Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung eines Co-Piloten wegen Nichtbestehens der Überprüfungsflüge
Leitsatz (amtlich)
1. Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens und der Bewertung bei Überprüfungsflügen, die für die Verlängerung bzw. Erneuerung der Erlaubnis eines Piloten zum Führen eines Verkehrsflugzeugs vorgeschrieben sind, obliegt nicht den mit dem Kündigungsschutzprozeß befaßten Arbeitsgerichten, sondern allein dem Luftfahrtbundesamt als der zuständigen Erlaubnisbehörde bzw. den Verwaltungsgerichten. Diese kann der Pilot anrufen, wenn ihm das Luftfahrtbundesamt die Verlängerung bzw. Erneuerung seiner Erlaubnis wegen des Ergebnisses der Überprüfung versagt(teilweise Aufgabe der Rechtsprechung Senat 31. Januar 1996 – 2 AZR 68/95 – BAGE 82, 139).
2. Besteht die Aussicht, daß ein Pilot die Erneuerung seiner Erlaubnis zum Führen eines Verkehrsflugzeugs in absehbarer Zeit erreichen kann, so hat ihm die Fluggesellschaft in der Regel dazu die Gelegenheit zu geben, bevor sie das Arbeitsverhältnis kündigt.
Normenkette
KSchG § 1; BGB § 162; LuftVG § 4 Abs. 1; LuftPersV §§ 17, 128; LuftBO §§ 40, 42; VwGO § 42; ZPO § 561
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 30. April 1999 – 13 Sa 1414/96 – aufgehoben, soweit es auf die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 14. November 1995 zum 30. Juni 1996 erkannt hat.
2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 2. Mai 1996 – 11 Ca 1859/96 – wird auch insoweit zurückgewiesen.
3. Die Beklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise ordentlichen Arbeitgeberkündigung sowie die Verpflichtung der Beklagten zur vorläufigen Weiterbeschäftigung des Klägers.
Der am 2. Mai 1950 geborene Kläger wurde von der Beklagten gemäß Arbeitsvertrag vom 4. Oktober 1990 seit 1. Oktober 1990 als Co-Pilot auf dem Flugzeugmuster DC-9 beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft einzelvertraglicher Bezugnahme die Firmentarifverträge der Beklagten in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.
Die Beklagte hörte mit Schreiben vom 8. November 1995 die aufgrund Tarifvertrages gemäß § 117 Abs. 2 BetrVG gewählte Personalvertretung zu einer beabsichtigten fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung an, zu deren Begründung sie sich darauf berief, der Kläger verfüge nach nicht bestandenen Überprüfungsflügen im Simulator am 21. Oktober und 3. November 1995 nicht mehr über eine gültige Lizenz.
Nachdem die Personalvertretung am 13. November 1995 mitgeteilt hatte, die Kündigung(en) würde(n) zur Kenntnis genommen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 14. November 1995, dem Kläger zugegangen am 16. November 1995, fristlos, hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Termin; nach Berechnung der Beklagten sollte dies der 31. März 1996 sein.
Mit seiner am 5. Dezember 1995 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Kündigung sei rechtsunwirksam. Die Überprüfungsflüge seien nicht im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften durchgeführt worden. Die Beklagte habe ihre Fürsorgepflicht verletzt und die Nichtverlängerung der Erlaubnis zu vertreten. Die zweite Überprüfung habe er nur deshalb nicht bestanden, weil er das Pech gehabt habe, mit dem Kapitän H. geprüft worden zu sein, bezüglich dessen die Beklagte mittels der Überprüfungsflüge Personalpolitik betrieben habe. Die Prüfer hätten die Anforderungen während der Überprüfungsflüge überspannt. Zudem wären sie wegen ihrer Doppelfunktion als Angestellte der Beklagten und gleichzeitig Sachverständige des LBA nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 VwVfG vom Verfahren auszuschließen gewesen. Die daraus und aus der Überspannung der Anforderungen folgende Rechtswidrigkeit der Überprüfungen sei von den Arbeitsgerichten zu entscheiden. Auch wenn es insoweit um möglicherweise verwaltungsrechtliche Vorfragen gehe, könne er nicht auf den Verwaltungsrechtsweg verwiesen werden.
