Sven Franke, Stefanie Hornung
Zitat
Ich glaube, eine gefühlte Fairness kann man, wenn überhaupt, nur mit einem Formelmodell realisieren.
David Cummins, Geschäftsführender Gesellschafter, Ministry Group
"Hacker School!" Das war das erste Statement, das David Cummins uns gegenüber abgab: In großen, blauen Lettern stand es auf seinem grauen Hoodie, als er uns bei unserem Besuch bei der Ministry Group in Empfang nahm. David ist einer von 4 Geschäftsführern der Hamburger Agentur. Doch an diesem Tag sah er aus wie ein Football-Coach gerade auf dem Weg zum Training.
Die "Hacker School" ist ein Herzensprojekt des gebürtigen Amerikaners. Gemeinsam mit einigen Kollegen initiierte er 2014 das Non-Profit-Projekt, das Jugendlichen das Coden beibringt. Bei der Google Impact Challenge 2018 gewannen sie mit diesem Projekt einen der Hauptpreise. Seitdem baut der Trägerverein des Projekts das Angebot neben Hamburg auch in vielen weiteren Städten Deutschlands aus.
Programmiert wird bei der Ministry Group auch hauptberuflich. Im Mittelpunkt steht jedoch die Kreativleistung für namhafte Unternehmen wie die Xing SE, Universal Pictures oder auch Gilette. Doch das ehrenamtliche Engagement zeigt: Bei der Ministry Group geht es um mehr als nur um schöne Bilder oder griffige Slogans. Hier trifft man auf Überzeugungstäter und Weltverbesserer.
Die Ministry Group liegt im Herzen Hamburgs. Nein, nicht auf St. Pauli, wo das Herz vieler Menschen schneller schlägt, sondern unweit der Landungsbrücken, nur einen Steinwurf vom Michel entfernt. Das Hamburger Wahrzeichen war, bevor es die Elbphilharmonie gab, der Orientierungspunkt für Seefahrer, die sich der Stadt auf der Elbe näherten. Und so ist auch die Ministry Group für viele in der New-Work-Szene ein Orientierungspunkt. Die 4 Eigentümer der Agentur, Andreas Ollmann, David Cummins, Marco Luschnat und Nis Niemeier, experimentierten lange bevor der Begriff "New Work" zum Buzzword wurde mit alternativen Wegen der Zusammenarbeit.
Und so überraschte es uns nicht, dass die Ministry Group sich bereits seit einiger Zeit mit ihrem Vergütungsmodell kritisch auseinandersetzt. "Über die Jahre haben wir festgestellt, dass wir eigentlich nicht mehr mit gutem Gewissen über Gehälter und Gehaltserhöhungen entscheiden können", reflektiert David Cummins die Entwicklung bei Ministry. Die Geschäftsführer seien zum einen zu weit vom operativen Tagesgeschäft entfernt, um die Leistung und Entwicklung von Kollegen gut einschätzen zu können. Zum anderen gehöre die Machtposition, die mit der Gehaltsentscheidung verknüpft sei, ins Team. Dorthin also, wo auch sonst die meisten Entscheidungen bei Ministry getroffen werden. "Egal wie man es dreht, wer über Gehälter und Gehaltserhöhungen entscheidet, ist in einer Machtposition gegenüber denjenigen, über deren Gehalt entschieden wird. Und diesen Aspekt von Macht wollen wir Geschäftsführer nicht mehr haben", so David.
Zitat
Wir haben festgestellt, dass nicht mangelnde Transparenz der Gehälter unser Problem ist. Stattdessen müssen wir für Nachvollziehbarkeit der Gehälter sorgen.
David Cummins, Geschäftsführender Gesellschafter, Ministry Group
2016 begann David Cummins sich konkretere Gedanken zum Thema Gehalt bei der Ministry Group zu machen. Er fing an sich umzuschauen, welche Lösungen andere Unternehmen gefunden hatten. Transparente Gehälter und freie Gehaltswahl faszinierten ihn, doch beim genaueren Blick stellte er fest, dass diese Modelle nicht das Problem lösten, das sich in der eigenen Organisation beim Thema Gehalt zeigte. "Wir haben festgestellt, dass nicht mangelnde Transparenz der Gehälter unser Problem ist. Stattdessen müssen wir für Nachvollziehbarkeit sorgen. Genau daran haben wir mit unserem neuen Gehaltsmodell gearbeitet." Und so reifte die Idee einer Gehaltsformel in David. Diese Formel sollte, genauso wie der dazugehörige Prozess der Gehaltsfindung und -erhöhung, für alle Beteiligten Transparenz und Nachvollziehbarkeit schaffen. Er begann an einer Formel zu arbeiten und seine ersten Gedanken mit seinen Geschäftsführerkollegen und der Personalverantwortlichen zu diskutieren. Denn eines war ihm schnell klar: "Alle Formeln, die es da draußen bereits gibt, die passen nicht zu uns und unserer Kultur."
David war zu dem Zeitpunkt, als er mit den Überlegungen zu einem neuen Gehaltsmodell begann, bereits 4 Jahre Miteigentümer und Geschäftsführer. Ein Faible für Zahlen, Formeln und Algorithmen brachte er aus seinem früheren Job mit. Er hatte zuvor den Bereich Entwicklung bei der Vorgängergesellschaft der Ministry Group geleitet.
Heute umfasst die Ministry Group 4 Einzelfirmen mit insgesamt rund 50 Beschäftigten: die Werbeagentur zwhy, die Softwareschmiede Napsys, AntTrail mit dem Fokus auf Social Media, PR und Markenkommunikation und die 6ft RabbitProduction, die Videoinhalte produziert. Geführt wird die Group von einem Führungskreis aus insgesamt 9 Personen. Dort sind alle 4 Einzelfirmen vertreten, entweder durch einen der Inhaber oder durch einen sogenannten "company leader" oder Geschäftsführer. Außerdem ...