Entscheidungsstichwort (Thema)
Wettbewerbsverbot bei Vertragsbruch vor Dienstantritt
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine vertragliche Wettbewerbsklausel erlangt in der Regel keine Bedeutung, wenn der Arbeitnehmer unter Verletzung des Arbeitsvertrages die vorgesehene Tätigkeit gar nicht aufnimmt, sondern sein vorangehendes Arbeitsverhältnis in einem Konkurrenzunternehmen fortsetzt.
2. Das gilt jedoch dann nicht, wenn der Arbeitnehmer bereits vor dem vorgesehenen Arbeitsbeginn intensiv in seine neuen Aufgaben eingewiesen wurde und dabei gerade diejenigen Informationen über geschäftliche und betriebliche Angelegenheiten erhielt, die durch das Wettbewerbsverbot geschützt werden sollten. Die Fortsetzung seines bisherigen Arbeitsverhältnisses ist dann eine verbotene Konkurrenztätigkeit.
Normenkette
BGB §§ 276, 157, 133, 139; ZPO § 286; HGB § 74a
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Entscheidung vom 03.04.1985; Aktenzeichen 2 Sa 1420/83) |
ArbG Marburg (Entscheidung vom 26.08.1983; Aktenzeichen 2 Ca 635/83) |
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten, soweit in der Revisionsinstanz noch im Streit, die Zahlung einer Vertragsstrafe wegen Verletzung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots.
Die Klägerin betreibt ein Transportunternehmen mit einer Reihe von Niederlassungen im Bundesgebiet, u.a. in S. Der Beklagte war in dem Frachtkontor K Seibert, GmbH & Co. KG (FKS), die ebenfalls in S eine Niederlassung unterhält, in leitender Funktion tätig. Zwischen beiden Unternehmen bestanden enge geschäftliche Verbindungen. Die Klägerin hatte in S keine eigenen Fahrzeuge, sondern gab ihre Transportaufträge an verschiedene Subunternehmen weiter, u.a. an die FKS. Die FKS wurde im Auftrag der Klägerin vorwiegend auf der Strecke S -Hamburg tätig, übernahm aber auch Aufträge von anderen Unternehmen.
Im Jahre 1982 wurde die Niederlassung der Klägerin in S von dem Zeugen E geleitet. Als dieser ausscheiden wollte, fanden seit Sommer 1982 mit dem Beklagten Gespräche statt, um ihn als Nachfolger des Niederlassungsleiters E zu gewinnen. Es kam zu zwei längeren Besprechungen in der Zentrale der Klägerin in H und zu mehreren Telefongesprächen. Dabei wurden die wirtschaftliche Lage der Klägerin sowie Personalfragen besprochen.
Am 8. September 1982 schlossen die Parteien einen Anstellungsvertrag. Dieser sah vor, daß der Beklagte spätestens am 1. April 1983, wenn möglich schon im März 1983, die Leitung der Niederlassung der Klägerin in S übernehmen sollte. Das feste monatliche Gehalt des Beklagten sollte bei 14 Jahresgehältern 4.500,-- DM betragen. Nach Nr. 8 des Vertrags war der Beklagte verpflichtet, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse auch über die Dauer des Anstellungsverhältnisses hinaus zu wahren. Ebenfalls am 8. September 1982 wurde eine gesonderte Wettbewerbsvereinbarung abgeschlossen. Darin verpflichtete sich der Beklagte, für die Dauer eines Jahres nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Umkreis der Niederlassung von 100 km nicht für ein Unternehmen tätig zu sein, das mit der Klägerin in Wettbewerb stand. Für die Dauer der Karenzzeit wurde eine Entschädigung von 50 % der letzten Bezüge des Beklagten vorgesehen. Weiter verpflichtete sich der Beklagte, "für jeden Fall der Verletzung des Wettbewerbsverbotes an die Firma eine Vertragsstrafe in Höhe eines 3-fachen Brutto-Monatsgehaltes zu zahlen". Die Geltendmachung höherer Schadensersatzansprüche sollte davon unberührt bleiben.
Nach Abschluß des Vertrages, im Herbst 1982 und im Frühjahr 1983, kam es zu weiteren Arbeitsbesprechungen. Dabei wurden erneut geschäftliche Fragen erörtert und Überlegungen zur künftigen Geschäftspolitik angestellt. Der Beklagte führte auch ein Einstellungsgespräch. Jedoch trat er seine Stelle bei der Klägerin nicht an. Darauf sprach die Klägerin mit Schreiben vom 18. April 1983 die fristlose Kündigung aus. Erst im Mai 1983 gelang es ihr, einen neuen Niederlassungsleiter für S zu gewinnen. Ihr entstanden Mehrkosten, weil sie den alten Niederlassungsleiter wegen der erforderlichen Einarbeitung länger beschäftigen und dem neuen Niederlassungsleiter Auslagen erstatten mußte. Der Beklagte blieb weiterhin in den Diensten der FKS.
