Tenor
Das von dem Schuldner im Rahmen des Versicherungsvertrages mit der Drittschuldnerin angesparte Vermögen (Rückkaufwert) ist bis zu einem Maximalbetrag von 194.000,00 EUR vollständig unpfändbar. Übersteigt der Rückkaufwert der Rentenversicherung den vorgenannten Betrag, sind bis zu einem Vermögen von 582.000,00 EUR weitere 30% unpfändbar.
Im Übrigen ist die von der Drittschuldnerin gewährte monatliche Rente lediglich nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften pfändbar.
Die Ermittlung des pfandfreien Betrags obliegt insoweit der Drittschuldnerin, dabei ist jedoch die Ehefrau des Schuldners als Unterhaltsberechtigte nicht zu berücksichtigen, da diese über eigenes Einkommen in ausreichender Höhe verfügt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Schuldner.
Dem Schuldner wird für dieses Verfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von … bewilligt.
Dieser Beschluss wird mit seiner Rechtskraft wirksam.
Gründe
Durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 17.08.2006 wurden die Ansprüche des Schuldners aus der mit der Drittschuldnerin abgeschlossenen Lebensversicherung gepfändet und der Gläubigerin zur Einziehung überwiesen.
Mit Schriftsatz vom 10.10.2006 legte der Schuldner Erinnerung gemäß § 766 ZPO gegen den vorgenannten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ein und beantragte diesen aufzuheben, da einer Pfändung der Renteneinkünfte § 850c ZPO entgegen stünde und diese Einkünfte seine einzige Einkommensquelle darstellen würden. Wegen des weiteren Sachvortrags wird auf den Schriftsatz des Schuldner-Vetreters vom 10.10.2006 Bezug genommen.
Die Gläubigerin wurde zu dem Antrag des Schuldners gehört. Sie beantragte dessen Zurückweisung.
Der Antrag des Schuldners war – entgegen der ausdrücklichen Bezeichnung – nicht als Vollstreckungserinnerung gemäß § 766 ZPO auszulegen, da der gesetzliche Pfändungsschutz gemäß § 850c ZPO nicht zu einem grundsätzlichen Verbot der Pfändung von Arbeitseinkommen oder gleichgestellter Einkünfte führt.
Der Antrag des Schuldners war vielmehr als Antrag auf Vollstreckungsschutz gemäß § 765a ZPO zu betrachten.
Gemäß § 765a ZPO kann auf Antrag des Schuldners das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses der Gläubigerin wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist.
Vorliegend besteht ein Pfändungsschutz gem. § 850 c ZPO weder direkt, da der Schuldner kein Arbeitseinkommen bezieht, noch über den Verweis in § 850 Abs. 3 b ZPO, da diese Vorschrift lediglich Renten aus Versicherungsverträgen eines früheren Arbeitnehmers schützt. Versicherungsrenten eines früher freiberuflich/selbstständig Tätigen sind vom Schutz des § 850 Abs. 3 b ZPO nicht erfasst (Stöber, Forderungspfändung, 14. Auflage, Rn. 892). Das in dem Versicherungsvertrag mit der Drittschuldnerin angesparte Vorsorgekapital des Schuldners unterliegt damit grundsätzlich in voller Höhe dem Pfändungszugriff der Gläubgerin.
Würde die Pfändungsgläubigerin ihren Anspruch durchsetzen, wäre der Schuldner eines Großteils seiner Altersvorsorge beraubt und auf staatliche Sozialleistungen angewiesen. Diese Tatsache verstößt wegen der Ungleichbehandlung Selbstständiger und angestellt Beschäftigter nicht nur gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) sondern gleichfalls gegen das grundgesetzlich gesicherte Sozialstaatsprinzip und würde in der Folge dazu führen, dass die Allgemeinheit für die Schulden eines Einzelnen in Form von Sozialleistungen aufzukommen hätte. Ein umfassender Pfändungszugriff durch die Gläubigerin würde damit für den Schuldner eine Härte bedeuten, die mit den allgemeinen Wertmaßstäben nicht zu vereinbaren wäre.
Diese Problematik ist durch den Gesetzgeber erkannt worden und hat zum Beschluss eines „Gesetzes zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge” in der Sitzung des Bundestags am 14.12.2006 geführt. Das Gesetz ist bisher noch nicht durch Verkündung in Kraft getreten.
In Anlehnung an das beschlossene Gesetz war der Pfändungsschutz für die Altersvorsorge des Schuldners so auszugestalten, dass ein Vorsorgevermögen von maximal 194.000,00 EUR vollständig dem Pfändungszugriff durch die Gläubigerin zu entziehen war. Für den darüber hinausgehenden Betrag waren weitere 30% für unpfändbar zu erklären. Letztlich war festzustellen, dass sich die Pfändung der laufenden Rentenbeträge nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften richtet. Der Schuldner ist damit hinsichtlich der Pfändbarkeit seiner Altersvorsorge einem „normalen” Rentenbezieher gleichgestellt.
Dabei konnte jedoch die Ehefrau des Schuldners auf Gläubigerantrag nicht als Unterhaltsberechtigte berücksichtigt werden, da ihr Renteneinkommen mit 572,00 EUR ihren Bedarf nach dem Sozialgesetzbuch übersteigt, der sich wie folgt errechnet:
Regelsatz für den Haushaltsvorstand:
1 Person mit 345,00 EUR… 345,00 EUR
Haushaltsvorstand über 65. Jahre alt, Erhöhung:
17% des Regelsatzes… 58,65 EUR
Pauschalisierter Mehr...