Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzbesteuerung des Zwangsverwalters: getrennte Umsatzsteuerbescheide gegen den Zwangsverwalter und den Vollstreckungsschuldner zulässig, Zurechnung der Umsätze, einheitliches Unternehmen des Schuldners, Ermittlung der abziehbaren Vorsteuerbeträge aus der Sanierung eines umweltgefährdenden und später zwangsversteigerten Grundstücks - wirtschaftliche Zuordnung von Vorsteuerbeträgen zu Ausschlußumsätzen: Leistungsbezug als Kostenelement des Verwendungsumsatzes
Leitsatz (amtlich)
1. Bei Anordnung von Zwangsverwaltung über Grundstücke des Gemeinschuldners können sowohl gegen den Schuldner als auch gegen den Zwangsverwalter je deren Tätigkeitsbereiche getrennt erfassende Umsatzsteuerbescheide ergehen (BFH-Urteil vom 23. Juni 1988 V R 203/83, BFHE 154, 181, BStBl II 1988, 920).
2. Eine Aufteilung des Unternehmens des Schuldners findet dadurch nicht statt. Dem Schuldner sind auch die Umsätze des Zwangsverwalters im Rahmen seiner Verwaltungstätigkeit zuzurechnen.
3. Die Prüfung der Abziehbarkeit von Vorsteuerbeträgen gemäß § 15 Abs. 2 und 4 UStG 1993 aus Leistungen, die der Zwangsverwalter bezogen hat, kann auch im Rahmen der gegen ihn gerichteten Steuerfestsetzung nicht auf die von ihm ausgeführten Verwendungsumsätze beschränkt werden.
4. Die wirtschaftliche Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu den zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen (§ 15 Abs. 4 UStG 1993) setzt die Verwendung der bezogenen Leistung zur Ausführung solcher Umsätze unter dem Gesichtspunkt voraus, daß die Aufwendungen für die bezogene Leistung Kostenelement des ausgeführten Umsatzes wurden.
Orientierungssatz
1. Maßgeblich für die Beurteilung des Vorsteuerabzugs sind --auch bei Konkurs oder Zwangsverwaltung-- die tatsächlich mit den bezogenen Leistungen durch den Unternehmer (selbst oder ihm zuzurechnend) ausgeführten Umsätze. Diese liegen ggf. erst in Besteuerungsabschnitten nach der Tätigkeit des Zwangsverwalters oder Konkursverwalters vor. So ist es möglich, daß der Zwangsverwalter während seiner Verwaltungstätigkeit bezogene Leistungen nicht selbst zur Ausführung von Umsätzen verwenden kann.
2. Hat der Zwangsverwalter ein Betriebsgrundstück zur Vermeidung von Gefahren für die Umwelt saniert, so stellt es eine sachgerechte Schätzung des FA dar, wenn das FA den Anteil der abziehbaren Vorsteuerbeträge aus den Sanierungsaufwendungen nach dem Verhältnis der steuerpflichtigen Grundstücksumsätze (in erster Linie steuerpflichtige Vermietung) zu dem steuerfreien Grundstücksverkauf durch Zwangsversteigerung im selben Jahr ermittelt hat.
3. Das allgemeine Prinzip der wirtschaftlichen Zuordnung bzw. Zurechnung von bezogenen Leistungen nach § 15 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 UStG 1993/1980 umfaßt die Möglichkeiten der sog. gegenständlichen Zuordnung und die nach Kostenzurechnungsgesichtspunkten. Der Gesetzeswortlaut macht deutlich, daß grundsätzlich nur Umsätze, die nach Inanspruchnahme der vorsteuerbelasteten Leistungen ausgeführt werden, bei der Zurechnung zu berücksichtigen sind. Dies entspricht auch Sinn und Zweck der Vorsteuerabzugsregelung des Umsatzsteuergesetzes, die mit der des Gemeinschaftsrechts vereinbar ist (Ausführungen mit Hinweisen auf die EuGH-Rechtsprechung zu Art.2 Abs.2 Richtlinie 67/227/EWG und Art.17 Richtlinie 77/388/EWG).
4. Der Vorsteuerabzug aus bezogenen Leistungen setzt voraus, daß die Aufwendungen in die Kosten der ausgeführten steuerpflichtigen Umsätze eingegangen sind. Das Kostenelement muß regelmäßig vor Ausführung der Verwendungsumsätze entstanden sein. Unerheblich ist dagegen, aus welchen Gründen die Leistung für das Unternehmen bezogen wurde.
