Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschlechtsspezifische Diskriminierung bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses als Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot
Leitsatz (amtlich)
1. Bei Vorschriften, die grundrechtliche Schutzpflichten erfüllen sollen, ist das maßgebende Grundrecht dann verletzt, wenn ihre Auslegung und Anwendung den vom Grundrecht vorbezeichneten Schutzzweck grundlegend verfehlt.
2. § 611a BGB ist danach im Lichte des Art 3 Abs 2 GG so auszulegen und anzuwenden, daß Arbeitsuchende bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses wirksam vor Benachteiligung wegen des Geschlechts geschützt werden.
Orientierungssatz
1. Der Schutzzweck von GG Art 3 Abs. 2 wird bei der Auslegung und Anwendung von BGB § 611a verkannt, wenn bei der Prüfung, ob eine geschlechtsspezifische Diskriminierung vorliegt, nicht auf eine mögliche Beeinträchtigung der Chancen des Stellenbewerbers durch eine – die endgültige Auswahlentscheidung nicht berührende – Verfahrensgestaltung eingegangen wird.
Hier: keine Einladung zum Vorstellungsgespräch entgegen ursprünglicher Ankündigung durch den Stellenausschreibenden.
2. Eine den Gleichheitssatz verletzende geschlechtsspezifische Benachteiligung liegt immer dann vor, wenn eine rechtliche Ungleichbehandlung – unabhängig davon, ob auch andere Gründe für die Einstellungsentscheidung maßgeblich waren – an das Geschlecht anknüpft (vgl Urteil des BVerfG vom 28.01.1992, 1 BvL 10/91, BVerfGE 85, 191 (206)). Dementsprechend wird eine im Wege der Auslegung vorgenommene Beschränkung des in BGB § 611a Abs. 1 enthaltenen Benachteiligungstatbestands auf Fälle, in denen allein das Geschlecht des Bewerbers zu seiner Ablehnung geführt hat, dem Schutzzweck des GG Art. 3 Abs. 2 nicht gerecht. Liegt der Arbeitgeberentscheidung ein Motivbündel zugrunde, so ist allein maßgebend, ob in diesem auch das Geschlecht des Stellenbewerbers als negatives Kriterium enthalten ist.
3. Durch eine Auslegung und Anwendung von BGB § 611a Abs. 1 S. 3, die dem Arbeitgeber ohne Vortrag einer besonderen Rechtfertigung den Zugriff auf nachträglich vorgebrachte Gründe auch dann gestattet, wenn Anhaltspunkte für eine Diskriminierung glaubhaft gemacht worden sind, wird dem gesetzlichen Benachteiligungsverbot weitgehend seine grundrechtswahrende Funktion genommen.
Die Entlastung durch das Nachschieben eines sachlichen Grundes für die Bevorzugung eines dem anderen Geschlecht angehörenden Mitbewerbers kann nur dann durchgreifen, wenn besondere Umstände erkennen lassen, daß der Arbeitgeber diesen Grund nicht lediglich vorgeschoben hat.
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Entscheidung vom 04.12.1985; Aktenzeichen 2 Sa 625/85) |
Gründe
A.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die sich um einen Arbeitsplatz bewerben.
I.
Nach § 611 a BGB dürfen Arbeitsuchende wegen ihres Geschlechts nicht benachteiligt werden. Die Vorschrift lautet:
(1) Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme, insbesondere bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses, beim beruflichen Aufstieg, bei einer Weisung oder einer Kündigung, nicht wegen seines Geschlechts benachteiligen. Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts ist jedoch zulässig, soweit eine Vereinbarung oder eine Maßnahme die Art der vom Arbeitnehmer auszuübenden Tätigkeit zum Gegenstand hat und ein bestimmtes Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für diese Tätigkeit ist. Wenn im Streitfall der Arbeitnehmer Tatsachen glaubhaft macht, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, daß nicht auf das Geschlecht bezogene, sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen oder das Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist.
(2) Ist ein Arbeitsverhältnis wegen eines von dem Arbeitgeber zu vertretenden Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 nicht begründet worden, so ist er zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der Arbeitnehmer dadurch erleidet, daß er darauf vertraut, die Begründung des Arbeitsverhältnisses werde nicht wegen eines solchen Verstoßes unterbleiben. Satz 1 gilt beim beruflichen Aufstieg entsprechend, wenn auf den Aufstieg kein Anspruch besteht.
(3) …
§ 611 a BGB wurde durch das Gesetz über die Gleichbehandlung von Männern und Frauen am Arbeitsplatz vom 13. August 1980 (BGBl. I S. 1308 – Arbeitsrechtliches EG-Anpassungsgesetz –) in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt. Damit sollten Männern und Frauen gleiche Chancen bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz eingeräumt werden (BTDrucks. 8/3317, S. 6 ff.). Den Anlaß zu der gesetzlichen Regelung gab eine EG-Richtlinie vom 9. Februar 1976 (76/207/EWG, ABl. L 39/40 vom 14. Februar 1976 – Gleichbehandlungsrichtlinie –). Sie will den Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen unter anderem beim Zugang zur Beschäftigung in den Mitgliedstaaten verwirklichen. Jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung durch den Arbeitgeber aufgrund des Geschlechts soll unterbunden werden. Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, diesen Grundsatz in nationales Recht umzusetzen.
