Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der Unterrichtungspflicht nach § 99 Abs 1 BetrVG
Leitsatz (redaktionell)
1a. Beauftragt der Arbeitgeber ein Personalberatungsunternehmen, ihm geeignete Bewerber zur Einstellung auf einen bestimmten Arbeitsplatz vorzuschlagen, beschränkt sich die Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers nach § 99 Abs 1 BetrVG auf die Personen und deren Bewerbungsunterlagen, die ihm das Personalberatungsunternehmen genannt hat.
b. Beauftragt der Arbeitgeber ein Personalberatungsunternehmen, ihm einen geeigneten Bewerber vorzuschlagen und ist der Arbeitgeber entschlossen, bereits den ersten vorgeschlagenen Bewerber einzustellen, so muß er dem Betriebsrat auch nur die Unterlagen dieses einen Bewerbers vorlegen.
c. Es bleibt unentschieden, ob der Arbeitgeber dann, wenn für ihn ein Personalberatungsunternehmen mit einer Anzeige einen Arbeitnehmer mit einer bestimmten Qualifikation sucht, gegenüber dem Betriebsrat verpflichtet ist, vom Personalberatungsunternehmen die Vorlage der Bewerbungsunterlagen aller Personen zu verlangen, die sich auf die Annonce gemeldet hatten.
2. Verpflichtet sich der Arbeitgeber in einem Sozialplan, die aufgrund einer Betriebsänderung ausgeschiedenen Arbeitnehmer ein Jahr lang bei gleicher Qualifikation bevorzugt gegenüber anderen Bewerbern einzustellen und ihnen die Bewerbung dadurch zu ermöglichen, daß er sie von den freiwerdenden Stellen unterrichtet, so kann der Betriebsrat der Einstellung eines anderen Bewerbers die Zustimmung verweigern, wenn der Arbeitgeber gegen diese Verpflichtung aus dem Sozialplan verstößt.
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Entscheidung vom 14.11.1989; Aktenzeichen 4 TaBV 33/89) |
ArbG Offenbach am Main (Entscheidung vom 25.01.1989; Aktenzeichen 3 BV 62/88) |
Gründe
A. Der Arbeitgeber, die deutsche Niederlassung eines schwedischen Automobilkonzerns, begehrt die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Einstellung des Angestellten Clemens O auf die Planstelle 010-271-111 ab 1. Oktober 1988. Diese Programmierstelle in der EDV-Abteilung im Betrieb Dietzenbach-Steinberg hatte der Arbeitgeber unter dem 18. August 1988 intern ausgeschrieben. Zugleich beauftragte er ein Personalberatungsunternehmen, ihm einen geeigneten Bewerber für die Stelle vorzuschlagen. Die Stellenbeschreibung entsprach dem Inhalt der internen Stellenausschreibung. Da auf die innerbetriebliche Stellenausschreibung keine Bewerbungen erfolgten, bat der Arbeitgeber den Betriebsrat um Zustimmung zur Einstellung des von dem Personalberatungsunternehmen vorgeschlagenen Herrn Clemens O . Dem Schreiben vom 9. September 1988 an den Betriebsrat waren die dem Arbeitgeber vorliegenden Unterlagen des Herrn O und eine Kopie der internen Stellenausschreibung beigefügt. In seiner Stellungnahme vom 16. September 1988 vertrat der Betriebsrat die Auffassung, da die Personalberatungsgesellschaft einen Teil der Mitbewerber durch eine Vorauswahl bereits ausgeschieden habe und der Arbeitgeber diese Mitbewerber weder nenne noch deren Unterlagen dem Betriebsrat mitgeteilt habe, habe er seine Unterrichtungspflicht nach § 99 Abs. 1 BetrVG verletzt, so daß die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG nicht zu laufen begonnen habe. Zusätzlich hat der Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung verweigert, da durch die Einstellung die Arbeitsplätze der Arbeitnehmer S und A gefährdet würden. Die Geschäftsleitung habe nämlich eine Absprache über deren Ausbildung zu Systemprogrammierern zumindest in der Frage der Finanzierung dieser Ausbildung gebrochen. Die Verweigerung der Zustimmung begründete der Betriebsrat zusätzlich damit, der Arbeitgeber habe gegen den Sozialplan verstoßen. Nach dessen Bestimmung unter VIII Nr. 8 erhalten ausgeschiedene Mitarbeiter die Firmenzeitung V AKTUELL mit den internen Stellenanzeigen für die Dauer eines Jahres. Bewerben sich infolge der Betriebsänderung ausgeschiedene Mitarbeiter auf ausgeschriebene Positionen, so sind diese bei gleicher Qualifikation bevorzugt wieder einzustellen. Unstreitig hat der Arbeitgeber die Ausschreibung der Planstelle eines Programmierers/in auf der Planstelle 010-271-111 nicht in V AKTUELL aufgenommen und so die ausgeschiedenen Mitarbeiter von der freigewordenen Stelle nicht unterrichtet.
