Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. GmbH-Geschäftsführer. Sperrminorität. Stimmbindungsabrede. Erwerbsoption auf Gesellschaftsanteile. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit
Orientierungssatz
1. Maßgebend für die Frage, ob ein im Rahmen eines Geschäftsführeranstellungsvertrages tätiger Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Ausgestaltung seiner Tätigkeit fremden Weisungen unterliegt, sind nicht die Gegenstände der Unternehmenspolitik. Nur eine umfassende Sperrminorität, die alle den Geschäftsführer selbst betreffenden Angelegenheiten umfasst, ist geeignet, die Annahme von Selbständigkeit des Geschäftsführers zu begründen (vgl BSG vom 29.6.2016 - B 12 R 5/14 R - juris RdNr 39, BSG vom 24.9.1992 - 7 RAr 12/92 - juris RdNr 19 = SozR 3-4100 § 168 Nr 8). Es kommt demnach gerade auf die Möglichkeit der Erteilung von Weisungen an den Geschäftsführer an.
2. Zur sozialversicherungsrechtlichen Bedeutung von Erwerbsoptionen auf Geschäftsanteile einer GmbH.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juni 2015 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger bei der Beigeladenen zu 1) versicherungspflichtig beschäftigt ist.
Die Beigeladene zu 1) wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 31. Oktober 2006 von dem Kläger und seinem Bruder A K gegründet und am 31. Januar 2007 in das Handelsregister eingetragen. Das Gesellschaftskapital betrug 26.000 €, von dem der Kläger 15.600 € und sein Bruder 10.400 € hielten. Der Kläger wurde zum Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) bestellt. Durch Bescheid vom 4. Juni 2009 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ausübe.
Am 25. September 2012 schloss der Kläger auch im Namen der Beigeladenen zu 1) mit seinem Bruder und der VC F K B GmbH sowie der Software und S M GmbH einen Beteiligungsvertrag. Danach wurde das Gesellschaftskapital auf 34.212 € erhöht, von dem der VC F K B GmbH sowie die Software und S M GmbH jeweils 4.106 € übernahmen. In dem Gesellschaftsvertrag/Satzung war vorgesehen, dass Beschlüsse der Gesellschafter über bestimmte Gegenstände einer Mehrheit von 80 Prozent der abgegebenen Stimmen bedürfen.
Ebenfalls am 25. September 2012 schloss der Kläger mit der Beigeladenen zu 1) mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2012 einen Geschäftsführer-Anstellungsvertrag, nach dem ihm Alleinvertretungsbefugnis erteilt und er von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit wurde. Er wurde verpflichtet, seine ganze Arbeitskraft und sein Fachwissen ausschließlich der Gesellschaft zu widmen. Eine ordentliche Kündigung des Vertrags sollte mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten möglich sein, der Kläger ein monatliches Bruttogehalt von 5.500,- € nebst Nebenleistungen wie einen Dienstwagen erhalten. Vorgesehen war weiter eine Gehaltsfortzahlung bei Krankheit oder Tod für sechs Wochen, bezahlter Urlaub, ein Wettbewerbsverbot sowie eine Abrede, dass alle Arbeitsergebnisse der Gesellschaft zustehen würden.
Am 3. Dezember 2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status.
Im Rahmen der Anhörung des Klägers und der Beigeladenen zu 1) wies der Kläger darauf hin, dass zwischen ihm und seinem Bruder verabredet sei, dass er das maßgebliche “Sagen„ haben solle. Die Beklagte stellte durch Bescheid vom 23. April 2013 gegenüber dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 1. Oktober 2012 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Es bestehe ab diesem Tag Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Für ein abhängiges Versicherungsverhältnis spreche, dass ein gesonderter Arbeitsvertrag mit Regelungen über die Mitarbeit in der Gesellschaft geschlossen sei, der arbeitsvertraglich typische Regelungen zum Urlaubsanspruch, zur Fortzahlung des Arbeitsentgelts bei Arbeitsunfähigkeit und Kündigung enthalte, dass eine Vergütung in Höhe von 5.500,- € im Monat gezahlt werde, und dass der Kläger kraft seines Anteils am Stammkapital keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausübe. Für eine selbständige Tätigkeit spreche dagegen, dass der Kläger einzelvertretungsberechtigt und vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB befreit sei. Die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis würden überwiegen. Die Versicherungspflicht beginne mit der Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses, da der Antrag auf Statusfeststellung nicht innerhalb eines Monats danach gestellt worden sei.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass er in seiner Tätigkeit schalten und walten könne, wie er es als Un...