Der entgeltfortzahlungsrechtliche Begriff der Krankheit unterscheidet sich geringfügig vom sozialversicherungsrechtlichen Begriff.[1] Krankheit im EFZG ist ein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand. Anders als im Sozialversicherungsrecht bedarf es keiner "Behandlungsbedürftigkeit" des regelwidrigen Zustands, da es arbeitsrechtlich allein darauf ankommt, ob der erkrankte Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbringen kann. Auch die Heilungs- oder Behandlungsmöglichkeit lässt die Krankheit nicht entfallen, beides ist für den Krankheitsbegriff unerheblich. So ist auch ein unheilbar kranker Arbeitnehmer krank im Sinne des EFZG und hat – bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen – Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Regelwidrig ist ein körperlicher oder geistiger Zustand dann, wenn er nach allgemeiner Erfahrung unter Berücksichtigung eines natürlichen Verlaufs des Lebensgangs nicht bei jedem anderen Menschen gleichen Alters und Geschlechts zu erwarten ist.

Eine Krankheit liegt auch bei rein psychischen Veränderungen vor (z. B. Depressionen, Schockzustände, Neurosen oder Psychosen). Für die entsprechende Anerkennung als Krankheit ist eine klinisch-funktionelle Diagnose erforderlich, das die Erkrankung zu gesundheitlichen Funktionsstörungen oder Beschwerden geführt hat.

 
Achtung

Ursache und Verschulden

Die Ursache der Krankheit ist zu trennen vom Verschulden des Arbeitnehmers an der Entstehung der Krankheit. Ein solches Verschulden führt zum Ausschluss des Entgeltfortzahlungsanspruchs. Die Ursache der Krankheit ist dagegen für den Anspruch ohne Bedeutung.

Unbeachtlich ist somit, ob die Krankheit oder deren Entstehung mit dem Arbeitsverhältnis (z. B. als Berufskrankheit) in Zusammenhang steht. Ursächlich können auch alkohol- oder drogenbedingten Krankheiten sein; hier kann jedoch u. U. ein Verschulden des Arbeitnehmers im Einzelfall anspruchsausschließend wirken.[2] Bei ansteckender Krankheit besteht ausnahmsweise auch dann Arbeitsunfähigkeit, wenn der Arbeitnehmer an sich seine Arbeitsleistung erbringen könnte.[3]

Nicht als Krankheit i. S. d. § 3 EFZG gelten normal verlaufende Schwangerschaften. Tritt zur Schwangerschaft innerhalb der Schutzfristen des Mutterschutzgesetzes eine Krankheit hinzu, gilt dies nicht als Arbeitsunfähigkeit im Sinne des EFZG.[4] Tritt im Zuge einer lege artis durchgeführten In-vitro-Fertilisation eine nicht erwartbare Erkrankung auf, begründet dies die Arbeitsunfähigkeit – ein Verschulden i. S. v. § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG scheidet dann aus.[5]

[1] Mehr dazu unter Abschnitt "Sozialversicherung".
[3] Zu den Besonderheiten einer Quarantäneanordnung s. u. Abschn. 1.4.

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