Der Arbeitgeber ist der Auffassung, er habe den Betriebsrat vollständig informiert. Er habe ihm nur die Unterlagen der Bewerber mitteilen können, die ihm selbst bekannt gewesen seien. Außer Herrn Clemens O sei ihm niemand von dem Personalberatungsunternehmen vorgeschlagen worden. Einen Zustimmungsverweigerungsgrund habe der Betriebsrat nicht. Inwiefern die Arbeitsplätze der Mitarbeiter S und A durch die Einstellung gefährdet seien, könne nicht nachvollzogen werden. Gegen VIII Nr. 8 des Sozialplans habe die Einstellung nicht verstoßen, weil die Stelle innerbetrieblich ausgeschrieben worden sei.
Der Arbeitgeber hat beantragt,
die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung
von Herrn Clemens O auf die Planstelle
010-271-111 ab dem 1. Oktober 1988 zu ersetzen.
Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag abzuweisen.
Der Betriebsrat ist der Auffassung, ihm hätten nicht nur der Name und die Bewerbungsunterlagen des von dem Personalberatungsunternehmen vorgeschlagenen Clemens O vorgelegt werden müssen, sondern auch die Unterlagen derjenigen Bewerber, die der Personalberater nicht berücksichtigt habe. Der Einstellung könne er die Zustimmung auch nach § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG verweigern: Die Umschulung der Arbeitnehmer S und A sei gerade deshalb vorgesehen gewesen, weil sie an ihrem alten Arbeitsplatz gefährdet gewesen seien. Es liege auf der Hand, daß die Gefährdung dieser Arbeitsplätze sich noch gesteigert habe. VIII Nr. 8 des Sozialplans sei eine Konkretisierung von § 93 BetrVG. Die Art und Weise, in der die Stellenausschreibungen innerbetrieblich zu erfolgen hätten, sei in dem Sozialplan näher geregelt worden. Der Arbeitgeber sei deshalb verpflichtet gewesen, die Stellenausschreibung in der Zeitschrift V AKTUELL den ausgeschiedenen Mitarbeitern bekannt zu geben. Dies sei nicht geschehen.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Nach Vernehmung des Personalleiters H als Zeugen hat das Landesarbeitsgericht die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt dieser seinen Abweisungsantrag weiter, während der Arbeitgeber beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
B. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts, zur Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts und zur Abweisung des Antrags.
I. Hätte der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß nach § 99 Abs. 1 BetrVG unterrichtet, wäre die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG nicht in Gang gesetzt worden, so daß der Arbeitgeber noch nicht beantragen könnte, die verweigerte Zustimmung des Betriebsrats zu ersetzen (Senatsbeschluß vom 15. April 1986, BAGE 51, 345 = AP Nr. 36 zu § 99 BetrVG 1972).
Vorliegend hat der Arbeitgeber jedoch den Betriebsrat im gesetzlich vorgesehenen Maße unterrichtet.
1. Sinn und Zweck der Unterrichtungspflicht nach § 99 Abs. 1 BetrVG ist es, dem Betriebsrat die Prüfung zu ermöglichen, ob ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur Einstellung i.S. von § 99 Abs. 2 BetrVG gegeben ist. Die Unterrichtung des Betriebsrats durch den Arbeitgeber ist Voraussetzung dafür, daß dieser seine Rechte nach § 99 Abs. 2 BetrVG wahrnehmen kann (BAGE 51, 42 = AP Nr. 34 zu § 99 BetrVG 1972 sowie BAGE 60, 57 = AP Nr. 57 zu § 99 BetrVG 1972). Daraus folgt, daß die Unterrichtung des Arbeitgebers sich auf diejenigen tatsächlichen Umstände erstrecken muß, die die Prüfung eines Zustimmungsverweigerungsgrundes ermöglichen.
