Prof. Dr. Dr. Julia Krampitz, Sarah Staut
Den dritten Bereich der oben genannten "Mission" bildet der "Positive Organizational Scholarship" (POS). Er ist ein Schwerpunkt der Organisationspsychologie, der danach strebt, Mitarbeiter nach positiven Fähigkeiten auszuwählen, zu entwickeln und bestmöglich mit ihnen zusammenzuarbeiten. Nach Cameron et al. (2003) ist POS die Dynamik in Organisationen, die zur Entwicklung menschlicher Stärken führt, Resilienz in Individuen pflegt, Heilung und Restauration möglich macht und außergewöhnliche individuelle und organisationale Leistung kultiviert. Folgende Fragen stehen hierbei im Mittelpunkt: "Wer passt an welchen Arbeitsplatz, welche Entwicklungsmöglichkeiten können für die Mitarbeiter geschaffen werden? Wie viel Gehalt verteile ich warum? Wie motiviere ich die Mitarbeiter, sich selbst zu motivieren, um am Ende neben höherer Mitarbeiterzufriedenheit daraus entstehend ebenso eine höhere Kundenzufriedenheit vorzufinden?" (Tomoff, 2018, S. 9).
Die Beantwortung dieser Fragen sowie die Erforschung ihrer zugrunde liegenden Strukturen sind nicht nur zum Wohle der organisationalen Leistungssteigerung wertvoll, sondern gleichzeitig wertvoll in der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung einer GpB.
Mit Bezug auf alle 3 Bereiche sind die Führungskräfte als besonderer Erfolgsfaktor zu bezeichnen. Es lohnt sich immer wieder einen potenzial-orientierten Blick auf sie und ihre Einbindung der GpB Prozesse zu werfen.
Bekanntermaßen lässt sich eine Organisation, unabhängig von der Position als Geschäftsführer, Coach oder auch Organisationsberater, nicht entwickeln. Nur die Menschen in ihr können sich entwickeln.
Die Ergebnisse einer Umfrage des Corporate Leadership Councils mit knapp 20.000 befragten Mitarbeitern brachte 50 verschiedene Treiber zutage, die Leistung beeinflussten. Die Umfrage lehrt uns, dass Manager, die auf die Stärken ihrer Mitarbeiter fokussierten, im Durchschnitt einen 36,4-%-igen Leistungsanstieg erbrachten. Dagegen fiel die Leistung derer um bis zu 26,8 %, deren Führungskräfte ihre Aufmerksamkeit auf Schwächen lenkte. Positiv gesehen zeigt dieses Delta von durchschnittlich 63,2 %, dass Führung einer der besten Einflüsse ist, um einer Organisation zu guten Leistungen zu verhelfen (Whetten, 2007).
Was genau ist es, was mit Blick auf die Führung zu gesunder Leistung verhilft? Laut Tomoff (2018) ist es die Rolle von ehrlichem, zeitnahem und konstruktivem Feedback, welches hervorsticht. Ohne konkrete Rückmeldung können Führungskräfte und ihre Mitarbeiter nicht effektiv an den an sie gerichteten Erwartungen arbeiten. Flow-fördernde, positive Emotionen, unterstützende oder offene Kritik kann so nicht zu einer ermutigenden Arbeitsbedingung beitragen.
Wenngleich es in einer GpB nicht per se um den Fokus auf personenbezogene Aspekte, sondern um eine aufgabenbezogene Belastungsanalyse geht, so bietet dieses Wissen dennoch großes Potenzial, um es in den GpB-Prozess einzuflechten. Offenheit, Transparenz und potenzial-orientierte Rückmeldungen in allen Arbeitsprozessen sind der fruchtbare Nährboden für eine gesunde Feedback-Kultur, in der sich positive Führung etablieren und durch Verantwortungsübernahme Leistung möglich gemacht werden kann.