Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustimmung des Betriebsrats bei Versetzungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Versetzung im Sinne von § 95 Abs 3 BetrVG liegt auch dann vor, wenn dem Arbeitnehmer ein anderer Arbeitsort zugewiesen wird, ohne daß sich seine Arbeitsaufgabe ändert oder er in eine andere organisatorische Einheit eingegliedert wird.
2. Steht von vornherein fest, daß der Arbeitnehmer nach Beendigung der Versetzung an seinen bisherigen Arbeitsplatz zurückkehrt, so bedarf diese Versetzung der Zustimmung des Betriebsrats des Betriebs, in dem der Arbeitnehmer bis zur Versetzung beschäftigt war, auch dann, wenn der Arbeitnehmer für die Dauer der Versetzung in einen anderen Betrieb eingegliedert wird. Ob auch der Betriebsrat des aufnehmenden Betriebs zustimmen muß, bleibt unentschieden (im Anschluß an BAG 30.04.1981, 6 ABR 59/78 = BAGE 35, 228 = AP Nr 12 zu § 99 BetrVG 1972).
Orientierungssatz
Zur Frage, ob die Zulassung der Rechtsbeschwerde auf die Begründetheit eines Antrags beschränkt werden kann.
Normenkette
BetrVG § 95 Abs. 3, § 99 Abs. 1; ArbGG § 92 Fassung: 1979-07-02
Verfahrensgang
Gründe
A. Die Antragsgegnerin (im folgenden: Arbeitgeber) ist ein Großunternehmen der Automobilindustrie mit Sitz in K. Er unterhält in K-M den Betrieb "Produktentwicklung", der für die Erforschung und Entwicklung neuer Kraftfahrzeugtypen zuständig ist. Der Antragsteller ist der dort gebildete Betriebsrat.
Anläßlich der Entwicklung neuer Fahrzeugmodelle, bei der der Arbeitgeber mit anderen Konzernunternehmen und der japanischen Firma TK (nachfolgend kurz TK genannt) mit Sitz in Hiroshima zusammenarbeitete, ordnete der Arbeitgeber an, daß mehrere Arbeitnehmer aus dem Betrieb Produktentwicklung nach einem gestaffelten Zeitplan die Arbeitsleistung in Japan im Betrieb der Firma TK erbringen sollten. Die betroffenen Arbeitnehmer waren damit einverstanden. Eine erste Gruppe von Mitarbeitern reiste am 22. November 1982 nach Japan. Am 3. Januar 1983 folgte eine zweite Gruppe von Arbeitnehmern. Bei einem Mitarbeiter dieser Gruppe war der Arbeitseinsatz in Japan für die Dauer von mehr als einem Monat, bei einem Mitarbeiter für die Dauer eines Monats und für die weiteren sechs Mitarbeiter für die Dauer von weniger als einem Monat vorgesehen.
Da der Arbeitgeber die Ansicht vertritt, ein Mitbestimmungsrecht stehe bei solchen Anordnungen nur dem Betriebsrat des aufnehmenden Betriebs zu, hat er beim Betriebsrat die Zustimmung zum Wiedereinsatz der Arbeitnehmer auf den früheren Arbeitsplätzen in M zum Zeitpunkt ihrer Rückkehr beantragt. Der Betriebsrat hat diesem Antrag vorbehaltlich der rechtlichen Klärung zugestimmt.
Der Betriebsrat ist der Ansicht, es habe sich bei dem Einsatz der Arbeitnehmer in Japan um eine Versetzung gehandelt. Den Arbeitnehmern sei ein anderer Arbeitsbereich zugewiesen worden. Die Maßnahme habe zum Teil die Dauer eines Monats überschritten, zum Teil dazu geführt, daß die Arbeit unter erheblicher Änderung der Umstände zu leisten gewesen sei.
Durch den Einsatz der Arbeitnehmer in Japan seien diese nicht in einen anderen Betrieb eingegliedert worden. Die bisherigen Unterstellungsverhältnisse hätten weitergegolten, das Arbeitsverhältnis zum Betrieb in M sei bestehen geblieben. Gleiches gelte für die Beziehungen der Arbeitnehmer zum Betriebsrat. Den Arbeitnehmern sei gestattet worden, sich auch von Japan aus an den Betriebsrat zu wenden. Alle Bekanntmachungen am Schwarzen Brett seien ihnen nachgesandt worden. Die beteiligten Firmen hätten in Japan keine Arbeitsgemeinschaft gebildet, zumindest seien die Arbeitnehmer nicht in deren Betrieb eingegliedert worden. Sie hätten für sich in abgesonderten Räumen der Firma TK gearbeitet.