§ 611 a BGB war vom Entwurfsstadium an umstritten. Eingewandt wurde vor allem, die Regelung sei ungeeignet, geschlechtsspezifische Diskriminierungen bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz wirksam zu verhindern. Der in Absatz 2 vorgesehene Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens sei unzureichend (vgl. etwa Eisemann, ArbuR 1988, S. 225 ff. (225); Hanau, in: Festschrift für Wilhelm Herschel (1982), S. 191 ff. (214); Küfner-Schmitt, ZTR 1991, S. 323 ff.; Pfarr/Bertelsmann, Diskriminierung im Erwerbsleben, 1989, S. 54 ff.; Söllner, in: MünchKomm-BGB, 2. Aufl., 1988, § 611 a Rdnr. 7).
Der Europäische Gerichtshof (Urteile vom 10. April 1984, AP Nrn. 1 und 2 zu § 611 a BGB) hat entschieden, daß die Gleichbehandlungsrichtlinie weder einen Anspruch auf Abschluß eines Arbeitsvertrages noch bestimmte Sanktionen vorschreibe. Verstöße dürften allerdings nicht folgenlos bleiben. Sehe das innerstaatliche Recht eine Entschädigung vor, dann müsse sie wirksam und angemessen sein. Ein rein symbolischer Schadensersatzanspruch etwa auf Erstattung der Bewerbungskosten reiche nicht aus. Es sei Sache der nationalen Gerichte, das Recht in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts auszulegen und anzuwenden. In diesem Zusammenhang verwies der Europäische Gerichtshof auf den Vortrag der Bundesregierung in der mündlichen Verhandlung, daß § 611 a BGB die allgemeinen Schadensersatzvorschriften nicht notwendig ausschließe.
Das Bundesarbeitsgericht hat in einer späteren Entscheidung einer Arbeitnehmerin, deren Bewerbung um einen Arbeitsplatz wegen ihres Geschlechts abgewiesen worden war, einen Anspruch auf Ersatz ihres immateriellen Schadens wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zugesprochen. Ein solcher Entschädigungsanspruch setze nicht voraus, daß der Bewerber ohne die Benachteiligung eingestellt worden wäre. Die Höhe der Entschädigung entspreche grundsätzlich der Arbeitsvergütung für einen Monat. § 611 a Abs. 2 BGB stehe dem nicht entgegen (BAG, AP Nr. 5 (vgl. auch Nr. 6) zu § 611 a BGB; dazu Käppler, AR- Blattei (D) Gleichbehandlung im Arbeitsverhältnis, Anm. zu den Entscheidungen Nrn. 84 bis 86; Scholz, AP, Anm. zu BAG, AP Nrn. 5 und 6 zu § 611 a BGB; Sokol, ArbuR 1990, S. 393 ff.).
Im April 1993 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen vorgelegt (Zweites Gleichberechtigungsgesetz). Danach soll einem Arbeitnehmer, der bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz wegen seines Geschlechts benachteiligt wurde, ein Entschädigungsanspruch in Höhe eines Monatsentgelts zustehen. Ein Einstellungsanspruch wird ausdrücklich ausgeschlossen.
II.
Die Beschwerdeführerin hat eine Ausbildung als Lehrerin und zusätzlich eine Lehre als Maschinenschlosserin abgeschlossen. Der Beklagte des Ausgangsverfahrens, ein Hochschullehrer, schrieb im Rahmen eines durch Drittmittel finanzierten Forschungsvorhabens im Juli 1984 die Stelle eines „Facharbeiters” aus und nannte als Einstellungsvoraussetzungen:
Abgeschlossene Maschinenschlosser- bzw. Werkzeugmacherausbildung oder eine ähnliche abgeschlossene Berufsausbildung. Bereitschaft, kooperativ im Technikum für Faserverbundtechnik an neuen Entwicklungen mitzuarbeiten. Kenntnisse in der Verarbeitung faserverstärkter Kunststoffe sind erwünscht, jedoch nicht Bedingung. Gelegenheit zur Einarbeitung wird gegeben.
Die Beschwerdeführerin, die wenige Wochen zuvor ihre Schlosserlehre beendet hatte, bewarb sich als einzige Frau neben etwa 40 weiteren Interessenten um diese Stelle. Der Beklagte teilte allen Bewerbern, die die formalen Voraussetzungen der Ausschreibung erfüllten, darunter der Beschwerdeführerin, mit, sie würden demnächst zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Tatsächlich erhielten acht Bewerber die Gelegenheit, sich vorzustellen; die Beschwerdeführerin wurde dabei nicht berücksichtigt. Zwei der Bewerber, die über eine längere Berufserfahrung verfügten, wurden eingestellt.
