Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung eines zeit- und zweckbefristeten Lehrerarbeitsverhältnisses nach Maßgabe der Sonderregelung 2y zum BAT. Kündigung. Tarifrecht öffentlicher Dienst
Orientierungssatz
Aushilfsangestellte iSd. Nr. 1c SR 2y zum BAT können auch während des ersten Jahres ihrer Beschäftigung nach Nr. 7 Abs. 3 SR 2y zum BAT ordentlich gekündigt werden.
Normenkette
BAT Sonderregelung SR 2y Nr. 1; BAT Sonderregelung SR 2y Nr. 7; BGB § 620 Abs. 1; TzBfG § 15 Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 6. Juni 2002 – 2 Sa 932/01 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung eines befristeten Lehrerarbeitsverhältnisses.
Der Kläger war seit dem 11. September 2000 beim beklagten Freistaat als Lehrer beschäftigt. Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 16./19. Januar 2001 regelt ua.:
“1. Herr B.…, …, wird vom 11.09.2000 bis 09.09.2001 als Lehrer im Angestelltenverhältnis eingestellt.
…
Befristungsgrund: Aushilfe für StRin Frau E.… wegen Mutterschutz und gegebenenfalls Erziehungsurlaub.
Der Vertrag endet mit Ablauf des letzten Arbeitstages vor Dienstantritt des/der o.g. zu vertretenden Beschäftigten, spätestens jedoch mit Ablauf des 09.09.2001.
…
2. Vertragsinhalt: … Für das Arbeitsverhältnis gilt die Sonderregelung SR 2 I l BAT.
3. Für das Arbeitsverhältnis gilt der BAT vom 23. Februar 1961 und die zur Ergänzung sowie Änderung abgeschlossenen bzw. künftig abzuschließenden Tarifverträge. … Für das Arbeitsverhältnis gilt die Sonderregelung SR 2y BAT. …”
Der beklagte Freistaat kündigte mit Schreiben vom 20. Februar 2001 das Arbeitsverhältnis des Klägers innerhalb der Probezeit zum 31. März 2001 wegen fachlicher Mängel.
Der Kläger hat den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses bis zum 9. September 2001 geltend gemacht. Er hat die Ansicht vertreten, auf Grund der vertraglichen Befristungsabrede sei eine ordentliche Kündigung seines als Aushilfsarbeitsverhältnis nach Nr. 1c SR 2y BAT anzusehenden Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen. Nach der tariflichen Regelung in Nr. 7 Abs. 3 SR 2y BAT komme eine Kündigung nur für die Angestellten für Aufgaben von begrenzter Dauer nach Nr. 1b SR 2y BAT in Betracht. Der Kündigungsgrund stehe auch in keinem Zusammenhang mit dem im Arbeitsvertrag genannten Befristungsgrund.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung des Beklagten vom 20. Februar 2001 zum 31. März 2001 beendet worden ist, sondern erst mit Ablauf des 9. September 2001 endete.
Der beklagte Freistaat hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, eine ordentliche Kündigung sei nach der tariflichen Sonderregelung Nr. 7 Abs. 3 2y BAT zulässig. Das Arbeitsverhältnis des Klägers habe im Sinne dieser Regelung mit dem Dienstantritt der zu vertretenden Beschäftigten, also dem Eintritt eines bestimmten Ereignisses, enden sollen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
- Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, das Arbeitsverhältnis des Klägers sei trotz der unter einem Jahr liegenden Befristung während der Probezeit nach Nr. 7 Abs. 3 SR 2y BAT ordentlich kündbar. Die Parteien hätten im Arbeitsvertrag die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zusätzlich von dem Eintritt eines bestimmten Ereignisses abhängig gemacht. Damit lägen die Voraussetzungen für die Ausübung des Kündigungsrechts nach der Sonderregelung SR 2y BAT vor.
Dem folgt der Senat. Der beklagte Freistaat konnte das bis zum 9. September 2001 befristete Arbeitsverhältnis des Klägers am 20. Februar 2001 auf Grund der Nr. 7 Abs. 3 SR 2y BAT zum 31. März 2001 ordentlich kündigen.