Der Betriebsrat hat mit Schriftsatz vom 18. Januar 1983 das vorliegende Verfahren anhängig gemacht und zunächst beantragt, dem Arbeitgeber aufzugeben, die Versetzungen vom 3. Januar 1983 rückgängig zu machen. Noch während des Verfahrens vor dem Arbeitsgericht sind die Arbeitnehmer aus Japan zurückgekehrt. Der Betriebsrat hat daher beantragt
festzustellen, daß er bei der Versetzung
der namentlich genannten Arbeitnehmer vom
3. Januar 1983 ein Beteiligungsrecht nach
§ 99 BetrVG hat.
Er hat vorgetragen, mit dem Einsatz in Japan vergleichbare Einsätze von Mitarbeitern des Betriebs M erfolgten im Jahr drei- bis viermal. Die Frage, ob ihm bei solchen Einsätzen ein Mitbestimmungsrecht zustehe, könne nur durch diesen Antrag geklärt werden.
Der Arbeitgeber hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er hält den Antrag für unzulässig. Der Einsatz in Japan habe sich erledigt, vergleichbare Einsätze seien nicht geplant. Dem Betriebsrat stehe auch kein Mitbestimmungsrecht zu. Die Arbeitnehmer seien in den Betrieb der in Hiroshima gebildeten Arbeitsgemeinschaft versetzt und dort in diesen Betrieb eingegliedert worden. Sie seien damit einverstanden gewesen. Bei einer solchen Maßnahme sei der Betriebsrat in M nicht zu beteiligen.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben dem Antrag stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Arbeitgeber seinen Abweisungsantrag weiter.
B. Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers ist nur zum Teil begründet.
I. Der vom Betriebsrat gestellte Antrag ist zulässig.
1. Es ist fraglich, ob der Senat die Zulässigkeit des Antrags selbst beurteilen darf. Das Landesarbeitsgericht hat diese Beurteilung dem Senat entziehen wollen. Es bestehen jedoch Bedenken, ob dies wirksam geschehen und rechtlich zulässig ist.
a) Das Landesarbeitsgericht hat im Tenor seines Beschlusses die Rechtsbeschwerde unbeschränkt zugelassen. Nur dieser Tenor ist im Termin verkündet worden. Erst in den Gründen des Beschlusses heißt es:
Hinsichtlich der Frage, ob und gegebenenfalls
unter welchen Voraussetzungen dem Betriebsrat
bei der Versetzung von Arbeitnehmern in einen
außerbetrieblichen Bereich ein Mitbestimmungs-
recht zusteht, war wegen der grundsätzlichen
Bedeutung die Rechtsbeschwerde (beschränkt auf
diese Frage) gemäß §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2
ArbGG zuzulassen.
Das Landesarbeitsgericht hat damit die Rechtsbeschwerde nur hinsichtlich der Begründetheit des vom Betriebsrat gestellten Antrags zugelassen, über die Frage der Zulässigkeit dieses Antrags jedoch selbst abschließend entscheiden wollen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muß die Zulassung der Revision oder Rechtsbeschwerde im Tenor erfolgen, zumindest aber bei der Verkündung des Urteils mitverkündet werden (vgl. zuletzt Beschluß vom 21. März 1974 - 1 ABR 19/74 - AP Nr. 13 zu § 92 ArbGG 1972 mit weiteren Nachweisen). Im Zeitpunkt der Verkündung der Entscheidung muß feststehen, ob ein Rechtsmittel zugelassen ist. Es widerspricht diesem Grundsatz, wenn die zunächst unbeschränkt ausgesprochene Zulassung eines Rechtsmittels später in den Gründen der Entscheidung beschränkt werden kann (so aber BAG 29, 221 = AP Nr. 5 zu § 91 ArbGG 1953; Urteil vom 6. Juni 1984 - 7 AZR 451/82 - AP Nr. 16 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung).
b) Fraglich ist weiter, ob die Zulassung der Rechtsbeschwerde auf die Begründetheit eines Antrags beschränkt werden kann.
