Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Übung im öffentlichen Dienst
Leitsatz (redaktionell)
Sofern Schulräume mit Zustimmung des Schulträgers durch außerschulische Veranstaltungen über die tarifliche Arbeitszeit hinaus belegt werden, haben Schulhausmeister aufgrund betrieblicher Übung Anspruch darauf, während dieser Zeiten Bereitschaftsdienst gegen Zahlung der tariflichen Vergütung zu leisten. Sie haben jedoch keinen Anspruch darauf, daß der Schulträger eine bestimmte Anzahl von Überstunden anordnet.
Orientierungssatz
Auslegung des § 6 des Bezirkszusatztarifvertrages zu SR 2r BAT für Nordrhein-Westfalen.
Normenkette
TVG § 1; BGB § 242; BAT § 4 Abs. 2
Verfahrensgang
LAG Köln (Entscheidung vom 27.09.1983; Aktenzeichen 1/4 Sa 500/83) |
ArbG Köln (Entscheidung vom 24.02.1983; Aktenzeichen 5 Ca 11349/82) |
Tatbestand
Die Parteien streiten, ob die Beklagte berechtigt ist, den Umfang der von den Klägern als Hausmeister im Rahmen der Betreuung von außerschulischen Veranstaltungen in der Vergangenheit erbrachten Leistungen zu kürzen.
Der Kläger zu 1) ist seit dem Jahr 1958, der Kläger zu 2) seit Juni 1974 als Schulhausmeister bei der Beklagten tätig.
Auf die Arbeitsverhältnisse findet der Bundes-Angestelltentarifvertrag und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge Anwendung.
§ 6 des Bezirkszusatztarifvertrages (zu SR 2 r BAT) für Nordrhein-Westfalen (BZT-A/NRW) regelte unter Abschnitt B (Sonderregelungen für Schulhausmeister) u.a. folgendes:
"(1) ......
(2) a) Der Schulhausmeister ist verpflichtet,
die mit dem Schulbetrieb sowie mit der
Benutzung der Räumlichkeiten für nicht-
schulische Zwecke üblicherweise zusammen-
hängenden Arbeiten,
d. s. insbesondere Reinigungsarbeiten,
Beaufsichtigung von Hilfskräften, Ord-
nungsdienst, Schreib- und ähnliche Arbeiten,
dienstliche Gänge, etwaige Reparaturen, Be-
dienung der Heizung und Versorgung von Öfen
einschließlich der Nebenarbeiten und andere
sich aus dem Schulbetrieb ergebende Arbeiten,
zu verrichten.
Eine Dienstanweisung ist nach den von den
Tarifvertragsparteien als Anhang vereinbarten
Richtlinien aufzustellen.
.....
(4) Die auf Anordnung über die regelmäßige Arbeits-
zeit (Abs. 3) hinaus geleisteten Arbeitsstunden
werden zu Dreivierteln und die an Sonn- und
gesetzlichen Feiertagen geleisteten Arbeits-
stunden voll mit der Überstundenvergütung gemäß
§ 35 Abs. 2 Satz 2 BAT vergütet; im übrigen
findet § 35 BAT keine Anwendung. Als Arbeits-
stunden werden in den Fällen der Benutzung von
Schulräumen, Turnhallen oder sonstigen Ein-
richtungen für schulische oder nichtschulische
Zwecke nur die Belegungszeiten gewertet; Vor-
und Abschlußarbeiten werden nicht berück-
sichtigt."
Mit Datum vom 1. November 1972 erstellte die Beklagte eine derartige Dienstanweisung.
In einem Schreiben vom 17. Mai 1974, teilte die Beklagte dem Kläger zu 2) mit:
"Daneben erhalten Sie ggf. Überstundenver-
gütung bei über die regelmäßige Arbeitszeit
hinaus auf Anordnung geleisteten sonstigen
Arbeitsstunden, eine Mehrleistungsentschädi-
gung in Höhe von 50 % der jeweiligen Dienst-
wohnungsvergütung und eine Pauschalvergütung
zur Abgeltung des außerhalb der regelmäßigen
Arbeitszeit anfallenden Arbeitsaufwandes in-
folge der Bedienung der Heizungsanlage."
