Schulhausmeister muss Arbeitszeiten darlegen und beweisen

Ein als Schulhausmeister beschäftigter Arbeitnehmer übt typischerweise Tätigkeiten mit Bereitschaftsanteil aus, wobei letzterer nach Abschnitt A des Anhangs zu § 9 TVöD-V zur Hälfte als Arbeitszeit zählt. Bei der Geltendmachung von Überstunden oder einem abweichenden Bereitschaftsanteil ist der Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig.

Ein Schulhausmeister ist uneingeschränkt darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass er auch unter Berücksichtigung der Sonderregelungen in Abschnitt A des Anhangs zu § 9 TVöD-V für (Schul-)Hausmeister und der darin enthaltenen Faktorisierung der tatsächlich angefallenen Bereitschaftszeiten über die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit des § 6 TVöD-V hinaus für den Arbeitgeber tätig geworden ist. So entschied das BAG.

Streit über Umfang der Anwesenheitszeiten und deren Wertung als Bereitschaftszeit

Die Parteien stritten um Differenzvergütungsansprüche für die Monate Februar bis Juli 2021. Dabei ging es um die Frage ob und in welchem Umfang Anwesenheitszeiten des seit 1993 als Schulhausmeister bei der beklagten Stadt tätigen Klägers nur anteilig als Arbeitszeit zu werten sind, weil es sich um Bereitschaftszeiten handelt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien sind der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) sowie der Landesbezirkliche Tarifvertrag vom 19. Dezember 2006 zum TVöD im Bereich des KAV Nordrhein-Westfalen (TVöD-NRW) in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

Sonderregelungen für Schulhausmeister im TVöD

Als Ausnahme vom Regelfall des § 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD-V kann sich die für das tarifliche Entgelt geschuldete Anwesenheitszeit nach dem Anhang zu § 9 TVöD-V im Wege der Tarifautomatik auf bis zu durchschnittlich 48 Stunden wöchentlich verlängern. Nicht schon mit dem Tabellenentgelt abgegoltene Überstunden können dann nur entstehen, wenn der Beschäftigte in der Summe aus Vollarbeitszeiten und nur mit dem Faktor 0,5 berücksichtigten Bereitschaftszeiten mehr als durchschnittlich 39 Stunden in der Woche für den Arbeitgeber tätig war und die weiteren Voraussetzungen des § 7 Abs. 7 TVöD-V vorliegen.

Hausmeister trägt grundsätzlich Beweislast für Überstunden 

Die Verlängerung der Arbeitszeit nach §9 TVÖD-V ist nur dann einschlägig, wenn Bereitschaftszeiten regelmäßig und in nicht unerheblichem Umfang anfallen. Macht der Arbeitnehmer ausstehende Vergütungen geltend, muss er als Anspruchsteller darlegen und beweisen, dass er im Umfang der vereinbarten Normalarbeitszeit seine geschuldete Tätigkeit erbracht hat oder dass einer der Tatbestände vorliegt, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt, ohne dass dafür geschuldete Entgelt vom Arbeitgeber erhalten zu haben. 

Der Arbeitgeber kann den Vortrag zu den Überstunden des Arbeitgebers dann bestreiten. Unabhängig davon, kann der Arbeitgeber sich zudem auf die Sonderregelung im Anhang zu § 9 TVöD-V berufen und einwenden, dass die Arbeitszeiten nicht im vollen Umfang, sondern nur faktorisiert zu berücksichtigen sind. Folglich hätte der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitszeit noch nicht erfüllt bzw. übererfüllt, wonach keine Überstunden angefallen wären. Für die Anwendung der Sonderregelung trägt wiederum der Arbeitgeber grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast. 

Konkrete Tätigkeit maßgeblich

Durch das ausdrückliche Festlegen der Regelmäßigkeit und des nicht unerheblichen Umfangs der Bereitschaftszeit in § 9 TVöD-V haben die Tarifvertragsparteien eine Prüfung der konkreten Tätigkeit vorgegeben. Wendet der Arbeitgeber mithin das Vorliegen von Bereitschaftszeiten ein, hat er zu den tariflichen Voraussetzungen bezogen auf den konkreten Beschäftigten im Einzelnen vorzutragen. Dabei kann er auf Erfahrungswerte abstellen, die er beispielsweise durch Arbeitsaufzeichnungen über einen repräsentativen Zeitraum gewonnen hat. Sofern solche nicht vorliegen, ist von ihm eine Prognose zur Schätzung des Anfalls von Bereitschaftszeiten für den jeweiligen Arbeitsbereich abzugeben. 

BAG: (Schul-)Hausmeister arbeiten typischerweise auch in Bereitschaft

Nach dem BAG ist für die typische Tätigkeit von (Schul-)Hausmeistern allerdings der Anwendungsbereich des Abschnitts A des Anhangs zu § 9 TVöD-V grundsätzlich eröffnet. Dies führt im Ergebnis zu einer Beweislastumkehr: (Schul-)Hausmeister mit derartigen Tätigkeiten müssen darlegen, dass bei ihnen die Voraussetzungen für ein Eingreifen der Sonderregelungen im Abschnitt A des Anhangs zu § 9 TVöD-V nicht gegeben sind.

Kläger hätte bei Abweichen von typischer Tätigkeit genau vortragen müssen

Den Vorstellungen der Tarifvertragsparteien liegt nach Ansicht des BAG zugrunde, dass Hausmeistertätigkeiten typischerweise einen nennenswerten Anteil an Bereitschaftszeit aufweisen, wovon bei anderen Tätigkeiten nicht in jedem Fall auszugehen ist. Das lediglich pauschale Vorbringen des Arbeitnehmers, die tatsächlichen Anforderungen an die Hausmeistertätigkeiten stellten sich aufgrund eines veränderten Schulalltags, veränderter Ferienschließzeiten sowie des Umstands, dass häufig keine Dienstwohnung mehr genutzt werde, heute anders dar, vermag diesen Befund nicht in Frage zu stellen.

Der Hausmeister hätte etwa ausführlich darlegen müssen, dass bei den Tätigkeiten, die typischerweise mit Bereitschaftszeiten verbunden sind, in seinem Fall ausnahmsweise die Zeiten mit Arbeitsleistung überwiegen, oder dass bei ihm Bereitschaftszeiten nicht regelmäßig bzw. nur in unerheblichem Umfang anfallen. 
 

(BAG, Urteil v. 4.7.2024, 6 AZR 200/23)