Daß eine Beschränkung der Zulassung der Revision oder Rechtsbeschwerde zulässig ist, ist allgemein anerkannt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Beschränkung der Revisionszulassung statthaft, wenn sie sich auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffes bezieht (BGHZ 53, 152). Das Bundesarbeitsgericht hat die Beschränkung der Revisionszulassung auf einen von mehreren Streitgegenständen oder einen von mehreren Streitgenossen für zulässig gehalten (BAG 29, 221 = AP Nr. 5 zu § 91 ArbGG 1953; BAG 40, 250 = AP Nr. 1 zu § 72 ArbGG 1979). Nach § 280 Abs. 2 ZP0 kann über die Zulässigkeit einer Klage durch Zwischenurteil entschieden werden, das im Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen ist und daher gesondert angefochten werden kann. Zulässigkeit und Begründetheit einer Klage sind danach rechtlich selbständige und abtrennbare Teile des Gesamtstreitstoffes. Von daher mag es zulässig sein, die Zulassung der Revision oder Rechtsbeschwerde auf die Zulässigkeit oder die Begründetheit des Antrags zu beschränken. Dagegen spricht, daß dem Rechtsbeschwerdegericht damit die Nachprüfung der verfahrensrechtlichen Grundlagen eines Antrags auch in den Fällen entzogen wird, in denen es nicht zu einem selbständig anfechtbaren Teilurteil kommt.
2. Der Senat geht zugunsten der Rechtsbeschwerde davon aus, daß die Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde auf die Begründetheit des Antrags unwirksam ist und er über dessen Zulässigkeit selbst entscheiden kann. Diese Entscheidung ergibt ebenso wie die des Landesarbeitsgerichts, daß der Antrag des Betriebsrats zulässig ist.
a) Der Antrag des Betriebsrats bezieht sich nach seinem Wortlaut auf eine längst erledigte und abgeschlossene Maßnahme des Arbeitgebers, die die gegenwärtigen Rechtsbeziehungen der Beteiligten nicht mehr berührt. Für die Entscheidung der Frage, ob der Einsatz der Arbeitnehmer in Japan der Zustimmung des Betriebsrats bedurfte oder nicht, besteht daher kein Rechtsschutzinteresse mehr. Der Betriebsrat hat jedoch schon vor dem Arbeitsgericht mit Rücksicht darauf, daß sich der Einsatz der Arbeitnehmer in Japan erledigt hatte, seinen zunächst gestellten Aufhebungsantrag fallengelassen und nur noch die Feststellung beantragt, daß die genannte Versetzung seiner Beteiligung nach § 99 BetrVG unterlag. Er hat dies damit begründet, daß die Klärung seines umstrittenen Beteiligungsrechts für künftige vergleichbare Fälle erforderlich sei. Er hat damit eine streitige Rechtsfrage zur Entscheidung gestellt, die von der schon abgeschlossenen Maßnahme, die Anlaß zum Streit der Beteiligten gegeben hat, losgelöst ist, sich aber künftig wiederholen kann.
Der Antrag des Betriebsrats trägt allerdings seinem Wortlaut nach dem in die Zukunft gerichteten Feststellungsbegehren des Betriebsrats nicht Rechnung. Er ist jedoch im Hinblick auf seine Begründung und den Anlaß des Streites der Beteiligten auszulegen (Beschlüsse des Senats vom 16. Juli 1985 - 1 ABR 35/83 - und vom 3. Dezember 1985 - 1 ABR 29/84 -, jeweils zur Veröffentlichung vorgesehen). Danach begehrt der Betriebsrat die Feststellung, daß künftige vergleichbare Maßnahmen des Arbeitgebers seiner Zustimmung bedürfen.
b) Ein solcher allgemeiner, von einer abgeschlossenen Maßnahme losgelöster Feststellungsantrag ist möglich. Er muß jedoch schon in den Tatsacheninstanzen gestellt werden. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 39, 259 = AP Nr. 5 zu § 83 ArbGG 1979 und Beschluß des Senats vom 10. April 1984 - 1 ABR 73/82 - AP Nr. 3 zu § 81 ArbGG 1979 und von da an in ständiger Rechtsprechung). Dabei ist nicht erforderlich, daß dieser allgemeine Feststellungsantrag neben einem Antrag gestellt wird, der sich auf eine konkrete Maßnahme bezieht. Er kann auch für sich allein gestellt werden, wenn die konkrete Maßnahme abgeschlossen ist und an der Entscheidung der Frage, ob der Betriebsrat auch bei dieser Maßnahme zu beteiligen war, kein Interesse mehr besteht. Hier ist der allgemeine, von der abgeschlossenen Maßnahme losgelöste Antrag schon vor dem Arbeitsgericht gestellt worden.
c) Der Antrag des Betriebsrats ist bestimmt genug.
