Entscheidungsstichwort (Thema)
Dauer der Ausbildungszeit. Verweisung. Auslegung des Begriffs “Bestimmungen”
Orientierungssatz
1. Eine vertragliche Regelung, nach der sich die Dauer der regelmäßigen wöchentlichen Ausbildungszeit nach den “Bestimmungen” richtet, die für die Arbeitszeit der beim Ausbildungsträger beschäftigten Arbeitnehmer gelten, ist jedenfalls dann weder mehrdeutig (§ 305c Abs. 2 BGB) noch intransparent (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), wenn in dem Ausbildungsvertrag die Stundenzahl ausdrücklich angegeben wird (hier: “sie beträgt zur Zeit durchschnittlich 41 Stunden”).
2. Eine Tarifnorm, welche hinsichtlich der Arbeitszeit auf die für andere Beschäftigtengruppen geltenden Bestimmungen verweist, erfasst regelmäßig alle abstrakt-generellen Regelungen, mit denen der Arbeitgeber die Arbeitszeit festlegt. Es muss sich nicht um (Tarif-) Normen handeln.
3. Die Vorschrift in § 8 MTV Schüler, nach der für die Dauer der wöchentlichen Ausbildungszeit die “Bestimmungen” über die Arbeitszeit der Arbeitnehmer gelten, für deren Beruf der Auszubildende ausgebildet wird, bezieht sich auf die Arbeitszeitregelungen, die der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Einstellung des Auszubildenden bei Neueinstellung von Arbeitnehmern anwendet. Das können auch Regelungen in Form einer Verwaltungsvorschrift sein.
4. Ist die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der in Vollzeit beschäftigten Arbeitnehmer unterschiedlich hoch, weil der Arbeitgeber nach der Kündigung der tariflichen Arbeitszeitvorschriften (§ 15 BAT: 38,5 Stunden) mit neu eingestellten Arbeitnehmern eine längere Arbeitszeit vereinbart (41 Stunden), richtet sich die Ausbildungszeit neu eingestellter Auszubildender nach der längeren Arbeitszeit. Unerheblich ist dabei, dass die Gruppe der Arbeitnehmer in der 41-Stunden-Woche deutlich kleiner ist als die Gruppe der Arbeitnehmer mit 38,5 Stunden.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 305 ff.; TVG §§ 3-4; Bundes-Angestelltentarifvertrag § 15
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichtsgerichts Baden-Württemberg vom 18. Mai 2006 – 3 Sa 58/05 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Dauer der regelmäßigen wöchentlichen Ausbildungszeit des Klägers und sich daraus ergebende Ansprüche auf Mehrarbeitsvergütung.
Der im August 1983 geborene Kläger ist seit dem 1. April 2005 bei der Beklagten als Schüler für den Beruf des Gesundheits- und Krankenpflegers nach dem Krankenpflegegesetz vom 16. Juli 2003 beschäftigt. Er ist seit Juli 2005 Mitglied der Gewerkschaft ver.di.
In § 3 des Ausbildungsvertrags vom 11. März 2005 ist ua. bestimmt:
“Grundsätzliches über das Rechtsverhältnis
Das Ausbildungsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Schülerinnen/Schüler, die nach Maßgabe des Krankenpflegegesetzes oder des Hebammengesetzes ausgebildet werden (Mantel-TV Schü) vom 16.07.2003 in der zum Zeitpunkt des Austritts des Universitätsklinikums aus dem Arbeitgeberverband des öffentlichen Dienstes (31. Januar 2005) für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) gültigen Fassung und den diesen zu diesem Zeitpunkt ergänzenden Tarifverträgen mit Ausnahme des gekündigten Tarifvertrages über ein Urlaubsgeld für Schülerinnen/Schüler, die nach Maßgabe des Krankenpflegegesetzes oder des Hebammengesetzes ausgebildet werden vom 21.04.1986. Bis zum Zeitpunkt einer neuen Vereinbarung gilt der gekündigte Tarifvertrag über eine Zuwendung … Außerdem finden die für den Ausbildungsträger jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge – mit Ausnahme des Beihilfetarifvertrages vom 26.05.1964 – Anwendung.