Auf telefonische Nachfrage erklärte ein wissenschaftlicher Mitarbeiter des Beklagten der Beschwerdeführerin, die Wahl sei nicht auf sie gefallen, weil die Tätigkeit für eine Frau nicht geeignet sei. Der Beklagte selbst teilte der Beschwerdeführerin als Begründung für seine Entscheidung schriftlich mit, seine Mitarbeiter hätten ihm nach der Ausschreibung überzeugend dargelegt, daß die im Technikum geforderte Tätigkeit eine Frau physisch überfordere.
Die Beschwerdeführerin klagte daraufhin vor dem Arbeitsgericht auf Einstellung, hilfsweise auf Ersatz ihres immateriellen Schadens in Höhe von sechs Monatslöhnen. Der Beklagte behauptete, die in die engere Wahl gezogenen acht Bewerber seien der Beschwerdeführerin hinsichtlich ihrer Qualifikation oder Berufserfahrung weit überlegen gewesen. Die von ihm und seinem Mitarbeiter gegebene Begründung für die Ablehnung der Beschwerdeführerin sei ungeschickt und unzutreffend gewesen; man habe ihr die Aussichtslosigkeit ihrer Bewerbung möglichst schonend beibringen wollen.
Die Klage blieb erfolglos. Das Landesarbeitsgericht sah es als erwiesen an, daß nicht auf das Geschlecht bezogene, sachliche Gründe, nämlich die höhere Qualifikation der beiden eingestellten männlichen Bewerber, die unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt hätten. Auf die objektiv wahrheitswidrigen Begründungen, die der Beklagte und sein Mitarbeiter der Beschwerdeführerin gegeben hätten, komme es danach nicht mehr an. Es komme hinzu, daß der wissenschaftliche Mitarbeiter bei seiner Vernehmung glaubhaft bekundet habe, er habe der Beschwerdeführerin bei dem Telefongespräch unter anderem gesagt, sie habe auch deshalb keine Chance, weil andere Bewerber über eine längere Berufserfahrung verfügten. Daß die eingestellten Arbeiter langjährige einschlägige Berufserfahrung hätten und damit eindeutig besser qualifiziert seien, stehe objektiv fest. Eine Benachteiligung der Beschwerdeführerin wegen ihres Geschlechts habe also in Wirklichkeit nicht stattgefunden.
III.
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde greift die Beschwerdeführerin das Urteil des Landesarbeitsgerichts an. Sie rügt eine Verletzung von Art. 3 Abs. 2, Art. 3 Abs. 3, Art. 20 Abs. 3 und Art. 103 Abs. 1 GG sowie – sinngemäß – von Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.
Das Landesarbeitsgericht habe Substanz und Tragweite des Art. 3 Abs. 2 GG verkannt. Es hätte ihre Benachteiligung im Auswahlverfahren nicht unbeachtet lassen dürfen. Sie sei wegen ihres Geschlechts nicht zum Vorstellungsgespräch geladen worden und habe deshalb von vornherein keine faire Chance gehabt, ihre spezifische Qualifikation darzustellen. Eine Benachteiligung im Sinne von § 611 a BGB sei außerdem nicht schon dadurch ausgeschlossen, daß der vorgezogene Bewerber nach den Maßstäben des Arbeitgebers „objektiv” besser qualifiziert sei.
Sie sei durch die nachgeschobene Anforderung einer längeren Berufserfahrung mittelbar diskriminiert worden. In traditionellen Männerberufen würden Frauen durch dieses Merkmal benachteiligt. Das sei nur hinzunehmen, wenn die Berufserfahrung zwingend zum Anforderungsprofil des Arbeitsplatzes gehöre. Werde mangelnde Berufserfahrung im nachhinein zur Begründung für eine Ablehnung weiblicher Bewerber vorgebracht, so liege die Vermutung nahe, daß damit eine Geschlechtsdiskriminierung verschleiert werden solle.
Der von ihr geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei auch nach § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 3 Abs. 2 und 3 GG begründet gewesen. Auch dies habe das Landesarbeitsgericht übersehen. Seit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs sei geklärt, daß § 611 a BGB weitergehende Schadensersatzansprüche wegen geschlechtsspezifischer Diskriminierung nicht ausschließe.
Mit der Nichtzulassung der Revision habe das Landesarbeitsgericht gegen das Rechtsstaatsprinzip und den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verstoßen. Die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Die Tragweite des § 611 a BGB und sein Verhältnis zu anderen Schadensersatzansprüchen seien, auch angesichts der damit verbundenen wirtschaftlichen und sozialen Folgen, klärungsbedürftig gewesen.
