Anika Steffens, Prof. Dr. Klaus Hock †
1 Einleitung
Die Voraussetzungen für die Annahme einer zuschlagspflichtigen Überstunde auf der Grundlage des Grundbegriffs der Überstunde, flexible Arbeitszeitmodelle (Gleitzeit u. a.) sowie die besonderen Arbeitszeitmodelle der täglichen Rahmenzeit und des wöchentlichen Arbeitszeitkorridors sind unter dem Stichwort "Arbeitszeit" (2.3 Überstundenbegriff, 2.4 Arbeitszeitmodelle des TVöD und Arbeitszeitmodelle auf der Grundlage des TVöD: Ausnahmen vom Überstundengrundbegriff) näher beschrieben.
Zuschlagspflichtige Überstunden fallen auf der Grundlage des TVöD deutlich weniger an, als dies nach dem BAT und vor allem als dies nach den Arbeiter-Tarifverträgen BMT-G und MTArb der Fall war. Damit wurde ein zentrales Anliegen der Arbeitgeber, nämlich eine Verbesserung der Arbeitszeitflexibilität, erfüllt.
2 Begriff der Überstunde
Der Begriff der Überstunde ist in § 7 Abs. 7 TVöD geregelt und wird unter dem Stichwort "Arbeitszeit" ausführlich erörtert. Kurz zusammengefasst kann eine Arbeitsstunde erst dann eine zuschlagspflichtige Überstunde sein, wenn die folgenden 4 Voraussetzungen erfüllt sind:
Eine Arbeitsstunde geht über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinaus.
Dieses Merkmal ermöglicht eine flexible Einteilung saisonal ungleichmäßig anfallender Arbeit, da der Durchschnitt der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erst innerhalb eines Jahres (Jahresausgleichszeitraum gem. § 6 Abs. 2 TVöD) erreicht sein muss.
Die Arbeitsstunde wird vom Arbeitgeber angeordnet.
Von den Beschäftigten "selbst angeordnete" Arbeitsstunden erfüllen somit nicht den Begriff der Überstunde; Kontenstände im Rahmen von flexiblen Arbeitszeitmodellen (Gleitzeit, variable Arbeitszeit) stellen mangels Anordnung in aller Regel keine Überstunden dar.
Die Arbeitsstunde wird nicht bis zum Ende der auf ihre Anordnung folgenden Kalenderwoche ausgeglichen.
Dieser gegenüber dem früheren Recht verlängerte Ausgleichszeitraum für die Entstehung einer Überstunde ermöglicht gerade im Bereich der früheren Arbeiter-Regelungen eine deutlich erhöhte Flexibilität.
Die Arbeitsstunde liegt nicht innerhalb einer/eines durch Dienst- oder Betriebsvereinbarung geltenden täglichen Rahmenzeit oder wöchentlichen Arbeitszeitkorridors. Die Arbeitsstunde wird auch nicht im Rahmen von Wechselschicht- oder Schichtarbeit geleistet.
Die beiden "neuen" Arbeitszeitmodelle Rahmenzeit und Arbeitszeitkorridor ermöglichen auf der Grundlage einer Betriebs-/Dienstvereinbarung weitere Flexibilität. Der Begriff der Überstunde ist für die Fälle der Festlegung eines Arbeitszeitkorridors nach § 6 Abs. 6 TVöD, der Einführung einer täglichen Rahmenzeit nach § 6 Abs. 7 TVöD sowie von Wechselschicht- und Schichtarbeit in § 7 Abs. 8 TVöD abweichend geregelt. So sind im Falle der Festlegung eines Arbeitszeitkorridors nur die Arbeitsstunden Überstunden, die über 45 Stunden oder über die vereinbarte Obergrenze hinaus angeordnet sind. Im Falle der Einführung einer täglichen Rahmenzeit sind die Arbeitsstunden Überstunden, die außerhalb der Rahmenzeit angeordnet worden sind.
Die Entstehung von Überstunden bei Wechselschicht- und Schichtarbeit wird unter Ziffer 9 näher erläutert.
3 Begriff der Mehrarbeit
Als Mehrarbeit werden im TVöD diejenigen Arbeitsstunden bezeichnet, die Teilzeitbeschäftigte über die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit hinaus bis zur regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten (§ 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD) leisten, § 7 Abs. 6 TVöD. Die Begriffe "Mehrarbeit" und "Überstunden" werden erkennbar nicht synonym verwendet. Dort wo Überstunden und Mehrarbeit gleichbehandelt werden sollen, ergibt sich dies aus der tariflichen Regelung selbst wie in § 6 Abs. 5 TVöD, wonach Teilzeitbeschäftigte zur Leistung von "Überstunden und Mehrarbeit" nur aufgrund arbeitsvertraglicher Regelung oder mit ihrer Zustimmung verpflichtet sind. Mit diesen unterschiedlichen Definition haben die Tarifvertragsparteien klargestellt, dass bei Teilzeitbeschäftigten eine zuschlagspflichtige Überstunde erst entstehen kann, wenn die Arbeitszeit für einen Vollbeschäftigten überschritten wird. Für Mehrarbeitsstunden erhalten Teilzeitbeschäftigte – wenn diese Stunden nicht innerhalb des nach § 6 Abs. 2 Satz 1 TVöD festgelegten Zeitraums (ein Jahr) in Freizeit ausgeglichen werden – gemäß § 8 Abs. 2 TVöD je Stunde 100 % des auf eine Stunde entfallenden Anteils des Tabellenentgelts der jeweiligen Entgeltgruppe und Stufe. Die zusätzliche Zahlung eines Zuschlags ist im Tarifvertrag nicht vorgesehen (näher hierzu unter Punkt 6.2).
4 Verpflichtung zur Leistung von Überstunden und Mehrarbeit
Nach der allgemeinen für Sonderformen der Arbeit geltenden Regelung in § 6 Abs. 5 TVöD sind Beschäftigte im Rahmen "begründeter betrieblicher/dienstlicher Notwendigkeiten" zur Leistung von Überstunden verpflichtet. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff stellt keine besonders hohen Anforderungen an die Zulässigkeit, Überstunden anzuordnen. Da nicht einmal "dringende" Gründe gefordert werden, stellt die Regelung gegenüber der ohnehin bestehenden Verpflichtun...