Das Universitätsklinikum beabsichtigt, eigenständige Tarifverträge zu vereinbaren. Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass die vom Universitätsklinikum künftig vereinbarten bzw. geltenden Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung für das Arbeitsverhältnis gelten und die in den vorstehenden Absätzen des § 2 vereinbarten Arbeitsbedingungen unmittelbar ersetzen.
Dies gilt auch für Tarifverträge, die das Universitätsklinikum gemeinsam mit anderen Arbeitgebern abschließt und auch für den Fall, dass das Universitätsklinikum erneut einem Arbeitgeberverband beitritt, der seinerseits Partei eines Tarifvertrages ist, dessen Geltungsbereich sich auf das Universitätsklinikum erstreckt.”
§ 5 dieses Vertrags lautet:
“Dauer der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit
Die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Ausbildungszeit des Schülers richtet sich nach den Bestimmungen, die für die Arbeitszeit der beim Träger der Ausbildung beschäftigten Pflegekräfte der VergGr. KR IV BAT gelten. Sie beträgt zur Zeit durchschnittlich 41,00 Stunden wöchentlich.
Bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ist die wöchentliche Arbeitszeit gem. § 8 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 2 JugArbSchG beschränkt auf 40 Stunden.”
In § 8 MTV Schüler ist unter der Überschrift “Wöchentliche und tägliche Ausbildungszeit” ua. geregelt:
“(1) Die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Ausbildungszeit und die tägliche Ausbildungszeit der Schülerin/des Schülers, die/der nicht unter das Jugendarbeitsschutzgesetz fällt, richten sich nach den Bestimmungen, die für die Arbeitszeit der beim Träger der Ausbildung in dem Beruf beschäftigten Angestellten gelten, für den sie/er ausgebildet wird.
…
(3) Eine über die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Ausbildungszeit hinausgehende Beschäftigung ist nur ausnahmsweise zulässig.”
Nach § 10 MTV Schüler erhält der Schüler eine monatliche Ausbildungsvergütung, für deren Berechnung und Auszahlung § 36 BAT entsprechend gilt. Nach § 11 MTV Schüler gelten ua. für die Überstunden und für die Zeitzuschläge die Vorschriften sinngemäß, die jeweils für die beim Ausbildungsträger in dem künftigen Beruf beschäftigten Angestellten maßgebend sind.
Die Dauer der Arbeitszeit der bei der Beklagten beschäftigten Pflegekräfte beträgt, soweit ihr Arbeitsverhältnis vor dem 1. Mai 2004 begonnen hat, nach dem von der TdL zum 30. April 2004 gekündigten § 15 Abs. 1 Satz 1 BAT 38,5 Stunden. Mit dem ab 1. Mai 2004 eingestellten Pflegepersonal vereinbarte die Beklagte gemäß den “Verwaltungsvorschriften des Finanzministeriums Baden-Württemberg zur Anwendung der gekündigten Arbeitszeitvorschriften in BAT/MTArb/MTW” vom 14. April 2004 Az. 1-0341.1-01/33 (GemABl. 2004 Nr. 7 S. 405) eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 41 Stunden. Die Gruppe der mit einer Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden beschäftigten Pflegekräfte ist deutlich größer als die Gruppe der mit 41 Wochenstunden beschäftigten Pflegekräfte.
Die Beklagte zog den Kläger bis einschließlich November 2005 zu einer wöchentlichen Ausbildungszeit von 41 Wochenstunden heran. Seit dem 1. Dezember 2005 gilt auf Grund der Tarifvereinbarung vom 16. Oktober 2005, geschlossen zwischen ver.di und mehreren Universitätsklinika, darunter der Beklagten, für Schülerinnen und Schüler iSd. MTV Schüler eine wöchentliche Regelausbildungszeit von 38,5 Stunden.