Eine Kündigung sei nicht rechtmäßig, wenn mit der Erneuerung oder Verlängerung der Erlaubnis in absehbarer Zeit gerechnet werden könne. Die Überprüfungen könnten wiederholt werden, bis eine ausreichende fliegerische Leistung attestiert werden könne. Bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Überprüfungfluges werde er die Erlaubnis in absehbarer Zeit verlängert erhalten. Die Beklagte sei verpflichtet, ihn notfalls solange zu schulen, bis er die gesetzlichen Vorgaben für die Erneuerung seiner Lizenz erfülle.
Schließlich seien sowohl die außerordentliche Kündigung als auch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung wegen Fehlens einer erforderlichen Abmahnung und auch deshalb unwirksam, weil die Beklagte keine vorübergehende oder dauerhafte anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit am Boden geprüft habe. Die Beklagte könne ihn zumindest für eine Überbrückungszeit in der Verwaltung (Flugbetrieb und Einsatzplanung) einsetzen, weil dort freie Stellen vorhanden seien. Dies habe sie auch nach dem ersten angeblich nicht bestandenen Überprüfungsflug getan.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 14. November 1995 nicht aufgelöst worden ist;
- die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 4. Oktober 1990 bis zum rechtskräftigen Abschluß des Rechtsstreits als Co-Piloten weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, der Kläger habe sich gemäß der Begründung seiner Klageschrift nur gegen die fristgemäße Kündigung gewandt, so daß die fristlose Kündigung schon wegen Versäumung der Klagefrist wirksam geworden sei. Einer Abmahnung habe es nicht bedurft, denn es gehe im Streitfall nicht um einen verhaltens-, sondern um einen personenbedingten Kündigungsgrund. Soweit der Kläger die Korrektheit der Überprüfungen anzweifle, sei allein das Verwaltungsgericht zuständig. Die Checker handelten nicht als ihre Angestellten, sondern als öffentlich-rechtlich bestellte Sachverständige des LBA. In dieser Funktion seien sie von Weisungen des Arbeitgebers unabhängig und zur Geheimhaltung verpflichtet, weshalb sie, die Beklagte, zum Ablauf der Überprüfungsflüge nichts vortragen könne. Eine schriftliche Begründung für das Nichtbestehen der Checks sei grundsätzlich nicht vorgeschrieben und in allen deutschen Luftfahrtunternehmen unüblich. Personalpolitik unter Ausnutzung der bei ihr angestellten Sachverständigen habe sie, die Beklagte, nicht betrieben. Gemäß § 128 LuftPersV sei eine zweite Wiederholung der nichtbestandenen Überprüfung nur mit Zustimmung der Erlaubnisbehörde zulässig; eine solche habe der Kläger nicht beantragt.
Ihr sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ohne entsprechende Arbeitsleistung des Klägers als Flugzeugführer unzumutbar. Bei Ausfall eines Piloten wegen Lizenzverlustes bestehe wegen der gesetzlichen Flug- bzw. Flugdienstbeschränkung nicht die Möglichkeit, diesen Ausfall durch Überstunden bzw. Mehrflugstunden zu kompensieren. Vielmehr müßte in diesem Fall ein neuer Pilot eingestellt werden, was auch dessen kostenträchtige Schulung auf dem entsprechenden Flugzeugmuster erforderlich mache. Die Ausbildungskosten hierfür beliefen sich auf ca. 100.000,00 DM. Eine freie Arbeitsstelle im Bodenbereich sei nicht vorhanden, der Kläger würde eine solche Tätigkeit auch nicht akzeptieren.
Das Arbeitsgericht hat nach dem Feststellungsantrag des Klägers erkannt, seinen Weiterbeschäftigungsantrag hat es abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, das Arbeitsverhältnis sei zwar nicht durch die außerordentliche Kündigung, jedoch durch die ordentliche Kündigung aufgelöst worden, allerdings erst mit Wirkung zum 30. Juni 1996. Die weitergehende Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger weiterhin die Feststellung, das Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigung vom 14. November 1995 überhaupt nicht aufgelöst worden, sowie die Verurteilung der Beklagten zu seiner Weiterbeschäftigung als Co-Pilot gemäß den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 4. Oktober 1990.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist auch durch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 14. November 1995 nicht aufgelöst worden (§ 1 KSchG).