Bei einem Streit über bestehende Mitbestimmungsrechte muß derjenige, der das Bestehen oder Nichtbestehen des Mitbestimmungsrechts festgestellt wissen will, diejenige Maßnahme des Arbeitgebers oder denjenigen betrieblichen Vorgang, für die bzw. für den er ein Mitbestimmungsrecht in Anspruch nimmt oder leugnet, so genau bezeichnen, daß mit einer Entscheidung über den Antrag feststeht, für welche Maßnahmen oder Vorgänge das Mitbestimmungsrecht bejaht oder verneint worden ist. Das ist vorliegend - jedenfalls ausdrücklich - nicht geschehen. Als konkrete Maßnahme wird lediglich die "Versetzung" der sieben Arbeitnehmer nach Japan vom 3. Januar 1983 genannt. Der Betriebsrat trägt aber vor, daß "solche Versetzungen" wiederholt, etwa drei- bis viermal im Jahr, vorkommen und nennt als Beispiel "Versetzungen von Arbeitnehmern nach Finnland Ende 1983". In den Vorakten befindet sich eine Korrespondenz der Beteiligten über solche zeitlich nachfolgenden "Versetzungen", in denen die Beteiligten um Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gestritten haben. In diesen Schreiben ist jeweils von "externen Einsätzen" die Rede. Erwähnt werden die "externen Einsätze" "DE 1", "Sierra 85", "Fiesta Anlauf" sowie die externen Einsätze in Launch und in Finnland. Auch in Schreiben des Arbeitgebers ist jeweils von "externen Einsätzen", also von einer Mehrzahl solcher Einsätze, die Rede. Die Beteiligten streiten damit um die Frage, ob der Betriebsrat bei diesen externen Einsätzen ein Mitbestimmungsrecht hat, genauer, ob diese externen Einsätze eine personelle Einzelmaßnahme sind, die der Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG bedürfen. Welche Vorgänge im einzelnen unter diesen externen Einsätzen zu verstehen sind, ist den Beteiligten klar. Ihr gemeinsames Kriterium ist, wie sich aus einem Schreiben des Arbeitgebers vom 28. November 1983 ergibt, daß sie "außerhalb M " erfolgen, und daß es sich jeweils um vorübergehende Maßnahmen handelt, die betroffenen Arbeitnehmer also nach Beendigung des externen Einsatzes wieder in den Betrieb M an ihren alten Arbeitsplatz zurückkehren. Ob diese Einsätze stets im Ausland erfolgen, wird nicht deutlich. Unterschiedlich sind möglicherweise auch die jeweiligen Arbeitsbedingungen am Einsatzort außerhalb M. Gerade über die Einsatzbedingungen in Japan haben die Beteiligten im vorliegenden Verfahren gestritten, insbesondere über die Frage, ob die Arbeitnehmer in Japan in einen Betrieb einer Arbeitsgemeinschaft aus mehreren Unternehmen eingegliedert waren.
Nicht zu den "externen Einsätzen" gehören Arbeiten außerhalb M, die bei Windkanaluntersuchungen, Präsentationen auf Shows, Vorstellungen von Fahrzeugen und bei Besprechungen mit Lieferanten anfallen. Die Beteiligten haben zu keiner Zeit darüber gestritten, ob und in welcher Weise der Betriebsrat bei diesen Einsätzen zu beteiligen ist. Mögliche Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei diesen Einsätzen sind daher auch nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.
d) Für den so verstandenen Antrag festzustellen, daß solche externen Einsätze der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen, besteht ein Rechtsschutzinteresse. Daß solche externen Einsätze auch künftig vorkommen, ist unter den Beteiligten nicht im Streit. Die Rechtsbeschwerde rügt zwar, das Landesarbeitsgericht habe ihr Vorbringen nicht berücksichtigt, daß sie "vergleichbare Einsätze" nicht plane und solche auch nicht zu erwarten seien. Dieses Vorbringen ist jedoch nicht erheblich. Es bezieht sich nur auf Einsätze, die mit dem Einsatz in Japan vergleichbar sind. Dessen Besonderheit sieht die Rechtsbeschwerde aber darin, daß dort die Arbeitnehmer in einem anderen Betrieb, nämlich den der gebildeten Arbeitsgemeinschaft, eingegliedert waren. Dem Betriebsrat geht es aber, wie die Vorkorrespondenz ausweist, um seine Beteiligung an externen Einsätzen überhaupt, nicht aber nur an solchen, bei denen die Arbeitnehmer in einen anderen Betrieb eingegliedert werden. Auch für diese Fälle bestreitet der Arbeitgeber ein Beteiligungsrecht des Betriebsrats. Das machen seine Rechtsausführungen deutlich. Das erforderliche Feststellungsinteresse ist daher gegeben.
