Selbst wenn der Arbeitsvertrag im Sinne eines "weiten Direktionsrechts" ausgestaltet ist, kommt eine Konkretisierung der Tätigkeit in Betracht, wenn der Arbeitnehmer dieselbe Tätigkeit über eine lange Zeitspanne (z. B. 10 Jahre) ausübt und der Arbeitgeber durch sein weiteres Verhalten ein entsprechendes Vertrauen beim Arbeitnehmer geschaffen hat, wonach er nur noch diese Tätigkeit zu verrichten habe. Eine Konkretisierung ist jedoch nur ausnahmsweise anzunehmen.

Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Alleine durch Zeitablauf erfolgt noch keine Konkretisierung der Arbeitspflicht. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, die den Arbeitnehmer zu der schutzwürdigen Annahme berechtigen, dass ihn der Arbeitgeber künftig nur noch zu bestimmten Arbeitsbedingungen beschäftigen werde.[1] Alleine die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen langen Zeitraum schafft regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahingehend, dass der Arbeitgeber von seinem Recht in Zukunft keinen Gebrauch machen will. Für eine solche Beschränkung des Weisungsrechts bedarf es besonderer, über die bloße Nichtausübung hinausgehender Anhaltspunkte.[2]

 
Praxis-Beispiel

Keine Konkretisierung einer bestimmten Lage der Arbeitszeit durch Zeitablauf

Ab dem Jahr 2004 hat die Arbeitnehmerin nur zu einer bestimmten Tageszeit die Arbeitsleistung erbracht: Sie wurde täglich ausschließlich von 9 bis 20 Uhr beschäftigt. Seit dem Jahr 2011 wird die Arbeitnehmerin auch zu anderen Zeiten eingesetzt. Die Arbeitnehmerin vertritt die Auffassung, durch den erheblichen Zeitablauf hat der Arbeitgeber sein Direktionsrecht bezogen auf die Lage der Arbeitszeit aufgegeben.

Dem ist das Landesarbeitsgericht Köln nicht gefolgt: Alleine ein erheblicher Zeitablauf genügt für eine Konkretisierung nicht. Es sei – so das LAG – zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass sich Arbeitspflichten nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitspflichten konkretisieren. Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schaffe jedoch regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert.[3]

Mit dieser Argumentation sieht sich der Arbeitgeber sehr häufig konfrontiert: Da eine bestimmte Tätigkeit sehr lange ausgeübt wurde oder dies an einem bestimmten Ort sehr lange erfolgte oder gar, wie in obigem Beispiel, zu einer bestimmten (Tages-)Zeit, bestünde nun nicht mehr die Möglichkeit des Arbeitgebers, dies im Rahmen des Direktionsrechts zu ändern. Das Bundesarbeitsgericht und die Instanzgerichte haben in mehreren Entscheidungen zu den unterschiedlichen Regelungsbereichen des Direktionsrechts erkannt, dass alleine durch einen Zeitablauf das Direktionsrecht nicht eingeschränkt wird – oder anders ausgedrückt: Durch Nichtausübung des Direktionsrechts entsteht kein Vertrauenstatbestand.

Bezogen auf die auszuübende Tätigkeit hat beispielsweise das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 3.7.2014[4] entschieden, dass eine Arbeitnehmerin, die über viele Jahre hinweg als Stationsleiterin in einem Krankenhaus beschäftigt ist, nicht ausschließlich auf bestimmten Stationen arbeiten darf, auf denen sie jahrelang eingesetzt war. Ferner habe sie keinen Anspruch darauf, als alleinige Stationsleiterin eingesetzt zu werden, solange die überwiegende Tätigkeit die der Stationsleiterin ist. Im konkreten Fall hatte der Arbeitgeber auf der Station, auf welcher er die Klägerin eingesetzt hatte, eine zweite Stationsleiterin beschäftigt.

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