I. Gehen die Parteien eines Arbeitsvertrages ein Arbeitsverhältnis auf eine bestimmte Zeit ein, dann ist während des Laufs der Befristung die ordentliche Kündigung regelmäßig ausgeschlossen (§ 620 Abs. 1 BGB; Senat 19. Juni 1980 – 2 AZR 660/78 – BAGE 33, 220, 222; 4. Juli 2001 – 2 AZR 88/00 – EzA BGB § 620 Kündigung Nr. 4; KR-Lipke/Bader 6. Aufl. § 620 BGB Rn. 9 und 11). Etwas anderes gilt dann, wenn nach § 15 Abs. 3 TzBfG ein vorzeitiges ordentliches Kündigungsrecht entweder einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart wurde. Eine ausreichende Vereinbarung liegt vor, wenn die Arbeitsvertragsparteien die Anwendbarkeit eines Tarifvertrags vereinbart haben, der seinerseits die Möglichkeit einer vorzeitigen ordentlichen Kündigung vorsieht (Senat 7. Dezember 1995 – 2 AZR 1049/94 – RzK I 9f Nr. 48; APS/Schmidt SR 2y BAT Rn. 9; KR-Lipke/Bader 6. Aufl. § 15 TzBfG Rn. 22).
II. Zwar haben die Parteien eine Kündigungsmöglichkeit einzelvertraglich nicht ausdrücklich vorgesehen. Sie haben jedoch die Geltung des BAT und vor allem der Sonderregelung SR 2y BAT vereinbart. Die Sonderregelung Nr. 7 Abs. 3 SR 2y BAT ermöglichte dem beklagten Freistaat aber, das Arbeitsverhältnis des Klägers wirksam ordentlich zu kündigen.
1. Die Sonderregelung Nr. 7 SR 2y BAT regelt ua.:
“(1) Das Arbeitsverhältnis des Zeitangestellten endet mit Ablauf der im Arbeitsvertrag bestimmten Frist.
(2) Das Arbeitsverhältnis des Angestellten für eine Aufgabe von begrenzter Dauer und des Aushilfsangestellten endet durch Eintritt des im Arbeitsvertrag bezeichneten Ereignisses oder mit Ablauf der im Arbeitsvertrag bestimmten Frist.
(3) Ein Arbeitsverhältnis, das mit Eintritt des im Arbeitsvertrag bestimmten Ereignisses oder mit Ablauf einer längeren Frist als einem Jahr enden soll, kann auch vorher gekündigt werden.
(4) Endet das Arbeitsverhältnis eines Angestellten für Aufgaben von begrenzter Dauer durch das im Arbeitsvertrag bezeichnete Ereignis, so hat der Arbeitgeber dem Angestellten den Zeitpunkt der Beendigung spätestens vier Wochen vorher mitzuteilen. …”
2. Die tariflichen Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung des auf nur ein Jahr befristeten Arbeitsverhältnisses des Klägers sind gegeben.
a) Die Parteien haben nicht nur eine Zeitbefristung ihres Arbeitsverhältnisses vereinbart. Sie haben sich zusätzlich auch auf eine Zweckbefristung geeinigt, indem sie für den Fall der Rückkehr der StRin E. … aus dem Mutterschutz bzw. dem Erziehungsurlaub die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses vorgesehen haben (BAG 26. März 1986 – 7 AZR 599/84 – BAGE 51, 319, 328; 27. Juni 2001 – 7 AZR 157/00 – EzA BGB § 620 Nr. 179). Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit ist es zulässig, eine Zeit- und Zweckbefristung kombiniert zu vereinbaren (BAG 21. April 1993 – 7 AZR 388/92 – AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 148 = EzA BGB § 620 Nr. 120; 27. Juni 2001 – 7 AZR 157/00 – aaO).
b) Die Parteien haben ausweislich ihrer Angaben im Arbeitsvertrag für ihre Befristung die tarifliche Grundform des Aushilfsangestellten nach Nr. 1c SR 2y BAT gewählt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Sachgrund der Vertretung der Befristungsgrundform “Aushilfsangestellter” zuzuordnen, wenn die Befristung zur Schwangerschaftsvertretung erfolgt oder auf § 21 BErzGG gestützt wird (29. Oktober 1998 – 7 AZR 477/97 – AP BAT § 2 SR 2y Nr. 17 = EzA BErzGG § 21 Nr. 3; Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr BAT SR 2y BAT Stand September 2003 Nr. 1 Rn. 257).
c) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Kündigungsmöglichkeit nach der tariflichen Sonderregelung Nr. 7 Abs. 3 SR 2y BAT nicht nur auf die Arbeitsverhältnisse für Aufgaben von begrenzter Dauer beschränkt. Die tarifliche Regelung eröffnet eine Kündigungsmöglichkeit auch für Aushilfsarbeitsverhältnisse. Dies folgt aus einer systematischen Auslegung der tariflichen Regelungen und deren Sinn und Zweck.