II. Der Antrag des Betriebsrats ist im wesentlichen begründet.
1. Externe Einsätze bedürfen nach § 99 Abs. 1 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats, wenn es sich bei diesen um Versetzungen im Sinne von § 95 Abs. 3 BetrVG handelt.
a) Eine Voraussetzung dafür ist zunächst, daß dem Arbeitnehmer ein anderer Arbeitsbereich zugewiesen wird (§ 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG). Die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs liegt dann vor, wenn dem Arbeitnehmer ein neuer Tätigkeitsbereich zugewiesen wird, so daß der Gegenstand der geschuldeten Arbeitsleistung, der Inhalt der Arbeitsaufgabe ein anderer wird und sich das Gesamtbild der Tätigkeit des Arbeitnehmers ändert (Beschluß des Senats vom 10. April 1984 - 1 ABR 67/82 - AP Nr. 4 zu § 95 BetrVG 1972). Daß dies bei externen Einsätzen stets der Fall ist, ist nicht festgestellt worden und auch sonst nicht ersichtlich. Es spricht vielmehr viel dafür, daß dabei die von den Arbeitnehmern bislang in M verrichtete Tätigkeit im Grunde unverändert bleibt. Das war auch in Japan so. Die Designer und Modelleure haben dort an einem neuen Modell gearbeitet, ebenso wie sie dies in M getan haben.
Die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs und damit eine Versetzung liegt aber auch dann vor, wenn der Arbeitnehmer aus einer betrieblichen Einheit herausgenommen und einer anderen Einheit zugewiesen wird. Auch das hat der Senat in der genannten Entscheidung vom 10. April 1984 ausgesprochen (vgl. auch Kraft, GK-BetrVG, 3. Bearbeitung, § 99 Rz 54; Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 99 Rz 75; Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 99 Rz 17; Stege/Weinspach, BetrVG, 5. Aufl., §§ 99 bis 101 Rz 159; Gnade/Kehrmann/Schneider/Blanke, BetrVG, 2. Aufl., § 99 Rz 32). Für externe Einsätze läßt sich ebenfalls nicht feststellen, ob sie jeweils mit der Eingliederung der Arbeitnehmer in eine andere betriebliche Organisation, sei es in einem anderen Betrieb des Arbeitgebers oder auch in den Betrieb eines anderen Arbeitgebers, verbunden ist. Sollte dies im Einzelfall der Fall sein, wäre der externe Einsatz schon deswegen als Versetzung im Sinne von § 95 Abs. 3 BetrVG anzusehen.
b) Ob die bloße Veränderung des Arbeitsortes - von Bagatellfällen abgesehen - eine Versetzung im Sinne von § 95 Abs. 3 BetrVG darstellt, hat der Senat in der Entscheidung vom 10. April 1984 noch offengelassen. Die Frage ist vorliegend zu entscheiden und zu bejahen.
Schon nach allgemeinem Sprachgebrauch ist Versetzung die Zuweisung eines anderen Dienst- oder Arbeitsortes. Es heißt: "Herr X ist nach A versetzt worden". Daß § 95 Abs. 3 BetrVG von diesem allgemeinen Sprachgebrauch abweichen wollte, ist nicht anzunehmen. Auch die Entstehungsgeschichte spricht gegen eine einschränkende Auslegung. Nach § 60 Abs. 3 BetrVG 1952 galt als Versetzung nicht die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes innerhalb der gleichen selbständigen Betriebsabteilung oder des gleichen Betriebs am selben Ort bei gleichen Arbeitsbedingungen, wenn damit eine Schlechterstellung des Arbeitnehmers nicht verbunden ist. Das bedeutete umgekehrt, daß schon die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes am gleichen Ort eine Versetzung war, wenn damit eine Schlechterstellung des Arbeitnehmers verbunden war. Daraus folgte erst recht, daß eine Versetzung dann vorlag, wenn ein anderer Arbeitsplatz an einem anderen Ort zugewiesen wurde (Fitting/Kraegeloh/Auffarth, BetrVG, 9. Aufl., § 60 Rz 15). Durch § 95 Abs. 3 BetrVG 1972 sollte der Versetzungsbegriff erweitert werden. Es sollte auch die landläufig als "Umsetzung" bezeichnete Maßnahme unter den Begriff der Versetzung fallen (Entwurf der Bundesregierung für ein Betriebsverfassungsgesetz, BT-Drucks. VI/1786, S. 50; Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks. zu VI/2729, S. 30). Es kann daher nicht angenommen werden, daß die bloße Veränderung des Arbeitsortes nach § 95 Abs. 3 BetrVG keine Veränderung im Arbeitsbereich und damit keine Versetzung sein soll.