Normenkette
EWGRL 227/67 Art. 2 Abs. 2; EWGRL 388/77 Art. 17; UStG 1980 § 15 Abs. 2, 4; UStG 1993 § 13 Abs. 2, § 15 Abs. 2, 4, §§ 16, 2 Abs. 1 S. 2; ZVG § 152
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) wurde durch Beschluß des Amtsgerichts vom 15. Oktober 1992 zum Zwangsverwalter eines ehemaligen Betriebsgrundstücks bestellt. Auf diesem Grundstück hatte eine GmbH & Co. KG einen Landmaschinenhandel mit Reparaturwerkstatt betrieben. Über das Vermögen dieser Gesellschaft war am 24. Juni 1991 das Konkursverfahren eröffnet worden.
Das Grundstück war seit Konkurseröffnung umsatzsteuerpflichtig vermietet, der Kläger führte diese Vermietung weiter. Nach dem Vortrag des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt --FA--) im Revisionsverfahren wurde das Grundstück am 2. September 1992 durch den Konkursverwalter aus der Konkursmasse freigegeben.
Die Bestellung des Klägers als Zwangsverwalter des Grundstücks erfolgte auf Betreiben einer Bank als bevorrechtigte Gläubigerin von Grundpfandrechten an diesem Grundstück. Die Aufgabe des Klägers als Zwangsverwalter wurde durch die Zwangsversteigerung des Grundstücks am 13. Oktober 1993 beendet.
Dem Kläger wurden durch umweltbedingte Auflagen der Kreisverwaltung umfangreiche Sanierungsmaßnahmen aufgegeben. Diese ließ der Kläger im Jahr 1993 mit einem Aufwand von etwa 170 000 DM durchführen und finanzierte sie mit einem "Vorschuß" der Bank. Er machte die Vorsteuerbeträge aus den Baumaßnahmen in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen für das III. und IV. Quartal 1993 geltend.
Das FA ließ den Vorsteuerabzug nur anteilig zu mit dem Hinweis, daß die Vorsteuerbeträge sowohl mit der steuerpflichtigen Vermietung als auch mit der steuerfreien Veräußerung (Zwangsversteigerung) des Grundstücks zusammenhingen.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt.
Nach Auffassung des FG verwendete der Kläger als Zwangsverwalter die in Anspruch genommenen vorsteuerbelasteten Leistungen nicht zur Ausführung von zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1993 führenden Umsätzen. Aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23. Juni 1988 V R 203/83 (BFHE 154, 181, BStBl II 1988, 920) sei zu folgern, daß im Fall der Zwangsverwaltung eine Trennung zwischen Zwangsverwalter und dem Schuldner zu erfolgen habe. Der Zwangsverwalter sei Steuerpflichtiger, soweit seine Verwaltung reiche und habe einen eigenen Unternehmensbereich. Dem Kläger als Zwangsverwalter könne nur die steuerpflichtige Vermietung des Grundstücks, nicht aber die Veräußerung bzw. Zwangsversteigerung des Grundstücks zugerechnet werden. Letztere sei nicht seine Aufgabe. Er führe sie auch nicht durch. Folglich sei die Veräußerung auch nicht ein Umsatz des Zwangsverwalters.