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei zwar nicht durch die außerordentliche Kündigung fristlos aufgelöst worden, die ordentliche Kündigung sei aber aus personenbedingten Gründen sozial gerechtfertigt, weil der Kläger nicht über eine gültige Fluglizenz verfüge, aufgrund derer er als Flugzeugführer eingesetzt werden könne. Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit habe der Kläger nicht ausreichend dargelegt. Auch habe im Kündigungszeitpunkt mit der Verlängerung bzw. Erneuerung seiner Fluglizenz in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden können. Ob die Überprüfungen durch die als Sachverständige des LBA tätig gewordenen Checker korrekt verlaufen seien und ob das LBA zur Verlängerung der Lizenz des Klägers verpflichtet sei, könne nur ein verwaltungsgerichtliches Verfahren klären, das der Kläger jedoch nicht angestrengt habe. Daran ändere auch die Pflicht der Beklagten aus dem Manteltarifvertrag nichts, dem Kläger kostenlos die Gelegenheit zu lizenzerhaltenden Maßnahmen zu verschaffen. Insoweit gehe es nur um die Organisation der äußeren Rahmenbedingungen für die Durchführung der Erneuerungschecks. Dieser Verpflichtung sei die Beklagte nachgekommen, weshalb sie die Nichtverlängerung der Fluglizenz des Klägers nicht zu vertreten habe. Da die Kündigung alleine auf dem personenbedingten Kündigungsgrund des Wegfalls einer für die Erbringung der Arbeitsleistung erforderlichen behördlichen Erlaubnis beruhe, habe es keiner vorherigen Abmahnung bedurft.
II. Dem folgt der Senat zwar zum Teil in der Begründung, nicht aber im Ergebnis.
1. Daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht schon durch die außerordentliche Kündigung fristlos aufgelöst wurde, steht aufgrund der insoweit nicht angegriffenen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts rechtskräftig fest. Die hierauf bezogenen Gegenrügen der Beklagten sind deshalb unbeachtlich. Im Übrigen läßt die Auslegung des Klagebegehrens durch das Berufungsgericht dahin, daß unzweifelhaft auch die außerordentliche Kündigung zur Überprüfung gestellt werden sollte, Rechtsfehler nicht erkennen.
2. Gemäß § 4 Abs. 1 LuftVG bedarf der Kläger zum Führen eines Verkehrsflugzeugs einer Erlaubnis des LBA, die gem. § 17 Abs. 1 Nr. 1 LuftPersV nur befristet mit einer Gültigkeitsdauer von zwölf Monaten erteilt wird. Gemäß § 17 Abs. 2 LuftPersV kann die Erlaubnis verlängert bzw. erneuert werden, wenn der Verkehrsflugzeugführer ua. in den letzten drei Monaten vor Ablauf der Gültigkeit oder vor Stellung des Antrags auf Erneuerung einen Überprüfungsflug nach den Instrumentenflugregeln mit einem vom LBA anerkannten Sachverständigen nachweist. Gemäß § 128 Abs. 6 iVm. Abs. 10 LuftPersV wird das Überprüfungsergebnis mit „Bestanden” oder „Nicht bestanden” beurteilt. Bei Nichtbestehen ist eine einmalige Wiederholung zulässig. Eine weitere Wiederholung ist nur mit Zustimmung des LBA zulässig.
Da die Überprüfungsflüge des Klägers am 21. Oktober und 3. November 1995 jeweils mit „Nicht bestanden” gewertet worden waren, war seine Erlaubnis durch Fristablauf ungültig geworden. Gemäß § 40, §42 Abs. 3 LuftBO durfte die Beklagte ihn nicht mehr als Co-Piloten einsetzen. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, daß dem Kläger damit das Erbringen seiner vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung rechtlich unmöglich geworden war und daß dieser personenbedingte Umstand an sich geeignet war, eine ordentliche Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial zu rechtfertigen, wenn im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung weder mit einer Erneuerung der Erlaubnis in absehbarer Zeit zu rechnen noch eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen möglich war(vgl. BAG 31. Januar 1996 – 2 AZR 68/95 – BAGE 82, 139, 148 f.). Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 10. November 2000 behauptet, er verfüge über eine bis 13. April 2001 gültige deutsche Verkehrsflugzeugführerlizenz, die ihn berechtige, auch Flugzeugmuster der Beklagten zu fliegen, handelt es sich um gem. § 561 ZPO in der Revisionsinstanz unbeachtlichen neuen Sachvortrag.
