Ganz allgemein ist kein Beschäftigter verpflichtet, gesetzlich verbotene oder sittenwidrige Arbeitsleistungen zu erbringen. Dies gilt auch, soweit die Arbeiten aufgrund des Weisungsrechts zugewiesen werden. Der Arbeitgeber hat gesetzliche Beschränkungen bei der Ausübung seines Weisungsrechts zu beachten. Dazu gehören beispielsweise die gesetzlichen Arbeitnehmerschutzvorschriften wie im ArbZG (Höchstarbeitszeiten), dem MuSchG (Beschäftigungsverbote), dem JArbSchG, aber auch aus Unfallverhütungsvorschriften und anderen im Rang unter den Gesetzen stehenden arbeitsrechtlichen Normen. Soweit die Vorschrift jedoch nur einen Mindestschutz vermittelt, kann der Arbeitgeber über das Weisungsrecht auch inhaltlich weitergehende Anordnungen treffen. So stellen die in § 4 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) geregelten Ruhepausen lediglich das Mindestmaß dar und verwehren es dem Arbeitgeber nicht, kraft seines Weisungsrechts längere Pausen vorzusehen.
Beispiel
Eine schwangere Frau, die aufgrund eines gesetzlichen Beschäftigungsverbots ihre vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringen darf, kann verpflichtet werden, vorübergehend eine andere ihr zumutbare Tätigkeit auszuüben. Hat sie dabei regelmäßig Lasten von mehr als 5 kg zu tragen, ist eine solche Weisung aufgrund des § 4 Abs. 2 Nr. 1 MuSchG unzulässig.
Weisungen und vertragliche Weisungsvorbehalte, die auf eine Umgehung von Gesetzen abzielen, können den Beschäftigten nicht verpflichten. Auch kann er nicht im Rahmen seines Selbstbestimmungsrechts bei objektiver Umgehung auf zwingende Schutzvorschriften verzichten.
Beispiel
Eine Vereinbarung, die bei zeitabhängiger Vergütung den Arbeitgeber einseitig berechtigt, die festgelegte Arbeitszeit eines Musikschullehrers später durch Weisung nach Bedarf zu reduzieren, ist eine objektive Umgehung von zwingenden Vorschriften des Kündigungs- und Kündigungsschutzrechts und daher nach § 134 BGB nichtig.
Andererseits kann ein Verbot, die Weisung in einem bestimmten Sachzusammenhang auszuüben, nicht auch auf nur vergleichbare Fälle angewandt werden.
Schwerbehinderte Menschen und gem. § 151 Abs. 1 und Abs. 3 SGB IX ihnen Gleichgestellte werden nach § 207 SGB IX auf ihr Verlangen von Mehrarbeit freigestellt. Das Weisungsrecht wird nach einem entsprechenden Antrag begrenzt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Schwerbehinderte grundsätzlich für alle Formen der Arbeit außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit befreit sind, z. B. für Bereitschaftsdienst.
Ob eine gesetzliche Vorschrift neben dem allgemeinen Regelungsgehalt auch noch die Einschränkung des Weisungsrechts enthält, ist durch Auslegung im Einzelfall zu ermitteln. Die Kontrollfrage lautet: Besitzt die gesetzliche Regelung ohne eine Einschränkung des Weisungsrechts noch einen sinnvollen Anwendungsbereich? Nicht erforderlich ist, dass die gesetzliche Regelung eine optimale Umsetzung für jeden Beschäftigten bietet. Soweit sie keine klar definierten Maßnahmen zwingend vorgibt, hat die Umsetzung unter Beachtung billigen Ermessens zu erfolgen.
Beispiel
§ 8 Abs. 4 TzBfG und § 2 Abs. 1 Nr. 2 AltTZG sehen beide einvernehmliche Reduzierungen der wöchentlichen Arbeitszeit vor. Eine Einschränkung der Weisungsbefugnis ergibt sich jedoch nur im Teilzeitverlangen nach dem TzBfG. Diese Bestimmung dient dazu, einzelnen Beschäftigten mehr Zeitsouveränität zu verschaffen. Es ist dem Einzelnen überlassen, nach seinen persönlichen Bedürfnissen individuelle Verringerungs- und Verteilungswünsche geltend zu machen. Dieser Zielrichtung fehlt das durch das AltTZG geregelte System der gesetzlichen Förderung der Altersteilzeitarbeit.
Gesetze können jedoch nicht nur die Weisungsbefugnis einschränken, sondern auch erweitern bzw. erst begründen. Ebenso können gesetzliche Regelung die aktive Ausübung des Weisungsrechts durch den Arbeitgeber auch gegen dessen Willen initiieren bzw. erforderlich machen (siehe Punkt 6.11). So kann etwa die Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB vom Arbeitgeber verlangen, dass er gegenüber einem Beschäftigten, der nicht mehr in der Lage ist, die angeordnete Leistung zu erbringen, diese innerhalb des arbeitsvertraglichen Rahmens erneut zu konkretisieren, sodass der Beschäftigte in die Lage versetzt wird, seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen. Diese Verpflichtung kann der Arbeitgeber abwenden, wenn die Maßnahme – im Einzelfall begründbar – von vornherein unzumutbar ist. Nicht davon betroffen sind Obliegenheiten des Arbeitgebers zur Einrichtung von Verfahren, die allgemein den Arbeitsschutz betreffen, jedoch keine konkrete Umsetzung für einzelne Beschäftigte beinhalten.
Die Beschäftigten haben keinen Anspruch auf Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements.
Generell enthalten Arbeitsschutzvorschriften eine Obliegenheit für den Arbeitgeber, durch Ausübung von Weisungen den Gefahren am Arbeitsplatz zu begegnen. Im Fall der Arbeitnehmerüberlassung geht dies auf den Entleiher über (siehe Punkt 4.11).
Ebenso kann ...