Zwar wird in der Mehrzahl der Fälle mit einer Änderung des Arbeitsortes auch eine Änderung in der zugewiesenen Arbeitsaufgabe oder eine Eingliederung in eine andere organisatorische Einheit verbunden sein, so daß schon von daher eine Versetzung anzunehmen ist. Notwendig ist dies jedoch nicht, wie der vorliegende Streitfall zeigt.
Auch vom Schutzzweck der Norm her ist es gerechtfertigt, die bloße Veränderung des Arbeitsortes als Versetzung anzusehen. Die Beteiligung des Betriebsrats bei Versetzungen dient u.a. dem Schutz des von der Versetzung betroffenen Arbeitnehmers. Der Ort der Arbeitsleistung ist für den Arbeitnehmer von entscheidender Bedeutung. Das Recht des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zuzuweisen, muß daher regelmäßig im Arbeitsvertrag vereinbart sein. Ist das nicht der Fall, kann der Arbeitsort nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers geändert werden. Von daher ist es gerechtfertigt, das Beteiligungsrecht des Betriebsrats zum Schutz des Arbeitnehmers auch dann eingreifen zu lassen, wenn lediglich der Arbeitsort geändert werden soll, und diesen Schutz nicht davon abhängig zu machen, ob sich mit der Veränderung des Arbeitsortes auch die Arbeitsaufgaben ändern oder der Arbeitnehmer in eine andere organisatorische Einheit eingegliedert wird. Die mit einem Wechsel des Arbeitsortes verbundenen Änderungen der Umstände, unter denen die Arbeit zu leisten ist, können unabhängig davon eintreten. Der Senat vermag daher der im Schrifttum vertretenen Auffassung nicht zu folgen, daß eine Versetzung nur dann vorliege, wenn mit der Änderung des Arbeitsortes auch ein Aufgaben- und/oder Organisationswechsel verbunden ist.
Auch die bloße Zuweisung eines anderen Arbeitsortes ist daher die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches im Sinne von § 95 Abs. 3 BetrVG und damit eine Versetzung im Sinne von § 99 BetrVG.
2. Die Zuweisung eines anderen Arbeitsortes ist nur dann eine Versetzung, wenn sie voraussichtlich die Dauer eines Monats überschreitet. Ist das nicht der Fall, liegt eine Versetzung nur dann vor, wenn die Zuweisung des anderen Arbeitsortes zugleich mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist.
Der Betriebsrat hat die Feststellung beantragt, daß jeder externe Einsatz als Versetzung seiner Zustimmung bedarf. Ob jeder externe Einsatz länger als einen Monat dauert, steht nicht fest. Wie der externe Einsatz in Japan zeigt, kommen auch kürzere Einsatzzeiten vor. Dem Antrag des Betriebsrats kann daher in vollem Umfange nur dann stattgegeben werden, wenn sich hinsichtlich der weniger als einen Monat dauernden externen Einsätze feststellen ließe, daß sie stets mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden sind, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Eine solche Feststellung vermag der Senat nicht zu treffen. Es steht nicht einmal fest, ob alle externen Einsätze im Ausland stattfinden, was möglicherweise die Annahme rechtfertigen könnte, daß jeder Auslandseinsatz mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Es ist daher nicht auszuschließen, daß es auch externe Einsätze von weniger als einem Monat Dauer gibt, die nicht mit einer erheblichen Änderung der Arbeitsumstände verbunden sind. Hinsichtlich dieser kurzfristigen externen Einsätze ist daher dem Senat die Feststellung nicht möglich, daß sie (alle) der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen. Der Antrag muß daher insoweit abgewiesen werden.
3. Das Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der länger als einen Monat dauernden externen Einsätze entfällt nicht deshalb, weil der Arbeitnehmer mit diesem Einsatz einverstanden ist.
