OFD Düsseldorf, Verfügung v. 23.7.2004, S 2363 B - St 223/S 2363 - 3 - St 212 - K

 

I. Rückwirkende Gesetzesänderung

Durch das Haushaltsbegleitgesetz (HBegIG) 2004 vom 29.12.2003 wurde der Haushaltsfreibetrag (§ 32 Abs. 7 EStG) zum 1.1. 2004 aufgehoben und gleichzeitig ein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in Höhe von 1.308 EUR jährlich (= 109 EUR monatlich) eingeführt (vgl. § 24b EStG). Ab dem 1.1. 2004 haben nur noch Arbeitnehmer, die die Voraussetzungen für diesen neuen Entlastungsbetrag erfüllen, Anspruch auf die Steuerklasse II (§ 24b i.V.m. § 38b Satz 2 Nr. 2 EStG).

Durch das nunmehr beschlossene Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze wurde rückwirkend zum 1.1. 2004 der Begünstigtenkreis hinsichtlich des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende (Steuerklasse II) erweitert.

Nachfolgend werden die aktuelle Rechtslage sowie die von den Gemeinden bzw. den Finanzämtern zu treffenden Maßnahmen zusammengefasst dargestellt.

 

II. Voraussetzungen für den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (bzw. die Steuerklasse II)

Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (bzw. die Steuerklasse II) wird einem allein stehenden Steuerpflichtigen gewährt, wenn zu seinem Haushalt wenigstens ein Kind gehört, für das ihm ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG (Kinderfreibetrag und/oder Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf) oder Kindergeld zusteht. Neben Alleinstehenden, zu deren Haushalt ein minderjähriges Kind i.S. des § 32 Abs. 1 EStG (leibliches Kind/Adoptivkind, Pflegekind) gehört, sind somit auch Alleinstehende begünstigt, zu deren Haushalt ein Stiefkind, ein Enkelkind oder ein volljähriges Kind gehört, für das Anspruch auf Kindergeld oder einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG besteht.

Die Haushaltszugehörigkeit des Kindes wird unterstellt, wenn es (mit Haupt- oder Nebenwohnsitz) in der Wohnung des Steuerpflichtigen gemeldet ist. Ist das Kind bei mehreren Steuerpflichtigen gemeldet, steht der Entlastungsbetrag demjenigen Alleinstehenden zu, der die Voraussetzungen auf Auszahlung des Kindergeldes nach § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG (tatsächliche Haushaltsaufnahme des Kindes) erfüllt. Bei mehrfacher Meldung des Kindes ist die tatsächliche Haushaltsaufnahme auch dann maßgebend, wenn der Steuerpflichtige mit dem Kind außerhalb eines EU/EWR-Staates lebt, daher keinen Anspruch auf Kindergeld hat, ihm aber wegen unbeschränkter Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG zusteht (für diese Fälle ist ausschließlich das FA zuständig).

Als alleinstehend gelten Steuerpflichtige, die

  1. nicht die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens (Ehegattenveranlagungswahlrecht nach § 26 Abs. 1 EStG) erfüllen oder verwitwet sind

    und

  2. keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bilden, es sei denn,

    • für diese steht ihnen ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zu

      oder

    • es handelt sich um ein Kind i.S. des § 63 Abs. 1 EStG (leibliches Kind/Adoptivkind, Pflegekind oder ein zum Haushalt gehörendes Stief- oder Enkelkind), das seinen gesetzlichen Grundwehr- bzw. Zivildienst ableistet, sich für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat oder eine Tätigkeit als Entwicklungshelfer ausübt.

Sobald eine andere volljährige Person mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in der Wohnung des Steuerpflichtigen gemeldet ist, wird vermutet, dass sie mit dem Steuerpflichtigen gemeinsam wirtschaftet und damit eine Haushaltsgemeinschaft vorliegt. Diese Vermutung ist nicht widerlegbar, wenn der Steuerpflichtige mit der anderen Person in eheähnlicher Gemeinschaft bzw. in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt. In anderen Fällen ist die Vermutung der Haushaltsgemeinschaft widerlegbar. Ob und wann die Vermutung als widerlegt angesehen werden kann, ist nach den gesamten Umständen des Einzelfalls zu entscheiden. In der Regel wird eine zweifelsfreie Versicherung ausreichen.

Gegen das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft spricht eine nicht nur vorübergehende Abwesenheit von der Wohnung. Nicht nur vorübergehend abwesend von der Wohnung sind z. B. Personen, die als vermisst gemeldet sind oder sich im Strafvollzug befinden.

Andererseits hebt eine kurze Abwesenheit (z.B. Krankenhaus, Reise, Auslandsaufenthalt eines Montagearbeiters) von der gemeinsamen Wohnung die Haushaltsgemeinschaft nicht auf. Zur Widerlegung der Annahme einer Haushaltsgemeinschaft muss der Wille, nicht oder nicht mehr in der Haushaltsgemeinschaft leben zu wollen, eindeutig nach außen treten (z.B. bei Auszug, Unterhaltung einer zweiten Wohnung aus privaten Gründe, eigene Wirtschaftsführung mit Untermietvertrag oder Begründung eines Au-pair-Verhältnisses als Arbeitsverhältnis).

Die Meldung in der Wohnung ist nicht Voraussetzung für die Annahme einer Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person. Eine Haushaltsgemeinschaft kann also auch vorliegen, wenn sich die andere Person nicht nur kurzfristig, z. B. zu Besuchszwecken oder aus Krankheitsgründen, in der Wohnu...

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