Rz. 122
Eine Änderungskündigung kann auch außerordentlich erklärt werden. Praktisch bedeutsam ist dies insbesondere dann, wenn einzel- oder tarifvertraglich oder aus anderen Gründen (vgl. z. B. § 15 Abs. 1 KSchG) eine ordentliche Kündigung, und damit auch eine ordentliche Änderungskündigung, ausgeschlossen ist.
Für die außerordentliche Änderungskündigung eines Betriebsratsmitglieds ist nach §§ 15 Abs. 1 KSchG, 103 BetrVG die Zustimmung des Betriebsrats erforderlich.
Rz. 123
Auf die außerordentliche Änderungskündigung ist § 2 KSchG entsprechend anzuwenden. Zwar enthält § 13 KSchG nach wie vor keine Verweisung für die außerordentliche Änderungskündigung, sondern nur für die außerordentliche Beendigungskündigung. Dies wird aber allgemein als gesetzgeberisches Versäumnis angesehen, welchem durch eine entsprechende Anwendung von § 2 KSchG Rechnung zu tragen sei.
6.1 Entsprechende Anwendung von § 2 KSchG
Rz. 124
Die entsprechende Anwendbarkeit von § 2 KSchG bedeutet, dass der Arbeitnehmer auch im Falle einer außerordentlichen Änderungskündigung die Möglichkeit hat, das Änderungsangebot unter Vorbehalt anzunehmen. Der Vorbehalt geht in diesem Fall dahin, dass die Annahme des Änderungsangebots unter der Voraussetzung erklärt wird, dass es nicht an einem wichtigen Grund i. S. d. § 626 BGB – statt an der sozialen Rechtfertigung im Fall einer ordentlichen Änderungskündigung – für die Änderung der Arbeitsbedingungen fehlt und die sofortige Änderung der Arbeitsbedingungen auch nicht aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist.
Rz. 125
In Abweichung von § 2 Satz 2 KSchG hat der Arbeitnehmer die Vorbehaltsannahme allerdings unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern zu erklären, wobei im Allgemeinen jedenfalls eine Erklärung innerhalb von 3 Tagen, aber wohl auch noch binnen einer Woche rechtzeitig sein dürfte.
Rz. 126
Der Arbeitnehmer hat nach Erklärung der Vorbehaltsannahme auch bei einer außerordentlichen Änderungskündigung in entsprechender Anwendung von § 2 KSchG die Möglichkeit, die Wirksamkeit der sofortigen Änderung der Arbeitsbedingungen gerichtlich überprüfen zu lassen, ohne den Bestand des Arbeitsverhältnisses an sich zu gefährden. Erweist sich die sofortige Änderung der Arbeitsbedingungen als rechtswirksam, wird die Änderungsschutzklage also abgewiesen, gilt die Änderung der Arbeitsbedingungen als von Anfang an wirksam erfolgt; hat der Arbeitnehmer mit der Änderungsschutzklage Erfolg, weil die sofortige Änderung der Arbeitsbedingungen nicht wirksam war, besteht das Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Bedingungen fort.
6.2 Prüfungsmaßstab für die Wirksamkeit
Rz. 127
Die materielle Prüfung der Wirksamkeit einer außerordentlichen Änderungskündigung vollzieht sich wie bei einer ordentlichen Änderungskündigung in 2 Stufen. Erstens ist Voraussetzung ein wichtiger Grund i. S. v. § 626 BGB für die sofortige Änderung der Arbeitsbedingungen, 2. muss die sofortige Änderung der Arbeitsbedingungen von dem Arbeitnehmer billigerweise hinzunehmen sein. Der qualitative Unterschied im Verhältnis zu einer ordentlichen Änderungskündigung liegt darin, dass die sofortige Änderung der Arbeitsbedingungen unabdingbar und dem Arbeitnehmer zumutbar sein muss.
Auch für die außerordentliche Änderungskündigung gilt zudem grundsätzlich die Kündigungserklärungsfrist nach § 626 Abs. 2 BGB. Diese spielt allerdings dann praktisch keine Rolle, wenn es sich bei dem Kündigungsgrund um einen Dauertatbestand – z. B. den Wegfall der bisherigen Beschäftigungsmöglichkeit – handelt.
Soll die Kündigung außerordentlich mit notwendiger Auslauffrist aufgrund tariflichen Ausschlusses der ordentlichen Kündigung ausgesprochen werden, gilt für die Beteiligung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG nicht die Anhörungsfrist von 3 Tagen nach § 102 Abs. 2 Satz 3 BetrVG, sondern wie bei einer ordentlichen Kündigung die Wochenfrist nach § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG.
6.2.1 1. Stufe: Wichtiger Grund i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB
Rz. 128
Ein wichtiger Grund i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Änderungskündigung ist gegeben, wenn die alsbaldige Änderung der Arbeitsbedingungen für den Arbeitgeber unabweisbar notwendig ist. Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 626 Abs. 1 BGB ist ferner zu prüfen, ob eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu den bisherigen Bedingungen noch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist dem Arbeitgeber unzumutbar wäre.
Im Fall eines tariflich ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers kann eine außerordentliche Änderungskündigung mit notwendiger Auslauffrist in Betracht kommen. In diesem Fall kommt aber der Verpflichtung des Arbeitgebers, die Kündigung – wenn möglich – durch ande...