Der Kläger ist der Auffassung, die wöchentliche Ausbildungszeit habe auch in der Zeit vom 1. April bis 30. November 2005 38,5 Stunden betragen. Wegen der stattdessen geleisteten 41 Wochenstunden habe er Anspruch auf Überstundenvergütung.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für geleistete Überstunden im Zeitraum vom 1. April 2005 bis 30. November 2005 380,62 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
hilfsweise festzustellen,
dass die regelmäßige Ausbildungszeit zwischen den Parteien im Ausbildungsverhältnis vom 1. April 2005 bis 30. November 2005 38,5 Wochenstunden betrug.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen.
1. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Klage nicht bereits deshalb abzuweisen, weil der Kläger die zeitliche Lage der Stunden, für die er Überstundenvergütung verlangt, nicht näher konkretisiert hat. Zwar hat ein Arbeitnehmer, der die Vergütung von Mehrarbeit verlangt, im Einzelnen darzulegen, an welchen Tagen und zu welchen Zeiten er über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat (vgl. BAG 3. November 2004 – 5 AZR 648/03 – AP BGB § 611 Mehrarbeitsvergütung Nr. 49). Das war hier aber nicht erforderlich. Im Streit ist nämlich nicht die zeitliche Lage der geltend gemachten zweieinhalb Überstunden pro Woche, sondern allein, ob der Kläger statt der von der Beklagten tatsächlich angeordneten 41 Stunden/Woche lediglich 38,5 Stunden/Woche zur Verfügung zu stehen hatte.
2. Ebenso wenig verfängt die Erwägung der Beklagten, mit der gezahlten Ausbildungsvergütung sei die gesamte Anwesenheitszeit eines Krankenpflegeschülers abgegolten. Die Ausbildungsvergütung (§ 10 Abs. 1 MTV Schüler) deckt die regelmäßige Ausbildungszeit ab. Nach § 10 Abs. 3 MTV Schüler ist eine höhere zeitliche Inanspruchnahme nur in Ausnahmefällen zulässig. Trotzdem anfallende Überstunden sind nach § 11 Abs. 1 MTV Schüler nach den für Pflegekräfte geltenden Bestimmungen zu vergüten.
3. Die Klage ist unbegründet.
a) Die Parteien haben in dem Ausbildungsvertrag vorbehaltlich der Geltung eines später anzuwendenden Tarifvertrags rechtswirksam eine wöchentliche Ausbildungszeit von 41 Stunden vereinbart. Der Kläger hat vom 1. April bis zum 30. November 2005 keine Überstunden geleistet.
aa) Dem Ausbildungsverhältnis der Parteien liegt der von der Beklagten üblicherweise verwendete Mustervertrag zugrunde. Er enthält abgesehen von dem Namen des Klägers und dem Beginn und Ende des Ausbildungsverhältnisses keine auf seine Person abgestimmten Daten. Seine Auslegung durch das Landesarbeitsgericht unterliegt deshalb der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung.
bb) Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts, die Parteien hätten eine wöchentliche Ausbildungszeit von 41 Stunden vereinbart, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
(1) Nach dem Inhalt des Vertrags haben die Parteien mit Wirkung ab 1. April 2005 eine wöchentliche Ausbildungszeit von 41 Stunden vereinbart. § 3 Abs. 1 des Ausbildungsvertrags verweist allgemein auf den MTV Schüler. Nach § 8 MTV Schüler sind die “Bestimmungen” maßgeblich, die für die vollzeitbeschäftigten Angestellten gelten, die in dem Beruf arbeiten, für den der Schüler ausgebildet wird. Betrachtet man nur diese allgemeine Bezugnahme, könnte zweifelhaft sein, welche Ausbildungszeit gelten soll. Denn die Arbeitszeit der Pflegekräfte war seit der Kündigung des § 15 BAT zum 30. April 2004 unterschiedlich ausgestaltet. Die Beklagte hat nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts von der rechtlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht, mit Arbeitnehmern, die während der Nachwirkung (§ 4 Abs. 5 TVG) eingestellt wurden, individualrechtlich eine höhere Wochenarbeitszeit zu vereinbaren, nämlich nach Maßgabe des intern bindenden Erlasses des Finanzministeriums eine wöchentliche Arbeitszeit von 41 Stunden. Die bisherige tarifliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden/Woche des § 15 BAT galt nur noch für die bereits vor dem 1. Mai 2004 eingestellten Arbeitnehmer, mit denen die Beklagte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts regelmäßig unabhängig von deren Gewerkschaftszugehörigkeit die Geltung des Tarifrechts des öffentlichen Dienstes vereinbart hatte. Im Krankenhaus der Beklagten arbeiteten damit sowohl Pflegekräfte in der 38,5-Stunden-Woche als auch solche in der 41-Stunden-Woche.
