BAG, Urteil v. 26.10.2017, 6 AZR 158/16

Wird die gesetzliche Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen erheblich verlängert, kann darin eine unangemessene Benachteiligung im Sinn von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegen, auch wenn die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber in gleicher Weise verlängert wird.

Sachverhalt

Der beklagte Arbeitnehmer war bei der Klägerin seit Dezember 2009 als Speditionskaufmann beschäftigt. Im Juni 2012 unterzeichneten die Parteien eine Zusatzvereinbarung, welche vorsah, dass sich die gesetzliche Kündigungsfrist für beide Seiten auf 3 Jahre zum Monatsende verlängert. Im Gegenzug wurde das monatliche Bruttogehalt von 1.400,00 EUR auf 2.400,00 EUR angehoben, ab einem monatlichen Reinerlös von 20.000,00 EUR auf 2.800,00 EUR. Nachdem ein Kollege des Beklagten festgestellt hatte, dass auf den Computern im Hintergrund das zur Überwachung des Arbeitsverhaltens geeignete Programm "PC Agent" installiert war, kündigte neben 5 weiteren Mitarbeitern auch der Beklagte am 27.12.2014 das Arbeitsverhältnis zum 31.1.2015. Die Klägerin klagte daraufhin auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten bis zum 31.12.2017 fortbesteht.

Die Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Gericht entschied, dass die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Verlängerung der Kündigungsfrist den Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige und deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sei. Das BAG führte hierzu aus, dass bei einer vom Arbeitgeber vorformulierten Kündigungsfrist, die die Grenzen des § 622 Abs. 6 BGB und des § 15 Abs. 4 TzBfG einhält, aber wesentlich länger sei als die gesetzliche Regelfrist des § 622 Abs. 1 BGB, nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls unter Beachtung von Art. 12 Abs. 1 GG zu prüfen sei, ob die verlängerte Frist eine unangemessene Beschränkung der beruflichen Bewegungsfreiheit darstelle. Dies sei hier trotz der beiderseitigen Verlängerung der Kündigungsfrist zu bejahen; insbesondere wurde der Nachteil für den Beklagten nicht durch die vorgesehene Gehaltserhöhung aufgewogen.

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