Prof. Dr. Reinhard Vossen
Rz. 141
Nach § 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG gilt die Verteilung der Arbeitszeit entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers als festgelegt, sofern Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Verteilung der Arbeitszeit kein Einvernehmen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 TzBfG erzielt haben und der Arbeitgeber nicht spätestens 1 Monat vor dem gewünschten Beginn der Arbeitszeitverringerung die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit in Textform (§ 126b BGB) – bis 31.12.2019: schriftlich – abgelehnt hat.
Der Arbeitsvertrag ändert sich entsprechend der gewünschten Verteilung kraft gesetzlicher Fiktion.
Rz. 142
Der Arbeitgeber ist nach § 3 Satz 1 NachwG n. F. seit dem 1.8.2022 in jedem Fall verpflichtet, spätestens an dem Tag, an dem die Änderung des Arbeitsvertrags wirksam wird, dem Arbeitnehmer diese schriftlich (§ 126 Abs. 1 BGB) mitzuteilen. Bei einem schriftlichen Arbeitsvertrag ist zu differenzieren, ob dieser eine Vereinbarung über die Verteilung der Arbeitszeit enthält. Ist dies der Fall, führt die Fiktion zu einer Verpflichtung des Arbeitgebers, den schriftlichen Arbeitsvertrag auch der neuen Arbeitszeitverteilung anzupassen. Es gilt insofern das zu § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG Dargestellte entsprechend.
Rz. 143
Voraussetzung der Fiktion ist fehlendes Einvernehmen hinsichtlich der Arbeitszeitverteilung sowie das Fehlen einer rechtzeitigen formgerechten Ablehnung, d. h., es muss eine Verringerung der Arbeitszeit eingetreten sein, entweder durch ausdrückliche Zustimmung des Arbeitgebers (vgl. § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG) zur Verringerung der Arbeitszeit oder durch Zustimmungsfiktion nach § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG. Dem Anspruch auf Neuverteilung der Arbeitszeit kommt nämlich nur Annexfunktion zum Anspruch auf Verringerung zu.
Eine Fiktionswirkung i. S. d. § 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG tritt daher nicht ein, wenn der Arbeitgeber schon die Verringerung ordnungsgemäß abgelehnt hat. Eine Fiktionswirkung bleibt weiterhin aus, sofern der Arbeitnehmer keinen Wunsch bezüglich der Verteilung geäußert hat. Die Festsetzung erfolgt dann durch den Arbeitgeber im Rahmen von dessen Direktionsrechts i. S. d. § 106 Satz 1 GewO. § 8 Abs. 3 Satz 2 TzBfG steht dem nicht entgegen, da ein Einvernehmen nur erzielt werden kann, wenn vorher ein Wunsch geäußert worden ist. Ebenso wenig tritt die Fiktionswirkung bei einem nicht hinreichend bestimmten Verteilungsverlangen des Arbeitnehmers nach § 8 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ein.
Rz. 144
Haben die Parteien eine Einigung im Hinblick auf die Verringerung der Arbeitszeit erzielt, aber nicht über die Verteilung der Arbeit, ist zu differenzieren: Entspricht die erzielte Einigung dem ursprünglichen Wunsch des Arbeitnehmers, kommt es hinsichtlich der Arbeitszeitverteilung im Fall der fehlenden Ablehnung zur Fiktion. Weicht die erzielte Einigung dagegen vom Antrag des Arbeitnehmers ab, ist die Fiktionswirkung nicht möglich. Eine Anwendung des § 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG macht in diesem Fall i. d. R. keinen Sinn, da sich die vorgeschlagene Verteilung auf die gewünschte Verringerung bezog und mit dieser in direktem Zusammenhang steht. Der Arbeitgeber kann in diesem Fall die Arbeitszeitverteilung im Rahmen seines Direktionsrechts nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO) einseitig bestimmen.