Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsratswahlnichtigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. In dem Antrag, eine Betriebsratswahl für unwirksam zu erklären, ist nicht nur eine Wahlanfechtung zu sehen. Vielmehr ist aufgrund eines solchen Antrags auch zu prüfen, ob eine Wahlnichtigkeit vorliegt.
2. Es wird dabei verblieben, daß allein die Verkennung des Betriebsbegriffes durch den Wahlvorstand noch keine Wahlnichtigkeit zur Folge hat (so schon BAG AP Nr. 5 zu § 3 BetrVG).
3. Wahlnichtigkeit liegt vor, wenn gegen die gesetzlichen Wahlregeln grob und offensichtlich verstoßen ist. Der Begriff der Offensichtlichkeit ist vom Standpunkt desjenigen zu verstehen, der den Wahlvorgang kennt und Einblick in die Betriebsinterna hat.
4. Schließt ein Wahlvorstand entgegen etwa zehnjähriger Übung, ohne dafür den geringsten einleuchtenden Grund angeben zu können, die auswärtigen Belegschaftsmitglieder, für die nach § 26 WO zum BetrVG die Voraussetzungen der Briefwahl vorliegen, von der Teilnahme an der Wahl aus, so hat das die Wahlnichtigkeit zur Folge.
5. Die Nichtigkeit einer Betriebsratswahl kann jederzeit geltend gemacht werden.
6. Im Falle der Wahlnichtigkeit kommt es nicht darauf an, ob ohne die die Nichtigkeit begründenden Mängel das Wahlergebnis ein anderes gewesen wäre.
Normenkette
BetrVG §§ 3, 17-18; WO § 26
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Beschluss vom 16.09.1963; Aktenzeichen 6 BV Ta 4/63) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 16. September 1963 – 6 BV Ta 4/63 – wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
I. Die Antragstellerin, die „Welt am Sonnabend” GmbH, ist ein Zeitungsverlag mit Sitz in Düsseldorf. Dort befinden sich der kaufmännische Dienst, die Redaktion, die Anzeigenabteilung, die Betriebsabteilung und die Druckerei. Die Erzeugnisse des Verlages, die Wochenzeitschrift „Welt am Sonnabend” und der Wochenroman „Roman am Sonnabend”, werden über eigene Geschäftsstellen hauptsächlich im Abonnement vertrieben. Die Geschäftsstellen befinden sich in Bochum, Braunschweig, Duisburg, Essen, Frankfurt, Gelsenkirchen, Köln, Mainz, Mannheim und Wuppertal. Die Zahl der in jeder dieser Geschäftsstellen beschäftigten Personen schwankt zwischen drei und sieben Angestellten. Außerdem sind elf Außendienstmitarbeiter, vor allem mit der Werbung, beschäftigt, und zwar zwei in Hamburg und je einer in Pforzheim, Bremen, Bielefeld, Stuttgart, München, Nörten bei Göttingen, Mannheim, Oberhausen und Essen.
Seit der Geltung des Betriebsverfassungsgesetzes wurde in dem gesamten Unternehmen ein gemeinsamer Betriebsrat gewählt.
Der Wahlvorstand, der die Betriebsratswahl vom 21. März 1963 vorbereitete, sprach jedoch den Wahlberechtigten der vorgenannten zehn Geschäftsstellen und den elf Außendienstmitarbeitern die Betriebszugehörigkeit ab und schloß sie demgemäß von der Teilnahme an der Betriebsratswahl im Hauptbetrieb Düsseldorf aus.
Als eine Reihe von Protesten gegen diese Maßnahmen erhoben wurde, beantragte der Wahlvorstand im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren hinsichtlich acht auswärtiger Geschäftsstellen eine gerichtliche Feststellung nach § 17 Abs. 2 BetrVG. Die Betriebsratswahl wurde gleichwohl durchgeführt. Einige Zeit nach der Wahl nahm der Wahlvorstand seinen Antrag gegenüber dem Gericht zurück.
Die Antragstellerin hatte in dem von dem Wahlvorstand anhängig gemachten Beschlußverfahren beantragt 9 den Antrag des Wahlvorstandes zurückzuweisen sowie festzustellen, daß die zehn oben genannten Geschäftsstellen unselbständige Betriebsteile seien und die elf Außendienstmitarbeiter an der Wahl teilnehmen dürften. Später hat sie den Antrag umgestellt auf Feststellung, daß die inzwischen durchgeführte Wahl unwirksam gewesen sei. Das Arbeitsgericht hat durch Beschluß diesen Antrag zurückgewiesen.
Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das Landesarbeitsgericht unter Zulassung der Rechtsbeschwerde festgestellt, daß die am 21. März 1963 bei der Antragstellerin durchgeführte Betriebsratswahl nichtig sei.
Mit seiner Rechtsbeschwerde erstrebt der Betriebsrat die Wiederherstellung des Beschlusses erster Instanz. Die Antragstellerin bittet um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.
Entscheidungsgründe
II. 1. In dem von der Antragstellerin gestellten Antrag, mit dem die Feststellung begehrt wird, die im Düsseldorfer Betrieb ohne Beteiligung der Angehörigen der zehn auswärtigen Geschäftsstellen und der elf Außendienstmitarbeiter durchgeführte Wahl sei unwirksam, liegt sowohl das Begehren festzustellen, daß die Wahl mit Erfolg angefochten sei, wie auch das Begehren festzustellen, daß sie nichtig sei. Das folgt aus einer aufgrund des Vorbringens der Antragstellerin vorzunehmenden Auslegung des Antrags, wie sie besonders im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren in weitherziger Weise geboten ist (BAG 39 288 [294] = AP Nr. 1 zu § 82 BetrVG). Dieses Vorbringen ergibt, daß die Antragstellerin die Wahl unter jedem nur denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt, demgemäß vor allem auch unter dem weitestgehenden der Nichtigkeit, angreifen will.
Die Antragstellerin hat im Verlauf der Tatsacheninstanzen eine Reihe von Schriftstücken überreicht und zum Gegenstand ihres Vortrags gemacht, die im angefochtenen Beschluß in Bezug genommen sind und deshalb vom Senat berücksichtigt werden müssen. In diesen Schriftstücken werden hinsichtlich des Wahlverfahrens Vorwürfe erhoben, die, ihre Richtigkeit unterstellt, den Schluß darauf zulassen könnten, daß der Wahlvorstand die Angehörigen der auswärtigen Geschäftsstellen und die Außendienstmitarbeiter nicht nur bewußt von der Teilnahme an der Wahl ausgeschlossen hat, um das Übergewicht einer Gruppe zu schaffen, sondern daß er sie auch durch die Mitteilung über das vom Wahlvorstand eingeleitete arbeitsgerichtliche Beschlußverfahren und die Verheimlichung der Antragszurücknahme irregeführt und davon abgehalten hat, innerhalb der Frist des § 18 BetrVG die Wahl anzufechten. Dieser Vortrag zeigt, daß die Antragstellerin die Wahl nicht nur für anfechtbar, sondern auch für nichtig gehalten und deshalb auch – und zwar sogar in erster Linie – die Feststellung dieser Nichtigkeit erstrebt hat.
Dem entspricht das Verhalten der Antragstellerin in der dritten Instanz. Mit ihrem Antrag, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen, will sie die Aufrechterhaltung des Beschwerdebeschlusses erreichen. Dieser aber erklärt die Wahl ebenfalls nicht etwa nur für anfechtbar, sondern für nichtig.
2. Zu dieser seiner Auffassung ist das Landesarbeitsgericht aufgrund der Erwägung gekommen, daß der Wahlvorstand den Betriebsbegriff verkannt und dadurch gegen § 3 BetrVG verstoßen habe. Diese Ansicht ist allerdings rechtsirrig.
a) Die Auffassungen über die Folgen der Verkennung des Betriebsbegriffs sind geteilt. Im Schrifttum wird in einem solchen Fall eine Nichtigkeit der Wahl angenommen von Galperin-Siebert, BetrVG, 4. Aufl., § 18 Anm. 20 und § 3 Anm. 10; Dietz, BetrVG, x3. Aufl., § 18 Anm. 26; Fitting-Kraegeloh-Auffarth, BetrVG, 60 Aufl., § 18 Anm. 8 und § 3 Anm. 16; anscheinend auch von Hueck-Nipperdey, Lehrbuch, Bd. II, 60 Aufl., S. 721 zu Anm. 85. In der älteren Rechtsprechung hat das Reichsarbeitsgericht in ARS 2, 79 und 12, 409 bei Verkennung des Betriebsbegriffs ebenfalls eine Nichtigkeit der Wahl angenommen (so auch die Landesarbeitsgerichte München [BB 1953, 413], Kiel [Betrieb 1953, 716] und Hamm [Betrieb 1953, 848]).
