Entscheidungsstichwort (Thema)
13. Monatsgehalt – arbeitsleistungsbezogene Sonderzahlung
Leitsatz (amtlich)
Wird ein 13. Monatsgehalt als arbeitsleistungsbezogene Sonderzahlung vereinbart, so entsteht für Zeiten, in denen bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit kein Entgeltfortzahlungsanspruch mehr besteht, auch kein anteiliger Anspruch auf das 13. Monatsgehalt. Einer gesonderten arbeitsvertraglichen Kürzungsvereinbarung bedarf es in diesem Falle nicht.
Normenkette
BGB § 611; EFZG § 4b a.F.
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 17. Dezember 1999 – 7 Sa 1690/99 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Kürzung eines arbeitsvertraglich vereinbarten 13. Monatsgehalts wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten.
Der Kläger ist bei der Beklagten als technischer Angestellter beschäftigt. Im Arbeitsvertrag ist vereinbart, daß der Kläger 13 Monatsgehälter pro Jahr erhält. Sein Bruttomonatsgehalt betrug im Klagezeitraum 5.911,00 DM. Der Kläger war vom 8. Oktober 1997 bis zum 17. Juni 1998 arbeitsunfähig krank. Die Beklagte kürzte deshalb das 13. Monatsgehalt für das Kalenderjahr 1998 für 5,5 Monate um 2.709,20 DM und zahlte an den Kläger nur 3.202,00 DM brutto aus.
Der Kläger ist der Auffassung, die Kürzung des 13. Monatsgehaltes sei unberechtigt und verstoße insbesondere gegen § 4 b EFZG (aF), da es an einer ausdrücklichen Kürzungsvereinbarung fehle.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.709,00 DM brutto plus 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 1. Dezember 1998 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Sie vertritt die Auffassung, die Kürzung sei auf Grund der langen Arbeitsunfähigkeit des Klägers berechtigt. Bei dem gekürzten 13. Monatsgehalt handele es sich nicht um eine Sondervergütung iSd. § 4 b EFZG (aF), sondern um eine arbeitsleistungsbezogene Sonderzuwendung, die nach Ablauf des sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraums für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit ohne Entgeltfortzahlungsanspruch gekürzt werden könne.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der begehrte arbeitsvertragliche Anspruch auf ein volles 13. Monatsgehalt sei insoweit erloschen, als der Kläger arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei und keinen Entgeltfortzahlungsanspruch mehr gehabt habe. Bei der Sonderzahlung handele es sich um arbeitsleistungsbezogenes Entgelt. Der Zweck der Zahlung sei die Gewährung einer mit der Arbeitsleistung in einem Synallagma stehenden zusätzlichen Vergütung. Dafür spreche bereits die Bezeichnung „13. Monatsgehalt”. Im übrigen seien keinerlei Anhaltspunkte im Vertrag dafür ersichtlich, daß mit der Sonderzahlung vergangene oder zukünftige Betriebstreue belohnt werden solle. Ansprüche auf Sonderzahlungen mit reinem Entgeltcharakter entstünden nicht für Zeiten, in denen der Arbeitnehmer nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet und für den Arbeitgeber die Vergütungspflicht entfallen sei. Einer besonderen arbeitsvertraglichen Kürzungsvereinbarung bedürfe es bei solchen Sonderzahlungen nicht. Die Regelung des § 4 b EFZG (aF) fände auf solche Vergütungsbestandteile keine Anwendung.
Da der Kläger im Jahre 1998 für 5,5 Monate keinen Entgeltfortzahlungsanspruch wegen Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit mehr gehabt habe, sei die Beklagte berechtigt gewesen, das 13. Monatsgehalt in Höhe von 2.709,20 DM zu kürzen.
Diese Ausführungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
II. Der Kläger hat keinen Anspruch auf das volle 13. Monatsgehalt für das Jahr 1998. Das von den Parteien vereinbarte 13. Monatsgehalt ist ein Teil der Vergütungsleistung der Beklagten. Dieser Teil wird für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, für die kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall iS von § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG besteht, nicht geschuldet.