IV.
Zu der Verfassungsbeschwerde haben die Hessische Staatskanzlei, der Präsident des Bundesarbeitsgerichts, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Deutsche Frauenrat, die Frauen-Union der CDU, der Deutsche Juristinnenbund und der Beklagte des Ausgangsverfahrens Stellung genommen.
1. Die Hessische Staatskanzlei hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet. Die beiden eingestellten Bewerber seien nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts eindeutig besser qualifiziert gewesen. Unbestreitbare Verfahrensfehler seien am Ende des Bewerbungsverfahrens korrigiert worden. Die diskriminierende Begründung sei erwiesenermaßen nur vorgeschoben gewesen, später fallengelassen worden und ohne Auswirkung auf das Ergebnis geblieben. Der Beklagte habe seine Anforderungen hinsichtlich der zu besetzenden Stellen im Verlaufe des Auswahlverfahrens ändern dürfen.
Die Beschwerdeführerin sei auch nicht mittelbar diskriminiert worden. Berufserfahrung sei grundsätzlich ein zulässiges Einstellungskriterium. Zwar ergebe sich daraus in bisher überwiegend von Männern ausgeübten Berufen eine gewisse Chancenungleichheit von Frauen; dieser Qualifikationsmangel könne aber nicht als Ergebnis einer sozialtypischen Rollenverteilung angesehen werden.
2. Der Präsident des Bundesarbeitsgerichts hat eine Stellungnahme des Vorsitzenden des 2. Senats vorgelegt. Dieser hält einen Einstellungsanspruch für ausgeschlossen. Dabei bleibe es auch dann, wenn man auf das Erfordernis der Kausalität zwischen Diskriminierung und Nichteinstellung verzichten oder das Auswahlkriterium der Berufserfahrung in einem spezifischen Männerberuf als mittelbar diskriminierend ansehen würde.
3. Der DGB schließt sich der Begründung der Verfassungsbeschwerde an.
4. Die BDA und der BDI verteidigen das angegriffene Urteil. Aus dem Kreis der Bewerber seien zunächst die nach Berufsausbildung und -erfahrung Fähigsten ausgewählt worden. Eingestellt worden seien zwei Maschinenschlosser, die über eine eindeutig längere Berufserfahrung als die Beschwerdeführerin verfügten. Die wahrheitswidrigen Auskünfte des Arbeitgebers und seines Mitarbeiters hätten das Verfahren nicht beeinflußt. Die Beschwerdeführerin sei auch nicht mittelbar diskriminiert worden. Sie habe dieselben Möglichkeiten zur Ausbildung als Maschinenschlosserin und zum Erwerb von Berufserfahrung gehabt wie die konkurrierenden Bewerber; doch habe sie zunächst einen anderen Beruf erlernt und deswegen keine Berufserfahrung als Maschinenschlosserin sammeln können.
5. Der Deutsche Frauenrat unterstützt die Verfassungsbeschwerde. Der Beschwerdeführerin sei schon zu Beginn des Auswahlverfahrens aufgrund ihres Geschlechts jede Erfolgschance genommen worden. Das ergebe sich mit seltener Deutlichkeit aus den Äußerungen des Arbeitgebers und seines Mitarbeiters. Die Beschwerdeführerin sei auch mittelbar diskriminiert worden. Werde in traditionell männlichen Berufen eine langjährige Erfahrung gefordert, so würden Frauen regelmäßig gezielt ausgegrenzt. In der Berufsgruppe der Schlosser seien in der Zeit von 1973 bis 1985 nur wenig mehr als ein Prozent der Auszubildenden Frauen gewesen.
6. Auch die Frauen-Union hält das angegriffene Urteil für verfassungswidrig. Eine Diskriminierung wegen des Geschlechts liege vor, wenn ein Arbeitgeber generell nicht bereit sei, eine Frau zu berücksichtigen. Eine solche Benachteiligung im Auswahlverfahren könne durch andere Ablehnungsgründe weder beseitigt noch aufgehoben werden. Überdies finde erfahrungsgemäß eine sachgerechte Beurteilung nach Qualitätsmerkmalen nicht statt, wenn gegen eine bestimmte Gruppe von Bewerbern ein Vorurteil bestehe. Wer annehme, Frauen seien für eine bestimmte Position ungeeignet, sei kaum in der Lage, die Qualifikation einer Bewerberin objektiv mit der männlicher Bewerber zu vergleichen. Allein auf das Ergebnis könne es nicht ankommen.
Das Landesarbeitsgericht hätte den erst später in das Verfahren eingeführten Ablehnungsgründen keine Bedeutung beimessen dürfen. Der Arbeitgeber könne sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Rechtfertigung einer betrieblichen Ungleichbehandlung im gerichtlichen Verfahren nur auf Gründe berufen, die er dem Arbeitnehmer rechtzeitig in geeigneter Form bekanntgegeben habe. Dasselbe müsse bei Einstellungsentscheidungen gelten.