Die Kläger haben seit dem 1. Juli 1975 eine regelmäßige tarifliche Wochenarbeitszeit von 48 Stunden, die sich an den Wochentagen Montag bis Donnerstag auf die Zeit von 7.30 Uhr bis 18.00 Uhr und am Freitag von 7.30 Uhr bis 16.00 Uhr verteilt. Darüber hinaus waren sie zur Dienstleistung in der Zeit von 18.00 Uhr bis 21.30 Uhr verpflichtet. In dieser Zeit wurden die Turnhallen und andere Räume der Schule für außerschulische Veranstaltungen, z.B. von Sportvereinen oder Musikvereinen, benutzt. Diese von den Klägern geleisteten Dienste für außerschulische Veranstaltungen wurden nach § 6 B Abs. 4 BZT-A/NRW vergütet.
Am 23. September 1982 faßte die Beklagte den Beschluß, für die Zeit der Benutzung schulischer Einrichtungen zu nicht schulischen Zwecken den Hausmeistern die Zuständigkeit soweit als möglich zu entziehen, um die entstehenden Personalkosten zu senken. Die Schlüsselgewalt für Turnhallen sollte montags bis mittwochs mit Beginn der einzuführenden dritten Übungseinheit (ab 20.30 Uhr) und donnerstags/freitags sowie an Wochenenden generell auf die Hallenbenutzer übergehen.
Der Beschluß vom 23. September 1982 hätte für den Kläger zu 1) eine Verdienstminderung von 1.042,-- DM und für den Kläger zu 2) von 600,-- bis 1.000,-- DM im Monat zur Folge gehabt.
Die Kläger haben vorgetragen, die Beklagte habe den Umfang der Dienstleistungen im Rahmen der außerschulischen Veranstaltungen nicht einseitig ändern können. Es ergebe sich ein Anspruch aus § 6 B BZT-A/NRW. Die Beklagte entziehe ihnen unzulässigerweise einen Teil des tarifvertraglich vereinbarten Aufgabengebietes.
Die Beklagte habe bei der Einstellung von Schulhausmeistern die Überstundenvergütung werbend eingesetzt. Die Überstundenbezahlung sei ein wesentlicher Anreiz gewesen, die Hausmeisterstelle anzunehmen. Dem Kläger zu 1) sei die feste Zusage gemacht worden, daß Überstunden und Bereitschaftsstunden besonders abgegolten würden. Die Überstundenbezahlung sei unabdingbarer Gehaltsbestandteil. Dem Kläger zu 2) sei vor Vertragsabschluß schriftlich vorgerechnet worden, welche zusätzlichen monatlichen Leistungen er durchschnittlich zu erbringen habe und welche Überstundenvergütung er dafür erwarten könne.
Die Kläger haben weiter die Auffassung vertreten, die Überstundenregelung sei aufgrund langjähriger Übung Vertragsinhalt geworden. Die Dienstleistungen bei den außerschulischen Veranstaltungen seien als Bereitschaftsdienst zu bewerten, da sie sich nach 18.00 Uhr in ihren Wohnungen aufhielten. Das Abschließen gegen 21.30 Uhr übernähmen ihre Ehefrauen. § 4 Abs. 2 BAT stehe diesem aufgrund betrieblicher Übung entstandenen Anspruch nicht entgegen, da es sich nicht um eine Nebenabrede handele. Die Berufung auf das Schriftformerfordernis sei darüber hinaus treuwidrig.
Der Kläger zu 1) hat beantragt festzustellen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht. Der Kläger zu 2) hat beantragt, 1. festzustellen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen in Verbindung mit dem Beschluß des Ausschusses für allgemeine Verwaltung und Rechtsfragen des Beklagten vom 23. September 1982 zum 11. Oktober 1982 rechtsunwirksam ist; 2. den Beklagten zu verurteilen, ihn zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen. Die Beklagte hat beantragt, die Klagen abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Kläger hätten weder einen tarifvertraglichen noch einen einzelvertraglichen Anspruch auf Ableistung der in der Vergangenheit geleisteten Überstunden. Überstunden seien anzuordnen. Mit dem Wegfall der Anordnung entfielen die Überstunden. Eine generelle Werbung mit der Überstundenvergütung zur Einstellung von Schulhausmeistern habe es nicht gegeben. Bei der Übernahme bzw. Einstellung der Kläger sei ihnen keine Zusage erteilt worden, Überstunden leisten zu können.