2.a) Diesem Normzweck entsprechend erstreckt sich die Verpflichtung des Arbeitgebers, bei der Einstellung die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben, auf alle Bewerber, also auch auf diejenigen, die der Arbeitgeber für die Einstellung nicht in Betracht ziehen will. Ob Gründe für eine Verweigerung der Zustimmung zur personellen Einzelmaßnahme bestehen, kann grundsätzlich erst nach einer genauen Unterrichtung des Betriebsrats im Mitbestimmungsverfahren festgestellt werden (BAG Beschluß vom 6. April 1973 - 1 ABR 13/72 - AP Nr. 1 zu § 99 BetrVG 1972; BAG Beschluß vom 18. Juli 1978 - 1 ABR 8/75 - AP Nr. 7 zu § 99 BetrVG 1972; BVerwGE 61, 325; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 16. Aufl., § 99 Rz 31; Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 99 Rz 105; Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 99 Rz 43; Gnade/ Kehrmann/Schneider/Blanke, BetrVG, 2. Aufl., § 99 Rz 53; Weiss, BetrVG, 2. Aufl., § 99 Rz 14; Kraft, GK-BetrVG , 4. Aufl., § 99 Rz 73).
b) Der Senat hat aber bereits in der Entscheidung vom 18. Juli 1978 (aaO) eine Einschränkung gemacht und ausgeführt, die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Vorlage der Bewerbungsunterlagen könne nur gelten, soweit er dazu tatsächlich in der Lage sei und ihm entsprechende Unterlagen zur Verfügung stehen würden. In dem jener Entscheidung zugrundeliegenden Falle wollte der Arbeitgeber etwa 100 portugiesische Männer für seine Produktion anwerben. Er erteilte dem Arbeitsamt den Auftrag zur Vermittlung. Ein Personalsachbearbeiter des Arbeitgebers nahm in Portugal an der Vorauswahl der portugiesischen Bewerber vor der Anwerbungskommission teil, die sich aus Angehörigen der portugiesischen Partnerschaftsverwaltung und Beamten der Bundesanstalt für Arbeit zusammensetzte. Der Personalsachbearbeiter ließ von etwa 80 Portugiesen, die er auf diese Weise kennengelernt hatte und die er für geeignet hielt, vorbereitete Fragebögen ausfüllen, die wiederum Eignungsfragen und Fragen zur Person und zum Familienstand enthielten. Diese Unterlagen legte der Arbeitgeber dem Betriebsrat vor. Dieser verweigerte seine Zustimmung zur Einstellung, weil über die übrigen Bewerber, die der Personalsachbearbeiter gesehen hatte, keine Unterlagen vorlagen. Der Senat hat die Zustimmung des Betriebsrats mit der Begründung ersetzt, der Arbeitgeber habe über die übrigen Bewerber, die sich bei der deutschen Vermittlungsstelle in Lissabon vorgestellt hatten, selbst keine Kenntnisse oder gar Unterlagen gehabt.
3. Davon hängt der Umfang der Unterrichtungspflicht auch dann ab, wenn der Arbeitgeber ein Personalberatungsunternehmen beauftragt, ihm geeignete Bewerber vorzuschlagen.
a) Es ist grundsätzlich zulässig, daß der Arbeitgeber die Suche nach geeigneten Bewerbern und die dabei notwendige Vorauswahl aus dem Kreis der in Frage kommenden Kandidaten einem Dritten, der mit Zustimmung oder im Auftrag der Bundesanstalt für Arbeit (§§ 18 - 23 AFG) handelt, überträgt (Fitting/Auffarth/Kaiser/ Heither, aaO, § 99 Rz 31; Kraft, aaO, § 99 Rz 73; Galperin/ Löwisch, aaO, § 99 Rz 54; Heinze, Personalplanung, Einstellung und Kündigung, 1982, Rz 236; Gnade/Kehrmann/Schneider/Blanke, aaO, § 99 Rz 49). So wie der Arbeitgeber durch eigene Annonce, durch Hinweise am Fabriktor, durch persönliches Ansprechen eines von ihm für geeignet gehaltenen Arbeitnehmers versuchen kann, einen freiwerdenden Arbeitsplatz zu besetzen, so kann er hierzu grundsätzlich auch ein Personalberatungsunternehmen einschalten.
b) Die Einschränkung des Bewerberkreises durch die Art der Suche nach qualifizierten Bewerbern ist an sich auch nicht betriebsverfassungswidrig.
