Prof. Dr. Reinhard Vossen
Rz. 153
Besonderes Gewicht kommt im Rahmen des § 8 Abs. 5 Satz 4 TzBfG i. d. R. der Interessenabwägung zu. Eine Änderung der Arbeitszeitverteilung ist nur möglich, wenn das betriebliche Interesse des Arbeitgebers das Interesse des Arbeitnehmers an der Beibehaltung der bisherigen Zeiten erheblich überwiegt.
Rz. 154
Die Interessenabwägung muss sich auf den jeweiligen Einzelfall beziehen. Im Unterschied zum Antrag auf Arbeitszeitverkürzung muss der Arbeitnehmer die für ihn entscheidenden Gründe an der Beibehaltung der Arbeitszeitverteilung mitteilen, um dem Arbeitgeber eine Interessenabwägung zu ermöglichen. Im Gegenzug dazu hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die betrieblichen Gründe zu offenbaren, die zu der Änderung führen. Dies folgt aus einer Nebenpflicht des Arbeitsverhältnisses, da nur so dem Arbeitnehmer die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung möglich wird.
Rz. 155
Für das Interesse des Arbeitgebers sind insbesondere organisatorische und wirtschaftliche Gründe, wie geänderte Öffnungszeiten oder Ausfälle von anderen Mitarbeitern, von Bedeutung, ggf. aber auch Arbeitszeitwünsche anderer Arbeitnehmer, wobei in letzterem Fall die Anforderungen an das Überwiegen der Arbeitgeberinteressen besonders hoch anzusiedeln sind.
Rz. 156
§ 8 Abs. 5 Satz 4 TzBfG gewährt dem Arbeitgeber grundsätzlich nur ein Recht zur Änderung der Verteilung der Arbeitszeit. Er kann aber ausnahmsweise dazu verpflichtet sein, soweit ein Arbeitnehmer Teilzeit begehrt und diese sich aus betrieblichen Gründen nur dadurch ermöglichen lässt, dass der Arbeitgeber die Verteilung der Arbeitszeit eines anderen Arbeitnehmers nach § 8 Abs. 5 Satz 4 TzBfG ändert. Dies folgt aus der vom BAG aufgestellten 3-Stufen-Prüfung. Danach ist der Arbeitgeber auf der 2. Stufe zu einer Prüfung dahingehend verpflichtet, ob durch eine ihm zumutbare Änderung von betrieblichen Abläufen oder des Personaleinsatzes der betrieblich als erforderlich angesehene Arbeitszeitbedarf (unter Wahrung des Organisationskonzepts) mit dem individuellen Arbeitszeitwunsch des Arbeitnehmers zur Deckung gebracht werden kann. Insoweit ist das dem Arbeitgeber nach § 8 Abs. 5 Satz 4 TzBfG eingeräumte Ermessen im Rahmen von Zumutbarkeitserwägungen eingeschränkt.
Rz. 157
Der Arbeitgeber kann im Rahmen seines Korrekturrechts nach § 8 Abs. 5 Satz 4 TzBfG nur solche Gründe nachschieben, die er auch bei unterstellter Zustimmung zum Verlangen des Arbeitnehmers noch nachträglich vorbringen könnte. Dabei handelt es sich nur um Gründe, welche zeitlich später auftreten oder von denen der Arbeitgeber erst nach der Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit Kenntnis erlangt. Dies bezieht sich auch auf den Fall, in dem der Arbeitgeber die gewünschte Arbeitszeitverteilung genehmigt und sich zu einem späteren Zeitpunkt die Undurchführbarkeit derselben erweist, sodass erst im Nachhinein ein erhebliches Überwiegen i. S. v. § 8 Abs. 5 Satz 4 TzBfG anzunehmen ist.
Rz. 158
Hat der Arbeitnehmer bereits besondere Dispositionen getroffen, kann er diese als eigene Interessen i. S. d. § 8 Abs. 5 Satz 4 TzBfG geltend machen. Dabei spielt es eine Rolle, ob bzw. inwieweit er Dispositionen bezüglich der geänderten Arbeitszeiten getroffen hat und inwieweit er sich kurzfristig auf die wiederum neuen Arbeitszeiten einstellen kann, wobei insbesondere familiäre Gründe von Relevanz sind. Zu berücksichtigen sind in jedem Fall nur Gründe, die in direktem Zusammenhang mit der Arbeitszeitverteilung stehen.
Rz. 159
Das betriebliche Interesse des Arbeitgebers muss das relevante Interesse des Arbeitnehmers erheblich überwiegen. Es sind damit höhere Anforderungen zu stellen als im Rahmen des § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG. Dort kommt es lediglich darauf an, ob betriebliche Gründe "entgegenstehen".