Rz. 96
Die Nichteinhaltung des gesetzlichen Schriftformerfordernisses hat nach § 125 Satz 1 BGB die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts zur Folge. Wird die Schriftform später "nachgeholt" und das Rechtsgeschäft bestätigt, gilt dies als erneute Vornahme des Rechtsgeschäfts (vgl. § 141 Abs. 1 BGB).
5.3.1.1 Kündigung
Rz. 97
Ist die Kündigung wegen Nichteinhaltung der Schriftform nichtig, so muss sie nochmals formgerecht wiederholt werden. Dabei ist zu beachten, dass bei der sog. Wiederholungskündigung die Anhörung des Betriebsrats (§ 102 BetrVG) ebenfalls zu wiederholen ist, selbst wenn es inhaltlich um denselben Kündigungssachverhalt geht und die 1. formunwirksame Kündigung dem Arbeitnehmer bereits zugegangen ist. Ferner sind ggf. einschlägige Kündigungserklärungsfristen (z. B. § 626 Abs. 2 BGB; § 174 Abs. 5 SGB IX; § 171 Abs. 3 SGB IX) einzuhalten.
Rz. 98
Die Formvorschrift steht der Umdeutung (§ 140 BGB) einer formgerecht, aber aus sonstigen Gründen unwirksamen außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung nicht entgegen. Nicht möglich ist hingegen die Umdeutung einer formunwirksamen Kündigung in das Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrags, da Letzteres ebenfalls der Einhaltung der gesetzlichen Schriftform bedarf. In Betracht kommt jedoch die Umdeutung einer formunwirksamen Kündigungserklärung in eine formlos mögliche Anfechtungserklärung (§ 143 BGB).
5.3.1.2 Aufhebungsvertrag
Rz. 99
Entspricht der Aufhebungsvertrag nicht der gesetzlichen Schriftform, ist er ebenso unheilbar nichtig. Das hat zur Folge, dass das Arbeitsverhältnis nicht wirksam beendet wurde, sondern fortbesteht. Hinsichtlich der Vergütungsansprüche gilt der Grundsatz "ohne Arbeit kein Lohn". Der Arbeitnehmer hat mangels ausdrücklichen Arbeitsangebots keine Ansprüche nach § 615 Satz 1 BGB auf sog. "Annahmeverzugslohn". Dasselbe gilt, wenn das Zustandekommen eines Aufhebungsvertrags zwischen den Arbeitsvertragsparteien streitig ist; hier bedarf es zur Begründung des Annahmeverzugs des Arbeitgebers i. d. R. eines tatsächlichen Angebots der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer.
Rz. 100
Haben die Parteien trotz Nichtigkeit des Auflösungsvertrags Leistungen erbracht (z. B. Zahlung einer Abfindung durch den Arbeitgeber), sind diese nach Bereicherungsrecht (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB) zurückzugewähren. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Leistende positive Kenntnis über die Formnichtigkeit des Vertrags hatte (§ 814 Alt. 1 BGB).