Das Ergebnis sei nicht anders, wenn man diese Trennung zwischen Zwangsverwalter und Schuldner nicht vornehme. Denn auch bei einer Zuordnung der Vorbezüge nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten (BFH-Urteil vom 21. Juli 1988 V R 87/83, BFHE 155, 177, BStBl II 1989, 60) ergebe sich, daß der Sanierungsaufwand den bisher vom Schuldner bewirkten steuerpflichtigen Umsätzen zuzuordnen sei. Ein direkter Bezug zur späteren Zwangsversteigerung liege nicht vor. Die Sanierung sei nicht durchgeführt worden, weil das Grundstück veräußert werden sollte, sondern weil die Verwaltungsbehörde die Sanierung angeordnet habe. Die Anordnung wäre auch dann erfolgt, wenn das Grundstück nicht hätte veräußert werden sollen. Insoweit unterscheide sich der Streitfall von dem des BFH-Urteils vom 31. August 1990 V R 98/85 (BFH/NV 1993, 55) --Abriß von Betriebsgebäuden, um anschließend den Grund und Boden veräußern zu können--.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung von § 15 Abs. 2 und § 15 Abs. 4 UStG 1993. Es macht dazu geltend, daß die Grundstücke bereits soweit als möglich vom Konkursverwalter vermietet worden seien und die vom Kläger als Zwangsverwalter weitergeführte steuerpflichtige Vermietung auch ohne die Grundstückssanierung durchführbar gewesen sei. Die Einsetzung eines Zwangsverwalters für die Grundstücke sei fast ausschließlich erfolgt, um die Abwicklung der Sanierungsmaßnahmen vor einer Zwangsversteigerung in geordnete Bahnen zu lenken. Aus umsatzsteuerlicher Sicht sei zu klären, ob bzw. inwieweit die mit der Sanierung im Zusammenhang stehenden Vorsteuerbeträge überhaupt mit den hier mehr oder weniger als Nebenprodukt anfallenden steuerpflichtigen Vermietungsumsätzen im Zusammenhang stünden, obwohl die Vermietung auch ohne Sanierung möglich gewesen sei und durch die Maßnahmen nur der Wert des Grundstücks gesteigert worden sei. Der Umsatz aus dieser Wertsteigerung habe nicht im Unternehmensbereich des Klägers anfallen können. Rechtsprechung zu dieser Frage sei nicht ersichtlich. Die Rechtsprechung zu den sog. Fehlmaßnahmen (BFH-Urteil vom 15. September 1994 V R 12/93, BFHE 176, 149, BStBl II 1995, 88) sei hier nicht anwendbar, weil der Kläger als Zwangsverwalter selbst nach Beendigung der Zwangsverwaltung keine Umsätze mehr tätige bzw. tätigen könne, in die die Vorbezüge nach Kostenrechnungsgesichtspunkten eingehen könnten.
Dem FG sei auch nicht darin zuzustimmen, daß der Vorsteuerabzug in vollem Umfang den steuerpflichtigen Vermietungsumsätzen selbst dann zurechenbar sei, wenn eine Trennung zwischen Zwangsverwalter und Schuldner nicht vorzunehmen sei. Gegenüber dem Kläger als Zwangsverwalter sei eine Anordnung über die Sanierung nicht ergangen. Zwar wäre die Anordnung auch erfolgt, wenn die Gläubigerbank nicht im Hinblick auf die bevorstehende Zwangsversteigerung auf eine einvernehmliche Lösung hingewirkt hätte. Insoweit liege aber, entgegen der Auffassung des FG, eine unternehmerische Entscheidung vor. Denn bei einer Anordnung der Sanierungsmaßnahme und einer evtl. Ersatzvornahme hätte sich das Zwangsversteigerungsverfahren verzögert, die Gläubigerbank hätte letztlich die Kosten tragen müssen und auch ein Vorsteuerabzug wäre nicht möglich gewesen.
Weiter sei darauf hinzuweisen, daß der Gewerbebetrieb endgültig eingestellt gewesen sei, vorhandene Gebäude soweit möglich vermietet worden seien und die Kreisverwaltung erst etwa ein halbes Jahr nach Konkurseröffnung tätig geworden sei, nachdem vorgeschriebene Tankprüfungen nicht mehr stattgefunden hätten und Tankanlagen, wegen der Beendigung des Gewerbebetriebs, ohne Abmeldung stillgelegt worden seien. Dieses Tätigwerden sei anfangs nicht zur Beseitigung von Umweltschäden erfolgt, sondern zur Sicherstellung, daß keine Umweltschäden entstünden, weil für die vorhandenen wassergefährdenden Anlagen auf dem Grundstück niemand sich mehr zuständig gefühlt habe und Umweltgefahren gedroht hätten.
Eine Gesamtbetrachtung zeige, daß die Gläubigerbank die Einsetzung des Zwangsverwalters betrieben habe, um das Zwangsversteigerungsobjekt in einen Zustand zu versetzen, der einen möglichst hohen Versteigerungserlös habe bringen können. Hierbei seien die relativ geringen Mietumsätze des Zwangsverwalters als Nebenprodukt dieser Entscheidung der Gläubigerbank zu sehen, weil bereits vor der Zwangsverwaltung eine Vermietung durch den Konkursverwalter stattgefunden habe und die Sanierung aus Vorschüssen der Bank erfolgt sei.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger tritt der Revision entgegen. Er macht geltend, das FA trage mit der Revisionsbegründung einen Sachverhalt vor, der z.T. von dem durch das FG bindend festgestellten Sachverhalt abweiche. Das gelte etwa für die Darstellung des FA, es seien nur von einer Sanierung nicht betroffene Gebäude oder Grundstücksteile vermietet worden; diese Darstellung treffe nicht zu. Verfahrensrügen habe das FA nicht erhoben.
