In der Praxis stellt sich häufig die Frage, wie mit Urlaubsansprüchen von Arbeitnehmern umzugehen ist, die in der Vergangenheit vermeintlich verfallen sind, der Arbeitgeber jedoch seiner Mitwirkungsobliegenheit nicht nachgekommen ist. In seiner Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht mit Bezug auf die Entscheidungen des EuGH klargestellt, dass für die Mitwirkungsobliegenheit kein Vertrauensschutz besteht. Es kommt für die Frage, ab wann der Arbeitgeber verpflichtet ist auf den Urlaubsverfall hinzuweisen, nicht auf die zugrunde liegende europäische Norm oder die Entscheidung des europäischen Gerichtshofes an. Der Arbeitgeber kann sich für Urlaubsansprüche aus der Vergangenheit also nicht darauf berufen, dass er die Verpflichtung nicht kannte.
Damit schließt sich die Frage an, ob Urlaubsansprüche, wenn diese nicht automatisch verfallen, nach den Regelungen der §§ 194 ff. BGB verjähren können. Das BAG hat dem EuGH im Rahmen eines Verfahrens diese Frage zur Beantwortung vorgelegt. Konkret ging es um den Fall einer Arbeitnehmerin, die in der Zeit von 1996 bis Ende Juli 2017 bei ihrem Arbeitgeber beschäftigt war. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte sie für zwischen 2013 und 2017 nicht genommener 101 Urlaubstage Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 BUrlG.
Der EuGH hat entschieden, dass Urlaubsansprüche grundsätzlich nicht nach 3 Jahren verjähren. Eine Verjährung tritt nach Ansicht des europäischen Gerichts nur ein, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in die Lage versetzt hat den Urlaubsanspruch wahrzunehmen. Mit anderen Worten: Urlaub kann nur dann verjähren, wenn der Arbeitgeber seiner Mitwirkungsobliegenheit nachgekommen ist. In diesem Fall ist die Verjährung jedoch reine Theorie, da bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheit der Urlaub am Ende des Jahres oder am Ende des Übertragungszeitraums verfällt. Diesen Grundsätzen ist das BAG gefolgt. Das Bundesarbeitsgericht hat die Entscheidung des EuGH insoweit konkretisiert, als dass die 3-jährige Verjährungsfrist erst am Ende des Kalenderjahres beginnt, an dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallsfristen belehrt.
Bei Nichterfüllung der Mitwirkungsobliegenheiten verfällt der Urlaub mit Ablauf des Urlaubsjahres nicht. Der nicht verfallene Urlaub tritt zu dem Urlaubsanspruch hinzu, der am 1.1. des Folgejahres entsteht. Für ihn gelten die gleichen Regelungen wie für den im neuen Jahr neu erworbenen Urlaub. Der Arbeitgeber kann daher das uneingeschränkte Kumulieren von Urlaubsansprüchen aus mehreren Jahren nur dadurch vermeiden, dass er seine Mitwirkungsobliegenheiten für den Urlaub aus zurückliegenden Urlaubsjahren im aktuellen Urlaubsjahr nachholt. Nimmt der Arbeitnehmer in einem solchen Fall den kumulierten Urlaubsanspruch im laufenden Urlaubsjahr nicht wahr, obwohl es ihm möglich gewesen wäre, verfällt der Urlaub am Ende des Kalenderjahres. Holt der Arbeitgeber seine Mitwirkungspflicht bezüglich des Alturlaubs nicht nach, kommt es zur zeitlich unbegrenzten Kumulation von Urlaubsansprüchen.
Diese Grundsätze gelten ausdrücklich "lediglich" für den Urlaubsanspruch, nicht hingegen für den Urlaubsabgeltungsanspruch.
Hat das Arbeitsverhältnis also bereits geendet, besteht kein Urlaubsanspruch mehr. Vielmehr wandelt sich mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Urlaubsanspruch in einen Urlaubsabgeltungsanspruch (§ 7 Abs. 4 BUrlG).
Der Urlaubsabgeltungsanspruch wird von der Rechtsprechung nicht im gleichen Maße "geschützt". Vielmehr unterliegt der Urlaubsabgeltungsanspruch der tariflichen Ausschlussfrist des § 37 TVöD bzw. der Verjährung nach §§ 194 ff. BGB.