Da ein rechtmäßiger Streik stets um ein rechtswirksam tarifvertraglich regelbares Ziel geführt werden muss, versteht es sich fast von selbst, dass er auch von einer Gewerkschaft organisiert, geführt und verantwortet sein muss. Denn nur Gewerkschaften im Rechtssinne sind überhaupt in der Lage, normativ wirkende Tarifverträge abzuschließen. Deshalb ist auch nach der ganz überwiegenden Rechtsauffassung in Deutschland der nicht gewerkschaftlich organisierte, sog. wilde Streik rechtswidrig. Das BAG hat sich allerdings nicht mit dieser systematischen Herleitung der zweiten Streikrechtsgrenze begnügt. Es hat seiner Rechtsprechung schon früh die ordnungspolitische Wertung zugrunde gelegt, man könne die "scharfe Waffe des Streikrechts" nur in die Hände von Gewerkschaften legen, weil nur dort mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit von einer verantwortlichen Rechtsausübung ausgegangen werden könne.
Ein Streik ist dann als gewerkschaftlicher Streik privilegiert, wenn der Arbeitsniederlegung ein gewerkschaftlicher Streikbeschluss mit anschließendem Streikaufruf zugrunde liegt und der Streikbeschluss dem Arbeitgeber, der bestreikt werden soll, und dem Arbeitgeberverband, soweit er der eigentliche Kampfgegner ist, zusammen mit dem Streikziel mitgeteilt worden ist.
Streikaufruf
Eine Pressekonferenz der Gewerkschaft, man rufe nunmehr wegen bestimmter Ziele zum Flächenstreik auf, genügt nur dann den Anforderungen an die gewerkschaftliche Einleitung eines Arbeitskampfes, wenn feststeht, dass diese Mitteilung dem hiervon betroffenen Arbeitgeber ebenso bekannt geworden ist, wie der Umstand, dass er auch der Bestreikte sein soll.
Nach richtiger Auffassung ist es für die Feststellung, dass ein Streik ein gewerkschaftlicher ist, unerheblich, ob der von den Organen der Gewerkschaft getroffene Streikbeschluss im Übrigen satzungsgemäß zustande gekommen ist. In vielen Gewerkschaftssatzungen findet sich die Pflicht der Gewerkschaftsleitung, vor einem Streikbeschluss eine Urabstimmung unter den zum Streik aufzurufenden Gewerkschaftsmitgliedern durchzuführen, ob überhaupt für diese Ziele gestreikt werden soll. Dies ist Binnenrecht ohne Schutzwirkung zugunsten der drittbetroffenen Arbeitgeber oder Arbeitgeberverbände. Im Außenverhältnis ist es deshalb nicht Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit eines Streiks, ob in solchen Fällen tatsächlich eine Urabstimmung durchgeführt worden ist. Allenfalls die Mitglieder der Gewerkschaft können vereinsrechtlich befugt sein, einem satzungswidrigen Streikbefehl keine Folge zu leisten.
Die Durchführung eines Streiks liegt üblicherweise in der Hand der örtlichen Streikleitung, also der Orts- oder Bezirksleitung der zuständigen Gewerkschaft. Sie hat im Rahmen des Zumutbaren dafür zu sorgen, dass es während des Streiks nicht durch einzelne Streikteilnehmer zu Streikexzessen, also unverhältnismäßigen, insbesondere strafbaren Schädigungen des Arbeitgebers durch Individualverhalten, kommt. Hat die Gewerkschaft hier ihre Aufsichtspflicht verletzt, riskiert sie eine Schadensersatzhaftung.
Dem von vornherein gewerkschaftlich geführten Streik steht der Streik gleich, der zwar als wilder Streik ausgebrochen ist, dann aber durch entsprechende Erklärung der zuständigen Gewerkschaft gegenüber dem Arbeitgeber übernommen worden ist. Durch die Übernahme der gewerkschaftlichen Verantwortung wird der anfängliche Mangel der fehlenden gewerkschaftlichen Organisation rückwirkend geheilt. Durch eine solche Übernahmeerklärung wird allerdings der Streik nicht insgesamt rechtmäßig. Eine Prüfung der weiteren Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen erübrigt sich nicht.
Eine andere Frage ist es, inwieweit sich die Arbeitnehmer, die sich an einem von der Gewerkschaft ausgerufenen Streik beteiligen, darauf verlassen können, dass ein solcher Streik insgesamt rechtmäßig ist, also nicht gegen sonstige Kampfregeln verstößt. Nach der älteren Rechtsprechung bestand bei gewerkschaftlichen Streiks eine Vermutung dafür, dass diese rechtmäßig waren, sowie dafür, dass sie um der Regelung von Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen willen geführt wurden. Dies wurde später – im Wesentlichen – begrifflich eingeschränkt. Wenn es, etwa zur individualrechtlichen Begründung einer fristlosen Kündigung oder eines Schadensersatzanspruches, darauf ankommt, ob der streikende Arbeitnehmer die Rechtswidrigkeit seiner Arbeitsverweigerung erkannt hat oder zumindest erkennen musste, spielt die gewerkschaftliche Streikleitung aber nach wie vor eine große Rolle. Sie wird regelmäßig die Annahme rechtfertigen, dass der Arbeitnehmer bei seiner nun als irrig erkannten Annahme, er beteilige sich an einem rechtmäßigen Streik, nicht vorwerfbar gehandelt hat.