Rz. 11
Nach § 30 Abs. 2 Satz 2 TVöD sind Arbeitnehmer, die mit Sachgrund auf der Grundlage eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrags beschäftigt werden, bei der Besetzung von Dauerarbeitsplätzen bevorzugt zu berücksichtigen, wenn die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Regelung entspricht der Protokollnotiz Nr. 4 zu Nr. 1 SR 2y BAT. Sie gilt nur für Beschäftigte, auf die die Regelungen des Tarifgebiets West Anwendung finden und deren Tätigkeit vor dem 1.1.2005 der Rentenversicherung der Angestellten unterlegen hätte (s. Rz. 6). Die "Besetzung von Dauerarbeitsplätzen" ist als Abschluss eines unbefristeten Vertrags auszulegen (LAG Köln, Urteil v. 14.6.2013, 4 Sa 194/13).
Sie gewährt dem befristet Beschäftigten keinen Einstellungsanspruch (LAG Hamm, Urteil v. 9.8.2007, 17 Sa 404/07). Sie schränkt nur das Ermessen des öffentlichen Arbeitgebers bei seiner Auswahlentscheidung ein. Der Beschäftigte hat insoweit Anspruch auf ermessenfehlerfreie Entscheidung (BAG, Urteil v. 6.4.2011, 7 AZR 716/09). § 30 Abs. 2 Satz 2 TVöD hindert den Arbeitgeber jedoch nicht, die Stelle mit einem Bewerber zu besetzen, der ihm besser geeignet erscheint als der befristet Beschäftigte. Andernfalls verletzte der Arbeitgeber seine Verpflichtungen aus Art. 33 Abs. 2 GG gegenüber jenem Bewerber.
Rz. 12
Ein Einstellungsanspruch des Gleich- oder Bestgeeigneten nach Art. 33 Abs. 2 GG i. V. m. § 30 Abs. 2 Satz 2 TVöD bestünde darüber hinaus nur, wenn die zu besetzende Stelle im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch frei ist. Ist sie zwischenzeitlich besetzt, kann der zu Unrecht übergangene Bewerber nur noch Schadensersatz in Geld verlangen (BAG, Urteil v. 2.7.2003, 7 AZR 529/02).
Rz. 13
§ 30 Abs. 2 Satz 2 TVöD/TV-L betrifft nach seinem Sinn und Zweck nur Fälle der Konkurrenz zwischen einem befristet Beschäftigten und einem externen Bewerber. Besetzt der Arbeitgeber einen Dauerarbeitsplatz mit einem bei ihm bereits in einem Dauerarbeitsverhältnis stehenden Bewerber, geht es nicht um eine (zusätzliche) Einstellung. Im Fall von Umsetzungen oder Versetzungen von internen, bereits unbefristet beschäftigten Bewerbern, gilt das Anstellungsgebot zugunsten eines befristet Beschäftigten deshalb nicht.
Soweit dem entgegengehalten wird, dass der Anwendungsbereich der Norm dann so stark beschränkt würde, dass ihr keine Regelung von Gewicht mehr verbleibe, überzeugt dies nicht. Der bereits beim Arbeitgeber beschäftigte Arbeitnehmer steht in einem Näheverhältnis zum Arbeitgeber und der Arbeitgeber hat ihm gegenüber eine Fürsorgepflicht. Deshalb soll ihm gegenüber einem "fremden", d. h. externen Bewerber, tariflich ein Vorteil eingeräumt werden. Bei internen Konkurrenzbewerbern ist ein solcher Vorteil nicht gerechtfertigt, da der Arbeitgeber auch diesem gegenüber eine Fürsorgepflicht hat.
Rz. 14
§ 30 Abs. 2 Satz 2 TVöD stellt – ebenso wie die (frühere) Protokollnotiz Nr. 4 zu Nr. 1 SR 2y BAT – auf die Besetzung von Dauerarbeitsplätzen ab. Eine analoge Anwendung bzw. eine erweiternde Auslegung auf die Situation bei der Besetzung eines anderweitigen befristeten Arbeitsplatzes ist aufgrund des Ausnahmetatbestands nicht möglich (vgl. BAG, Urteil v. 26.6.1996, 7 AZR 662/95). Hätten die Tarifvertragsparteien dies gewollt, hätten sie dies in den TVöD aufgenommen, da ihnen die entsprechende Streitfrage zur Protokollnotiz Nr. 4 zu Nr. 1 SR 2y BAT und die hierzu ergangene klare Rechtsprechung bekannt war.