Auch wenn der Arbeitgeber keinen Personalberater einschaltet und sich selbst der Mühe unterzieht, geeignete Bewerber zu suchen, hängt es von der Art des Verfahrens ab, wie groß der Bewerberkreis ist und dementsprechend, über wieviele Bewerber dem Betriebsrat Unterlagen vorzulegen sind. Gibt der Arbeitgeber beispielsweise eine Stellenanzeige in einer Tageszeitung auf, werden sich im Zweifel sehr viel mehr Bewerber - auch ungeeignete - melden, als wenn der Arbeitgeber sich für eine Anzeige in einer Fachzeitschrift entscheidet. Dennoch kann der Betriebsrat dem Arbeitgeber nicht vorschreiben, daß er den einen oder anderen Weg beschreitet.
c) Bei der Beauftragung eines Personalberatungsunternehmens kann es allerdings zweifelhaft sein, wann jemand zum Bewerber wird.
Sucht ein Personalberatungsunternehmen mit einer Anzeige für einen konkret genannten Arbeitgeber einen Mitarbeiter mit einer bestimmten Qualifikation, so sind alle Interessenten, die sich auf die Annonce gemeldet haben, Bewerber für diesen Arbeitsplatz. Grundsätzlich hat der Arbeitgeber in diesem Falle den Betriebsrat über alle Bewerber unter Vorlage von deren Unterlagen nach § 99 Abs. 1 BetrVG zu unterrichten, also auch über diejenigen, die das Personalberatungsunternehmen nicht für geeignet hält. Ob in einem solchen Falle der Arbeitgeber gegenüber dem Betriebsrat verpflichtet ist, von dem Personalberatungsunternehmen alle Bewerbungsunterlagen herauszuverlangen, hatte der Senat nicht zu entscheiden. Hierfür spricht, daß der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Unterlagen über alle Bewerber vorzulegen hat. Auch der Arbeitgeber im vorliegenden Falle vertrat diese Ansicht und versicherte, er hätte bei einer Annonce, die das Personalberatungsunternehmen für ihn aufgegeben hätte, dafür Sorge getragen, daß der Betriebsrat auch die Unterlagen der Bewerber erhalten hätte, die der Personalberater nicht in den konkreten Einstellungsvorschlag einbezogen hätte.
Vorliegend hat der Arbeitgeber dem Personalberater nur den Auftrag erteilt, ihm einen geeigneten Bewerber für die ausgeschriebene Stelle vorzuschlagen. Nach den nicht gerügten Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, daß das Personalberatungsunternehmen zur Erfüllung dieses Auftrags eine Stellenanzeige aufgegeben hätte. Vielmehr hatte der Senat aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts davon auszugehen, daß der Personalberater für seinen Einstellungsvorschlag auf die Kartei zurückgriff, in der die Arbeitnehmer aufgeführt sind, die das Personalberatungsunternehmen mit der Vermittlung eines neuen Arbeitsplatzes beauftragt haben. Nicht schon derjenige Arbeitnehmer ist aber ein Bewerber für den konkreten Arbeitsplatz, der sich in dieser Kartei befindet und die gesuchten Qualifikationen hat. Nur derjenige, den der Personalberater für das betreffende Unternehmen zur Bewerbung vorschlägt, ist Bewerber, weil nur bei ihm eine Verbindung zu dem konkreten Arbeitgeber besteht, nur bei ihm von einem Anbahnungsverhältnis gesprochen werden kann. Auf der anderen Seite sind alle vom Personalberater dem Arbeitgeber vorgeschlagenen Arbeitnehmer Bewerber für den betreffenden Arbeitsplatz. Sie müssen alle dem Betriebsrat unter Vorlage der Bewerbungsunterlagen genannt werden (vgl. so auch LAG Köln Beschluß vom 6. Oktober 1987 - 11 TaBV 50/87 - NZA 1988, 589).
Geht der Personalberater - wie im vorliegenden Falle - in der Weise vor, daß er zunächst einen Bewerber vorschlägt, der Arbeitgeber mit diesem aber nicht zufrieden ist und den Personalberater auffordert, weitere Bewerber zur Vorstellung zu schicken, hat der Arbeitgeber den Betriebsrat über alle Bewerber - also auch über diejenigen, die er für ungeeignet hält - zu unterrichten.
