Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. Überschreitet der Arbeitgeber durch seine Weisung die rechtlichen Grenzen, ist der Beschäftigte berechtigt, die Weisung zu verweigern, und behält trotzdem seinen Vergütungsanspruch aus § 615 BGB, selbst wenn er noch nicht einmal vorläufig der Anordnung nachkommt. Sinn und Zweck des Weisungsrechts in der Form, wie es durch § 106 GewO ausgestaltet ist, verlangen keine vorläufige Verbindlichkeit einer unbilligen Weisung, sondern stehen einer solchen vielmehr entgegen. Daher kann auch keine Weisungsbefolgung durchgesetzt werden. Das Weigerungsrecht entspricht im Ergebnis der Regelung in § 275 Abs. 3 BGB.
Ein Beschäftigter weigert sich, ein Personalgespräch zu führen, in dem es ausschließlich um Verhandlungen mit dem Ziel einer Vertragsänderung gehen sollte. Eine Verpflichtung des Beschäftigten, zu jedem Gesprächsinhalt mit dem Arbeitgeber zur Verfügung zu stehen, besteht nicht, insbesondere dann nicht, wenn es um einen privatautonomen Inhalt geht.
Das BAG hat sich in seinem Urteil vom 18.10.2017 sehr ausführlich mit den Rechten und Pflichten aus dem Weisungsrecht beschäftigt und führt mit überzeugenden Argumenten zur Bindungswirkung von unbilligen Weisungen aus:
Zitat
Es bestehen auch keine praktischen Gründe, von einer vorläufigen Verbindlichkeit [der Weisung] auszugehen. Spricht der Arbeitgeber eine Weisung aus, ist diese für ihn als Bestimmungsberechtigten verbindlich. Befolgt der Beschäftigte diese Weisung und erbringt er – unabhängig von einer möglichen Unbilligkeit – seine Arbeitsleistung, wird das Arbeitsverhältnis in der Form durchgeführt, die der Arbeitgeber begehrt. Eine Verpflichtung des Beschäftigten, sich gegen unbillige Weisungen zu wehren, besteht nicht, vielmehr kann er diese hinnehmen. Ändert der Beschäftigte insoweit seine Auffassung, kann sein Recht zur Geltendmachung der Unbilligkeit – wie jedes andere Recht – verwirken. Akzeptiert der Beschäftigte hingegen eine Weisung, die er als unbillig ansieht, nicht und erbringt keine Arbeitsleistung, trägt er das Risiko, ob ein Gericht im Rahmen der Prüfung nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB seine Einschätzung teilt. Ist dies nicht der Fall, kann der Arbeitgeber Sanktionen aussprechen und der Beschäftigte verliert seinen Vergütungsanspruch. Erzwingen könnte der Arbeitgeber die Erbringung der Arbeitsleistung im Hinblick auf § 888 Abs. 3 ZPO in keinem Fall. Erweist sich die Weisung hingegen als unbillig, hat der Arbeitgeber – soweit die sonstigen Voraussetzungen vorliegen – nach § 615 i. V. m. § 611 BGB bzw. im Wege des Schadensersatzes die Vergütung zu leisten, ohne einen Nachleistungsanspruch zu haben. Denjenigen, der eine unbillige Weisung erteilt, trifft dementsprechend das Risiko der Unwirksamkeit dieser Weisung; dieses kann nicht auf den Vertragspartner abgewälzt werden. Bei Annahme einer vorläufigen Verbindlichkeit unbilliger Weisungen könnte der Arbeitgeber diese hingegen risikolos erteilen. Folgt der Beschäftigte ihnen nicht, wäre er Sanktionen bis hin zur Kündigung ausgesetzt, obwohl die Weisung nicht den gesetzlichen Anforderungen und damit der objektiven Rechtslage entspricht. Folgt ihr der Beschäftigte hingegen und stellt das Gericht später deren Unbilligkeit fest, bliebe dies für den Arbeitgeber faktisch folgenlos. Damit geht es nicht um die Beseitigung von Rechtsunklarheiten, sondern es erscheint nicht völlig polemisch, eine solche Situation als "Spielwiese für trennungswillige Arbeitgeber" zu qualifizieren.
Der 5. Senat und der 10. Senat haben ihre bislang entgegenstehende Ansicht aufgegeben.
Bei längerer unwidersprochener Ausübung der rechtswidrig angeordneten Umstände kann dies jedoch zu einer stillschweigenden Änderung des Arbeitsvertrags und damit zur Verfestigung als vertragsähnliche Verpflichtung des Beschäftigten führen.
Gleiches kann für den Rahmen des Direktionsrechts überschreitende Weisungen gelten, denen sachlich nachvollziehbare Erwägungen des Arbeitgebers zugrunde liegen. Das Verweigerungsrecht besteht jedoch nur insoweit, dass der Beschäftigte die mit der Weisung geforderte Handlung unterlassen darf. Alle anderen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis bleiben bestehen.
Maßgeblicher Zeitpunkt der Überprüfung der Maßnahme ist stets die Anordnung durch den Arbeitgeber. Allerdings kann auch die nach diesem Zeitpunkt eintretende tatsächliche Entwicklung herangezogen werden, um zu überprüfen, ob im maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich eine vom Arbeitgeber angestellte Prognose objektiv gerechtfertigt war.
Der Beschäftigte A wird von seinem Arbeitgeber an einen anderen Standort versetzt, der sich ca. 400 km entfernt befindet. Die Begründung der Versetzung ist di...