Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit der Zustellung eines Versäumnisurteils
Leitsatz (amtlich)
1. Wesentliche Mängel beim Ausfüllen einer Postzustellungsurkunde führen unheilbar zur Unwirksamkeit der Zustellung.
2. Die Beurkundung der falschen Zustellungsart (hier: persönliche Übergabe statt tatsächlich erfolgter Ersatzzustellung) ist ein die Zustellung unwirksam machender wesentlicher Mangel.
3. Bei der Ersatzzustellung gem. § 183 ZPO ist in der Urkunde gem. § 191 Nr. 4 ZPO auch zu erklären, dass der Zusteller den Empfänger persönlich gesucht aber nicht angetroffen hat, damit auch die Voraussetzungen einer Ersatzzustellung an der besonderen Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde teilnehmen und dem Streit weitestgehend entzogen werden.
Normenkette
ZPO §§ 183, 190 Abs. 1, § 191
Verfahrensgang
ArbG Jena (Aktenzeichen 1 Ca 133/01) |
Tenor
Der Beschluß des Arbeitsgerichts Jena vom 31. Mai 2001 – 1 Ca 133/01 – wird aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur Verhandlung und Entscheidung über den Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 03. April 2001 an das Arbeitsgericht zurückverwiesen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten in der Hauptsache über Arbeitsvergütung für die Monate Dezember 2000 und Januar 2001 sowie über Schadenersatzansprüche wegen verspätet gezahlter Vergütung.
Mit Versäumnisurteil vom 03.04.2001 hat das Arbeitsgericht die Beklagte den Klaganträgen entsprechend verurteilt. Dieses Versäumnisurteil verbrachte ein Postbediensteter am 18.04.2001 in die Geschäftsräume der Beklagten und übergab es einem dort anwesenden Herrn M. M.. Dieser ist nicht gesetzlicher Vertreter der Beklagten bzw. ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin. In der über den Vorgang ausgefüllten Postzustellungsurkunde kreuzte der Postbedienstete die Rubrik „Persönliche Zustellung” unter Ziffer 2.5 des Formulars an. Wegen des Inhalts der Postzustellungsurkunde im einzelnen wird auf diese selbst (Bl. 31 d. A.) Bezug genommen. Gegen das Versäumnisurteil hat die Beklagte mit am 11.05.2001 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Einspruch erhoben.
Mit Beschluß vom 11.05.2001 hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, daß es von einer Zustellung des Versäumnisurteils am 18.04.2001 und deshalb von einer Versäumung der Einspruchsfrist ausgehe und auf die Möglichkeit eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand hingewiesen, den die Beklagte mit am 28.05.2001 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz gestellt hat.
Mit Beschluß vom 31.05.2001 hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand und den Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, mit Zustellung des Versäumnisurteils am 18.04.2001, einem Mittwoch, habe die Einspruchsfrist am 25.04.2001 geendet; der Einspruch gegen das Versäumnisurteil sei danach, nämlich am 11.05.2001, beim Gericht eingegangen. Auch der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand sei nicht fristgerecht innerhalb von zwei Wochen nach dem Tage, an dem das Hindernis zur Vornahme der versäumten Prozeßhandlung behoben worden sei, bei Gericht eingegangen. Im übrigen seien Wiedereinsetzungsgründe weder substantiiert vorgetragen noch glaubhaft gemacht.
Dieser Beschluß ist der Beklagten am 15.06.2001 zugestellt worden.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der am 25.06.2001 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde.
Sie ist der Ansicht, das Versäumnisurteil sei nicht ordnungsgemäß zugestellt. Hierzu behauptet sie, der Mitarbeiter Herr M., welcher das Versäumnisurteil tatsächlich in Empfang genommen habe, sei lediglich freier Mitarbeiter der Beklagten und nicht postempfangsberechtigt.
Die Klägerin bittet um Zurückweisung der sofortigen Beschwerde.
Sie behauptet, der Mitarbeiter Herr M. sei Angestellter der Beklagten gewesen, habe ein monatliches Gehalt bezogen, die Sozialversicherungsbeiträge seien durch die Beklagte abgeführt worden.
II.
Die Beschwerde ist als sofortige Beschwerde gem. § 78 Abs. 1 ArbGG i. V. mit § 341 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft. Sie ist form- und fristgerecht erhoben.
Die sofortige Beschwerde ist auch begründet, denn der Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts vom 03.04.2001 ist nicht wegen Versäumung der Einspruchsfrist unzulässig, weil das Versäumnisurteil aufgrund fehlerhafter Beurkundung des Zustellvorganges nicht ordnungsgemäß zugestellt worden ist und deshalb die Einspruchsfrist noch nicht zu laufen begonnen hat. Diese endete daher auch nicht vor dem 11.05.2001, so daß der vor Zustellung des Versäumnisurteils eingelegte Einspruch in Ansehung der Frist als zulässig anzusehen ist.
Die Zustellung ist unwirksam, weil der das Schriftstück zustellende Postbedienstete eine persönliche Zustellung beurkundet aber nach dem unstreitigen Vorbringen und Erkenntnissen des Arbeitsgerichtes tatsächlich eine Ersatzzustellung stattgefunden haben soll.
Für die Zustellung finden die Vorschriften über die Zustellungen der ZPO Anwendung. Gem. § 190 Abs. 1 Z...