Grundsätzlich müssen nur die Mitarbeiter der gehaltszahlenden Stellen des öffentlichen Dienstes die Voraussetzungen des Kindergeldanspruchs im Einzelnen kennen. Die nachstehenden Ausführungen richten sich jedoch auch an Betriebe in privater Rechtsform – als Hilfestellung bei der Berechnung des Ortszuschlags – sowie an Leser, die prüfen wollen, ob Ihnen Kindergeld zusteht.
5.5.1 Voraussetzungen beim Antragsteller
In der Regel ist nicht das Kind selbst anspruchsberechtigt, sondern Vater oder Mutter oder eine andere Person, die für den Lebensunterhalt des Kindes aufkommt (vgl. § 6 SGB I). Nur in Ausnahmefällen (z.B. sonstige Anspruchsberechtigte sind nicht vorhanden) hat ein Kind Anspruch auf Kindergeld für sich selbst. Weiter kann das für ein Kind festgesetzte Kindergeld an das Kind selbst ausgezahlt werden, wenn der Kindergeldberechtigte seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt (§ 74 Abs. 1 EStG).
Bei der Prüfung des Kindergeldanspruchs ist zu unterscheiden zwischen
- Voraussetzungen, die in der Person des Antragstellers, also z.B. bei Vater oder Mutter, erfüllt sein müssen, und
- Voraussetzungen, die beim Kind vorliegen müssen.
Nach § 62 EStG hat Anspruch auf Kindergeld nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften, wer
- in der Bundesrepublik Deutschland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder
- im Ausland seinen Wohnsitz hat, aber in der Bundesrepublik Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.
5.5.1.1 Wohnsitz/gewöhnlicher Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland
Grundsätzlich ist nicht die Staatsangehörigkeit, sondern der Aufenthalt des Berechtigten entscheidend für den Anspruch auf Kindergeld (sog. Territorialitäts-, Wohnlandprinzip).
Die §§ 8 und 9 Abgabenordnung (AO) enthalten eine Legaldefinition der genannten Begriffe:
"Einen Wohnsitz begründet jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird".
Die Wohnung muss entsprechend den Familienverhältnissen ausgestattet sein, insbesondere zum dauerhaften Wohnen ausreichend ausgestattete Räumlichkeiten aufweisen. Die Anmeldung bei der Ordnungsbehörde ist ein Indiz für das Vorhandensein eines Wohnsitzes am entsprechenden Ort. Letztlich entscheidend sind jedoch allein die tatsächlichen Verhältnisse.
- "Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt."
5.5.1.2 Unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Personen
Nach § 1 Abs. 2 EStG sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig insbesondere
- im Ausland wohnhafte deutsche Staatsangehörige, die
- als Beamte, Richter, Soldaten oder Arbeitnehmer bei einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts beschäftigt sind und
- dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse oder öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft beziehen.
Als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gelten auf Antrag z.B. Personen,
- die in der Bundesrepublik Deutschland keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben,
- deren gesamte Einkünfte im Kalenderjahr jedoch zu mindestens 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegen.
Wird dieser Prozentsatz unterschritten, unterliegt der Arbeitnehmer gleichwohl der unbeschränkten Steuerpflicht, wenn die der ausländischen Einkommensteuerpflicht unterliegenden Einkünfte 6.136,- EUR pro Kalenderjahr nicht übersteigen.
Zu dem genannten Personenkreis gehören Grenzpendler aus den Nachbarstaaten Deutschlands, mit denen sog. Doppelbesteuerungsabkommen bestehen. Arbeitnehmer aus Belgien, Frankreich, Österreich und der Schweiz müssen jedoch den in Deutschland erzielten Arbeitslohn in der Regel in ihrem Wohnsitzland versteuern, so dass hier eine unbeschränkte Steuerpflicht regelmäßig fehlt.
Stellt ein im Ausland wohnender Arbeitnehmer einen Antrag auf Kindergeld, so muss er das Vorliegen der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht für jedes Kalenderjahr durch eine vom zuständigen Betriebsstättenfinanzamt nach § 39c Abs. 3 EStG für Zwecke des Lohnsteuerabzugs erstellte Bescheinigung nachweisen.
5.5.1.3 Der Kindergeldanspruch von Ausländern
Wegen des Territorialprinzips steht grundsätzlich auch Ausländern, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, Kindergeld zu. Der Gesetzgeber hat jedoch bereits im Rahmen der Änderung des BKGG zum 1.1.1994 die Kindergeldansprüche von Ausländern wesentlich eingeschränkt.
Ein Ausländer erhält Kindergeld nur, wenn er im Besitz
- einer Niederlassungserlaubnis
- einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Erwerbstätigkeit
- einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 und 2, den §§ 31, 37, 38 des Aufenthaltsgesetzes oder
- einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Familiennachzugs zu einem Deutschen oder zu einer von den Nummern 1 bis 3 erfassten Person
ist. Ein Saisonarbeitnehmer, ein Werkvertragsarbeitnehmer und ein Arbeitnehmer, der zur vorübergehenden Dienstleistung nach Deutschland entsandt ist, erhält kein Kindergeld (§ 62 Abs. 2 EStG in der Fassung ab 1.1.2003).