(2) Mögliche Zweifel über die Dauer der wöchentlichen Ausbildungszeit des Klägers werden durch § 5 des Ausbildungsvertrags ausgeräumt. § 5 Abs. 1 Satz 1 des Ausbildungsvertrags greift zunächst die Regelung in § 8 MTV Schüler auf, wenn es dort heißt, die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Ausbildungszeit richte sich nach den “Bestimmungen”, die für die Arbeitszeit der beim Ausbildungsträger beschäftigten Pflegekräfte der Vergütungsgruppe KR IV gelten. Welche Ausbildungszeit nach diesen “Bestimmungen” maßgeblich sein soll, ist in § 5 Abs. 1 Satz 2 des Ausbildungsvertrags erläutert. Dort heißt es unmissverständlich, sie betrage “zur Zeit durchschnittlich 41 Stunden”. Aus Sicht des Klägers (§§ 133, 157 BGB) konnte dies nicht anders verstanden werden, als dass die Beklagte seine Ausbildungszeit nach der Arbeitszeit der seit 1. Mai 2004 eingestellten Pflegekräfte bemessen wollte und auch bemessen hat. Auf die Arbeitszeit der “Mehrheit” der sei langem beschäftigten Pflegekräfte, die in den Genuss der Nachwirkung kommen, sollte es erklärtermaßen nicht ankommen.
(3) Die vorgebrachten Bedenken greifen nicht durch. Das von der Beklagten verwandte Vertragsformular hält der gerichtlichen Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB stand. Die Regelung ist weder mehrdeutig (§ 305c Abs. 2 BGB) noch intransparent (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Auf die Auslegung des Begriffs “Bestimmungen” kommt es insoweit nicht an. Die Stundenzahl “41” klärt den Vertragsinhalt.
b) Tarifrechtlich ist diese Vereinbarung unbedenklich. Zur Zeit des Abschlusses des Ausbildungsvertrags war der Kläger noch nicht Mitglied der Gewerkschaft. Die Beklagte war damit nicht gehindert, mit dem Kläger eine Ausbildungszeit von 41 Stunden zu vereinbaren.
4. Die wöchentliche Ausbildungszeit ist nicht auf Grund des Beitritts des Klägers zur Gewerkschaft mit Wirkung vom 1. Juli 2005 auf 38,5 Stunden/Woche verringert worden.
a) Der Austritt eines Arbeitgebers aus dem Arbeitgeberverband befreit ihn nach § 3 Abs. 3 TVG nicht von seiner Bindung an bestehende Tarifverträge. Die sog. Nachbindung endet erst mit der Beendigung des Tarifvertrags. Ein Arbeitnehmer kann daher durch Eintritt in die Gewerkschaft während des Nachbindungszeitraums noch die beiderseitige Tarifbindung herstellen (vgl. BAG 4. August 1993 – 4 AZR 499/92 – BAGE 74, 41; 7. November 2001 – 4 AZR 703/00 – BAGE 99, 283).
Die Beklagte blieb danach trotz ihres Austritts aus dem Arbeitgeberverband des öffentlichen Dienstes des Landes Baden-Württemberg zum 31. Januar 2005 an den ungekündigten MTV Schüler gebunden. Seit dem Eintritt des Klägers in die Gewerkschaft war der Tarifvertrag unmittelbar und zwingend auf das Ausbildungsverhältnis anzuwenden (§ 4 Abs. 1 TVG). Zur Anwendung gelangt damit auch § 8 MTV Schüler und die dort geregelte Ausbildungszeit.
bb) Daraus ergibt sich entgegen der Revision nicht die Geltung der 38,5-Stunden-Woche. Die Verweisung des § 8 Abs. 1 MTV Schüler bezieht sich nicht ausschließlich auf die Arbeitszeitregelung des § 15 BAT. Sie erfasst auch die seit dem 1. Mai 2004 von der Beklagten angewendeten Verwaltungsvorschriften des Landesfinanzministeriums und die dort vorgeschriebene 41-Stunden-Woche. Maßgeblich ist danach die Arbeitszeit, die der Arbeitgeber zur Zeit des Abschlusses des Ausbildungsvertrags mit Pflegekräften vereinbart. Das ergibt die Auslegung der tariflichen Verweisungsnorm.