Dagegen hat der erkennende Senat in AP Nr. 5 zu § 3 BetrVG (mit zustimmender Anmerkung von Neumann-Duesberg) entschieden, die unrichtige Beantwortung der Frage, wieviel Betriebe oder Betriebsteile festzustellen und ob demgemäß ein oder mehrere Betriebsräte zu wählen seien, führe nicht zu einer Nichtigkeit der Wahl. Die in der Rechtslehre vertretene abweichende Auffassung ist dort ausdrücklich abgelehnt worden.
b) Für diese Auffassung des Senats, daß die Zugrundelegung eines falschen Betriebsbegriffs i. S., des § 3 BetrVG nicht von vornherein eine Nichtigkeit der Wahl bewirkt, sprechen entscheidende Gründe.
Auszugehen ist von der in Schrifttum und Rechtsprechung im wesentlichen übereinstimmend vertretenen Ansicht, eine Nichtigkeit der Betriebsratswahl komme nur bei groben und offensichtlichen Verstößen in Betracht (Fitting-Kraegeloh-Auffarth, aaO, § 18 Anm. 8; Dietz aaO, § 18 Anm. 26; Galperin-Siebert, aaO, § 18 Anm. 25; Hueck-Nipperdey, aaO, S. 720; BAG 1, 317 [319] = AP Nr. 1 zu § 18 BetrVG; BAG 4, 63 [67] = AP Nr. 1 zu § 19 BetrVG; BAG AP Nr. 5 zu § 3 BetrVG). Schon dieser Grundsatz verbietet es, in jedem Fall der Verkennung des Betriebsbegriffs die Nichtigkeit der Wahl anzunehmen. Zwar liegt in dieser Verkennung ein wesentlicher Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen; aber es ist keineswegs gesagt, daß der Mangel offenkundig und deshalb ein Vertrauensschutz in die Gültigkeit der Wahl zu versagen wäre. Auch hier ist mit dem zur Lehre vom Verwaltungsakt geprägten Begriff der Nichtigkeit, daß eine solche nämlich vorliegt, wenn der Akt „den Stempel der Nichtigkeit auf der Stirn trägt”, ein brauchbares Kriterium für die Abgrenzung der anfechtbaren von der nichtigen Betriebsratswahl gegeben.
Widerspruchsvoll sind daher diejenigen Meinungen im Schrifttum, die ausdrücklich einerseits einen offenkundigen gesetzeswidrigen Zustand als Voraussetzung für die Nichtigkeit fordern (Galperin-Siebert, aaO, § 18 Anm. 25; Fitting-Kraegeloh-Auffarth, aaO, § 18 Anm. 8), anderseits gleichwohl bei Verkennung des Betriebsbegriffs in jedem Falle eine Nichtigkeit annehmen (Galperin-Siebert, aaO, § 18 Anm. 26; Fitting-Kraegeloh-Auffarth, aaO, § 3 Anm. 16). Sie Auffassung, daß nur „offensichtliche” Fehler zu einer Nichtigkeit der Wahl führen können, hat für den ähnlich liegenden Fall der Personalratswahl und der dabei auftretenden Frage, wann personalratsfähige Dienststellen vorliegen, auch das Bundesverwaltungsgericht vertreten (AP Nr. 5 zu § 7 PersVG). In dieser Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung ausgesprochen, der Nichtigkeit einer Personalratswahl seien sehr enge Grenzen gezogen. Dieser Grundsatz kann auch für die Betriebsratswahl unbedenklich aufgestellt werden.
