Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung eines Tarifvertrags. Bindung der Arbeitszeit von Auszubildenden an die verlängerte Arbeitszeit neu eingestellter Angestellter

 

Leitsatz (redaktionell)

Vereinbart eine Landesbehörde als Arbeitgeber bei der Neueinstellung von Angestellten die für Beamte geltende wöchentliche Arbeitszeit, so gilt diese Arbeitszeitregelung nach § 8 Abs. 1 Tarifvertrag zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Schülerinnen/Schüler, die nach Maßgabe des Krankenpflegegesetzes oder des Hebammengesetzes ausgebildet werden, auch für neu eingestellte Auszubildende.

 

Normenkette

BGB §§ 305, 307, 308 Nr. 4, § 310 Abs. 4 S. 1; TVG §§ 1, 4 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Reutlingen (Urteil vom 23.11.2005; Aktenzeichen 5 Ca 378/05)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 14.08.2007; Aktenzeichen 9 AZR 587/06)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 23. November 2005 – 5 Ca 378/05 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Gebührenstreitwert im zweiten Rechtszug: 380,62 EUR

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Umfang der regelmäßigen wöchentlichen Ausbildungszeit.

Wegen des Sachverhalts in seinen Einzelheiten wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils verwiesen (Bl. 48/49 der Akte des Arbeitsgerichts), aus dem sich die dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Tatsachen im Einzelnen ergeben. Von einer Wiederholung wird insoweit abgesehen. Hinsichtlich der Dauer der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit im Ausbildungsverhältnis haben die Parteien in § 5 des Ausbildungsvertrags Folgendes vereinbart:

„Die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Ausbildungszeit des Schülers richtet sich nach den Bestimmungen, die für die Arbeitszeit der beim Träger der Ausbildung beschäftigten Pflegekräfte der Vergütungsgruppe KR IV BAT gelten. Sie beträgt zur Zeit durchschnittlich 41 Stunden wöchentlich.”

Nach § 3 des Ausbildungsvertrags bestimmt sich „das Ausbildungsverhältnis … nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Schülerinnen/Schüler …” (Mantel-TV Schü [West]) vom 16. Juli 2003 in der Fassung vom 31. Januar 2005, dem Zeitpunkt des Austritts der beklagten Anstalt aus dem Arbeitgeberverband des öffentlichen Dienstes Baden-Württembergs. Nach § 8 Abs. 1 Mantel-TV Schü (West) richtet sich die durchschnittliche wöchentliche Ausbildungszeit nach den Bestimmungen, die für die Arbeitszeit der beim Träger der Ausbildung in dem Beruf beschäftigten Angestellten gelten, für die sie ausgebildet werden.

Der Kläger ist der Auffassung, die vertraglich vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit von 41 Stunden sei unverbindlich, sie betrage nur 38,5 Stunden, wie sie der zum 30. April 2004 gekündigte § 15 BAT vorsehe und für die Mehrheit der Angestellten der beklagten Anstalt zutreffe.

Der Kläger hat nach einer vorangegangenen Einschränkung der Klage noch den Antrag gestellt,

festzustellen, dass die regelmäßige Ausbildungszeit im Ausbildungsverhältnis der Parteien 38,5 Wochenstunden beträgt.

Die beklagte Anstalt hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat im Einzelnen ihre Rechtsauffassung dargelegt, wieso die Arbeitszeit für den Zeitraum bis zur Geltung der später geschlossenen Tarifvereinbarung zulässigerweise im Umfang von 41 Stunden in der Woche vereinbart worden sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, weil auf die jeweilige Regelung der Arbeitszeit des Arbeitgebers abzustellen sei, die vor Abschluss der Tarifvereinbarung vom 16. Oktober 2005 zwischen den Universitätsklinika in Baden-Württemberg und der Gewerkschaft ver.di – diese sieht nach Nr. 1. 1 für Auszubildende und Schüler wieder eine wöchentliche Ausbildungszeit von 38,5 Stunden vor – bei Neueinstellungen bei den Pflegekräften vorgesehen habe, dass eine Arbeitszeit von regelmäßig 41 Stunden in der Woche zu erbringen sei.

Wegen seiner Erwägungen im Einzelnen wird auf den Inhalt der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 50 bis 54 der Akte des Arbeitsgerichts) verwiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein Rechtsschutzziel weiterverfolgt.

Der Kläger stellt nunmehr folgende Anträge:

  1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen – Az.: 5 Ca 378/05 – vom 23.11.2005 wird abgeändert.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für geleistete Überstunden im Zeitraum vom 01.04.2005 bis 30.1 1.2005 380,62 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
  3. Hilfsweise festzustellen, dass die regelmäßige Ausbildungszeit zwischen den Parteien im Ausbildungsverhältnis vom 01.04.2005 bis 30.11.2005 38,5 Wochenstunden betrug.

Die beklagte Anstalt bittet um die Zurückweisung der Berufung.

Wegen des Vortrags der Parteien im Einzelnen wird auf den Inhalt ihrer im Berufungsrechtszug vorgelegten Schriftsätze wie auch das angefochtene Urteil, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die an sich statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers...

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