Das Weisungsrecht kann auf verschiedene Arten gegenüber den Beschäftigten ausgeübt werden. Die in der Praxis sicherlich wichtigste Form ist die mündliche Anweisung im Arbeitsprozess.
Während der Errichtung einer Baustelle weist die Führungskraft einige Beschäftigte an, Sicherungsmaßnahmen zum Schutz von dritten Personen vor den Gefahren auf der Baustelle vorzunehmen.
Solche Anweisungen sind so alltäglich, dass eine weitergehende Dokumentation nicht erfolgt und aus praktischen Gesichtspunkten auch nicht möglich ist. Im Streitfall muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass die Weisung wie behauptet vorgenommen wurde.
Die Weisung muss dabei so konkret sein, dass die Beschäftigten ohne weiteres das Ergebnis, den Sinn und Zweck sowie die Ausführungsschritte erkennen können. Dabei darf die Führungskraft Fachkenntnisse voraussetzen, wenn diese entweder durch die Eingruppierung indiziert sind oder die Führungskraft aus eigener Anschauung weiß, dass die Kenntnisse vorhanden sind. In dem Falle, dass für eine spezielle Weisung weitergehende Informationen erforderlich sind, muss die Führungskraft dies von sich aus in die Weisung mit aufnehmen.
Im obigen Beispiel wissen die Beschäftigten des Bauamtes, dass Absperrungen errichtet sowie Schilder aufgestellt werden müssen, die auf die Gefahrenquelle hinweisen. Ist es unüblich, dass eine solche Baustelle auch mit Nachtlampen versehen werden, müsste diese Information in der Weisung enthalten sein, wenn die Führungskraft auch diese Sicherungsmaßnahme ergreifen will.
Grundsätzlich haben die Beschäftigten keine Aufklärungspflicht gegenüber einer Führungskraft, wenn die Weisung erkennbar inhaltlich fehlerhaft erscheint. Gleichwohl ist es auch im eigenen Interesse, dass die Arbeitsergebnisse den Anforderungen entsprechen, sodass es ratsam erscheint, den Kontakt zur Führungskraft zu suchen. Beharrt diese auf der Weisung, muss diese so wie angewiesen ausgeführt werden (siehe auch Punkte 6.3-6.6).
Weisungen können auch textlich, schriftlich oder in Form von abstrakten oder normativen Weisungsquellen erteilt werden.
- Die Führungskraft schreibt der Beschäftigten A eine E-Mail mit der Anweisung, den heutigen Postgang vorzunehmen.
- Der Beschäftigte A erhält die Weisung, ab dem 1.9. seine Arbeit in der Dienststelle in der Theaterstraße aufzunehmen, durch einen von der Führungskraft unterschriebenen Brief.
- In einer Arbeitgeberrichtlinie wird geregelt, wie die Absicherung einer Baustelle vorzunehmen ist.
- In einer Dienst- oder Betriebsvereinbarung wird festgelegt, welche Beschäftigte der Kleiderordnung unterworfen werden (Dienstkleidung).
Gerade in abstrakten und normativen Weisungsquellen sind häufig keine konkreten Anweisungen für den Einzelfall enthalten, sondern konkretisieren eher den Inhalt einer mündlichen oder schriftlichen Weisung. Dadurch wird die Arbeit der Führungskraft erleichtert.
Im Bauamt gibt es eine Arbeitgeberrichtlinie zur Absicherung von Baumaßnahmen. Durch die Anweisung, die Baustelle entsprechend dieser Richtlinie abzusichern, werden diese konkretisierenden Regelungen Inhalt der Weisung der Führungskraft, soweit sichergestellt ist, dass die Beschäftigten von dieser Richtlinie Kenntnis haben.
Die Führungskraft muss für die Weisung nicht tatsächlich vor Ort sein. Die Führungskraft muss auch nicht im Betrieb eingegliedert sein. Auch externe Führungskräfte können Weisungen erteilen. Ob eine Führungskraft, die zum Vorgesetzten von Arbeitnehmern eines Betriebs bestellt wird, dort eingegliedert und damit tatsächlich in die betriebliche Arbeitsorganisation integriert wird, erfordert eine Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls. Hierbei können die fachlichen Weisungsbefugnisse der Führungskraft Berücksichtigung finden, sofern sich aus ihrer Wahrnehmung eine Einbindung bei der Erfüllung der im Betrieb von den dortigen Arbeitnehmern zu erledigenden operativen Aufgaben oder in die dortigen Arbeitsprozesse ergibt.
Hingegen ist für die Annahme einer Eingliederung weder zwingend erforderlich, dass die Führungskraft ihre Tätigkeit auf dem Betriebsgelände oder innerhalb der Betriebsräume verrichtet, noch muss sie in einem bestimmten zeitlichen Mindestumfang „vor Ort“ sein.