Ein Anspruch aufgrund betrieblicher Übung scheitere bereits am Schriftformerfordernis des § 4 Abs. 2 BAT. Die bisherige Praxis verstoße auch gegen die Vorschriften der AZO. Die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleisteten Arbeiten seien grundsätzlich Vollarbeit. Über das Öffnen und Schließen der Türen und Eingänge hinaus hätten die Kläger entsprechend der Richtlinie zu § 6 B Abs. 2 a BZT-A/NRW die Aufsicht darüber, daß nur berechtigte Personen die Räume nutzen sowie Sportgeräte herauszugeben und ordnungsgemäß zurückzunehmen. Das Vertrauen auf die Beibehaltung eines rechtswidrigen Zustandes könne nicht geschützt sein.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben den Klagen stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte weiterhin die Klageabweisung. Die Kläger bitten um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kläger hätten aufgrund betrieblicher Übung einen vertraglichen Anspruch, bei Belegung der Schulräume nach 18.00 Uhr durch außerschulische Veranstaltungen Bereitschaftsdienst zu leisten und dafür die tarifliche Vergütung zu erhalten. Das Schriftformerfordernis des § 4 Abs. 2 BAT stehe dem Anspruch nicht entgegen, da die Parteien nicht über die Wirksamkeit einer Nebenabrede stritten, sondern über den Inhalt der Hauptpflichten aus dem bestehenden Vertragsverhältnis. Ein Verstoß gegen Vorschriften der AZO liege nicht vor, da die Leistungen der Kläger in der Zeit von 18.00 Uhr bis 21.30 Uhr keine Vollarbeit oder Arbeitsbereitschaft im Sinne der AZO, sondern Bereitschaft sei.
II. Mit diesen Ausführungen hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend den Anspruch der Kläger bejaht.
1. Die tarifgebundenen Kläger können den von ihnen geltend gemachten Anspruch auf Betreuung der außerschulischen Veranstaltungen in dem bisherigen Umfang nicht aus § 6 B Abs. 2 a BZT-A/NRW herleiten. Diese Vorschrift enthält lediglich die Verpflichtung jedoch keinen Anspruch der Schulhausmeister, auch die mit der Benutzung der Räumlichkeiten für nichtschulische Zwecke üblicherweise zusammenhängenden Arbeiten zu verrichten. Diese Verpflichtung wird durch die Dienstanweisung der Beklagten vom 1. November 1972 dahingehend konkretisiert, daß die Schulhausmeister außerschulische Veranstaltungen im Rahmen ihrer Dienstobliegenheiten zu betreuen haben (Ziff. 1.6), ihnen das rechtzeitige Öffnen und Schließen der Türen und Eingänge obliegt und sie die ihnen anvertrauten Schlüssel zum Grundstück, zu den Schulgebäuden und den Schulräumen zu verwahren haben (Ziff. 2.21). Ein Anspruch, diese Tätigkeiten in einem bestimmten Umfang zu verrichten, ergibt sich somit auch nicht aus der Dienstanweisung.
2. Die Kläger können ihren Anspruch auch nicht auf eine ausdrückliche einzelvertragliche Vereinbarung bei Abschluß des Arbeitsvertrages stützen.
Beim Kläger zu 1) fehlt es bereits an einem substantiierten Vortrag, ihm sei eine bestimmte Anzahl von Überstunden zugesagt worden. Der Kläger zu 2) hat zwar vorgetragen, ihm sei vorgerechnet worden, welche zusätzlichen monatlichen Leistungen er durchschnittlich zu erbringen habe. Darin kann jedoch keine einzelvertragliche Vereinbarung gesehen werden. Denn es wird damit lediglich gesagt, der Kläger erhalte Überstundenvergütung, wenn er über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus auf Anordnung Arbeitsstunden leiste.