aa) Nr. 7 SR 2y BAT differenziert in ihren Absätzen 1 und 2 zwischen den Zeit- und Zweckbefristungen. In Nr. 7 Abs. 2 nennt sie die beiden Zweckbefristungen, ohne weiter zwischen den Angestellten für Aufgaben von begrenzter Dauer nach Nr. 1b SR 2y BAT und den Aushilfsangestellten nach Nr. 1c SR 2y BAT zu unterscheiden. Diese beiden Befristungsgrundformen werden insoweit tariflich gleichbehandelt. Dies erscheint auch sinnvoll, weil für beide der Sachgrund der Befristung ein vorübergehender (Mehr-) Bedarf an der Arbeitskraft ist (Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr BAT SR 2y BAT Stand September 2003 Nr. 1 Rn. 242 und 258; APS/Schmidt SR 2y BAT Rn. 17 und 22). Beiden Fällen ist eine Prognose über den zukünftigen Mehrbedarf und die Unsicherheit über dessen Dauer gemeinsam. Schon deshalb erscheint im Hinblick auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Gleichlauf dieser beiden Befristungsformen angezeigt.
bb) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich nichts anderes aus Nr. 7 Abs. 4 SR 2y BAT. Das Bundesarbeitsgericht hat vielmehr in seiner Entscheidung vom 12. Juni 1987 (– 7 AZR 8/86 – EzA BGB § 620 Nr. 90) gerade die tarifliche Ankündigungsfrist, die dem Wortlaut nach nur für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Angestellten für Aufgaben von begrenzter Dauer in der Sonderregelung vorgesehen ist, auf Grund der gleichen Interessenlage im Wege der Auslegung auf die Aushilfsangestellten ausgedehnt.
cc) An die in den Absätzen 1 und 2 der Nr. 7 SR 2y BAT geregelte Differenzierung knüpft Abs. 3 der tariflichen Regelung an. Zum einen läßt er für Zeitbefristungen eine vorherige Kündigungsmöglichkeit nur zu, wenn für die Befristungsdauer ein längerer Zeitraum als ein Jahr vereinbart worden ist. Für die Zweckbefristungen, dh. sowohl für die Angestellten für Aufgaben von begrenzter Dauer als auch für die Aushilfsangestellten, also für die andere in Abs. 3 genannte Personengruppe, eröffnet die tarifliche Regelung hingegen eine vorherige Kündigungsmöglichkeit ohne zeitliches Limit. Nr. 7 Abs. 3 SR 2y BAT differenziert nicht zwischen den Aushilfsangestellten und den Angestellten mit Aufgaben von begrenzter Dauer. Insbesondere beschränkt sie nicht die vorherige Kündigungsmöglichkeit allein auf die Angestellten mit Aufgaben von begrenzter Dauer. Dies wäre auch nach dem Sinn und Zweck der tariflichen Regelung sachlich nicht zu begründen. Es ist nicht ersichtlich, warum die Tarifvertragsparteien nur für den vorübergehenden Mehrbedarf im Falle einer Aufgabe von begrenzter Dauer eine entsprechende Kündigungsmöglichkeit vorhalten wollten, bei einem vorübergehenden Vertretungsbedarf für einen Beschäftigten hingegen nicht.
3. Eröffnet somit Nr. 7 Abs. 3 SR 2y BAT die Möglichkeit, ein Aushilfsarbeitsverhältnis nach Nr. 1c SR 2y BAT vor Eintritt des im Arbeitsvertrag bestimmten Ereignisses, hier der Rückkehr der vertretenen Beschäftigten an ihren Arbeitsplatz, zu kündigen, so kann der Kündigung vom 20. Februar 2001 ihre Wirksamkeit nicht versagt werden. Andere Unwirksamkeitsgründe sind weder ersichtlich noch vom insoweit darlegungspflichtigen Kläger (s. zuletzt Senat 28. August 2003 – 2 AZR 333/02 –) geltend gemacht worden. Für eine Beschränkung des tariflich eröffneten Kündigungsrechts auf bestimmte vertragsimmanente Kündigungsgründe geben die tariflichen Regelungen nichts her.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Unterschriften
Rost, Bröhl, Eylert, Fischer, Rosendahl
Fundstellen
Haufe-Index 1084537 |
FA 2004, 157 |
NZA 2004, 222 |
ZTR 2004, 202 |
PersR 2004, 136 |
PersV 2004, 193 |
ZfPR 2004, 240 |
FSt 2004, 845 |
Tarif aktuell 2004, 2 |