beweislast liegt beim Arbeitgeber.

(LAG Niedersachsen, Urteil v. 10.04.2024, 2 Sa 642/23)


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