c) In engem Zusammenhang mit der vorstehenden Frage steht der Grundsatz der Rechtssicherheit. Es würde einen unerträglichen Rechtzustand herbeiführen, wenn jede Verkennung des Betriebsbegriffs zu einer Nichtigkeit der Wahl führte. Denn die Nichtigkeit kann zu jeder Zeit geltend gemacht werden, und ihr Vorliegen führt dazu, daß sämtliche Handlungen des Betriebsrats rechtsunwirksam sind (Fitting-Kraegeloh-Auffarth, aaO, § 18 Anm. 10). Diese Folgen sind von so erheblichem Gewicht, daß es nicht angeht, bei Verkennung des Betriebsbegriffs die Tätigkeit des Betriebsrats mit der Möglichkeit einer Nichtigkeit seiner Handlungen zu belasten, da der Betriebsbegriff des § 3 BetrVG keineswegs immer eindeutig ist. Das ergibt sich aus der Entscheidung des Senats AP Nr. 5 zu § 3 BetrVG, in der für die Prüfung, ob selbständige Betriebe, Betriebsteile oder Nebenbetriebe vorliegen, unter II. 2. a)–k) eine große Anzahl von Gesichtspunkten aufgeführt ist, die Berücksichtigung zu finden haben.
Wenn es in dieser Entscheidung unter II. 3 weiter heißt, bei Vorliegen von Merkmalen, die für die Betriebseinheit sprechen, aber auch von solchen, die dagegen sprechen, spiele das Moment des Überwiegens eine Rolle, so ergibt sich, daß eine Verkennung des Betriebsbegriffs einem Wahlvorstand leicht unterlaufen kann. Es ist das eine Folge der unklaren Fassung des § 3 BetrVG. Ähnliche Erwägungen hat auch das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung AP Nr. 5 zu § 7 PersVG angestellt, wo es darauf hinweist, daß die Frage, ob die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 PersVG vorliegen, sich aus dem Gesetzeswortlaut allein nicht beantworten läßt.
Weiter muß die Überlegung eine Rolle spielen, daß die Geltendmachung der Nichtigkeit nicht nur im Beschlußverfahren erfolgen kann, in dem eine Feststellung gegenüber jedermann getroffen wird. Vielmehr kann die Nichtigkeit auch in anderen Verfahren, z. B. einer Lohnklage, einer Kündigungsschutzklage u. a., als Vorfrage in die Entscheidung des Gerichts gestellt werden. Die Entscheidung über die Nichtigkeit in einem solchen Verfahren erwächst nicht in Rechtskraft, so daß jederzeit die Frage erneut aufgeworfen und u. U. abweichend entschieden werden kann. Das bedeutet ein weiteres Moment der Rechtsunsicherheit, das ausgeräumt werden muß.
Schließlich spielt auch der Gedanke des Betriebsfriedens, der bereits in BAG 3, 288 [294] = AP Nr. 1 zu § 82 BetrVG hervorgehoben wurde, eine Rolle. Dieser Gedanke erheischt, daß betriebsverfassungsrechtliche Vorgänge hinsichtlich ihrer Rechtsgültigkeit nicht allzulange in der Schwebe bleiben, sondern einer alsbaldigen Klärung zugeführt werden sollen. Deshalb sieht das Gesetz in § 18 BetrVG eine verhältnismäßig kurze Anfechtungsfrist vor. Daraus folgt wiederum, daß die Fälle der Nichtigkeit einer Betriebsratswahl sehr eng zu begrenzen sind.
d) Aufgrund der vorstehend erörterten Gesichtspunkte hält der Senat an seiner Auffassung fest, daß die Verkennung des Betriebsbegriffs bei Durchführung der Betriebsratswahl zu einer Nichtigkeit der Wahl nur dann führt, wenn ein offensichtlicher und grober Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften vorliegt. Diese Auffassung ist in neuerer Zeit auch vom Fünften Senat des Bundesarbeitsgerichts im Urteil BAG 11, 318 [321] (= AP Nr. 84 zu § 611 BGB Urlaubsrecht) vertreten worden, in dem es um eine Wiederwahl des Betriebsrats durch Akklamation ging.
Wenn hiernach zur Annahme einer Wahlnichtigkeit ein offensichtlicher und grober Verstoß gegen Wahlvorschriften erforderlich ist, so kann der Begriff der Offensichtlichkeit jedoch nur vom Standpunkt dessen, dem der Wahlvorgang selbst bekannt geworden ist, weil er mit den Betriebsinterna vertraut ist, aufgefaßt werden, nicht jedoch vom Standpunkt des Außenstehenden, dem lediglich das Wahlergebnis als solches zugänglich gemacht wurde. Denn letzterer wird kaum jemals in der Lage sein, nur aus dem Wahlergebnis die bei der Wahl unterlaufenen groben Verstöße zu erkennen. Handelt es sich um Verstöße des Wahlvorstandes, so ist für die Frage der Nichtigkeit somit entscheidend, inwiefern sie für die Wahlberechtigten selbst, für den Arbeitgeber wie auch für an der Wahl interessierte dritte Stellen, etwa die Verbände, evident waren.