7. Nach Auffassung des Deutschen Juristinnenbundes liegt eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung bereits vor, wenn zu Ablehnungsgründen, die – für sich betrachtet – rechtmäßig sind, geschlechtsbezogene Gründe hinzutreten. Diskriminiert würden auch solche Bewerberinnen, die in das weitere Auswahlverfahren wegen ihres Geschlechts nicht einbezogen worden seien, und zwar selbst dann, wenn letztlich die bessere Qualifikation von andersgeschlechtlichen Mitbewerbern zu deren Einstellung geführt habe. Eine Betrachtung ex post genüge deshalb nicht.
Aus der geschlechtsspezifischen Ausschreibung und den Auskünften, die der Beklagte und sein Mitarbeiter erteilt hätten, ergebe sich, daß die Geschlechtszugehörigkeit im Motivbündel des Beklagten enthalten gewesen sei. Der Beschwerdeführerin sei keine faire Chance gegeben worden, sich im Auswahlverfahren als qualifiziert zu erweisen. Auf das Vorliegen anderer sachlicher Ablehnungsgründe hätte danach nicht mehr abgestellt werden dürfen.
Das Landesarbeitsgericht hätte weitere Anspruchsgrundlagen in Betracht ziehen müssen. Bei strikter Beachtung des Art. 3 Abs. 2 und 3 GG und des europäischen Gemeinschaftsrechts stehe einer wegen des Geschlechts abgelehnten, bestqualifizierten Person ein Anspruch auf Einstellung zu. Darüber hinaus verletze eine schuldhafte Diskriminierung im Sinne von § 611 a Abs. 1 Satz 1 BGB das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen. Diese könne deswegen Ersatz ihres immateriellen Schadens in Höhe von etwa drei bis sechs Monatsgehältern verlangen. Zudem sei § 611 a Abs. 1 BGB als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB anzusehen.
8. Der Beklagte des Ausgangsverfahrens tritt der Verfassungsbeschwerde entgegen. Die Beschwerdeführerin habe im Personalauswahlverfahren dieselben Chancen gehabt wie die männlichen Mitbewerber. Die beiden eingestellten Bewerber seien erheblich höher qualifiziert als die Beschwerdeführerin, die als Berufsanfängerin mit diesen nicht ernsthaft habe konkurrieren können. Die für die Auswahlentscheidung im Ergebnis folgenlose Mitteilung, die Arbeit sei für eine Frau zu schwer, sei noch keine Benachteiligung wegen des Geschlechts im Sinne des § 611 a Abs. 1 Satz 1 BGB.
B.
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Unzulässig ist allerdings die Rüge, das Landesarbeitsgericht habe unter Verletzung von Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 103 Abs. 1 GG die Zulassung der Revision versagt. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin beschränkt sich insoweit auf eine Kritik an der Anwendung prozeßrechtlicher Vorschriften durch das Landesarbeitsgericht. Die Möglichkeit eines Verfassungsverstoßes ergibt sich daraus nicht.
C.
Die Verfassungsbeschwerde ist auch begründet.
I.
Das angegriffene Urteil verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 2 GG.
1. Nach dieser Vorschrift sind Männer und Frauen gleichberechtigt. Damit sollen einerseits Diskriminierungen wegen des Geschlechts ausgeschlossen werden, die auch Art. 3 Abs. 3 GG verbietet. Darüber hinaus stellt Art. 3 Abs. 2 GG ein Gleichberechtigungsgebot auf und erstreckt dieses auch auf die gesellschaftliche Wirklichkeit. Der Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt” will nicht nur Rechtsnormen beseitigen, die Vor- oder Nachteile an Geschlechtsmerkmale anknüpfen, sondern für die Zukunft Gleichberechtigung der Geschlechter durchsetzen. Er zielt auf Angleichung der Lebensverhältnisse (vgl. BVerfGE 85, 191 (207)).
Der Erreichung dieser von Art. 3 Abs. 2 GG gesetzten Ziele dient auch § 611 a BGB. Er erstreckt das Diskriminierungsverbot auf private Arbeitsbeziehungen und unternimmt es, Frauen gleiche Chancen im Beruf, insbesondere bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses, zu sichern.
Auslegung und Anwendung dieser Vorschrift ist Sache der Fachgerichte und einer Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen. Dieses kontrolliert vielmehr nur, ob bei Auslegung und Anwendung einfachen Rechts der Einfluß der Grundrechte grundlegend verkannt ist (vgl. BVerfGE 18, 85 (92 f.)). Das ist allerdings nicht nur bei der Auslegung und Anwendung grundrechtsbeschränkender Normen möglich, sondern auch bei Normen, die der Gesetzgeber zur Ausgestaltung des Grundrechtsschutzes erlassen hat (vgl. BVerfGE 53, 30 (57 f., 62 f.) sowie abweichende Meinung, a.a.O., S. 78 f.). Bei Vorschriften, die grundrechtliche Schutzpflichten erfüllen sollen, ist das maßgebende Grundrecht dann verletzt, wenn ihre Auslegung und Anwendung den vom Grundrecht vorgezeichneten Schutzzweck grundlegend verfehlt. Dagegen ist es nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts zu kontrollieren, wie die Gerichte den Schutz im einzelnen auf der Grundlage des einfachen Rechts gewähren und ob ihre Auslegung den bestmöglichen Schutz sichert.
