Cesare Vannucchi, Dr. Marcel Holthusen
Rz. 537
Vor Ausspruch einer personenbedingten Beendigungskündigung ist vor dem Hintergrund des ultima-ratio-Prinzips stets die Möglichkeit einer Änderungskündigung zu prüfen, wenn ein anderer freier Arbeitsplatz dem Arbeitnehmer nicht einseitig im Wege des Direktionsrechts zugewiesen werden kann.
Rz. 538
Nach der Rechtsprechung des BAG zur Änderungskündigung ist eine ordentliche Beendigungskündigung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausgeschlossen, wenn die Möglichkeit besteht, den Arbeitnehmer auf einem anderen freien Arbeitsplatz auch zu geänderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen.
Eine solche Weiterbeschäftigungsmöglichkeit hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer anzubieten. Der Arbeitgeber kann das Angebot mit der Kündigung verbinden. Spricht der Arbeitgeber ohne vorheriges oder gleichzeitiges Angebot zur Vertragsänderung unmittelbar eine Beendigungskündigung aus, so ist diese Kündigung regelmäßig sozialwidrig. Es wird nicht mehr fiktiv geprüft, ob der Arbeitnehmer die geänderten Vertragsbedingungen bei einem entsprechenden Angebot zumindest unter Vorbehalt angenommen hätte.
Besteht die Möglichkeit einer solchen Weiterbeschäftigung, ist eine Beendigungskündigung ohne Angebot der Vertragsänderung nur dann zulässig, wenn der Arbeitnehmer bereits im Vorfeld unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, er werde die geänderten Arbeitsbedingungen auch bei Ausspruch der Änderungskündigung nicht, auch nicht unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung annehmen. Ein Angebot kann lediglich in Extremfällen, wie einer offensichtlich völlig unterwertigen Beschäftigung, unterbleiben.
Wenn z. B. bestimmte Arbeiten wie schweres Tragen oder Heben zu Arbeitsunfähigkeitszeiten und schließlich zu einer krankheitsbedingten Kündigung führen, aber eine Beschäftigung ohne diese auf einem anderen freien Arbeitsplatz im Betrieb oder Unternehmen möglich ist, muss der Arbeitgeber den anderen Arbeitsplatz vor Ausspruch einer Beendigungskündigung anbieten. Dies kann er unmittelbar durch Ausspruch einer Änderungskündigung tun, ohne zuvor Verhandlungen mit dem Arbeitnehmer darüber aufzunehmen, ob er den geänderten Arbeitsplatz für sich als annehmbar einschätzt. Bietet der Arbeitgeber einen anderen Arbeitsplatz bereits vor Ausspruch einer Kündigung an und lehnt der Arbeitnehmer diesen ab, sollten die Erklärungen unbedingt schriftlich fixiert werden, um sie später im Konfliktfall beweisen zu können.