3. Dem Landesarbeitsgericht ist ferner darin beizupflichten, daß die Arbeitsgerichtsbarkeit das LBA als zuständige Erlaubnisbehörde nicht zur Verlängerung oder Erneuerung der Lizenz des Klägers verpflichten kann. Verlängerung und Erneuerung sind ebenso wie die Zustimmung des LBA zu einer zweiten Wiederholung der nicht bestandenen Überprüfung gem. § 128 Abs. 6 iVm. Abs. 10 LuftPersV den Kläger begünstigende Verwaltungsakte im Sinne von § 35 Satz 1 VwVfG, § 42 VwGO. Wenn die Erlaubnisbehörde einen solchen Verwaltungsakt, aus welchen Gründen auch immer, verweigert, kann der Kläger hiergegen nur im verwaltungsgerichtlichen Rechtsweg mittels Verpflichtungs- bzw. Versagungsgegenklage gem. § 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO vorgehen. In diesem Verfahren ist dann gegebenenfalls auch zu prüfen, ob bei der Beklagten angestellte Piloten, wie der Kläger moniert, als Sachverständige im Überprüfungsverfahren gem. § 20 VwVfG ausgeschlossen sind und ob die Verlängerungs-/Erneuerungschecks im übrigen rechtmäßig abliefen bzw. zu Unrecht als nicht bestanden gewertet wurden. Es handelt sich hierbei um Gutachten von der Erlaubnisbehörde verwaltungsrechtlich anerkannter, den Weisungen des Arbeitgebers insoweit nicht unterliegender Prüfungssachverständiger, die nur unselbständiger Bestandteil der noch zu treffenden Verwaltungsentscheidung über die Verlängerung bzw. Erneuerung der Fluglizenz sind(BAG 31. Januar 1996 aaO, 150; VG Braunschweig 23. März 1994 – 10 A 10239/93 –; Hofmann/Grabherr LuftVG § 4 Rn. 33; vgl. auch zur fliegerärztlichen Tauglichkeitsuntersuchung VGH Baden-Württemberg 25. September 1997 – 8 S 907/97 – NZV 1998, 87). Daraus folgt dann aber, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, zugleich, daß der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozeß grundsätzlich nichts zur Korrektheit der Überprüfungsflüge vorzutragen braucht. Selbst wenn die Arbeitsgerichtsbarkeit den Prüfungsablauf oder das Prüfungsergebnis für rechtswidrig befinden würde, würde dies an dem Fehlen einer gültigen Lizenz des Piloten und dem sich aus § 40, §42 Abs. 3 LuftBO ergebenden Verbot seiner Beschäftigung als Verkehrsflugzeugführer nichts ändern. Auch können die angeblichen fliegerischen Leistungsmängel in einem rechtsstaatlichen, eben dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren überprüft werden, dem Piloten wird somit ein effektiver Rechtsschutz nicht versagt. Soweit der Senat im Urteil vom 31. Januar 1996(aaO, 154 f.) eine abweichende Auffassung vertreten hat, gibt er sie auf, wobei offen bleiben kann, wie die Rechtslage bei den gemäß § 42 Abs. 3 LuftBO durchzuführenden, nicht zugleich der Verlängerung bzw. Erneuerung der Lizenz dienenden Überprüfungsflügen wäre.