2. Das Landesarbeitsgericht hat den Schutzzweck von Art. 3 Abs. 2 GG bei der Auslegung und Anwendung von § 611 a BGB grundlegend verkannt.
§ 611 a Abs. 1 BGB gewährt in der Auslegung, die dem angegriffenen Urteil zugrundeliegt, keinen wirksamen Schutz vor Geschlechtsdiskriminierung bei der Arbeitsplatzsuche. Eine andere Auslegung, die ein solches Ergebnis vermeidet und dem Diskriminierungsverbot zur Wirksamkeit verhilft, ist aber möglich und mit Wortlaut und Sinn der Vorschrift ohne weiteres vereinbar.
a) Die im Schrifttum besonders umstrittene Frage, welche Sanktionen im Falle einer Benachteiligung bei der Einstellung in Betracht kommen, gerät hier allerdings nicht ins Blickfeld. Mit ihr hat das Landesarbeitsgericht sich nicht befaßt. Es weist die von der Beschwerdeführerin erhobenen Ansprüche auf Einstellung und Schadensersatz schon deshalb ab, weil eine Benachteiligung im Sinne von § 611 a Abs. 1 BGB nicht vorliege.
Verfassungsrechtliche Bedenken hätten sich insofern nur ergeben können, wenn das Landesarbeitsgericht von vornherein keine weitergehenden Rechtsfolgen als die des § 611 a Abs. 2 BGB in Betracht gezogen hätte. Denn dann hätte sich die im Schrifttum erörterte Frage gestellt, ob eine Verletzung des Benachteiligungsverbots des § 611 a Abs. 1 BGB durch den Arbeitgeber für diesen praktisch folgenlos bleiben darf. Ob der Schutzauftrag des Art. 3 Abs. 2 GG, dem der Gesetzgeber mit seiner Regelung nachkommen wollte, stärkere Sanktionen verlangt (vgl. dazu BAG, Urteile vom 14. März 1989, AP Nrn. 5, 6 zu § 611 a BGB), kann hier aber offenbleiben. Denn das Landesarbeitsgericht hat durch die Beweiserhebung zu erkennen gegeben, daß es bei Vorliegen einer Benachteiligung im Sinne von § 611 a Abs. 1 BGB einen Ersatzanspruch für möglich hält, der über den in § 611 a Abs. 2 BGB vorgesehenen bloßen Vertrauensschaden hinausgeht. Die Beschwerdeführerin hat Aufwendungen, die ihr durch die Bewerbung entstanden sind, nicht geltend gemacht, sondern – hilfsweise neben dem Einstellungsanspruch – allein Ersatz ihres immateriellen Schadens (in Höhe von sechs Monatsgehältern) gefordert.
b) In verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise ist das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangt, daß die Beschwerdeführerin Tatsachen glaubhaft gemacht hat, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lassen (§ 611 a Abs. 1 Satz 3 BGB). Es hätte allerdings nahegelegen, in diesem Zusammenhang auch die nicht geschlechtsneutral abgefaßte Ausschreibung in Betracht zu ziehen. Gleichwohl ist es nicht zu beanstanden, daß das Landesarbeitsgericht darauf nicht eingegangen ist, weil es schon aus den Äußerungen des Beklagten und seines Mitarbeiters die Vermutung einer Benachteiligung der Beschwerdeführerin wegen ihres Geschlechts abgeleitet hat.
c) Unvereinbar mit Art. 3 Abs. 2 GG ist es jedoch schon, daß das Landesarbeitsgericht eine Diskriminierung der Beschwerdeführerin im Einstellungsverfahren nicht ausreichend geprüft hat. So ist es nicht der Frage nachgegangen, ob ein Verstoß gegen § 611 a Abs. 1 BGB bereits darin liegen konnte, daß die Beschwerdeführerin entgegen der ursprünglichen Ankündigung nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden war.
