Betreffen Weisungen mehrere miteinander verbundene Sachverhalte, hat der Arbeitgeber das Weisungsrecht für jedes der betroffenen Sachverhalte nach den Grundsätzen der Punkte 3.1-3.4. zu prüfen und das billige Ermessen auszuüben (siehe Punkt 4.9).
Der Arbeitgeber möchte der Beschäftigten A vorübergehend nach § 14 TVöD/TV-L eine höherwertige Tätigkeit übertragen, die sich bei einer dauerhaften Tätigkeit auf die Eingruppierung auswirken würde.
Die Wirksamkeit der vorübergehenden Übertragung einer höher bewerteten Tätigkeit ist an den Regeln zu messen, die der Arbeitgeber bei der Ausübung seines arbeitsvertraglichen Leistungsbestimmungsrechts (Direktionsrechts) entsprechend § 106 GewO einzuhalten hat. Es findet dann eine sog. doppelte Billigkeitsprüfung statt. In einem ersten Schritt muss es billigem Ermessen entsprechen, dem Arbeitnehmer die höher bewertete Tätigkeit überhaupt zu übertragen. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob es billigem Ermessen entspricht, diese Tätigkeit nur vorübergehend zu übertragen. Dabei ist unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls abzuwägen, ob das Interesse des Arbeitgebers an einer nur vorübergehenden Übertragung oder das Interesse des Arbeitnehmers an der Beibehaltung der höherwertigen Tätigkeit und ggf. einer höheren Vergütung überwiegt. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Ausübung des Direktionsrechts billigem Ermessen entspricht, trägt derjenige, der das Leistungsbestimmungsrecht ausübt. Entspricht die nur vorübergehende Übertragung der höherwertigen Tätigkeit nicht billigem Ermessen, erfolgt die „Bestimmung“ der Leistung entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch richterliche Entscheidung, die darin besteht, dass die Übertragung der betreffenden Tätigkeit nicht nur als vorübergehend, sondern als von Anfang an oder ab einem anderen bestimmten Zeitpunkt auf Dauer erklärt gilt.
Der Arbeitgeber hat dann die Folge zu tragen, dass seine Weisung, die rechtmäßig erfolgt ist (Übertragung der höherwertigen Tätigkeit), bestehen bleibt, jedoch die unrechtmäßige Weisung (befristete Übertragung) der Kassation unterfällt. Im Falle der fehlenden Rechtmäßigkeit der Befristung, ist eine nachträgliche Korrektur durch erneutes Ausüben des Weisungsrechts nicht mehr möglich, da es sich dann um eine dauerhafte Übertragung handelt und die Tarifautomatik der Höhergruppierung eintritt.
Die doppelte Billigkeitsprüfung tritt dann nicht ein, wenn eine der beiden Folgen bereits durch Gesetz oder Tarifvertrag vorgegeben sind.
Die doppelte Billigkeitsprüfung stellt sich bei der Übertragung einer Führungsposition auf Zeit nach § 32 Abs. 3 TVöD/TV-L nicht. Zwar erfolgt die Aufgabenübertragung nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm im Wege des Direktionsrechts (§ 106 GewO). Die Führungsposition muss dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber übertragen werden. Die Frage einer befristeten oder dauerhaften Übertragung im Rahmen des § 32 Abs. 3 TVöD/TV-L liegt aber nicht in der Entscheidungshoheit des Arbeitgebers, sondern ist von den Tarifvertragsparteien bereits selbst durch eine entsprechende Ausgestaltung dieser Tarifnorm festgelegt worden.