Die Klägerin hat den Beklagten auf Zahlung der vereinbarten Vertragsstrafe wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot sowie auf Schadenersatz in Anspruch genommen. Sie hat vorgetragen: Die Vertragsstrafe sei zumindest einmal in voller Höhe verwirkt, weil der Beklagte vertragswidrig für ein konkurrierendes Unternehmen tätig geworden sei. Sie stehe mit der FKS in Konkurrenz. Das Wettbewerbsverbot sei wirksam, es sei maßvoll und diene ihren berechtigten geschäftlichen Interessen. Daß der Beklagte die Stelle bei ihr nicht angetreten habe, sei nicht entscheidend. Jedenfalls sei ein Arbeitsvertrag zustande gekommen, so daß der Beklagte bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 60 HGB und anschließend vertraglich zur Wettbewerbsunterlassung verpflichtet gewesen sei. Außerdem habe sie dem Beklagten im Vertrauen auf dessen Vertragstreue vollen Einblick in ihre geschäftlichen Verhältnisse gewährt. Die Besprechungen seien sehr intensiv gewesen, sämtliche Geschäftsunterlagen der Niederlassung S seien dem Beklagten vorgelegt, jede Kostenstelle geprüft worden. Der Beklagte habe auch eine Zusammenstellung der Betriebsergebnisse erhalten. Darüber hinaus habe man die betriebliche Planung für das Jahr 1983 diskutiert und geschäftliche Strategien gemeinsam entwickelt. Schließlich sei die Personalsituation in S gründlich und im einzelnen nach der Qualifikation sämtlicher Mitarbeiter erörtert worden.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie
32.238,81 DM nebst 4 % Zinsen aus
23.176,95 DM seit dem 3. Juni 1983 sowie
4 % Zinsen aus weiteren 9.061,86 DM seit
dem 18. August 1983 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Ansicht vertreten, weder der Anstellungsvertrag noch die Wettbewerbsvereinbarung sei wirksam geworden, weil bei der Klägerin Anfang des Jahres 1983 wirtschaftliche Schwierigkeiten aufgetreten seien. Im übrigen habe das Wettbewerbsverbot keine Geltung, weil er tatsächlich seine Arbeit bei der Klägerin nicht begonnen habe. Die Besprechungen mit der Klägerin seien nicht so zahlreich und nicht so bedeutsam gewesen, wie diese es darstelle. Einblicke in die Interna der Niederlassung der Klägerin in S habe er ohnehin durch die enge Zusammenarbeit in der vorhergehenden Zeit gehabt.
In der Berufungsinstanz hat der Beklagte ergänzend geltend gemacht, die Klägerin und die FKS stünden nicht in Konkurrenz zueinander. Die FKS werbe nicht, sondern führe nur Aufträge anderer Spediteure aus. Sie habe auch mit der Klägerin ein Kundenschutzabkommen getroffen und sich daran gehalten. Schließlich sei ihm eine von der Klägerin unterzeichnete Erstschrift des Wettbewerbsverbots nie zugegangen.
Das Arbeitsgericht hat den Beklagten zur Zahlung der Vertragsstrafe verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision erstrebt der Beklagte Klageabweisung in vollem Umfang.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbeschränkt zulässig, aber unbegründet.
A. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen "wegen der Frage, ob die Firma S zu der Klägerin in Wettbewerb steht". Die Klägerin will hieraus schließen, die Revision sei nur beschränkt zugelassen mit der Folge, daß der Senat nur die Frage der Konkurrenz der beiden Unternehmen prüfen dürfe. Dem kann nicht gefolgt werden.
1. Die Berufungskammer hat die Revision nicht nur beschränkt zugelassen. Maßgebend ist der Urteilsausspruch des Berufungsurteils, der keine Einschränkung der Revisionszulassung enthält. Was am Ende der Entscheidungsgründe des Berufungsurteils dazu ausgeführt ist, dient allein der Begründung. Nur "wegen" der als problematisch beurteilten Frage einer Wettbewerbssituation hat das Landesarbeitsgericht der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen und die Revisionszulassung für erforderlich gehalten.