§ 611 a Abs. 1 BGB verbietet Benachteiligungen wegen des Geschlechts für Maßnahmen bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses. Darunter fallen nach herrschender Auffassung in der arbeitsrechtlichen Literatur auch Verfahrenshandlungen (Erman/Hanau, BGB, 9. Aufl., 1993, § 611 a Rdnr. 5; Soergel/ Kraft, BGB, 11. Aufl., 1988, § 611 a Rdnr. 13; Pfarr/ Bertelsmann, Gleichbehandlungsgesetz, 1985, S. 76 ff.; dies., Diskriminierung im Erwerbsleben, S. 212 ff.; Schlachter, Anm. zu BAG, EzA Nrn. 4, 5 zu § 611 a BGB, S. 12; dies., Wege zur Gleichberechtigung, 1993, S. 172 ff.; Staudinger/Richardi, BGB, 12. Aufl., 1993, § 611 a Rdnr. 61). Sind bereits die Chancen einer Bewerberin durch ein diskriminierendes Verfahren beeinträchtigt worden, so kann es danach nicht mehr darauf ankommen, ob das Geschlecht bei der abschließenden Einstellungsentscheidung noch eine nachweisbare Rolle gespielt hat.
Diese schon einfachrechtlich naheliegende Auslegung des § 611 a Abs. 1 BGB gewährleistet einen wirkungsvollen Schutz vor Diskriminierungen, wie ihn Art. 3 Abs. 2 GG erreichen will. Ließe man bei Einstellungsentscheidungen eine Würdigung der vorangegangenen Verfahrensschritte außer acht, könnte der Arbeitgeber eine Diskriminierung im vorausgegangenen Verfahren schon dadurch folgenlos machen, daß er nachträglich sachliche Gründe für seine Einstellungsentscheidung angibt. Er hätte es damit in der Hand, durch geeignete Verfahrensgestaltung die Chancen von Bewerbern, die er wegen ihres Geschlechts als weniger geeignet einstuft, so zu mindern, daß seine abschließende Entscheidung praktisch unangreifbar wird.
d) Das Landesarbeitsgericht hat darüber hinaus den in § 611 a Abs. 1 BGB umschriebenen Benachteiligungstatbestand in einer Weise ausgelegt, die Art. 3 Abs. 2 GG nicht gerecht wird. Es geht erkennbar davon aus, daß eine Benachteiligung wegen des Geschlechts nur vorliegt, wenn allein das Geschlecht des Bewerbers zu seiner Ablehnung geführt hat, er bei anderer Geschlechtszugehörigkeit also die Stelle bekommen hätte. Dieser Standpunkt wird daran deutlich, daß es eine Benachteiligung der Beschwerdeführerin schon deshalb verneint, weil die Auswahlentscheidung durch ein sachliches Auswahlkriterium begründet sei. Damit wird aber nicht ausgeschlossen, daß der Arbeitgeber die Geschlechtszugehörigkeit der Beschwerdeführerin negativ bewertet und sie insofern bei der Auswahl benachteiligt hat.
Eine Benachteiligung wegen des Geschlechts im Sinne von Art. 3 Abs. 3 GG liegt bereits vor, wenn eine rechtliche Ungleichbehandlung an das Geschlecht anknüpft. Es kommt nicht darauf an, ob daneben auch andere Gründe maßgeblich waren (vgl. BVerfGE 85, 191 (206)). Soll die Beachtung des verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverbots auch für den Arbeitgeber bei Einstellungsentscheidungen verbindlich gemacht werden – und darin liegt der Sinn des § 611 a Abs. 1 BGB –, so muß es diesem verwehrt sein, das Geschlecht eines Bewerbers bei seiner Entscheidung überhaupt zu dessen Lasten zu berücksichtigen. Das ist aber bereits dann der Fall, wenn in dem Motivbündel, das seine Entscheidung beeinflußt hat, das Geschlecht des abgewiesenen Bewerbers als negatives oder das andere Geschlecht als positives Kriterium enthalten ist.
e) Unvereinbar mit Art. 3 Abs. 2 GG sind darüber hinaus die Voraussetzungen, unter denen das Landesarbeitsgericht die Vermutung einer Benachteiligung wegen des Geschlechts als widerlegt ansieht. Ist es einer Klägerin, wie hier, gelungen, eine Benachteiligung überwiegend wahrscheinlich zu machen, so trägt nach § 611 a Abs. 1 Satz 3 BGB der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß ausschließlich nicht auf das Geschlecht bezogene Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Auch diese Regelung hat das Landesarbeitsgericht in einer Weise ausgelegt und angewendet, die dem gesetzlichen Benachteiligungsverbot weitgehend seine grundrechtswahrende Funktion nimmt.
Es gesteht dem Arbeitgeber die nachträgliche Berufung auf ein Einstellungsmerkmal zu, das zwar in der Person der Eingestellten unbestreitbar in höherem Maße als bei der abgewiesenen Beschwerdeführerin vorliegt, das aber weder in der Ausschreibung noch während des Auswahlverfahrens formuliert worden war. Das Gericht hätte dann aber eine besondere Rechtfertigung für das Nachschieben von Auswahlkriterien verlangen müssen. Sonst wäre dem Arbeitgeber in nahezu jedem Fall eine Entlastung möglich. Der gerichtlichen Durchsetzung des Diskriminierungsverbots würde damit ein praktisch unüberwindliches Hindernis entgegengesetzt.