Deshalb kann auch nicht eingewandt werden, auf diese Weise werde das Beteiligungsrecht des Betriebsrats verkürzt. Mit der Zwischenschaltung einer Beratungsfirma werden keine betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten außer Kraft gesetzt. Aus der Art der Suche nach einem geeigneten Bewerber für einen freiwerdenden Arbeitsplatz ergeben sich nur unterschiedlich große Bewerberkreise, unabhängig davon, ob der Arbeitgeber einen Personalberater beauftragt oder nicht. Dementsprechend wird auch im Schrifttum überwiegend die Auffassung vertreten, daß der Arbeitgeber den Betriebsrat bei einer Beauftragung eines Personalberatungsunternehmens nur diejenigen Bewerber unter Vorlage der Bewerbungsunterlagen nennen muß, die der Personalberater dem Arbeitgeber mitgeteilt hat (Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, aaO, § 99 Rz 31; Heinze, aaO, Rz 236; Kraft, aaO, § 99 Rz 73; Gnade/Kehrmann/ Schneider/Blanke, aaO, § 99 Rz 49; Etzel, Betriebsverfassungsrecht, 4. Aufl., Rz 712; wohl a.A. Galperin/Löwisch, aaO, § 99 Rz 54).
4. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Arbeitgeber vorliegend seiner Informationspflicht genügt. Der Arbeitgeber hat die Stelle innerbetrieblich ausgeschrieben, ohne daß auf diese Ausschreibung eine Bewerbung eingegangen wäre. Daneben hat er einen Personalberater beauftragt, ihm einen oder mehrere geeignete Bewerber vorzuschlagen. Der Arbeitgeber entschloß sich, bereits den ersten vom Personalberater vorgeschlagenen Bewerber einzustellen. Dies war damit der einzige Bewerber. Dementsprechend hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat auch nur die Bewerbungsunterlagen dieses Bewerbers mitgeteilt. Der Betriebsrat hat nicht gerügt, der Arbeitgeber habe ihm nicht alle notwendigen Informationen über diesen Bewerber mitgeteilt. Tatsächlich hat der Arbeitgeber auch ausweislich des Schreibens vom 9. September 1988 den Betriebsrat unter Vorlage einer Kopie der Stellenausschreibung vom 18. August 1988 und der Vorlage des Nachweises, daß die Stelle innerbetrieblich auch in allen Außenstellen ausgeschrieben worden ist, umfassend unterrichtet. Der Betriebsrat hat auch nicht gerügt, der Arbeitgeber habe etwa bei der Bewerbung des Herrn O geringere Anforderungen gestellt als in der innerbetrieblichen Ausschreibung vom 18. August 1988 (vgl. dazu Senatsbeschluß vom 23. Februar 1988 - 1 ABR 82/86 - AP Nr. 2 zu § 93 BetrVG 1972).
Ist vorliegend der Betriebsrat ordnungsgemäß nach § 99 Abs. 1 BetrVG mit Schreiben vom 9. September 1988 informiert worden, endete die Frist zur Verweigerung der Zustimmung am 16. September 1988. Innerhalb dieser Frist hat der Betriebsrat die Zustimmung zu der Einstellung des Herrn O verweigert.
II. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht auch angenommen, durch die Einstellung des Herrn O seien die Arbeitnehmer S und A nicht benachteiligt worden.
1. Nach dem Senatsbeschluß vom 15. September 1987 (BAGE 56, 108 = AP Nr. 46 zu § 99 BetrVG 1972) sind Nachteile im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG nicht nur der Verlust einer Rechtsposition oder einer rechtserheblichen Anwartschaft. Nachteile für die übrigen Belegschaftsangehörigen können auch die auf der personellen Einzelmaßnahme - hier Einstellung - beruhenden tatsächlichen Erschwerungen der Arbeit von nicht unerheblichem Gewicht sein.