3. a) Der Anspruch der Kläger ist jedoch aus dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung begründet.
Unter einer betrieblichen Übung versteht man die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, daß ihnen eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer gewährt werden soll. Aufgrund einer Willenserklärung, die von den Arbeitnehmern stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen dann vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Vergünstigungen (BAGE 40, 126, 133 = AP Nr. 1 zu § 3 TV-Arb Bundespost; BAG Urteil vom 5. September 1985 - 6 AZR 86/82 - AP Nr. 1 zu § 1 BUrlG Treueurlaub, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAGE 23, 213, 220 = AP Nr. 10 zu § 242 BGB Betriebliche Übung; BAGE 39, 271, 276 = AP Nr. 12 zu § 242 BGB Betriebliche Übung; BAGE 40, 126, 133 = AP Nr. 1 zu § 3 TV-Arb Bundespost = EzA § 242 BGB Betriebliche Übung Nr. 8 = AR-Blattei Betriebsübung, Entscheidung 9; Urteil vom 9. Juli 1985 - 1 AZR 631/80 - DB 1986, 230; Urteil vom 4. September 1985 - 7 AZR 262/83 - AP Nr. 22 zu § 242 BGB Betriebliche Übung = SAE 1986, 281, mit zust. Anm. von Hromadka = EzA § 242 BGB Betriebliche Übung Nr. 16, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; Urteil vom 5. Februar 1986 - 5 AZR 632/84 -, zur Veröffentlichung vorgesehen, jeweils m. w. N.) kommt es dabei für die Begründung eines Anspruchs durch betriebliche Übung nicht darauf an, ob der Arbeitgeber mit Verpflichtungswillen handelt. Denn die Wirkung einer Willenserklärung oder eines bestimmten Verhaltens tritt im Rechtsverkehr nicht deshalb ein, weil der Erklärende einen bestimmten Willen hegt, sondern weil er seinen auf eine bestimmte Rechtswirkung gerichteten Willen dem Erklärungsempfänger gegenüber äußert. Ob sich der Arbeitgeber binden wollte, beurteilt sich danach, ob der Arbeitnehmer aus dem Erklärungsverhalten des Arbeitgebers auf diesen Willen schließen durfte. Für die Bindungswirkung der betrieblichen Übung entscheidend ist daher die Frage, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände verstehen durfte (§§ 133, 157 BGB).
Hinsichtlich des öffentlichen Dienstes sind allerdings insofern Einschränkungen zu machen, als dort regelmäßig Normenvollzug vorliegt. Ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes wird daher selbst bei langjährigen Leistungen nicht ohne weiteres annehmen dürfen, die Gewährung von Vergünstigungen sei Vertragsbestandteil geworden (vgl. zuletzt BAG Urteil vom 14. August 1986 - 6 AZR 427/85 - m. w. N., zur Veröffentlichung vorgesehen).
b) Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung ist entgegen der Ansicht der Revision vorliegend eine betriebliche Übung dahingehend entstanden, daß die Kläger entsprechend der Handhabung in der Vergangenheit zwar keinen Anspruch auf eine bestimmte Anzahl von Überstunden haben, wohl aber darauf, daß sie bei außerschulischen Veranstaltungen Bereitschaftsdienst gegen Zahlung der tariflichen Vergütung zu leisten haben, sofern die Schulen in dieser Zeit mit Zustimmung des Schulträgers belegt sind. Die Kläger durften darauf vertrauen, daß sie diese Dienste in dem entsprechenden Umfang so lange leisten konnten, wie der Schulträger die Räumlichkeiten zur Benutzung durch Dritte freigibt. Nur wenn der Schulträger die Schulräume nicht für Dritte freigibt, entfällt nach der tariflichen Regelung die Verpflichtung, Bereitschaftsdienst zu leisten. Dies ergibt sich aus dem jahrelangen Verhalten der Beklagten in der Vergangenheit, beim Kläger zu 1) seit dem Jahr 1958 und beim Kläger zu 2) seit dem Jahr 1974. Die Beklagte hat in der Vergangenheit entsprechend den tariflichen Regelungen die Leistungen der Kläger über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus verlangt und zwar in dem Umfang, in dem die Schulräume mit ihrer Zustimmung durch außerschulische Veranstaltungen belegt waren. Dabei wurde die Tätigkeit der Kläger nicht an eine konkrete Erklärung der Beklagten ihnen gegenüber geknüpft, sondern lediglich an die Tatsache der Belegung der Schulräume. Diese einheitliche, gleichmäßige Handhabung der tarifvertraglichen Regelungen in einer bestimmten Art, mußte bei den Schulhausmeistern den berechtigten Eindruck erwecken, daß es sich um ein auf Dauer angelegtes Verhalten handelt. Dies gilt um so mehr, als die Beklagte auch ohne weitere Anordnungen all die Jahre erwartet hat, daß die Kläger ihrerseits diesen Verpflichtungen nachkommen und die Planung ihrer Freizeit auf Dauer darauf einstellten. Auch die Besonderheiten des öffentlichen Dienstes führen vorliegend zu keiner anderen Wertung. Die Beklagte hat keine Leistungen über die tarifvertraglich Vorgesehenen hinaus erbracht, sondern sich im Rahmen der Tarifregelungen gehalten und diese - auch in ihrem eigenen Interesse - genutzt.