(1) In § 8 MTV Schüler ist die Dauer der wöchentlichen Ausbildungszeit nicht unmittelbar geregelt. Die Tarifvertragsparteien verweisen auf die “Bestimmungen”, die für die Arbeitszeit der bei dem Ausbildungsträger in dem Beruf beschäftigten Angestellten gilt, für den der Schüler ausgebildet wird. Eine solche Verweisung in einem Tarifvertrag auf die für eine andere Beschäftigtengruppe geltenden Arbeitsbedingungen ist nicht unüblich. Sie dient unterschiedlichen Zwecken. Welche Regelungen von dem Begriff “Bestimmungen” erfasst werden, richtet sich daher nach dem Wortlaut der tariflichen Verweisungsnorm unter Berücksichtigung des jeweiligen Regelungsgegenstands. Allein der Umstand, dass Tarifverträge Normen enthalten (§ 1 Abs. 1 TVG) rechtfertigt entgegen der Auffassung des Klägers nicht den Schluss, die in Bezug genommenen Arbeitszeitbestimmungen müssten stets Normenqualität haben. Begrifflich genügt jede abstrakt-generelle Regelung, die der Arbeitgeber zur Anwendung bringt und an die er sich selbst bindet (vgl. zur Verweisung in § 40 BAT auf “Bestimmungen” des Beihilferechts: BAG 15. Juli 1993 – 6 AZR 401/92 – ZTR 1993, 509). Sie kann auch in einer Verwaltungsvorschrift enthalten sein.
(2) Der Wortlaut des § 8 MTV Schüler ist nicht dahin zu verstehen, dass die Verweisung ausschließlich auf normative Regelungen der Arbeitszeit gerichtet ist. Der Begriff “Bestimmungen” wird nicht eingeschränkt. Das vom Kläger als richtig angesehene Auslegungsergebnis lässt sich nicht daraus herleiten, die Tarifvertragsparteien hätten bei der Verweisung auf die Arbeitszeit der Angestellten ausschließlich § 15 BAT mit den dort geregelten 38,5 Stunden/Woche im Blick gehabt und zur Anwendung bringen wollen. Im Tarifwortlaut hat sich dieser Wille nicht niedergeschlagen.
(3) Deshalb greift auch seine Erwägung nicht durch, mit der Lösung der Ausbildungszeit von der Arbeitszeit des § 15 BAT würde das Ziel der Tarifvertragsparteien verfehlt, einen Gleichlauf von Ausbildungszeit und Arbeitszeit zu gewährleisten. Richtig ist zwar, dass dieser Gleichlauf nur im Verhältnis zu den ab 1. Mai 2004 eingestellten Pflegekräften besteht. Durch die Verweisung auf die Arbeitszeitbestimmungen der Pflegekräfte wird die Ausbildungszeit jedoch flexibel gestaltet. Sie soll der jeweils geltenden Arbeitszeit entsprechen. Für die Annahme des Klägers, bei unterschiedlicher Dauer der Arbeitszeit sei maßgeblich, welche Arbeitszeit die Mehrzahl der Pflegekräfte hätte, findet sich in § 8 MTV Schüler kein Anhaltspunkt.
II. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Unterschriften
Düwell, Gallner, Reinecke, Pielenz, Benrath
Fundstellen
Haufe-Index 1810359 |
DB 2007, 2777 |
FA 2007, 382 |
ZTR 2007, 682 |
AP, 0 |
ArbRB 2007, 355 |
PflR 2008, 15 |
SPA 2008, 2 |