2. Vorliegend hat der Betriebsrat in der Begründung für die Verweigerung der Zustimmung zur Einstellung des Herrn O tatsächliche Erschwerungen der Arbeit für die Arbeitnehmer S und A infolge der Einstellung nicht geltend gemacht. Er hat auch nicht dargelegt, daß infolge der Einstellung eine Rechtsposition der Arbeitnehmer S und A verloren gehe, etwa ihr Arbeitsplatz betroffen werde. Ein Zusammenhang der Einstellung des Herrn O mit dem, was der Betriebsrat zur Verweigerung der Zustimmung hinsichtlich dieser beiden Arbeitnehmer ausführt, kann nicht festgestellt werden. Der Betriebsrat rügt nur, daß mit der Geschäftsführung besprochen gewesen sei, die Herren S und A sollten zu Systemprogrammierern ausgebildet werden. Der Arbeitgeber habe die Schulungsanträge auch eingereicht, aber verschwiegen, daß die Mitarbeiter die Schulungen bezahlen sollten. Da die beiden Mitarbeiter sich weigerten, entsprechende Kreditverträge zu unterschreiben, sei ihnen erklärt worden, die berufliche Ausbildung unterbleibe. Dies alles hat mit der Einstellung des Herrn O nichts zu tun. Die beiden Arbeitnehmer fühlten sich nicht in der Lage, den freiwerdenden Arbeitsplatz auszufüllen, deshalb haben sie sich um diesen höherwertigen Arbeitsplatz nicht beworben. Auch mit der geplanten Ausbildung hätten sie diesen Arbeitsplatz nicht wahrnehmen können, weil mehrjährige Praxis mit der entsprechenden Hardware und den dazugehörigen Programmen Voraussetzung für die Besetzung der Stelle war. Daß Herr O irgendwelche Aufgaben, die bis jetzt die Arbeitnehmer S und A zu erfüllen hatten, übernehmen sollte, hat der Betriebsrat nicht behauptet.
III. Dennoch hatte die Rechtsbeschwerde Erfolg, weil der Betriebsrat der Einstellung des Herrn O zu Recht wegen Nichtbeachtung der Bestimmung in VIII Nr. 8 des Sozialplans die Zustimmung verweigert hat.
1. Das Landesarbeitsgericht hat übersehen, daß der Betriebsrat die Zustimmung nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigern kann, wenn die Einstellung gegen eine Betriebsvereinbarung verstoßen würde.
Nach § 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG hat der Sozialplan die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. Diese Formulierung ist mißverständlich, weil der Sozialplan eine Betriebsvereinbarung ist (BAG Urteil vom 27. August 1975 - 4 AZR 454/74 - AP Nr. 2 zu § 112 BetrVG 1972 und Urteil vom 29. November 1978 - 5 AZR 533/77 - AP Nr. 7 zu § 112 BetrVG 1972; Dietz/Richardi, aaO, § 112 Rz 80, m.w.N.; Fuchs, Der Sozialplan nach dem BetrVG 1972, 1977, S. 33; Weiss, aaO, § 112 Rz 12; Galperin/Löwisch, aaO, § 112 Rz 47; Weller, AR-Blattei , Sozialplan, unter F I).
In diesem Sozialplan haben die Betriebsparteien unter VIII Nr. 8 vereinbart: "Ausgeschiedene Mitarbeiter erhalten V AKTUELL mit den internen Stellenanzeigen für die Dauer eines Jahres. Bewerben sich ... ausgeschiedene Mitarbeiter auf ausgeschriebene Positionen, so sind diese bei gleicher Qualifikation bevorzugt wiedereinzustellen". Diese Regelung hat der Arbeitgeber unstreitig nicht beachtet. Daß zum Zeitpunkt der Besetzung des freigewordenen Arbeitsplatzes in der EDV-Abteilung bereits Arbeitnehmer aufgrund der Betriebsänderung ausgeschieden waren, hat der Arbeitgeber nicht bestritten.