1. Das Landesarbeitsgericht hat die arbeitsvertragliche Vereinbarung der Parteien über das 13. Monatsgehalt dahin ausgelegt, daß es sich um einen Vergütungsbestandteil handelt, der in das vertragliche Austauschverhältnis von Vergütung und Arbeitsleistung eingebunden ist und mit dem kein weitergehender Zweck verfolgt wird. Damit hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß es sich im vorliegenden Fall bei dem 13. Monatsgehalt um eine arbeitsleistungsbezogene Sonderzahlung im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handelt(vgl. zuletzt BAG 25. November 1998 – 10 AZR 595/97 – AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 212 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 152 mwN).
a) Diese Auslegung der arbeitsvertraglichen Vereinbarung ist in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt daraufhin überprüfbar, ob die Rechtsvorschriften über die Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt sind, ob dabei gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen und ob das tatsächliche Vorbringen der Parteien vollständig verwertet worden ist(vgl. BAG 19. April 1995 – 10 AZR 49/94 – AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 173 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 126 und 8. September 1998 – 9 AZR 273/97 – AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 214 = EzA BGB § 611 Tantieme Nr. 2).
b) Es ist nicht ersichtlich und wird auch von dem Kläger nicht geltend gemacht, daß das Landesarbeitsgericht bei seiner Auslegung gegen diese Rechtsgrundsätze verstoßen oder wesentliche Umstände unbeachtet gelassen hat.
2.a) Ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrages, daß es sich bei dem 13. Monatsgehalt um einen Vergütungsbestandteil handelt, der Teil der Gegenleistung für die Tätigkeit des Arbeitnehmers, also in das vertragliche Austauschverhältnis von Vergütung und Arbeitsleistung (§ 611 BGB) eingebunden ist und mit dem kein weitergehender Zweck verfolgt wird, so entsteht kein Anspruch auf das 13. Monatsgehalt für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, in denen kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz besteht. Nach der Rechtsprechung des Senats sind arbeitsleistungsbezogene Sonderzahlungen ohne tatsächliche Arbeitsleistung nur dann fortzuzahlen, wenn die Entgeltfortzahlung auf Grund gesetzlicher, tariflicher oder sonstiger Regelungen zu leisten ist(vgl. BAG 25. November 1998 aaO). Damit entfällt nach dem Ende des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit gemäß § 3 Abs. 1 EFZG auch ein Anspruch auf arbeitsleistungsbezogene Sonderzahlungen, weil ohne korrespondierende Hauptleistungspflichten des Arbeitsverhältnisses Arbeitsleistungs- und Vergütungspflicht nicht bestehen.
b) Entgegen der Auffassung des Klägers entsteht diese Rechtsfolge kraft Gesetzes, ohne daß es einer gesonderten vertraglichen Kürzungsvereinbarung bedarf(BAG 19. April 1995 aaO).
Der Wegfall des Anspruchs folgt aus dem Gegenseitigkeitsverhältnis von Vergütungs- und Leistungspflicht (§ 323 BGB). Wird dem Arbeitnehmer die ihm obliegende Arbeitsleistungspflicht infolge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit unmöglich, so verliert er den Anspruch auf die arbeitsleistungsbezogene Sonderzahlung. Bei teilweiser Unmöglichkeit mindert sich die Gegenleistung. Da vorliegend die Vergütungsbestandteile in den jeweiligen Abrechnungsmonaten verdient, jedoch aufgespart und dann erst am vereinbarten Fälligkeitstermin ausbezahlt werden, war die Sonderzahlung nur entsprechend dem Wert zu zahlen, der der tatsächlichen Arbeitsleistung und der gesetzlichen Entgeltfortzahlungspflicht nach § 3 Abs. 1 EFZG entspricht. Dies ist geschehen.
Etwas anderes folgt auch nicht aus § 4 b EFZG (aF). Danach ist eine Vereinbarung über die Kürzung einer Sondervergütung für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit zulässig. Besteht aber bereits bei arbeitsleistungsbezogenen Sondervergütungen eine gesetzliche Kürzungsregelung, so bedarf es keiner gesonderten, zusätzlichen vertraglichen Kürzungsvereinbarung, wie sie § 4 b EFZG (aF) allgemein für Sonderzahlungen zuläßt. Diese Vorschrift steht damit der Verminderung des 13. Monatsgehalts für Zeiten, in denen kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle mehr besteht, nicht entgegen.
III. Die Kosten der Revision hat der Kläger zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Unterschriften
Dr. Freitag, Dr. Jobs, Marquardt, v. Baumgarten, Bacher
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 21.03.2001 durch Gaßmann, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 599785 |
BAGE, 211 |
BB 2001, 1363 |
DB 2001, 1675 |
DStR 2001, 2037 |
DStZ 2001, 528 |
NJW 2001, 2275 |
NWB 2001, 2983 |
ARST 2001, 201 |
EWiR 2001, 867 |
FA 2001, 220 |
FA 2001, 239 |
NZA 2001, 785 |
SAE 2001, 336 |
ZAP 2001, 1133 |
ZIP 2001, 1212 |
AP, 0 |
AuA 2002, 41 |
EzA |
MDR 2001, 997 |
PERSONAL 2001, 582 |
PERSONAL 2002, 44 |
RdW 2001, 567 |