Rz. 133
§ 611 Abs. 2 BGB besagt, dass Gegenstand des Dienstvertrags "Dienste jeder Art" sein können. Dies gilt gleichermaßen für den Arbeitsvertrag, wenn auch dahingehend eingeschränkt, dass es sich um Dienste in Abhängigkeit von einem anderen, dem Arbeitgeber, handeln muss. Hinsichtlich der Art der in einem Arbeitsvertrag zu vereinbarenden Leistung besagt § 611 Abs. 2 BGB lediglich, dass es im Grundsatz keine Einschränkungen gibt. Grenzen können sich allerdings aus allgemeinen Regelungen ergeben, so z. B. zunächst aus den gesetzlichen Regelungen wie den zumindest einseitig zwingenden öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzvorschriften, ferner aus §§ 134, 138 und 242 BGB. Bei Auszubildenden ist die Einschränkung des § 14 Abs. 3 BBiG zu beachten, sowie bei werdenden Müttern § 11 MuSchG. Im Allgemeinen folgt die Art der zu verrichtenden Arbeit aus dem Inhalt des Arbeitsvertrags. Dieser hat zumindest "eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit" zu enthalten. Wegen seines notwendig unvollständigen Charakters bedarf es jedoch zur Bestimmung der konkret von dem Arbeitnehmer zu verrichtenden Arbeit zumeist weiterer Rechtsquellen. Zunächst ist jedoch der Arbeitsvertrag auszulegen, und zwar erläuternd, denn eine ergänzende Auslegung kommt erst in Betracht, nachdem festgestellt ist, dass andere, die Arbeitsleistung beeinflussende Normen wie TV, BV u. Ä. die Lücke nicht zu schließen vermögen. Die Auslegung erfolgt gem. §§ 133, 157 BGB nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte. Statt bzw. neben der Verkehrssitte sind im Arbeitsverhältnis eine bestehende betriebliche oder branchenspezifische Übung zu berücksichtigen.
Rz. 134
Die Festlegung der Art der zu verrichtenden Tätigkeit kann auch konkludent erfolgen, so wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer faktisch einen Arbeitsplatz mit bestimmten Tätigkeitsmerkmalen zuweist und der Arbeitnehmer dies befolgt. Die konkludente Festlegung der Arbeitsleistung muss abgegrenzt werden von der Festlegung durch Ausübung des Direktionsrechts, weil für Letztere durch § 106 GewO eine besondere Schranke errichtet wird. Maßgeblich ist, ob den Umständen zu entnehmen ist, dass der Arbeitnehmer sein Einverständnis (auch konkludent) erklärt hat oder ob er ohne (nicht notwendig gegen) dieses die Festlegung der Arbeitsleistung für verbindlich hält. Das Arbeitsverhältnis kann sich ferner dahingehend konkretisieren, dass eine bestimmte Tätigkeit künftig den alleinigen Vertragsinhalt bildet.
Rz. 135
Des Weiteren sind Bestimmungen in TV oder BV, soweit diese die Art der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Tätigkeit betreffen, zu beachten. TV können innerhalb festgelegter Vergütungsgruppen bestimmte Tätigkeitsmerkmale vorsehen. Bei Einstufung in eine gewisse Vergütungsgruppe hat der Arbeitnehmer mangels gegenteiliger Vereinbarungen i. d. R. alle darin genannten Tätigkeiten zu übernehmen, sofern sie seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm die Tätigkeit auch im Übrigen billigerweise zugemutet werden kann. Der Arbeitnehmer hat umgekehrt einen Anspruch darauf, dass ihm nur solche Arbeiten zugewiesen werden, die den Merkmalen der Vergütungsgruppe entsprechen. Im Übrigen wird innerhalb der verbleibenden Grenzen die in der jeweiligen Situation zu erbringende Leistung durch Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber konkretisiert.
Zu beachten ist, dass der Umfang der Arbeitspflicht selbst dem Direktionsrecht nicht unterliegt, sondern nur durch Gesetz oder Vertrag gestaltbar ist. Dem Direktionsrecht kommt innerhalb des so festgelegten Umfangs allein eine Konkretisierungsfunktion zu. Dabei ist er insbesondere an die Grenze des § 106 Satz 1 GewO gebunden.
Rz. 136
Das Direktionsrecht des Arbeitgebers umfasst die Möglichkeit, dem Arbeitnehmer einen Wechsel in der Art der Beschäftigung aufzuerlegen oder den Arbeitsbereich zu verkleinern. Allerdings berechtigt es den Arbeitgeber grundsätzlich nicht, dem Arbeitnehmer Tätigkeiten einer niedrigeren Vergütungsgruppe zu übertragen. Zwar können dem Arbeitnehmer, soweit dies der Arbeitsvertrag zulässt, unterschiedliche Tätigkeiten kraft Weisung durch den Arbeitgeber übertragen werden, doch ist dafür Voraussetzung, dass diese als gleichwertig anzusehen sind. Dabei soll sich die Gleichwertigkeit "mangels anderer Anhaltspunkte grundsätzlich aus der auf den Betrieb abgestellten Verkehrsauffassung und dem sich daraus ergebenden Sozialbild" bestimmen. Eine niedriger zu bewertende Tätigkeit kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auch dann nicht zuweisen, wenn er dennoch die höhere Vergütung zahlt, die der bisherigen Tätigkeit entspricht, es sei denn, dass dem Arbeitgeber dieses Recht durch TV, BV oder Einzelarbeitsvertrag eingeräumt worden ist. Eine tarifvertragliche Bestimmung ist wirksam, nach der dem Arbeitnehmer "sowohl eine höher als auch eine niedriger gelöhnte Beschäftigung" übertragen werden kann. Eine solche Regelung beschränkt sich au...