2. Zudem wäre die Beschränkung der Zulassung auf die Frage der Wettbewerbslage unzulässig und für das Revisionsgericht nicht bindend. Die Zulassung der Revision kann nur auf solche Streitpunkte beschränkt werden, die abtrennbar sind und über die durch Teilurteil entschieden werden könnte. Diese Auffassung vertritt das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung (statt aller: BAGE 47, 179, 182 f. = AP Nr. 89 zu § 626 BGB). Die von der Klägerin angeführten praktischen Gründe, insbesondere die mit der Einführung der Zulassungsrevision erstrebte Entlastung des Revisionsgerichts, führen nicht zu einem anderen Ergebnis. Das Bundesarbeitsgericht ist durch die Einführung der Grundsatzrevision nicht zu einer bloßen Gutachteninstanz für einzelne, den Berufungsgerichten zweifelhaft erscheinende Rechtsfragen geworden. Das Berufungsurteil ist daher uneingeschränkt zu überprüfen.
B. Die Revision kann aber in der Sache keinen Erfolg haben.
I. In der Revisionsinstanz ist nicht mehr im Streit, daß dem Beklagten eine von der Klägerin unterzeichnete Urkunde über die Wettbewerbsvereinbarung ausgehändigt worden ist. Auch die sonstigen förmlichen Voraussetzungen einer wirksamen Wettbewerbsvereinbarung nach § 74 Abs. 1 HGB sind unstreitig gewahrt.
II. Das Wettbewerbsverbot ist nicht deshalb ohne Wirkung auf das Rechtsverhältnis der Parteien geblieben, weil der Beklagte die Stelle als Niederlassungsleiter der Klägerin in Stadtallendorf zum vorgesehenen Termin nicht angetreten hat.
1. Gemäß § 74 Abs. 1 HGB setzt ein vertragliches Wettbewerbsverbot neben der Einigung der Beteiligten über die vom Arbeitnehmer zu beachtende Wettbewerbsenthaltung ein Arbeits- oder Dienstverhältnis voraus, das beendet sein muß, bevor die Pflicht des Arbeitnehmers zur Unterlassung des Wettbewerbs eingreifen kann. Solange das Arbeitsverhältnis besteht, ist ein kaufmännischer Angestellter schon nach § 60 HGB zur Unterlassung des Wettbewerbs verpflichtet. Im Streitfall haben die Parteien einen wirksamen Arbeitsvertrag geschlossen. Der Beklagte ist aber vertragsbrüchig geworden und hat die Stelle bei der Klägerin zum vereinbarten Termin nicht angetreten. Dennoch ist er zur Beachtung des vereinbarten Wettbewerbsverbotes verpflichtet.
a) Im rechtswissenschaftlichen Schrifttum wird die Frage erörtert, ob das Arbeitsverhältnis, dem die Wettbewerbsenthaltung folgen soll, wirksam begründet sein muß; nach wohl einhelliger Meinung genügt es, wenn das Arbeitsverhältnis tatsächlich realisiert wird und dieser Lebenstatbestand nicht mehr rückgängig gemacht werden kann (statt aller: Buchner, Wettbewerbsverbot, Schriften zur AR-Blattei, Bd. 10, Stuttgart und Wiesbaden 1981, S. 47 f.; Röhsler/Borrmann, Wettbewerbsbeschränkungen für Arbeitnehmer und Handelsvertreter, Berlin 1981, S. 73, jeweils mit weiteren Nachweisen). Der umgekehrte Fall, daß ein wirksam abgeschlossener Arbeitsvertrag tatsächlich nicht vollzogen wird, findet dagegen - soweit ersichtlich - in der wissenschaftlichen Literatur keine nähere Beachtung und ist bisher auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht entschieden (vgl. aber BAG Urteil vom 19. Mai 1983 - 2 AZR 171/81 - AP Nr. 25 zu § 123 BGB, zu B II 2 der Gründe, wo auf die Eingliederung des Arbeitnehmers in das Arbeitsverhältnis während der Probezeit abgestellt wird). Die Lösung muß sich nach Auffassung des Senats aus dem Zweck der Wettbewerbsabrede ergeben.
