Edith Gräfl, Manfred Arnold
Rz. 82
Nach § 21 Abs. 3 BBiG verlängert sich das Berufsausbildungsverhältnis bei Nichtbestehen der Abschlussprüfung auf Verlangen des Auszubildenden bis zur nächsten Wiederholungsprüfung, höchstens um 1 Jahr. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Auszubildende, der die Abschlussprüfung nicht besteht, bis zum nächsten Prüfungstermin in der bisherigen Ausbildungsstätte weiter ausgebildet wird, wenn er dies wünscht.
Die Verlängerung bedarf bei minderjährigen Auszubildenden der Einwilligung der gesetzlichen Vertreter.
Rz. 83
Für den Verlängerungsanspruch ist es unerheblich, aus welchen Gründen der Auszubildende die Abschlussprüfung nicht bestanden hat. Dies kann neben Leistungsmängeln auch auf einem Täuschungsversuch oder dem Nichterscheinen bei einem Prüfungsteil beruhen. Kein Verlängerungsanspruch besteht allerdings, wenn sich der Auszubildende überhaupt nicht zu der Prüfung angemeldet hat.
Rz. 84
Der Anspruch des Auszubildenden auf Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses entsteht mit seiner Kenntnis vom Nichtbestehen der Abschlussprüfung. Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Frist zur Geltendmachung des Anspruchs. Aus dem Begriff der Verlängerung ergibt sich allerdings, dass das Ausbildungsverhältnis über den vorgegebenen Endtermin hinaus zu den bisherigen Bedingungen fortgesetzt werden soll. Die Verlängerung muss daher in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem bestehenden Rechtsverhältnis erfolgen. Dieser Zusammenhang besteht, wenn der Auszubildende die Verlängerung vor dem Ablauf der vereinbarten Ausbildungszeit verlangt unabhängig davon, wie lange er bereits Kenntnis vom Nichtbestehen der Abschlussprüfung hat.
Macht der Auszubildende den Verlängerungsanspruch erst nach dem Ablauf der vereinbarten Ausbildungszeit geltend, tritt die Verlängerung bis zur Wiederholungsprüfung nur ein, wenn das Verlangen unverzüglich nach dem Ablauf der Ausbildungszeit gestellt wird. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls.
Rz. 85
Wird die Verlängerung ordnungsgemäß rechtzeitig geltend gemacht, tritt die Verlängerung mit Zugang des Verlangens beim Ausbildenden kraft Gesetzes ein. Ein Einverständnis des Ausbildenden ist nicht erforderlich.
Rz. 86
Besteht der Auszubildende die Wiederholungsprüfung, endet das Ausbildungsverhältnis mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses.
Gleiches gilt, wenn der Auszubildende die Wiederholungsprüfung nicht besteht und er kein Verlängerungsverlangen stellt. Der Auszubildende kann ein weiteres Mal die Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses verlangen, wenn die nächste Wiederholungsprüfung innerhalb von einem Jahr nach Ablauf der ursprünglich vereinbarten Ausbildungszeit (§ 21 Abs. 3 letzter Halbsatz BBiG) abgeschlossen wird.
Das Arbeitsverhältnis endet dann bei Abschluss der zweiten Wiederholungsprüfung unabhängig davon, ob sie bestanden wird oder nicht.
Rz. 87
§ 21 Abs. 3 BBiG ist entsprechend anzuwenden, wenn der Auszubildende bei der Abschlussprüfung entschuldigt gefehlt hat; dies gilt jedenfalls dann, wenn er wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit an der Prüfung nicht teilnehmen konnte.
Rz. 88
Hat die – nicht bestandene – Abschlussprüfung noch während der vereinbarten Ausbildungszeit stattgefunden und hat der Auszubildende die Verlängerung noch vor dem Ende der Ausbildungszeit verlangt, schließt sich die Verlängerung unmittelbar und nahtlos an die vereinbarte Ausbildungszeit an. Hat der Auszubildende die Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses nach Ablauf der vereinbarten Ausbildungszeit unverzüglich von dem Ausbildenden verlangt, hat das Ausbildungsverhältnis zunächst mit Ablauf der vereinbarten Ausbildungszeit geendet und wird ab dem Zugang des Verlängerungsverlangens bei dem Ausbildenden neu begründet.
Das Ausbildungsverhältnis endet auch in diesem Fall spätestens ein Jahr nach dem Ablauf der ursprünglich vereinbarten Ausbildungszeit.
Rz. 89
Die Verlängerung bewirkt nur die Änderung der Ausbildungsdauer, die übrigen Bedingungen des Ausbildungsvertrags bleiben bestehen. Der Auszubildende erhält also in dem Verlängerungszeitraum grundsätzlich die Vergütung, die er vor der nicht bestandenen Prüfung beanspruchen konnte, nicht diejenige für ein 4. Ausbildungsjahr, sofern in einem Tarifvertrag nichts anderes geregelt ist.