c) Entgegen der Ansicht der Revision stehen die Bestimmungen der AZO einem Anspruch aus betrieblicher Übung nicht entgegen.
Ein Verstoß gegen die Schutzvorschriften der Arbeitszeitordnung bei der vorliegenden Handhabung liegt deshalb nicht vor, weil die Kläger in der Zeit von 18.00 Uhr bis 21.30 Uhr Bereitschaftsdienst leisten, der arbeitsschutzrechtlich als Ruhezeit zu bewerten ist. Bei der Ermittlung der Höchstgrenzen der AZO werden diese Zeiten nicht mitgezählt (vgl. Denecke/Neumann, AZO, 9. Aufl., § 7 Rz 23 und § 12 Rz 3; Meisel/Hiersemann, AZO, 2. Aufl., § 2 Rz 103 und § 12 Rz 10). Bereitschaftsdienst liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer sich für Zwecke des Betriebs an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle innerhalb oder außerhalb des Betriebes aufzuhalten hat, damit er seine Arbeitstätigkeit unverzüglich aufnehmen kann (BAGE 8, 25, 28 = AP Nr. 5 zu § 7 AZO). Daraus ergibt sich, daß Bereitschaftsdienst keine volle Arbeitsleistung darstellt (BAG Urteil vom 9. August 1978 - 4 AZR 77/77 - AP Nr. 5 zu § 17 BAT, m.w.N.).
Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß die Kläger lediglich die Türen aufzuschließen, die Beleuchtung einzuschalten und um 21.30 Uhr die Räume wieder zu verschließen haben. Im übrigen brauchen sie sich lediglich in ihrer Wohnung aufzuhalten. Nur in Notfällen, z.B. bei technischen Störungen, müssen sie tätig werden. Diese Feststellungen, an die das Revisionsgericht mangels durchgreifender Revisionsrügen gebunden ist, ergeben, daß die Kläger nur im Notfall im Schulgebäude anwesend sein müssen, um eine Arbeitstätigkeit aufnehmen zu können und somit Bereitschaftsdienst vorliegt.
Entgegen der Auffassung der Revision stellt das regelmäßige Abschließen nach Beendigung der Veranstaltungen keine Unterbrechung der Ruhezeit dar, mit der Folge, daß sich eine neue Ruhezeit von 11 Stunden anschließen müßte (§ 12 AZO), was unter Berücksichtigung der regelmäßigen Arbeitszeit der Kläger nicht hätte eingehalten werden können, da der Zeitabstand zwischen 21.30 Uhr und 7.30 Uhr hierfür zu gering ist. Abschließen und Lichtausschalten ist keine nennenswerte Arbeitsleistung, da diese Tätigkeiten nicht über das hinausgehen, was jeder Bereitschaftsdienstleistende zu tun hat, wenn er den Bereitschaftsdienst nicht in seiner Wohnung leistet, sondern an einem anderen von dem Arbeitgeber bestimmten Ort. Auch dieser hat nach Beendigung des Bereitschaftsdienstes den Ort zu verlassen und das Licht auszuschalten und abzuschließen, ohne daß diese Tätigkeit als Arbeitsleistung zu werten ist. Sofern im Einzelfall doch einmal während der Bereitschaftsdienstzeit Arbeitsleistungen anfallen und die Ruhezeit von 11 Stunden nach § 12 AZO nicht mehr gewahrt werden kann, besteht die Möglichkeit, daß am nächsten Tag der Dienst später angetreten und bis dahin von einer Vertretung wahrgenommen wird.