Die Beteiligung des Betriebsrats bei Versetzungen dient nicht nur dem Schutz des von der Versetzung unmittelbar betroffenen Arbeitnehmers, sondern auch dem Schutz der Arbeitnehmer, die von der Versetzung mittelbar betroffen werden. Das macht der Katalog der Zustimmungsverweigerungsgründe nach § 99 Abs. 2 BetrVG deutlich. Wird der Arbeitnehmer in eine andere organisatorische Einheit versetzt, werden die Arbeitnehmer dieser Einheit von der Versetzung betroffen. Sie können dadurch Nachteile erleiden, der versetzte Arbeitnehmer kann dort den Betriebsfrieden stören (§ 99 Abs. 2 Nr. 3 und 6 BetrVG). Auch die Arbeitnehmer der abgebenden Abteilung können durch eine solche Versetzung benachteiligt werden. Andere Arbeitnehmer, die eine solche Versetzung gewünscht haben, müssen u. U. zurückstehen. Die Versetzung kann unabhängig davon gegen gesetzliche oder andere Vorschriften oder gegen eine Richtlinie nach § 95 BetrVG verstoßen. Alle diese von einer Versetzung berührten Interessen der Arbeitnehmer des Betriebs hat der Betriebsrat - wenn auch nur im Rahmen des § 99 Abs. 2 BetrVG - zu wahren. Seine Beteiligung kann daher nicht deswegen ausgeschlossen sein, weil der von der Versetzung betroffene Arbeitnehmer mit dieser einverstanden ist.
4. Die Bestimmung des jeweiligen Arbeitsplatzes und damit auch des Arbeitsortes gilt nach § 95 Abs. 3 Satz 2 BetrVG dann nicht als Versetzung, wenn Arbeitnehmer nach der Eigenart ihres Arbeitsverhältnisses üblicherweise nicht an einem bestimmten Arbeitsplatz beschäftigt werden.
Ob Arbeitnehmer, die für einen externen Einsatz in Frage kommen, diese Voraussetzungen erfüllen, ist nicht ersichtlich. Darauf kommt es auch nicht an. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, ist in einem externen Einsatz nicht die jeweilige Bestimmung des Arbeitsplatzes im Sinne von § 95 Abs. 3 Satz 2 BetrVG zu sehen. Diese Vorschrift erfaßt Arbeitsverhältnisse, bei denen der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers nicht festliegt, sondern üblicherweise wechselt. Gerade der übliche und ständige Wechsel des Arbeitsplatzes muß daher für das Arbeitsverhältnis typisch sein. Davon kann dann nicht gesprochen werden, wenn einem Arbeitnehmer gelegentlich, sei es in Ausübung des Direktionsrechts des Arbeitgebers, sei es mit Einverständnis des Arbeitnehmers, ein anderer Arbeitsplatz zugewiesen wird. Ein solcher gelegentlicher Wechsel kommt in jedem Arbeitsverhältnis vor. Würde er schon die Voraussetzungen des Satzes 2 erfüllen, gäbe es praktisch keine Versetzung im Sinne des Satzes 1. Externe Einsätze von Arbeitnehmern des Betriebs M kommen jährlich drei- bis viermal vor. Von ihnen werden stets nur wenige Arbeitnehmer erfaßt. Externe Einsätze erfolgen stets nur für eine begrenzte Zeit, die auch kürzer als ein Monat sein kann. Schon von daher kann nicht gesagt werden, die Arbeitnehmer des Betriebs M würden üblicherweise extern eingesetzt.
Soweit der Arbeitgeber geltend macht, die Arbeitnehmer würden üblicherweise auch bei Windkanaluntersuchungen, Repräsentationen und Shows, bei Vorstellungen von Fahrzeugen und bei Besprechungen mit Lieferanten außerhalb M eingesetzt, vermag das eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Solche Einsätze und die damit verbundene Bestimmung eines anderen Arbeitsplatzes mögen üblich sein. Sie sind dann keine Versetzung im Sinne von § 95 Abs. 3 BetrVG. Der externe Einsatz der hier streitigen Art hat damit nichts zu tun. Er bleibt auch dann eine Versetzung, wenn die betroffenen Arbeitnehmer üblicherweise auch auf den genannten Veranstaltungen eingesetzt werden, ebenso wie die Versetzung eines Springers von einem Betrieb in einen anderen Betrieb nicht deswegen zustimmungsfrei wird, weil dem Springer im Betrieb üblicherweise wechselnde Arbeitsplätze zugewiesen wurden.