3. Wendet man diese Gründsätze auf den Streitfall an, so ergibt sich, daß das vom Landesarbeitsgericht gefundene Ergebnis – wenn auch mit anderer rechtlicher Begründung – bestätigt werden muß.
Nach den durch Berichtigungsantrag oder mit der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des angefochtenen Beschlusses, an die somit der Senat gebunden ist, sind die Außendienstmitarbeiter seit den ersten nach den Regeln des Betriebsverfassungsgesetzes vorgenommenen Wahlen an diesen stets beteiligt gewesen. Ferner ist unbeanstandet und deshalb bindend festgestellt, daß sie unmittelbar der Düsseldorfer Zentrale der Antragstellerin unterstanden, ohne einer der auswärtigen Geschäftsstellen zugeteilt zu sein. Denn das Landesarbeitsgericht stellt als unstreitig fest, daß sie sich auf Düsseldorf als den Beziehungspunkt ihrer Arbeit stützten.
Wenn die elf Außendienstmitarbeiter entgegen einer etwa zehnjährigen Übung nunmehr von der Teilnahme an der Wahl ausgeschlossen wurden, so genügt das, um die Nichtigkeit der Wahl erkennen zu lassen. Es kommt also nicht darauf an, ob der Wahlvorstand hinsichtlich der auswärtigen Geschäftsstellen den Betriebsbegriff verkannt hat; denn hinsichtlich der elf Außendienstmitarbeiter lag erheblich mehr vor als eine Begriffsverkennung. Bei ihnen wurde nicht nur die sich mit der Briefwahl befassende Vorschrift des § 26 WO zum BetrVG außer Acht gelassen, die sich hier geradezu aufdrängte und die jedem Wahlvorstand geläufig sein muß. Hinsichtlich der elf Außendienstmitarbeiter ist vielmehr auch im gesamten Verlauf des Verfahrens keine auch nur halbwegs plausible Erklärung für das mit einer alten Tradition brechende Verhalten des Wahlvorstandes gegeben worden, Auch der Beschluß erster Instanz hat sich mit ihnen nicht beschäftigt, obwohl sie bereits vor Durchführung der Wahl von der Antragstellerin schriftsätzlich erwähnt und namentlich aufgezählt waren.
Angesichts dieses Sachverhalts mußte jeder objektive Beobachter der Vorgänge zu der Auffassung kommen, daß hier in hohem Maße willkürlich und ordnungswidrig vorgegangen worden ist. Das bedeutet, daß es sich um einen groben Verstoß handelte, der in dem oben erörterten Sinne auch offensichtlich war. Das hat die Nichtigkeit der Wahl zur Folge, ohne daß es darauf ankommt, ob hierdurch das Wahlergebnis beeinflußt worden ist; denn diese Frage spielt nur im Falle der Wahlanfechtung eine Rolle,
Da die Nichtigkeit, wie das Beschwerdegericht zutreffend erkannt hat, ohne Rücksicht auf die Frist des § 18 BetrVG jederzeit geltend gemacht werden kann, kommt es darauf, wann das Wahlergebnis bekannt gemacht worden ist – der angefochtene Beschluß enthält hierzu keine Feststellungen – nicht an. Auf die Prozeßrügen der Rechtsbeschwerde braucht ebenfalls nicht eingegangen zu werden. Denn sie befassen sich nicht mit den Feststellungen des angefochtenen Beschlusses, aus denen sich, wie vorstehend ausgeführt, die Nichtigkeit der Wahl ergibt. Sie beziehen sich vielmehr auf die Begründung des angefochtenen Beschlusses zur Frage der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung der Geschäftsstellen, der aus den obigen Erwägungen ohnehin nicht gefolgt werden kann. Auf keinen Fall hängen diese Prozeßrügen mit der prozeßentscheidenden Frage zusammen, aus welchem Grunde den Außendienstmitarbeitern nicht das aktive Wahlrecht zukommen soll.
Unterschriften
gez. Dr. Schröder, Dr. Gröninger, Wichmann, Hüsing, Kettner
Fundstellen
Haufe-Index 436736 |
BAGE, 235 |
NJW 1964, 1338 |