Der weiter eingeführte Gesichtspunkt, Aufgabe des Zwangsverwalters sei es nicht nur, das Grundstück zu vermieten, sondern auch, das Grundstück so in Ordnung zu bringen, daß bei einer Zwangsversteigerung ein möglichst hoher Versteigerungserlös erzielt werde, stehe der Entscheidung des FG nicht entgegen. Sanierungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen am Grundstück dienten zugleich immer auch einer Verbesserung der Vermietbarkeit.
Die Definition des Unternehmensbereichs des Zwangsverwalters ergebe sich insgesamt aus § 34 der Abgabenordnung (AO 1977). Auf der Einnahmeseite stünden die Umsätze aus Vermietung und Verpachtung, nicht aber die Zwangsversteigerung; auf der Ausgabenseite stünden alle Kosten und auch alle Vorsteuerbeträge im Rahmen der Zwangsverwaltung. Es fehle auch an einer Rechtsgrundlage, dem Zwangsverwalter Umsätze aus dem Gesamtunternehmen des Gemeinschuldners zuzurechnen, die außerhalb der Verwaltungstätigkeit angefallen seien. Anderenfalls ergäbe sich eine für die Zielsetzung einer Zwangsverwaltung unzweckmäßige und für den Zwangsverwalter mit erheblichen finanziellen Risiken verbundene Situation. Wäre die Zwangsverwaltung nämlich nicht im selben Kalenderjahr durch Zwangsversteigerung, sondern aus anderen Gründen beendet und das Grundstück erst in einem Folgejahr zwangsversteigert worden, hätte das FA zunächst den Vorsteuerabzug für 1993 uneingeschränkt gewähren müssen. In der Folgezeit wäre dann nach einer Veräußerung ohne jede Einflußmöglichkeit des Zwangsverwalters, jedenfalls nach Auffassung des FA, über die Zuordnung der Vorsteuerbeträge gemäß § 15a UStG 1993 eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs erforderlich. Es sei nicht vorstellbar, daß eine Rückforderung gegenüber dem Zwangsverwalter, der seinerzeit den Vorsteuerabzug zu Recht in Anspruch genommen habe, geltend gemacht werden könne. Denn seine Tätigkeit wäre dann bereits abgeschlossen und abgerechnet. Dies zeige die Notwendigkeit einer Ausgrenzung aller durch den Zwangsverwalter nicht beeinflußbaren Vorgänge bei einer steuerlichen Beurteilung.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.
Das angefochtene Urteil ist mit den Grundsätzen des einheitlichen Unternehmens (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UStG 1993) und der wirtschaftlichen Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu den Ausgangsumsätzen (§ 15 Abs. 2 und 4 UStG 1993) nicht vereinbar. Das gilt für beide Begründungsalternativen der Entscheidung.
1. Die angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzungen für die Voranmeldungszeiträume III und IV/1993 sind entsprechend dem BFH-Urteil in BFHE 154, 181, BStBl II 1988, 920 gegen den Kläger als Zwangsverwalter gerichtet. Nach der vorbezeichneten Entscheidung sind bei Anordnung einer Zwangsverwaltung über Grundstücke des Schuldners die infolge der Verwaltungstätigkeit des Zwangsverwalters begründeten positiven und negativen Umsatzsteueransprüche gegen den Zwangsverwalter bzw. von ihm geltend zu machen.
Der Kläger hat die hier streitigen Vorsteuerbeträge nach dem festgestellten Sachverhalt auch zutreffend innerhalb dieser Voranmeldungszeiträume abgezogen, weil es sich um "in den Besteuerungszeitraum fallende" Vorsteuerbeträge i.S. von § 16 Abs. 2 UStG 1993 handelt. Die zugrundeliegenden Sanierungsleistungen hat der Kläger in Anspruch genommen.