4. Einem Anspruch aufgrund einer betrieblichen Übung steht nicht das Schriftformerfordernis des § 4 Abs. 2 BAT entgegen. Nach dieser Vorschrift bedürfen Nebenabreden zum Arbeitsvertrag der Schriftform, um wirksam zu sein. Hiervon werden auch solche Nebenabreden erfaßt, die auf eine betriebliche Übung gestützt werden (BAGE 35, 7, 12 f. = AP Nr. 3 zu § 19 TV-Arb Bundespost; BAGE 37, 228, 233 ff. = AP Nr. 8 zu § 4 BAT; BAGE 40, 126, 136 = AP Nr. 1 zu § 3 TV-Arb Bundespost; BAG Urteile vom 29. Januar 1986 - 7 AZR 295/84 - und vom 19. März 1986 - 5 AZR 254/85 - beide nicht zur Veröffentlichung bestimmt).
Was unter einer Nebenabrede im Sinne von § 4 Abs. 2 BAT zu verstehen ist, ist umstritten.
a) Der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts bestimmt dies in ständiger Rechtsprechung nach dem Gegenstand der vertraglichen Regelung. Nebenabreden sind danach Vereinbarungen der Parteien, die weder die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers noch die Gegenleistung des Arbeitgebers unmittelbar betreffen. Nach dieser Ansicht sind alle Vereinbarungen, die das Entgelt des Arbeitgebers für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers betreffen, Hauptabreden. Begründet wird diese Auffassung damit, daß die Begriffe Hauptabrede und Nebenabrede im Sinne ihrer allgemeinsprachlichen Bedeutungen nur dahin verstanden werden können, daß mit der Hauptabrede die "Hauptsache", mit der Nebenabrede dagegen das Unwesentliche gemeint ist (vgl. u.a. BAGE 37, 228, 233 = AP Nr. 8 zu § 4 BAT; Urteil vom 7. Mai 1986 - 4 AZR 556/83 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Demgemäß hat der Vierte Senat § 4 Abs. 2 BAT z.B. für anwendbar gehalten bei Vereinbarungen über Fahrtkosten, Verpflegungszuschüssen, Trennungsentschädigung, Fliegerzulage und bei der Gewährung von Essenszuschüssen (BAGE 29, 29 182, 184 = AP Nr. 4 zu § 4 BAT; Urteil vom 26. Juli 1972 - 4 AZR 365/71 - AP Nr. 1 zu § 4 MTB II; BAGE 35, 7, 12 = AP Nr. 3 zu § 19 TV-Arb Bundespost; BAGE 37, 228, 233, aaO).
b) Demgegenüber hält es der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAGE 40, 126, 131 f., aaO) für zweifelhaft, ob die Unterscheidung nach Haupt- und Nebenpflichten stets zu einer sachgerechten Abgrenzung führt. Er meint, allein das Regelungsziel, das die Tarifvertragsparteien mit der Bestimmung verfolgt haben, sei entscheidungserheblich. Der Zweck der Regelung könne ersichtlich nur darin bestehen, die Einheitlichkeit der Arbeitsbedingungen des öffentlichen Dienstes zu sichern und vom tariflichen Regelungssystem abweichende ungewöhnliche Absprachen offenzulegen, um sie damit einer dienstaufsichtlichen Überprüfung zugänglich zu machen. Die anstellende Behörde solle daran gehindert werden, ungewöhnliche Absprachen in unkontrollierter Weise zu treffen.
