Kollision auf Autozug – muss die Haftpflichtversicherung zahlen?
Auf einem Autozug nach Sylt kam es zu einem Unfall zwischen dem Mercedes, der von dem Geschäftsführer einer GmbH gefahren wurde, und einem Sprinter. Beide Fahrzeuge waren von Mitarbeitern der Deutschen Bahn angegurtet worden. Der französische Fahrer des Sprinters hatte bei seinem Fahrzeug aber weder den Gang eingelegt, noch die Handbremse gezogen, obwohl die Reisenden per Lautsprecherdurchsage dazu aufgefordert worden waren.
Fahrer hatte weder Gang eingelegt noch Handbremse gezogen
Auf dem ersten Teilstück der Fahrt nach Sylt fuhr der Sprinter nach dem Anfahren und Anhalten des Zuges zweimal von hinten auf den Mercedes des Klägers auf, nachdem die Sicherheitsgurte gerissen waren. Sachschaden am Mercedes: 20.000 EUR. Bei einem Zwischenhalt hatte der Fahrer des Sprinters die Handbremse angezogen und den Gang eingelegt, sodass es zu keinen weiteren Kollisionen kam.
Gehörte der Bahntransport zum Betrieb des Sprinters?
Die Haftpflichtversicherung des Transporters lehnte die Übernahme des Schadens ab. Ihre Argumentation: Der Schaden sei nicht beim Betrieb nach § 7 Abs. 1 StVG entstanden, der Bahntransport habe nicht mehr zum Betrieb des Sprinters gehört. Dieser sei reines Transportgut gewesen. Er sei angegurtet auf dem Zug gewesen. Die Klägerin hätte ihre Ansprüche gegen den Halter des Zuges geltend machen müssen.
Das OLG Schleswig-Holstein folgte dieser Auffassung nicht. Bei der Neufassung des § 7 Abs. 1 StVG zum 1.8.2002 habe der Gesetzgeber den Begriff „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ bewusst weit gefasst. Die Gefahren, die durch ein Kraftfahrzeug in den Verkehr getragen werden, gingen nicht nur vom Motor und dessen Einwirkung auf das Fahrzeug aus.
OLG: Haftung aus Betriebsgefahr auch bei ruhendem Verkehr möglich
Die Haftung aus Betriebsgefahr verwirklicht sich auch dann, wenn allein die von außen wirkende Kraft des Windes den Schaden im ruhenden Verkehr verursacht (vgl. BGH v. 11.02.2020, VI ZR 286/19). § 7 Abs. 1 StVG beschränkt die Einstandspflicht nicht auf fahrzeugspezifische Gefahren in dem Sinne, dass der jeweilige Schaden allein durch ein Fahrzeug verursacht werden können muss. Die Beeinflussung von Fahrzeugen – insbesondere bei höheren Aufbauten – durch Wind stelle grundsätzlich eine typische Gefahrenquelle des Straßenverkehrs dar, die bei wertender Betrachtung vom Schutzzweck der Gefährdungshaftung umfasst sei.
Fazit: Die beklagte Haftpflichtversicherung muss für den Schaden in Höhe von 20.000 EUR aufkommen.
(OLG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 31.07.2024, 7 U 48/24)
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