a) Soweit das FG jedoch bei der Beurteilung, ob diese in Anspruch genommenen Sanierungsleistungen vom Kläger zur Ausführung von den Vorsteuerabzug ausschließenden (§ 15 Abs. 2 UStG 1993) Umsätzen verwendet wurden, die steuerfreie Grundstücksveräußerung (Zwangsversteigerung) außer acht gelassen hat, beruft es sich zu Unrecht auf die Grundsätze des BFH-Urteils in BFHE 154, 181, BStBl II 1988, 920. Das BFH-Urteil hält zwar getrennte Umsatzsteuerbescheide gegen den Vollstreckungsschuldner und gegen den Zwangsverwalter je nach deren Tätigkeitsbereich für geboten. Es hält jedoch an dem Grundsatz fest, daß der Übergang der Verwaltungsbefugnis auf den Zwangsverwalter das Eigentum und eine etwaige Unternehmereigenschaft des Grundstückseigentümers (Vollstreckungsschuldners) unberührt läßt. Dem Vollstreckungsschuldner --und nicht dem Zwangsverwalter-- sind auch die Umsätze als Unternehmer zuzurechnen, die der Zwangsverwalter im Rahmen seiner Verwaltungstätigkeit nach § 152 Abs. 1 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung (ZVG) ausführt. Eine Aufteilung des durch die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers gebildeten Unternehmens (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UStG 1993) findet nicht statt.
Daraus folgt, daß die gemäß § 16 Abs. 2 UStG 1993 vorzunehmende Prüfung, ob bzw. inwieweit Vorsteuerbeträge aus Leistungen, die der Zwangsverwalter bezogen hat, gemäß § 15 Abs. 2 UStG 1993 vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind, nicht auf die sog. Verwendungsumsätze des Zwangsverwalters begrenzt werden kann. Nach § 15 Abs. 2 UStG 1993 ist vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen die Steuer für Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung sog. Ausschlußumsätze verwendet. Maßgeblich sind - -auch bei Konkurs oder Zwangsverwaltung-- die tatsächlich mit den bezogenen Leistungen durch den Unternehmer (selbst oder ihm zuzurechnend) ausgeführten Umsätze. Diese liegen ggf. erst in Besteuerungsabschnitten nach der Tätigkeit des Zwangs- oder Konkursverwalters vor. So ist es möglich, daß der Zwangsverwalter während seiner Verwaltungstätigkeit bezogene Leistungen nicht selbst zur Ausführung von Umsätzen verwenden kann.
b) Da nach dem festgestellten Sachverhalt die Grundstücke, in bezug auf die die Sanierungsleistungen vom Zwangsverwalter in Anspruch genommen wurden, sowohl zur Ausführung steuerpflichtiger (Vermietungs-)Umsätze als auch steuerfreier Umsätze (der Veräußerung im Rahmen der Zwangsversteigerung) verwendet wurden, richtet sich die Abziehbarkeit der dem Zwangsverwalter in Rechnung gestellten Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 UStG 1993. Nach dieser Vorschrift ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führenden Umsätze wirtschaftlich zuzurechnen ist. Diese Beträge können geschätzt werden.
Soweit das FG in seiner zweiten Begründungsalternative unter Berufung auf den Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Zurechnung der Vorsteuerbeträge den Sanierungsaufwand (also die vom Zwangsverwalter in Anspruch genommenen Sanierungsleistungen) nur den bereits zuvor vom Schuldner ausgeführten steuerpflichtigen Vermietungsumsätzen und nicht der späteren Zwangsversteigerung (Grundstückslieferung) zugerechnet hat, widerspricht dies den gesetzlichen Zurechnungsgrundsätzen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats umfaßt das allgemeine Prinzip der wirtschaftlichen Zuordnung/Zurechnung nach § 15 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 UStG 1993/1980 die Möglichkeiten der sog. gegenständlichen Zuordnung und die nach Kostenzurechnungsgesichtspunkten (vgl. BFH-Urteil vom 16. September 1993 V R 82/91, BFHE 173, 236, BStBl II 1994, 271, m.N.). Schon die Formulierung in § 15 Abs. 2 und Abs. 4 UStG 1993, daß sich die Beurteilung des Vorsteuerabzugs danach richtet, ob die in Anspruch genommenen Leistungen zur Ausführung bestimmter Umsätze verwendet werden, macht deutlich, daß grundsätzlich nur Umsätze, die nach Inanspruchnahme der vorsteuerbelasteten Leistungen ausgeführt werden, bei der Zurechnung zu berücksichtigen sind.
Dies entspricht auch Sinn und Zweck der Vorsteuerabzugsregelung des Umsatzsteuergesetzes, die mit der des Gemeinschaftsrechts vereinbar ist.
