Leitsatz (amtlich)
I. Hat der Arbeitgeber sein Recht auf Konkretisierung der zeitlichen Lage des Arbeitseinsatzes eines Teilzeitbeschäftigten (§ 106 Satz 1 GewO) per Dienstplan ausgeübt (hier: Einteilung zum Spätdienst), so kann er von seiner diesbezüglichen Leistungsbestimmung nicht ohne Rücksicht auf dessen Belange wieder einseitig abrücken (hier: Schichttausch zum Frühdienst). Er hat dem Adressaten gegenüber insbesondere eine den Umständen nach angemessene Ankündigungsfrist einzuhalten.
II. Für die Bemessung dieser Frist kann im Grundsatz auf die Regelung des § 12 Abs. 2 TzBfG (vier Tage im voraus) zurückgegriffen werden. Ist der Adressat hiernach nicht verpflichtet, der geänderten Anordnung des Arbeitgebers Folge zu leisten, so kann dieser die Weigerung auch dann nicht mit fristloser Kündigung beantworten, wenn der Adressat ihm bei Aufrechterhaltung des Änderungswunschs die „Krankschreibung” in Aussicht gestellt hat.
Tenor
I. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten im Schreiben vom 13. Juni 2012 nicht beendet worden ist.
II. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin zu den bisherigen Vertragskonditionen bis zur rechtskräftigen Erledigung des Kündigungsrechtsstreits weiter zu beschäftigen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits hat nach einem Wert von 4.970,33 Euro die Beklagte zu tragen.
IV. Der Wert der Streitgegenstände wird auf 4.772,– Euro festgesetzt.
Tatbestand
Es geht um auf Gründe im Verhalten gestützte – vorzugsweise fristlose – Kündigung. – Vorgefallen ist dies:
I. Die Klägerin trat im November 2004 gegen eine Vergütung von ursprünglich 5,50 Euro (brutto) pro Stunde als „geringfügig Beschäftigte im Verkauf” in die Dienste der Beklagten, die an bundesweit zahlreichen Standorten mit insgesamt weit über 100 Mitarbeitern ein Filialunternehmen des Einzelhandels betreibt. Die Klägerin ist geschieden und einem Kind gegenüber „anteilig” unterhaltspflichtig, aus Sicht der Beklagten im Übrigen wegen der Betreuung ihres Kindes jedenfalls „weniger flexibel als andere, kinderlose Mitarbeiter” Unstreitig ist, dass sie zur Zeit der Ereignisse, die den Hintergrund des Rechtsstreits bilden, bei 20 Wochenarbeitsstunden eine monatliche Bruttovergütung von (wohl 1.193,– Euro bezog.
II. Mit besagten „Ereignissen” hat es folgende Bewandtnis:
1. Seit Oktober 2011 verrichtete die Klägerin ihren Dienst in der Verkaufsfiliale der Beklagten in Berlin-Sp.. Zur Einteilung der Arbeitszeiten des Personals werden dort Dienstpläne erstellt und bekannt gemacht. Nach diesem Muster war seit dem 14. Mai 2012 für Freitag nach Pfingsten (1. Juni 2012) bei Beurlaubung der Filialleiterin (Frau K. R.) dieser Personaleinsatz verlautbart:
Frau H. H. |
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09.30 Uhr bis 15.00 Uhr |
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Frau S. R. |
10.00 Uhr bis 16.00 Uhr |
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Frau A. D. |
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15.00 Uhr bis 21.00 Uhr |
Frau M. K. |
16.00 Uhr bis 21.00 Uhr |
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Die Klägerin |
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15.00 Uhr bis 21.00 Uhr. |
2. Dazu kam es nicht:
a. Angaben der Beklagten zufolge, erfuhr ihre Regionalleiterin („Area Managerin”), Frau K., am 31. Mai 2012 zwischen 12.20 und 17.20 Uhr, dass die Unternehmenszentrale in Frankreich für den 1. Juni 2012 „eine Schaufensteraktion in sämtlichen Filialen” verfügt hatte, die eine Umdekorierung unter „Wechsel des Outfits der Schaufensterpuppen sowie das Aufstellen speziellen Werbematerials” vorsah. Hierfür wollte Frau K. nun anstelle von Frau H. (Schreibweise der Klägerin; anders Beklagte: „H.”) bereits für die Frühschicht (von 8.00 Uhr bis 15.00 Uhr) auf die Klägerin zurückgreifen. Deshalb sollten beide Mitarbeiterinnen ihre Schicht tauschen.
b. Wie Frau K. dieses Anliegen an die Klägerin herantrug und welcher dialogische Verlauf sich daraus ergab, lassen die Parteien im hiesigen Rechtsstreit gegensätzlich schildern:
ba. Die Beklagte gibt folgende Darstellung:
„Als die Klägerin von der Dienstplanänderung erfuhr, erbat sie sich ein persönliches Gespräch mit der Area Managerin der Beklagten, Frau S. K., welche für mehrere Filialen der Beklagten zuständig ist. Das Gespräch fand sodann noch am 31.05.2012 statt. (Beweis: Zeugnis Frau K.).
Die Klägerin teilte zunächst mit, dass sie die Änderung zur Kenntnis genommen habe, sie dies aber nicht mehr könne und wolle. Sie komme mit den Dienstplanänderungen nicht mehr zurecht und sei ‚fertig’. Sie ertrage das nicht mehr und wolle das so auch nicht. (Beweis: Zeugnis Frau K.).
Die Area Managerin Frau K. erklärte der Klägerin sodann die Hintergründe für die kurzfristige Dienstplanänderung und klärte sie über deren Notwendigkeit auf. Dabei wurde ihr auch erklärt, weshalb sie und nicht die Kollegin Frau H. die Schaufenster umdekorieren sollte. (Beweis: Zeugnis Frau K.).
Hierauf teilte die Klägerin mit:
‚Wenn Sie es nicht anders wollen, lasse ich mich krankschreiben’.
(Beweis: Zeugnis Frau K.).
Die Area Managerin der Beklagten, Frau K., wies die Klägerin schließlich nochmals auf ihre arbeitsvertraglichen Pflichten hin, die Dienstpläne zu beachten und erinnerte sie daran, dass sie in der Vergangenh...