3.1 Betriebliche Altersversorgung (bAV)
Eine Altersgrenze für Leistungen zur betrieblichen Altersversorgung bei Eintritt in das Unternehmen festzulegen, ist zulässig.
Im betreffenden Fall, den das BAG mit Urteil vom 21.9.2021 entschied, ging es um eine Altersgrenze für eine betriebliche Altersversorgung (bAV). Arbeitnehmer, die nach Überschreitung des 55. Lebensjahres in den Betrieb eintraten, kamen nicht in den Genuss der vom Arbeitgeber angebotenen Altersversorgung. Das BAG sah hierin keinen Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG. Die sich aus der Altersgrenze ergebende unmittelbare Benachteiligung i. S. d. § 3 Abs. 1 AGG hielt es für gerechtfertigt gemäß § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG. Die Norm erlaubt es, Altersgrenzen festzusetzen, wenn es um betrieblich organisierte Systeme geht, die Menschen sozial absichern.
Aufweichung des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion im AGG
Im Kontext der Überprüfung einer Altersgrenze für die Aufnahme in die betriebliche Altersversorgung äußerte sich das BAG dazu, wie es sich auswirkt, wenn eine AGB-Klausel wegen eines AGG-Verstoßes unwirksam ist. Verstößt ein Teil einer Klausel im Arbeitsvertrag gegen das AGG, führt das nicht dazu, dass die gesamte Klausel unwirksam ist (geltungserhaltende Reduktion). Das ist brisant, denn damit weicht das BAG den Grundsatz auf, dass es verboten ist, eine unwirksame Klausel geltungserhaltend zu kürzen.
Exkurs: Geltungserhaltende Reduktion
Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion besagt, dass immer die gesamte Klausel unwirksam ist, auch wenn nur ein Teil der Klausel der AGB-Kontrolle nicht standhält.
Das BAG gesteht ein, dass das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion nicht nur dann greift, wenn sich die Unwirksamkeit eines Klauselteils aus den gesetzlichen Regelungen der AGBs ergibt. Dazu gehören beispielsweise überraschende Klauseln. Das Verbot greift auch, wenn der Klauselteil gegen eine Norm verstößt, die außerhalb der gesetzlichen Regelungen von AGBs liegt. Das bedeutet, nach dem BAG fordert das AGG keine umfassende Nichtigkeit einer Klausel; die Klausel ist nur soweit unwirksam, wie es zur Beseitigung der Benachteiligung erforderlich ist. Ein Verbot der geltungserhaltenden Reduktion ist insoweit nach dem Zweck des AGG nicht geboten. Die Ausnahme von diesem Grundsatz begründet das Gericht einerseits mit den konkreten Umständen des Falls. Die Teilung der Klausel führt zur Unterscheidung zwischen Diskriminierten und Dritten, denen gegenüber der Diskriminierte zum Unterhalt verpflichtet ist. Nachdem das AGG vorrangig den Schutz der Diskriminierten bezweckt, hält das Gericht eine Begrenzung der Unwirksamkeit für richtig. Darüber hinaus führt das Gericht das zweifelhafte Argument an, dass es unionsrechtskonform sei, die Unwirksamkeit zu begrenzen. Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion kommt aus dem deutschen AGB-Recht. Es mag sein, dass das Unionsrecht kein solches Verbot verlangt. Daraus ergibt sich aber nicht, dass das Unionsrecht einem solchen Verbot im unionsrechtsgeprägten Bereich des deutschen Rechts widerspricht.
Für Arbeitgeber ist diese Entscheidung günstig. Zwar sollten sie diese keinesfalls zum Anlass nehmen, weniger "auf der Hut" zu sein, wenn es um die Formulierung der AGB geht. Allerdings können Arbeitgeber etwas mehr Toleranz erwarten, wenn ein Teil einer Klausel gegen das AGG verstößt.
3.2 Befristung
Wegen der kurzen Betriebszugehörigkeit keine unbefristeten Arbeitsverhältnisse mit Arbeitnehmern ab einem bestimmten Eintrittsalter zu vereinbaren, kann zulässig sein. In dem betreffenden Fall klagte eine auf Zeit beschäftigte Flugbegleiterin gegen ihren Arbeitgeber, eine große Fluggesellschaft. Die Fluggesellschaft stellte zunächst der Mitarbeiterin eine unbefristete Anstellung in Aussicht, versagte ihr diese aber mit dem Hinweis darauf, dass das finanzielle Risiko zu hoch sei. Im Programm der Fluggesellschaft für den Fall der Fluguntauglichkeit war eine Fortzahlung von 60 % des Gehalts bis zum Eintritt des Rentenalters bei unbefristet angestelltem Flugpersonal vorgesehen. Bei einer kurzen Betriebszugehörigkeit lohnt sich die Beschäftigung des Mitarbeiters finanziell nicht, wenn die frisch eingestellte Mitarbeiterin plötzlich fluguntauglich wird. Das Gericht folgte dieser Argumentation nicht und wertete das Verhalten der Fluggesellschaft als eine nicht gerechtfertigte und unmittelbare Benachteiligung der Klägerin. Zum einen befand das Gericht, dass es kein legitimes Ziel sei, sich davor schützen zu wollen, dass sich die unbefristete Anstellung wirtschaftlich nicht rentiert. Zum anderen sei eine Ungleichbehandlung auf der Basis von Eventualitäten oder Risiken nicht zu rechtfertigen. Letzteres entspricht der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "objektiv" in § 10 Satz 1 AGG.
Ein Arbeitgeber darf nicht pauschal vom schlimmsten Fall ausgehen, ohne da...