Sieht man die Wettbewerbsabrede als rechtlich selbständige Vereinbarung neben dem Arbeitsvertrag an (so Röhsler/Borrmann, aaO, S. 73), so könnte man daraus folgern, daß sie Rechte und Pflichten auch dann begründen kann, wenn ein Arbeitsvertrag zwar wirksam abgeschlossen, aber ein Arbeitsverhältnis tatsächlich nie realisiert worden ist. Ein solches Verständnis würde dem Zweck des § 74 Abs. 1 HGB widersprechen, der von einer Vereinbarung "für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses" spricht; ebensowenig würde es dem Willen der Vertragsschließenden genügen: Das Wettbewerbsverbot soll verhindern, daß ein aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedener Arbeitnehmer innerhalb einer bestimmten Frist Kenntnisse und Erfahrungen, die er bei seinem früheren Arbeitgeber erworben hatte, in ein konkurrierendes Unternehmen einbringt, sie dort verwertet und so den früheren Arbeitgeber schädigt. Daraus folgt, daß im Falle der Nichtigkeit des Arbeitsvertrags mit dem früheren Arbeitgeber ein Interesse an der Einhaltung des Wettbewerbsverbots bestehen kann; hat der Arbeitnehmer Gelegenheit gehabt, wettbewerblich bedeutsame Kenntnisse und Erfahrungen zu gewinnen, so ist es für das Interesse an der Einhaltung des Wettbewerbsverbots nicht entscheidend, ob das frühere Arbeitsverhältnis rechtlich einwandfrei, fehlerhaft oder rechtsunwirksam begründet worden ist. Daraus folgt weiter, daß die Auslegungsregel des § 139 BGB der Interessenlage in einem solchen Fall nicht gerecht wird: Bei vollzogenem Arbeitsverhältnis soll das Wettbewerbsverbot im Zweifel auch dann gelten, wenn der Arbeitsvertrag unwirksam ist (ebenso wohl auch Buchner, aaO, S. 47 und 49).
Die Interessenlage läßt auch dann Schlüsse auf den Parteiwillen zu, wenn zwar ein Arbeitsvertrag wirksam abgeschlossen, das Arbeitsverhältnis aber nicht realisiert worden ist, weil der Arbeitnehmer den Dienst bei dem durch das Wettbewerbsverbot geschützten Arbeitgeber gar nicht angetreten hat. Die Mitnahme von Kenntnissen und Erfahrungen in das Unternehmen eines Wettbewerbers ist in einem solchen Fall normalerweise nicht zu befürchten. Daraus wird sich in der Regel auf einen eingeschränkten Parteiwillen schließen lassen: Ein Wettbewerbsverbot wird im Zweifel nur für den von den Parteien vorausgesetzten und regelmäßigen Fall vereinbart, daß das Arbeitsverhältnis tatsächlich in das Erfüllungsstadium gelangt. Ein geschäftliches Interesse, das darüber hinausging, wäre in der Regel nicht schutzwürdig.
b) Die Klägerin hat den Standpunkt vertreten, das Wettbewerbsverbot habe im vorliegenden Fall ohne Rücksicht auf den vereinbarten späteren Arbeitsantritt des Beklagten gelten sollen. Diese Auffassung begegnet, wie vorstehend ausgeführt, erheblichen Bedenken. Darauf kommt es aber letztlich nicht an; nach den eingehenden Feststellungen des Arbeitsgerichts, die sich das Berufungsgericht zu eigen gemacht hat, begann die Zusammenarbeit der Parteien schon vor dem vorgesehenen Vertragsbeginn, und zwar mit einer Intensität, die das Wettbewerbsverbot in Geltung setzte.
Nach den von der Revision nicht angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen der Vorinstanzen hat der Beklagte vor und vor allem nach Abschluß des Arbeitsvertrags vom 8. September 1982 in verschiedenen Besprechungen und Telefongesprächen die wirtschaftliche Lage der Klägerin und deren Personal-Ausstattung in allen Einzelheiten kennengelernt. Sämtliche Kostenstellen wurden erörtert; die Betriebsergebnisse wurden dem Beklagten zugänglich gemacht; er wurde in die Diskussion um betriebliche Konzeptionen und künftige geschäftliche Strategien einbezogen. Die fachliche Qualifikation der Mitarbeiter, ihre Stärken und Schwächen, wurden dem Beklagten offengelegt. Dies alles ging weit über dasjenige hinaus, was als notwendige Information zur Anwerbung eines Mitarbeiters, auch eines solchen in leitender Position, üblich und erforderlich ist. Wie die Vorinstanzen zutreffend angenommen haben, waren auch die Informationen, die der Beklagte aus der geschäftlichen Zusammenarbeit der Niederlassungen der Klägerin und der FKS in Stadtallendorf gewonnen haben konnte, weitaus unbedeutender. Der Beklagte wurde vielmehr schon vor seinem eigentlichen Dienstantritt von der Klägerin als Mitarbeiter behandelt. Sein Urteil wurde in verschiedenen Bereichen erfragt und bei der Planung berücksichtigt, er führte sogar selbst ein Einstellungsgespräch. Der Beklagte ließ sich hierauf ein und wurde damit neben seinem Arbeitsverhältnis mit der FKS zugleich als Arbeitnehmer für die Klägerin tätig. Praktisch wurde die Einarbeitungszeit des Beklagten bei der Klägerin vorweggenommen.