5. Externe Einsätze, die länger als einen Monat dauern, sind danach eine Versetzung im Sinne von § 95 Abs. 3 BetrVG. Sie bedürfen nach § 99 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats. Darauf, ob der Arbeitnehmer bei einem externen Einsatz in einen anderen Betrieb eingegliedert wird, kommt es für die Beteiligung des Betriebsrats des Betriebes in M nicht an. Dieser Umstand mag ein Beteiligungsrecht auch des Betriebsrats im aufnehmenden Betrieb begründen, insoweit sich diese Eingliederung als Einstellung in diesen Betrieb darstellt. Darüber ist in diesem Rechtsstreit nicht zu entscheiden.
Mit dieser Entscheidung setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu der auch vom Arbeitgeber in Bezug genommenen Entscheidung des Sechsten Senats vom 30. April 1981 (BAG 35, 228 = AP Nr. 12 zu § 99 BetrVG 1972). Die Entscheidung des Sechsten Senats betraf eine Versetzung, durch die der versetzte Arbeitnehmer mit seinem Einverständnis auf Dauer aus dem abgebenden Betrieb ausschied und in einen anderen, den aufnehmenden Betrieb, auf Dauer eingegliedert wurde. Für diesen Fall mag es gerechtfertigt sein, die Beteiligung des Betriebsrats im abgebenden Betrieb entfallen zu lassen, weil der Betriebsrat das freiwillige Ausscheiden eines Arbeitnehmers auf Dauer nicht verhindern kann, auch wenn dadurch Interessen der übrigen Arbeitnehmer des abgebenden Betriebs berührt werden. Ob für einen solchen Fall an der Entscheidung des Sechsten Senats auch dann festzuhalten ist, wenn das Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb letztlich auf eine Maßnahme des Arbeitgebers zurückgeht, bedarf hier keiner Entscheidung. Die hier strittigen Einsätze sind mit dem vom Sechsten Senat entschiedenen Fall nicht vergleichbar. Bei den externen Einsätzen steht von vornherein fest, daß der Arbeitnehmer nach Beendigung des externen Einsatzes in den Betrieb auf seinen bisherigen Arbeitsplatz zurückkehrt. Es handelt sich daher stets um eine vorübergehende Versetzung. Daß § 95 Abs. 3 BetrVG gerade auch solche vorübergehenden Versetzungen erfaßt, macht die Anknüpfung an die Dauer der Maßnahme deutlich.
Diese vorübergehende Versetzung ist eine einheitliche Maßnahme, die einheitlich der Zustimmung des Betriebsrats bedarf. Sie läßt sich nicht in ein Ausscheiden aus dem Betrieb und ein (Wieder-) Eingliedern in den Betrieb trennen mit der Folge, daß lediglich die Wiedereingliederung der Zustimmung des Betriebsrats bedarf, wie es die Beteiligten für den Einsatz in Japan praktiziert haben. Eine solche Aufteilung der vorübergehenden Versetzung könnte dazu führen, daß der Betriebsrat dem "Ausscheiden" aus dem Betrieb zwar zustimmt, der "Rückkehr" seine Zustimmung jedoch verweigert. Schon das zeigt, daß vorübergehende Versetzungen und damit externe Einsätze nur als eine einheitliche personelle Maßnahme verstanden werden können, die der vorherigen Zustimmung des Betriebsrats bedarf.
6. Nach allem bedürfen externe Einsätze, die voraussichtlich die Dauer eines Monats überschreiten, der Zustimmung des Betriebsrats. Insoweit ist der Antrag des Betriebsrats begründet und die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers unbegründet. Zugleich war der Tenor der Entscheidung des Arbeitsgerichts insgesamt wie geschehen neu zu fassen.
Dr. Kissel Dr. Heither Matthes
Dr. Rust Dr. Hoffmann
Fundstellen
Haufe-Index 436803 |
BAGE 51, 151-163 (LT1-2) |
BAGE, 151 |
BB 1986, 2056-2057 (LT1-2) |
DB 1986, 1523-1524 (LT1-2) |
AuB 1986, 361361 (T) |
AuB 1987, 102-102 (T) |
ARST 1987, 115-117 (LT1-2) |
ArbN 1987, 33-33 (T) |
NZA 1986, 188 |
NZA 1986, 616-618 (LT1-2) |
RdA 1986, 271 |
AP § 99 BetrVG 1972 (LT1-2), Nr 33 |
AR-Blattei, ES 1700 Nr 7 (LT1-2) |
AR-Blattei, Versetzung des Arbeitnehmers Entsch 7 (LT1-2) |
EzA § 95 BetrVG 1972, Nr 12 (LT1-2) |