Rz. 1
Die Vorschrift zwingt den Arbeitnehmer, innerhalb von 3 Wochen nach Zugang einer arbeitgeberseitigen Kündigung Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht zu erheben. Hierbei handelt es sich um eine prozessuale Ausschlussfrist, an deren Ablauf materiell-rechtliche Folgen geknüpft sind. Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig gerichtlich geltend gemacht, gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam, vgl. § 7 KSchG. Eine verspätet erhobene Kündigungsschutzklage ist unbegründet und wird abgewiesen.
Rz. 2
Seit ihrer Neufassung mit Wirkung zum 1.1.2004 erfasst die Vorschrift nahezu alle Sachverhalte, die zur Unwirksamkeit der Kündigung führen können. Sie gilt nach § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG auch für Arbeitnehmer, die vom betrieblichen Geltungsbereich des KSchG nicht erfasst werden oder deren Arbeitsverhältnisse zum Zeitpunkt der Kündigung noch keine sechs Monate nach § 1 Abs. 1 KSchG bestanden haben.
Rz. 3
Dagegen ist der 1. Abschnitt des KSchG auf Kündigungen gegenüber Organvertretern (z. B. GmbH-Geschäftsführern) oder gesetzlichen Vertretern einer Personengesamtheit (z. B. vertretungsberechtigten Gesellschaftern einer OHG) nach § 14 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 KSchG nicht anzuwenden. Diese Personengruppen genießen weder Kündigungsschutz nach dem KSchG noch müssen sie die 3-Wochen-Frist des § 4 KSchG beachten.
Der Arbeitnehmer bzw. dessen Berater sollte vorsorglich gegen jede arbeitgeberseitige Kündigung Kündigungsschutzklage unter Wahrung der gesetzlichen 3-Wochen-Frist erheben. Erhebt der Arbeitnehmer nicht rechtzeitig Kündigungsschutzklage, droht selbst dann eine Klageabweisung und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn die Kündigung nach materiellem Recht eigentlich rechtswidrig wäre.
Die Nichtbeachtung der 3-Wochen-Frist durch den beratenden Rechtsanwalt ist ein klassischer Beratungsfehler, der eine Anwaltshaftung auslösen kann. Das BAG rechnet dem Arbeitnehmer das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten an der Versäumung der Klagefrist nach § 85 Abs. 2 ZPO zu.
Eine Kündigungsschutzklage kann vertragliche und tarifliche Ausschlussfristen zur gerichtlichen Geltendmachung von Vergütungsansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis wahren. Vorsorglich sollte der Arbeitnehmer etwaige Vergütungsansprüche jedoch stets rechtzeitig einklagen.
Rz. 4
Falls die 3-Wochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG im Einzelfall nicht greift, kann sich der Arbeitnehmer bis zur zeitlichen Grenze der Verwirkung auf die Unwirksamkeit der Kündigung berufen. Von einer Verwirkung ist auszugehen, wenn der Arbeitnehmer einen Unwirksamkeitsgrund längere Zeit nicht geltend macht (Zeitmoment), der Arbeitgeber infolge des Zeitablaufs nicht mehr mit der Beanstandung der Kündigung rechnen muss (Umstandsmoment) und dem Arbeitgeber deshalb eine Einlassung auf die Geltendmachung der Unwirksamkeit nicht mehr zugemutet werden kann. Ein Fall der Verwirkung liegt z. B. vor, wenn der Arbeitnehmer eine zunächst eingelegte Kündigungsschutzklage zurücknimmt und danach über sechs Monate nach dem Kündigungstermin keine weiteren Maßnahmen ergreift oder Erklärungen abgibt. Hat der Arbeitnehmer seine Kündigungsschutzklage allerdings nicht zurückgenommen, bleibt der Rechtsstreit also anhängig, verwirkt der Arbeitnehmer sein Recht zur gerichtlichen Überprüfung der Kündigung regelmäßig nicht. Von einer Verwirkung ist selbst dann nicht auszugehen, wenn der Arbeitnehmer das Verfahren über einen Zeitraum von 3 Jahren nicht betreibt. Vielmehr müssen weitere Umstände hinzutreten, die darauf schließen lassen, dass der Arbeitnehmer den Prozess nicht wieder aufnehmen wird.