2. Damit erweist sich zugleich die Auffassung des Beklagten als unzutreffend, das Wettbewerbsverbot sei gemäß § 74 a Abs. 1 HGB unverbindlich, weil es nicht dem berechtigten geschäftlichen Interesse der Klägerin diente. Angesichts der intimen Kenntnisse, die der Beklagte durch sein vorgezogenes aktives Tätigwerden für die Klägerin erwarb, hatte diese ein schutzwürdiges Interesse daran, den Beklagten an das Wettbewerbsverbot zu binden und die Verwertung der dem Beklagten vermittelten Kenntnisse in einem konkurrierenden Unternehmen zu verhindern.
Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe sich mit der Frage des berechtigten geschäftlichen Interesses nicht gehörig auseinandergesetzt, trifft im übrigen nicht zu. Das Berufungsgericht hat sich den eingehenden Ausführungen des Arbeitsgerichts angeschlossen und ausdrücklich darauf Bezug genommen. Einer bloßen Wiederholung der vom Arbeitsgericht im einzelnen dargestellten Gründe bedurfte es nicht.
3. Der Beklagte hat dadurch gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen, daß er nach dem vereinbarten Termin für den Beginn des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin seine bisherige Tätigkeit bei seinem früheren Arbeitgeber fortsetzte. Er hat damit die vereinbarte Vertragsstrafe verwirkt.
a) Der Revision ist einzuräumen, daß es sich um eine ungewöhnliche Fallgestaltung handelt. Aufgrund seines Vertragsbruchs war der Beklagte verpflichtet, der Klägerin den durch den Nichtantritt der Arbeit entstandenen Schaden zu ersetzen. Davon zu unterscheiden ist die Sanktion, die das Wettbewerbsverbot für die Ausübung einer Konkurrenztätigkeit vorsieht, zu deren Unterlassung sich der Beklagte wirksam verpflichtet hatte. Die Klägerin war nicht gehindert, beide Ansprüche nebeneinander geltend zu machen. Insbesondere trifft es nicht zu, daß der Anspruch auf die Vertragsstrafe durch den - hier aber rechtskräftig abgewiesenen - Anspruch auf Schadenersatz abgegolten wäre. Ebensowenig ist es richtig, daß der Anspruch auf die Vertragsstrafe wegen verbotener Konkurrenz den Anspruch auf Schadenersatz wegen Vertragsbruchs ausschließt.
b) Die Revision macht weiter geltend, ein Verstoß des Beklagten gegen das Wettbewerbsverbot komme deshalb nicht in Betracht, weil die FKS und die Klägerin in S eng zusammen gearbeitet und sogar Kundenschutzabkommen geschlossen hätten. Dieser Einwand findet im vorgetragenen Sachverhalt keine Stütze.
Unstreitig hat die Klägerin in S bei der FKS nur beigeladen; daraus folgt, daß im übrigen ein Wettbewerb stattgefunden hat. Unstreitig ist ferner, daß es auch nach dem behaupteten Kundenschutzabkommen keinem der beiden Unternehmen verwehrt war, neue Kunden zu werben. Die Kundenschutzabkommen besagten nur, daß sich keine der Niederlassungen in S an den Kundenstamm des jeweils anderen Unternehmens wenden wollte. Die hierzu erhobene Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die Aussage des in erster Instanz vernommenen Zeugen A nicht gewürdigt, ist unbegründet. Das Berufungsgericht ist hierauf zu Beginn der Entscheidungsgründe seines Urteils eingegangen. Zudem hat der Zeuge A lediglich erklärt, von Kundenschutzabkommen wisse er nichts. Die von der Revision behaupteten Widersprüche zu den Aussagen der Zeugen E und B , die solche Abkommen bestätigt haben, bestehen nicht.
III. Hinsichtlich der Höhe der Vertragsstrafe, die Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht mit drei Monatsgehältern als angemessen beurteilt haben, erhebt die Revision keine Einwendungen. Rechtsfehler, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten, sind insoweit nicht zu erkennen.
Dr. Dieterich Schaub Griebeling
Dr. Bächle Paul-Reichart
Fundstellen
Haufe-Index 438654 |
BB 1987, 2023 |
BB 1987, 2023-2024 (LT1-2) |
DB 1987, 2417-2418 (LT1-2) |
Stbg 1988, 232 (T) |
JR 1988, 44 |
NZA 1987, 813-814 (LT1-2) |
RdA 1987, 313 |
AP § 74 HGB (LT1-2), Nr 54 |
EzA § 74 HGB, Nr 50 (LT1-2) |