Die Entlastung durch nachträgliche Angabe eines „sachlichen Grundes” für seine Entscheidung bereitet dem Arbeitgeber deshalb so geringe Schwierigkeiten, weil er die Anforderungen an die Qualifikation für eine bestimmte Stelle grundsätzlich nach seinem Belieben festlegen darf. Ebenso wie er auf größere Berufserfahrung abstellen kann, steht es ihm frei, Berufsanfänger vorzuziehen, die erst durch die Arbeit in seinem Betrieb ihre Prägung erfahren. Er kann auf höheres, aber auch auf geringes Lebensalter Wert legen, er darf die Fähigkeit zur kollegialen Zusammenarbeit bevorzugen oder in erster Linie auf Durchsetzungsfähigkeit abstellen. Eine vielseitige berufliche Biographie kann für ihn vorrangiges Auswahlkriterium sein, umgekehrt aber auch Stetigkeit der Berufspraxis. Ebenso steht es in seinem Belieben, eine spezifische Kombination verschiedener Eigenschaften zu fordern und die einzelnen Qualifikationsmerkmale unterschiedlich zu gewichten.
Eine Auslegung des § 611 a Abs. 1 BGB, die dem Arbeitgeber einen derartig weiten Zugriff auf nachträglich vorgebrachte Gründe auch dann gestattet, wenn Anhaltspunkte für eine Diskriminierung glaubhaft gemacht wurden, widerspricht dem aus Art. 3 Abs. 2 GG folgenden Schutzzweck. Diesen kann die Regelung des Satzes 3 vielmehr nur dann erfüllen, wenn sie so ausgelegt wird, daß der Arbeitgeber eine glaubhaft gemachte Diskriminierung tatsächlich entkräften muß. Ein nachträglich vorgebrachter Grund für die Bevorzugung eines Bewerbers des anderen Geschlechts kann daher nur dann als „sachlich” im Sinne der Vorschrift angesehen werden, wenn besondere Umstände erkennen lassen, daß der Arbeitgeber diesen Grund nicht nur vorgeschoben hat. Ein solcher Umstand könnte etwa darin liegen, daß sich während des Einstellungsverfahrens die Aufgabenstellung und damit die Anforderungen an die Qualifikation des Einzustellenden geändert haben. Denkbar ist auch, daß sich ein Arbeitnehmer bewirbt, der für die ihm zugedachte Aufgabe geradezu prädestiniert ist, mit dessen Bewerbung aber zur Zeit der Ausschreibung vernünftigerweise nicht gerechnet werden konnte. Erst wenn der Arbeitgeber solche Umstände darlegt und gegebenenfalls beweist, kann er widerlegen, daß das Geschlecht des abgewiesenen Bewerbers seine Entscheidung negativ beeinflußt hat.
Eine besonders kritische Würdigung nachträglich vorgebrachter Gesichtspunkte kommt in Betracht, wenn diese typischerweise von Personen, die demselben Geschlecht angehören wie der abgelehnte Bewerber, überhaupt nicht oder nur in ganz geringem Umfang erfüllt werden. Das trifft bei dem Merkmal „längere Berufserfahrung” immer dann zu, wenn es um einen Berufszweig geht, der bisher ganz überwiegend von Personen des anderen Geschlechts ausgeübt worden ist. Der Beruf des Schlossers gehört zu den traditionellen Männerberufen. Der Deutsche Frauenrat führt in seiner Stellungnahme aus, in dieser Berufsgruppe seien in der Zeit von 1973 bis 1985 nur wenig mehr als ein Prozent der Auszubildenden Frauen gewesen. Weibliche Arbeitskräfte, die als Schlosserinnen größere Berufserfahrungen sammeln konnten, gab es danach nur in ganz geringem Umfang.
II.
Ob das angegriffene Urteil auch dadurch Grundrechte der Beschwerdeführerin verletzt, daß das Landesarbeitsgericht keine weiteren Rechtsgrundlagen in Betracht gezogen hat, auf die sich die geltend gemachten Ansprüche hätten stützen lassen, bedarf keiner Entscheidung. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommen allerdings auch Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) in Betracht.
Fundstellen
Haufe-Index 60512 |
BVerfGE 89, 276-291 (LT) |
BVerfGE, 276 |
BB 1994, 357 |
BB 1994, 502 |
BB 1994, 502-503 (LT) |
DB 1994, 1292 (LT) |
NJW 1994, 647 |
NJW 1994, 647-648 (LT) |
EuGRZ 1994, 135 |
EuGRZ 1994, 135-139 (LT) |
BetrR 1994, 42-45 (LT) |
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NVwZ 1994, 472 |
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ARST 1994, 122-124 (LT) |
NZA 1994, 745 |
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