Rechtskraft nein
Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellungsklage. Wiederaufnahmeverfahren. Kündigungsschutzklage. Auflösungsantrag. Gleichstellungsbescheid. Zustimmungserfordernis. Zustimmung zu einem Auflösungsantrag
Leitsatz (amtlich)
Der im Kündigungsschutzprozess vom Arbeitgeber gestellte (Hilfs-)Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses (§ 9 Abs. 1 Satz 3 KSchG) bedarf nicht der Zustimmung des Integrationsamtes. Dies gilt auch, wenn der minderbehinderte Arbeitnehmer seinen Antrag auf Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten nach Zugang der Kündigung gestellt hat. Eine analoge Anwendung der Sonderkündigungsschutzregelungen des SGB IX auf diese Fälle scheidet aus (a.A. OVG Lüneburg, Urteil vom 12.07.1989 – 4 L 21/89 –).
Normenkette
SGB IX §§ 85, 90, 92; KSchG § 9
Verfahrensgang
VG Stuttgart (Urteil vom 09.06.2005; Aktenzeichen 8 K 1306/04) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09. Juni 2005 – 8 K 1306/04 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Notwendigkeit der Zustimmung des Integrationsamts zu einem Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses im Arbeitsgerichtsprozess.
Der am 16.01.1969 geborene Kläger war bei der Beigeladenen seit 01.10.1999 als Arbeiter beschäftigt. Mit Schreiben vom 01.03.2001, dem Kläger zugegangen am 03.03.2001, kündigte die Beigeladene das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30.06.2001.
Danach, am 08.03.2001, stellte der Kläger einen Antrag auf Anerkennung als Schwerbehinderter sowie auf Gleichstellung mit den Schwerbehinderten. Mit Bescheid vom 02.05.2001 stellte das Versorgungsamt einen Grad der Behinderung von 30 fest. Den Gleichstellungsantrag lehnte das Arbeitsamt zunächst mit Bescheid vom 05.07.2001 ab und änderte ihn auf den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 06.02.2002 ab. Die Gleichstellung erfolgte rückwirkend zum 08.03.2001.
Auf die vom Kläger erhobene Kündigungsschutzklage stellte das Arbeitsgericht Stuttgart – Kammern Aalen – mit Urteil vom 27.06.2002 (– 9 Ca 131/01 –) fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 01.03.2001 zum 30.06.2001 nicht aufgelöst worden ist und wies den Antrag der Arbeitgeberin, der jetzigen Beigeladenen, auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2001 gegen Zahlung einer Abfindung mit der Begründung zurück, der Auflösungsantrag hätte der Zustimmung der Hauptfürsorgestelle bedurft.
Auf die Berufung der Beigeladenen hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 12.03.2003 (– 4 Sa 45/02 –) unter Änderung des Urteils des Arbeitsgerichts und Zurückweisung der Berufung im Übrigen entschieden, „das Arbeitsverhältnis wird gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 8.000,– EUR zum 30.06.2001 aufgelöst”. Das Landesarbeitsgericht hält die Zustimmung des Integrationsamts zum Auflösungsantrag nicht für erforderlich. Die Entscheidung ist nach Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers durch Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 30.09.2003 (– 9 AZN 309/03 –) rechtskräftig.
Aufgrund des Urteils des Arbeitsgerichts beantragte die Beigeladene beim Integrationsamt die Zustimmung zu dem gestellten Auflösungsantrag, hilfsweise die Ausstellung eines Negativattests. Den Antrag lehnte der Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollern – Integrationsamt – mit Bescheid vom 31.01.2003 als unzulässig mit der Begründung ab, der Auflösungsantrag bedürfe der Zustimmung nicht. Den hiergegen vom Kläger eingelegten Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss beim Integrationsamt mit Bescheid vom 04.02.2004 mit im Wesentlichen gleicher Begründung zurück.
Am 01.04.2004 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und zuletzt beantragt, festzustellen, dass der Auflösungsantrag des Arbeitgebers nach § 9 KSchG der Zustimmung des Integrationsamtes bedurfte.
Dem Antrag des Beklagten und der Beigeladenen folgend hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 09.06.2005 die Klage abgewiesen. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Die Zulässigkeit der Feststellungsklage könne offen bleiben, da diese jedenfalls unbegründet sei. Der Antrag der Beigeladenen auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG habe zu seiner Wirksamkeit nicht der Zustimmung der Hauptfürsorgestelle bedurft.
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung hat der Kläger rechtzeitig eingelegt und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist fristgerecht begründet. Er trägt vor: Die Zustimmung des Integrationsamts zum Auflösungsantrag gemäß § 9 KSchG sei in analoger Anwen...