Der Verstoß gegen den Sozialplan und damit gegen die Betriebsvereinbarung ist auch ein Verstoß im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Diese Vorschrift ist - wie schon in der Senatsentscheidung vom 14. November 1989 (- 1 ABR 88/88 - AP Nr. 77 zu § 99 BetrVG 1972 = EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 84) ausgeführt wurde - nicht dahin zu verstehen, daß lediglich die Einstellung als solche, d.h. die Eingliederung des Bewerbers in den Betrieb und seine Beschäftigung verboten sein muß, damit der Betriebsrat berechtigt ist, seine Zustimmung zu verweigern. Fälle, in denen der Arbeitgeber eine Einstellung plant, der ein ausdrückliches Beschäftigungsverbot entgegensteht, werden relativ selten sein. Der Verstoß gegen solche Beschäftigungsverbote wird regelmäßig ohnehin sanktioniert, wie die Vorschriften des § 58 Abs. 1 Nr. 1 bis 6, § 22 JArbSchG oder § 21 Abs. 1 Nr. 1 MuSchG zeigen. Dem Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG käme bei diesem Verständnis nur ein beschränkter Anwendungsbereich zu. In Fällen der vorliegenden Art geht es um die Sicherung von Pflichten, die der Arbeitgeber gegenüber dem Betriebsrat im Interesse der Wiedereingliederung der Arbeitnehmer übernommen hat, die aufgrund einer Betriebsänderung aus dem Betrieb ausscheiden mußten, also ohne ihre Schuld ihren Arbeitsplatz verloren haben. Es geht um eine ganz ähnliche Aufgabe wie bei der Wiedereingliederung Schwerbehinderter nach § 14 SchwbG. Die Einstellung des Arbeitnehmers kann auch hier nicht losgelöst von dem Einstellungsverfahren gesehen werden. Der Arbeitgeber hatte sowohl zu beachten, daß entsprechend dem Wunsch des Betriebsrats der Arbeitsplatz innerbetrieblich auszuschreiben war, als auch, daß von dem freiwerdenden Arbeitsplatz die ausgeschiedenen Mitarbeiter entsprechend der Vorschrift in VIII Nr. 8 des Sozialplans Kenntnis erhielten.
Da vorliegend der Arbeitgeber VIII Nr. 8 des Sozialplans nicht beachtet hat, hat der Betriebsrat zu Recht die Zustimmung zur Einstellung des Herrn O verweigert, so daß auf die Rechtsbeschwerde der Antrag des Arbeitgebers abzuweisen war, die Zustimmung zu ersetzen.
2. Aus diesem Grunde hat der Senat dahingestellt sein lassen können, ob das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat, der Betriebsrat habe die Zustimmungsverweigerung nicht auf § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG stützen können, da die Verpflichtung zur innerbetrieblichen Ausschreibung sich nur auf Arbeitnehmer des Betriebes beziehe, also nur auf Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis noch bestehe. Dies ist zwar grundsätzlich richtig. Ob das aber auch für den vorliegenden Fall gilt, ist zweifelhaft. Auch wenn die Ausschreibung nicht in der Form erfolgt, die mit dem Betriebsrat vereinbart wurde, hat dieser ein Zustimmungsverweige-rungsrecht (Kraft, aaO, § 99 Rz 134; Fitting/Auffarth/Kaiser/ Heither, aaO, § 99 Rz 56 a; Gnade/Kehrmann/Schneider/Blanke, aaO, § 99 Rz 85). Vorliegend hat der Arbeitgeber sich in VIII Nr. 8 des Sozialplans verpflichtet, die Firmenzeitschrift V AKTUELL mit den internen Stellenanzeigen für die Dauer eines Jahres den ausgeschiedenen Arbeitnehmern zukommen zu lassen. Es liegt nahe, darin eine Modifizierung der Verpflichtung zur innerbetrieblichen Ausschreibung zu sehen, deren Verletzung einen Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG begründet.
Dr. Kissel Matthes Dr. Weller
Andersch Bayer
Fundstellen
Haufe-Index 436744 |
BAGE 66, 328-338 (LT1-2) |
BAGE, 328 |
BB 1991, 761 |
BB 1991, 761-762 (LT1-2) |
DB 1991, 969-971 (LT1-2) |
EBE/BAG 1991, 77-79 (LT1-2) |
AiB 1991, 341 (LT1a,ST1) |
BetrR 1991, 247-248 (LT1-2) |
BetrVG, (19) (LT1-2) |
ARST 1991, 86-88 (LT1-2) |
EWiR 1991, 533 (L) |
NZA 1991, 482-484 (LT1-2) |
RdA 1991, 128 |
SAE 1992, 77-81 (LT1-2) |
ZIP 1991, 535 |
ZIP 1991, 535-539 (LT) |
AP § 99 BetrVG 1972 (LT1-2), Nr 85 |
AR-Blattei, ES 1470 Nr 43 (LT1) |
AR-Blattei, ES 640 Nr 18 (LT1) |
AR-Blattei, Einstellung Entsch 18 (LT1) |
AR-Blattei, Sozialplan Entsch 43 (LT1) |
EzA § 99 BetrVG 1972, Nr 97 (LT1-2) |
MDR 1991, 650 (LT1-2) |
RDV 1991, 265-267 (LT) |