1.5.1 Das bisherige Gesamtversorgungssystem
Nach dem bis zum 31. Dezember 2000 geltenden System der Zusatzversorgung wurde die zusätzliche Altersversorgung für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes im Rahmen einer an der Beamtenversorgung orientierte Gesamtversorgung gewährleistet. Diese Gesamtversorgung wurde auf der Grundlage einer gesamtversorgungsfähigen Zeit (bei Beamten: ruhegehaltfähige Zeit) und eines gesamtversorgungsfähigen Entgelts (bei Beamten: ruhegehaltfähige Bezüge) ermittelt. Auf die Gesamtversorgung wurde die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet; der Differenzbetrag war die Versorgungsrente.
1.5.2 Ausgangslage vor der Reform der Zusatzversorgung
1.5.2.1 Demographische Entwicklung
Wie alle großen Alterssicherungssysteme hat auch die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes erhebliche Finanzierungsprobleme. Eine Ursache dafür sind die Entwicklungen im Versichertenbestand einerseits und im Rentenbestand andererseits. Der seit Jahren zu beobachtende Rückgang des Versichertenbestands ist sicher eine der Hauptursachen für die schwierige finanzielle Situation, in der sich die Zusatzversorgung, insbesondere aber die VBL, heute befindet. So ist die Zahl der Pflichtversicherten im Abrechnungsverband West der VBL von 1,6 Mio. im Jahre 1996 um 5,75 % auf rund 1,5 Mio. im Jahr 2000 zurückgegangen. Einen solchen Aderlass verkraftet ein Umlageverfahren auf Dauer nicht. Dies gilt erst recht, wenn auf der anderen Seite ein ebenso kontinuierlicher Anstieg des Rentenbestands zu verzeichnen ist. Im genannten Zeitraum stieg der Rentenbestand von rund 803.000 um rund 13 % auf über 914.000 an. Der Anstieg der Renten liegt zum einen an den längeren Laufzeiten aufgrund der stetig steigenden Lebenserwartung. So hat sich die durchschnittliche Lebenserwartung im letzten Jahrhundert verdoppelt und wird in den nächsten 30 Jahren um etwa 2 Jahre ansteigen. Hinzu kommt aber auch ein frühes Rentenzugangsalters, das bei der VBL im Jahr 1999 bei rund 59,5 Jahren lag. Schließlich schlägt sich die offensive Einstellungspraxis der 1960er und 1970er Jahre in einem verstärkten Rentenzugang nieder.
1.5.2.2 Systemimmanente Probleme
Das bisherige Gesamtversorgungssystem war an der Beamtenversorgung orientiert. Es sollte eine Gesamtversorgung gewährt werden, die in etwa der Versorgung eines Beamten mit vergleichbarer Dienstzeit und vergleichbarem Gehalt entsprach. Änderungen in der Beamtenversorgung mussten daher regelmäßig auch in der Zusatzversorgung nachvollzogen werden. Da im Gesamtversorgungssystem die Versorgungsrente als Differenz zwischen der Gesamtversorgung und der Grundversorgung - dies ist in der Regel die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung - ermittelt wird, beeinflussten auch Änderungen im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung die Zusatzversorgung. Dadurch, dass die Versorgungsrenten seit 1985 auf der Grundlage eines fiktiven Nettoarbeitsentgelts ermittelt werden, wirkten sich darüber hinaus auch Veränderungen etwa bei der Lohnsteuer und den Sozialversicherungsbeiträgen unmittelbar auf die Leistungshöhe aus. Diese Abhängigkeit des Gesamtversorgungssystems von Bezugssystemen wie Beamtenversorgung, gesetzlicher Rentenversicherung und Steuerrecht hat einen erheblichen Anteil an den Finanzierungsproblemen der Zusatzversorgung.
Die Steuer- und Beitragssatzsenkungen aufgrund des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 und des Steuersenkungsgesetzes 2000 haben seit 1999 zu entsprechenden Erhöhungen der Versorgungsrenten und damit zu erheblichen zusätzlichen Belastungen geführt. Hinzu kam, dass der Anstieg der gesetzlichen Rente im Jahre 2000 auf die Inflationsrate begrenzt war. Diese Umstände führten dazu, dass die VBL nach versicherungsmathematischen Berechnungen mit Ausgabensteigerungen von über 3,4 Mrd. DM bis Ende 2003 rechnen musste. Zur Finanzierung dieser Mehrbelastungen hätte der Umlagesatz ab Januar 2001 je nach Rechnungsannahmen auf 9 %, ab 2004 dann auf über 9,4 % steigen müssen; bei einer Anhebung des Umlagesatzes erst ab 2004 wäre sogar eine Erhöhung auf 10 - 11 % erforderlich geworden.
1.5.2.3 Rechtsprechung
Zu diesen Ausgabensteigerungen aufgrund der Entwicklung in den Bezugssystemen kamen die Auswirkungen der Rechtsprechung hinzu. Das Leistungsrecht der Zusatzversorgung war in den letzten Jahren Gegenstand mehrerer Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. Zu nennen ist der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Juli 1998, mit dem der Gesetzgeber zur Neuregelung des § 18 Betriebsrentengesetz verpflichtet wurde, der die Unverfallbarkeit und die Höhe der Anwartschaften aus der Zusatzversorgung beim vorzeitigen Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem öffentlichen Dienst regelt. Der Gesetzgeber ist diesem Auftrag nachgekommen und hat mit Wirkung vom 1. Januar 2001 einen neuen § 18 BetrAVG geschaffen. Diese neue Vo...