4. Die Unwirksamkeit der streitigen Kündigung folgt auch nicht schon daraus, daß die Beklagte die Sachverständigen in unzulässiger Weise bewegt hätte, den Kläger „auszuchecken”, so daß sie sich gegebenenfalls gemäß § 162 BGB nicht auf das Fehlen einer gültigen Lizenz berufen dürfte. Eine solche Einflußnahme seitens der Beklagten läßt sich den vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht entnehmen. Der „Mobbingaushang” der Beklagten vom 13. September 1994 spricht sogar für das Gegenteil. Soweit sich der Kläger also darauf beruft, er sei Opfer eines von den Checkern in erster Linie gegen den mit ihm zusammen überprüften Flugkapitän H. betriebenen Mobbings geworden, ist dem Landesarbeitsgericht aus den oben zu II.3 dargelegten Gründen darin zu folgen, daß sich ein solches Fehlverhalten als nicht der Beklagten zuzurechnender Mißbrauch ihrer Position als Sachverständige des LBA darstellen würde und ggf. im verwaltungsgerichtlichen Verfahren überprüft werden müßte.
5. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts läßt sich jedoch dem Vorbringen der Beklagten nicht entnehmen, daß im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung mit einer Erneuerung der Erlaubnis des Klägers in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden konnte. Die Kündigung war zum damaligen Zeitpunkt nicht schon das mildeste Mittel (ultima ratio), mit dem die Beklagte auf die entstandene Situation reagieren konnte. Vielmehr konnte und mußte die Beklagte dem Kläger zunächst Gelegenheit geben, binnen angemessener Frist die Zustimmung des LBA gem. § 128 Abs. 6 iVm. Abs. 10 LuftPersV zu einer weiteren Wiederholung der Prüfung einholen. Ein entsprechender Versuch des Klägers, notfalls im Wege des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO, wäre bei entsprechendem Sachvortrag des Klägers wie im vorliegenden Rechtsstreit nicht etwa aussichtslos, sondern durchaus erfolgsversprechend gewesen. Davon geht auch die Beklagte aus (Revisionserwiderung vom 11. November 1999 Seite 5 Abs. 3). Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß der Kläger diesen Weg nicht beschritten hätte, hätte die Beklagte, statt sogleich zu kündigen, ihn hierauf verwiesen. Es kann ferner nicht davon ausgegangen werden, daß der Kläger auch eine dritte, rechtsfehlerfrei durchgeführte Überprüfung nicht bestanden hätte. Die Beklagte hat nichts dafür vorgetragen, daß der Kläger schon in den Jahren seit seiner Einstellung bis 1994 fliegerische Mängel gezeigt hätte. Sie hat auch nicht hinreichend substantiiert behauptet, daß seine fliegerischen Leistungen sich im Jahr 1995 derart verschlechtert hätten, daß eine erfolgreiche Absolvierung des weiteren Checks nicht zu erwarten gewesen wäre.
Die Beklagte kann sich entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts auch nicht darauf berufen, daß der Kläger tatsächlich keine Zustimmung des LBA zu einer weiteren Überprüfung beantragt hat. Die organisatorische Vorbereitung der Überprüfungsflüge zur Verlängerung bzw. Erneuerung der Erlaubnis zum Führen eines Verkehrsflugzeugs hatte stets die Beklagte übernommen. Der Kläger ging ersichtlich davon aus, hinsichtlich der prinzipiell möglichen weiteren Überprüfung werde dies nicht anders sein. Hätte die Beklagte dem Kläger vor Ausspruch der Kündigung klargemacht, daß er selbst sich um die alsbaldige Zustimmung des LBA bemühen müsse, so wäre der Kläger sicher nicht untätig geblieben; jedenfalls besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß der Kläger bereits resigniert hatte oder sich aus anderen Gründen nicht mehr um die Erneuerung seiner Erlaubnis bemüht hätte. Die Kündigung war somit (noch) nicht das mildeste Mittel, um auf die entstandene Situation zu reagieren.
6. Entgegen dem angefochtenen Urteil ist somit auch die ordentliche Kündigung unwirksam. Mit der rechtskräftigen Entscheidung der Kündigungsschutzklage ist zugleich der auf eine vorläufige Weiterbeschäftigung gerichtete Antrag des Klägers erledigt.
Unterschriften
Rost, Bröhl, Fischermeier, Dr. Roeckl, Lenz
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 07.12.2000 durch Freitag, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 584674 |
BAGE, 336 |
BB 2001, 1416 |
DB 2000, 2612 |
DB 2001, 1567 |
DStR 2001, 496 |
FA 2001, 62 |
NZA 2001, 1304 |
SAE 2001, 285 |
AP, 0 |
PERSONAL 2001, 582 |