Mit dieser Begründung hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts die Zusage von Trennungsentschädigung (ebenso wie der Vierte Senat - BAGE 40, 126 ff., aaO) für eine Nebenabrede gehalten, während er die Übertragung zusätzlicher Reinigungsarbeiten auf Schulhausmeister die unter den Bezirkszusatztarifvertrag zum BAT für Schulhausmeister bei kommunalen Arbeitgebern in Nordrhein-Westfalen fielen (Urteil vom 12. Juli 1983 - 3 AZR 129/81 - AP Nr. 9 zu § 17 BAT), die Zahlung eines höheren Wechselschichtzuschlags anstelle des tariflich vorgeschriebenen Schichtzuschlags (BAGE 39, 271, 275, aaO) und die Anrechnung einer Pause auf die Arbeitszeit bei der Deutschen Bundespost (Urteil vom 8. März 1983 - 3 AZR 284/80 -, nicht zur Veröffentlichung vorgesehen) als Hauptabrede angesehen hat.
c) Für die Entscheidung des vorliegenden Falles kann dahingestellt bleiben, ob der Auffassung des Dritten oder der des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts zu folgen ist. Nach beiden Auffassungen liegt hier keine Nebenabrede vor. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, sind vorliegend Gegenstand der betrieblichen Übung Hauptrechte und Hauptpflichten des Arbeitsverhältnisses, nämlich Arbeitsleistung der Kläger und deren Vergütung als Gegenleistung durch die Beklagte. Es handelt sich auch nicht um eine vom tariflichen Regelungssystem abweichende Absprache, sondern um die konkrete Ausgestaltung der sich aus der Vorschrift des § 6 B Abs. 2 BZT-A/NRW ergebenden Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien.
5. Von der Beklagten kann dieser vertragliche Anspruch nicht einseitig durch Übertragung der entsprechenden Aufgaben auf die Benutzer der Räumlichkeiten beseitigt werden. Dazu bedurfte es vielmehr einer Kündigung, eines Widerrufs oder sonstiger vorbehaltener Rechte zur Vertragsänderung. Nach ihrem eigenen Vortrag hat die Beklagte derartige Änderungsmöglichkeiten nicht genutzt.
6. Der Senat setzt sich damit nicht in Widerspruch zu der Entscheidung des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 7. Mai 1986 - 4 AZR 556/83 - (zur Veröffentlichung vorgesehen). Dieser hat ausgeführt, eine Zulage könne einseitig ohne Änderungskündigung und ohne Einschaltung des Personalrats eingestellt werden, wenn sie ohne Bestehen eines einzelvertraglichen Anspruchs von einem öffentlichen Arbeitgeber rechtsgrundlos in der irrigen Annahme des Bestehens einer entsprechenden tariflichen Verpflichtung gezahlt worden sei. Hier hat die Beklagte in der Vergangenheit dagegen nicht aufgrund irriger Annahme einer tariflichen oder sonstigen Verpflichtung Überstunden für die Kläger angeordnet, sondern ihnen die im Zusammenhang mit der Benutzung der Schulräume durch außerschulische Veranstaltungen entstehenden Aufsichts- und Wartungsarbeiten zusätzlich zu ihren sonstigen Arbeitsvertragspflichten zugewiesen. Der dadurch im Laufe der Zeit aufgrund betrieblicher Übung entstandene vertragliche Anspruch der Kläger, diese zusätzlichen Arbeiten gegen die tarifliche Vergütung bei entsprechender Nutzung der Schulräume auszuführen, besteht daher nach wie vor.
7. Auch der Leistungsantrag des Klägers zu 2) ist begründet, da die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger zu 2) nach den vereinbarten Arbeitsbedingungen zu beschäftigen (vgl. BAGE 2, 221, 224 f. = AP Nr. 2 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht; BAGE 28, 168 = AP Nr. 4 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht).
8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Dr. Jobs Dörner Schneider
Ostkamp Scheerer
Fundstellen
RdA 1987, 188 |
AP § 242 BGB Betriebliche Übung (LT1), Nr 27 |
EzA § 242 BGB Betriebliche Übung, Nr 20 (LT) |
EzBAT § 4 BAT Betriebliche Übung, Nr 2 (LT) |
RiA 1987, 176-176 (T) |