Art. 2 Abs. 2 der Ersten Richtlinie des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer 67/227/EWG (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- 1967, Nr. 71, S. 1301) umschreibt nach der Rechtsprechung der Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) als grundlegendes Element des Mehrwertsteuersystems, daß bei allen Umsätzen die Mehrwertsteuer abzüglich des Mehrwertsteuerbetrags geschuldet wird, der die verschiedenen Kostenelemente der Gegenstände und Dienstleistungen unmittelbar belastet hat (vgl. EuGH-Urteile vom 5. Mai 1982 Rs. 15/81, Slg. 1982, 1409, Rdnr. 10; vom 14. Februar 1985 Rs. 268/83, Slg. 1985, 655, Rdnr. 16, und vom 6. April 1995 Rs. C-4/94, Slg. 1995, I-983).
Nach diesen Grundsätzen regelt auch die Sechste Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG in Art. 17 das Recht auf Vorsteuerabzug wie folgt:
Absatz 2: "Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:
a) die ... geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden, ..."
Absatz 5: "Soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die nach den Absätzen 2 und 3 ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, ist der Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt ..."
Wie der EuGH in Slg. 1995, I-983, Rdnr. 19 ausführt, zeigt die Verwendung der Worte "für ... verwendet werden" in dieser Bestimmung, daß die betreffenden Gegenstände oder Dienstleistungen, damit das in Absatz 2 vorgesehene Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, eine direkte und unmittelbare Verbindung mit den besteuerten Umsätzen aufweisen müssen und daß insoweit der vom Steuerpflichtigen verfolgte endgültige Zweck unerheblich ist.
Das Recht auf Abzug der Umsatzsteuer für eine bezogene Leistung als Vorsteuer setzt also voraus, daß die Aufwendungen für diese Leistung bereits als Kostenelement der versteuerten Umsätze berücksichtigt worden sind. Die Aufwendungen müssen in die Kosten der ausgeführten Umsätze eingegangen sein. Das Kostenelement muß regelmäßig vor Ausführung der Verwendungsumsätze entstanden sein.
Unerheblich ist dagegen, aus welchen Gründen die Leistung für das Unternehmen bezogen wurde.
Da das FG im angefochtenen Urteil von anderen Zurechnungsgrundsätzen ausging und die Grundstücksveräußerung durch Zwangsversteigerung nicht in die auch zu berücksichtigenden Verwendungsumsätze einbezog, war es aufzuheben.
2. Der Senat kann selbst in der Sache entscheiden. Die Klage war abzuweisen.
Das FA ging bei den Steuerfestsetzungen für die Voranmeldungszeiträume III und IV/1993 jeweils von den Grundsätzen wirtschaftlicher Zurechnung i.S. von § 15 Abs. 4 UStG 1993 aus. Es ermittelte den Anteil der abziehbaren Vorsteuerbeträge aus den Sanierungsaufwendungen nach dem Verhältnis der für 1993 erklärten steuerpflichtigen Grundstücksumsätze (in erster Linie Vermietung) zu dem steuerfreien Grundstücksverkauf (Lieferung) in diesem Jahr. Dieses Verfahren ist eine sachgerechte Schätzung i.S. des § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG 1993 und revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Aufwendungen für die vom Kläger bezogenen Sanierungsleistungen sind Kostenelemente in bezug auf das Grundstück, die eine "direkte und unmittelbare Verbindung" sowohl mit dessen Vermietung als auch dessen anschließender Veräußerung aufweisen.
Daß der Kläger als Zwangsverwalter die Veräußerung durch Zwangsversteigerung nicht selbst betrieb und keinen Einfluß auf diesen Vorgang hatte (insbesondere nicht zur Steuerpflicht optieren konnte), ist entgegen seiner und der vom FG vertretenen Auffassung für die Prüfung der Abzugsberechtigung bezüglich der von ihm geltend zu machenden Vorsteuerbeträge ohne Bedeutung. Entscheidend ist vielmehr, zur Ausführung welcher Umsätze (die dem Gemeinschuldner zuzurechnen sind) das (sanierte) Grundstück tatsächlich verwendet wurde.
Fundstellen
Haufe-Index 66256 |
BFH/NV 1997, 400 |
BStBl II 1997, 552 |
BFHE 182, 432 |
BFHE 1997, 432 |
BB 1997, 1462 (Leitsatz) |
DB 1997, 1651-1652 (Leitsatz und Gründe) |
DStR 1997, 1240-1243 (Leitsatz und Gründe) |
DStRE 1997, 695 (Leitsatz) |
DStZ 1997, 793-794 (Leitsatz und Gründe) |
HFR 1997, 846-847 (Leitsatz und Gründe) |
StE 1997, 428-429 (Kurzwiedergabe) |