Tarifrunde kommunaler Nahverkehr Forderungen

Am 2. Februar waren die Beschäftigten im kommunalen Nahverkehr bundesweit mit Ausnahme von Bayern zum Streik aufgerufen. In der ersten Verhandlungsrunde zwischen den Gewerkschaften ver.di und dbb sowie den kommunalen Arbeitgeberverbänden kam es zuvor in keinem Bundesland zu einer Einigung. Verhandelt wird kein einheitlicher Tarifvertrag, sondern in den Bundesländern laufen parallel regionale Tarifverhandlungen mit unterschiedlichen Inhalten und Forderungen.

Inhalt der Tarifverhandlungen

Für die rund 90.000 Beschäftigten aus über 130 Unternehmen im kommunalen Nahverkehr laufen derzeit Tarifverhandlungen. Dabei geht es in 14 Bundesländern um Flächentarifverträge über die Arbeitsbedingungen (sog. Manteltarifverträge).

Die kommunalen Unternehmen sind größtenteils den Tarifverträgen Nahverkehr (TV-N) unterworfen, die vor Ort in den jeweiligen Bundesländern zwischen dem Kommunalen Arbeitgeberverband und der Gewerkschaft ver.di verhandelt und vereinbart werden. In Hamburg geht es um Haustarifverträge für die Beschäftigten der Hamburger Hochbahn und der VHH.

Christine Behle, stellvertretende ver.di-Vorsitzende, erklärte: "Wir haben einen dramatischen Mangel an Arbeitskräften im ÖPNV und einen unglaublichen Druck auf die Beschäftigten. In allen Tarifbereichen fallen täglich Busse und Bahnen aus, weil es nicht genug Personal gibt. Es muss dringend etwas geschehen, damit die Beschäftigten entlastet werden."

In Brandenburg, dem Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen werden zudem die Löhne und Gehälter der Beschäftigten verhandelt. In einigen Bundesländern ist die Entgeltentwicklung des TV-N dabei an die Entgeltentwicklung im TVöD gekoppelt, während in anderen Bundesländern eigenständige TV-N-Entgelttarifverträge mit unterschiedlichen Laufzeiten bestehen. 

Auch auf Grund dieser Systematik unterscheiden sich die Forderungen und zentralen Streitpunkte bei den regionalen Tarifverhandlungen zum Teil erheblich voneinander.

Aufruf zum ganztägigen Warnstreik am 2. Februar

Nachdem die erste Verhandlungsrunde in allen Bundesländern bis auf Bayern ohne Ergebnis verlaufen ist, hat die Gewerkschaft ver.di die Beschäftigten im ÖPNV für den 2. Februar zu einem ganztägigen Warnstreik aufgerufen. 

Behle erklärte dazu: "Da jetzt in allen Bundesländern Tarifverhandlungen stattgefunden haben und ohne Ergebnis geblieben sind, ist der Zeitpunkt gekommen, um mehr Druck auf die Arbeitgeber zu machen."

In Bayern beginnen die Verhandlungen erst am 9.2.2024, weshalb die Beschäftigten dort bislang noch nicht zum Streik aufgerufen sind.

Die wichtigsten Forderungen im Überblick


Baden-Württemberg:

  • Volle Anrechnung der Arbeitszeiten bei Verspätungen und von bisher unbezahlten Wegezeiten im Betrieb
  • Einführung einer Nahverkehrszulage
  • Einführung von Schichtzulagen und Absenkung der maximalen Schichtlänge
  • Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit
  • Anhebung des Urlaubsgeldes

Bayern:

  • Beginn der Verhandlungen erst am 9.2.2024
  • Verhandlungsziel: Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Entlastung der Beschäftigten

Berlin:

  • 33 Urlaubstage jährlich für alle Beschäftigten
  • Zusätzliche Urlaubstage für die Arbeit im Nachtdienst
  • Anhebung des Urlaubsgeldes auf 500 EUR
  • Einführung einer 6. Stufe in der Entgelttabelle
  • Reduzierung der unbezahlten Pausen auf maximal 30 Minuten pro Schicht
  • Erhöhung von Zulagen und Ruhezeiten im Fahrdienst
  • Einführung von vermögenswirksamen Leistungen

Brandenburg:

  • Erhöhung der Gehälter um 20 %, mindestens 650 EUR ab 1.7.2024
  • Erhöhung der Auszubildendenvergütung um 5 %
  • Aufstieg für Fahrpersonal aus EG 5 in EG 6
  • Zuschläge für Überstunden ab der 1. Stunde und weitere Zulagen
  • Arbeitsfrei bei voller Bezahlung am 24.12. und am 31.12.
  • Bei Arbeit an Feiertagen Anspruch auf einen bezahlten freien Arbeitstag
  • Gegenforderung der Arbeitgeberseite: Reduzierung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall

Bremen:

  • 33 Urlaubstage jährlich für alle Beschäftigten
  • Anpassung der Zeitzuschläge
  • Begrenzung der Dienstlänge im Fahrdienst auf maximal 12 Stunden
  • Gleichsetzung der Orte "Dienstbeginn" und "Dienstende"
  • Unbefristete Übernahme von Auszubildenden

Hamburg:

Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein:

  • Mehr Urlaub für alle Beschäftigten & arbeitsfrei am 24. und 31.12.
  • Kürzere Schichten sowie Anrechnung von Vor- und Nachbereitungszeiten
  • Anhebung der Zuschläge für ungünstige Dienste

Hamburger Hochbahn AG:

  • Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich
  • 32 Urlaubstage jährlich für alle Beschäftigten
  • Begrenzung der Dienstlängen
  • Anhebung der Zulagen für planmäßige Arbeit zu ungünstigen Zeiten
  • Einführung von vermögenswirksamen Leistungen

Hessen:

  • Streichung der untersten drei Entgeltgruppen (EG1-EG3)
  • Einführung einer Erfahrungsstufe 6
  • Aufstockung der Jahressonderzahlung auf 100 % des Monatsgehalts
  • Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich
  • Begrenzung der geteilten Dienste auf maximal 11 Stunden und Anhebung des Zuschlags auf 30 EUR pro Schicht
  • Anpassungen bei Ruhezeiten und Zuschlägen

Mecklenburg-Vorpommern:

  • Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich
  • Begrenzung der Schichtlänge auf maximal 10 Stunden
  • Anhebung der Mindestruhezeit auf 12 Stunden
  • Anhebung von Zuschlägen für geteilte Dienste und Samstagsarbeit

Niedersachsen:

  • 33 Urlaubstage jährlich für alle Beschäftigten
  • Anpassung der Zeitzuschläge
  • Änderung der Entgeltordnung
  • Anerkennung von Fahrdienst als Schichtarbeit
  • Erhöhung der Mindestruhezeit im Fahrdienst auf 12 Stunden
  • Absenkung der Auslösegrenze für Überstunden im Fahrdienst auf 5 Minuten

Nordrhein-Westfalen:

  • Einführung von Entlastungstagen
  • Erhöhung der Zulagen
  • Zulage bei vorübergehender Übertragung höherwertiger Tätigkeit ab dem 1. Tag
  • Jahressonderzahlung in Höhe von 100 % des Monatsgehalts
  • Überstundenvergütung ab der 1. Minute

Gegenforderungen der Arbeitgeberseite:

  • Streichung des Kündigungsschutzes nach 15 Jahren Betriebszugehörigkeit
  • Freiwillige Erhöhung der Wochenarbeitszeit auf 43 Stunden
  • Auszahlung von Überstunden anstatt Abbau in Freizeit
  • Anreizsystem für die Übernahme zusätzlicher Dienste
  • Neuberechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall auf Grundlage des Grundgehalts anstelle des Durchschnittsgehalts

Rheinland-Pfalz:

  • Stufengleicher Aufstieg in EG 6 für Fahrpersonal ab 20 Jahren Berufserfahrung
  • Zuschläge auf individueller Stundenbasis
  • Samstagszulage von 50 %
  • Erhöhung der Sonn-/Feiertags- und Überstundenzuschläge
  • Erhöhung der Jahressonderzahlung auf 100 % eines Monatsgehalts
  • Bezahlung bei Fahrzeugverspätungen ab der ersten Minute
  • Erhöhung des Urlaubsgelds auf 50 % eines Monatsgehalts
  • Zulagen bei Teilung des Dienstes
  • Anerkennung von Wendezeiten als vergütungspflichte Arbeitszeit
  • Erhöhung der Wechselschicht- und Schichtzulage

Gegenforderungen der Arbeitgeberseite:

  • Freiwillige Erhöhung der Arbeitszeit auf 44 Stunden
  • Maßnahmen zur Senkung der Krankenquote
  • Streichung individueller Zeitgutschriften

Saarland:

  • Einführung einer neuen Entgelttabelle mit durchschnittlich 500 EUR mehr Lohn
  • Bessere Eingruppierung in den Bereichen Werkstatt und Verwaltung
  • Wechselmöglichkeiten von Haustarifbeschäftigten in den TV-N
  • Jährliches Urlaubsgeld in Höhe von 50 % eines Bruttomonatsgehalts
  • Reduzierung des maximalen Pausenabzugs auf 30 Minuten pro Schicht
  • Zahlung von 25 EUR pro geteiltem Dienst
  • Einführung einer Schichtzulage von 100 EUR pro Monat
  • Vergütung der Ruhetagsleistung mit 100 EUR pro Schicht
  • Samstagsarbeitszuschlags von 30 %
  • Krankengeldzuschuss bis zu 33 Wochen

Sachsen:

  • Erhöhung der Vergütung um 22 %, mindestens 750 EUR pro Monat ab 1.1.2024
  • Erhöhung der Auszubildenden-/Praktikantenvergütung um 200 EUR pro Monat ab 1.1.2024
  • Anwendung der Vergütungstabellen für geringfügig Beschäftigte und Anwendung der Auszubildenden-Vergütung bei Praktikanten (außer Schüler-Praktika)
  • Erhöhung des Urlaubsanspruchs auf 33 Tage
  • Einführung von Zeitzuschlägen für Samstagsarbeit in Höhe von 20 %
  • Erhöhung der Zeitzuschläge für Sonntagsarbeit auf 50 % und für Nachtarbeit auf 25 %
  • Verkürzung der Stufenlaufzeiten auf zwei Jahre
  • Zusätzliche Regenerationstage für Kombifahrer*innen und Nachtstunden
  • Begrenzung der geteilten Dienste und Erhöhung der Entschädigung für geteilte Dienste auf 30 EUR
  • Überstundenzuschläge für Fahrzeugverspätungen ab der 1. Minute
  • Anerkennung der Wegezeiten als Arbeitszeit, wenn Anfangs- und Endort unterschiedlich sind
  • Wiederinkraftsetzen der Regelungen zur Altersteilzeit

Sachsen-Anhalt:

  • Erhöhung der Tabellenentgelte um 550 EUR pro Monat
  • Erhöhung der Ausbildungsentgelte um 250 EUR pro Monat
  • Einführung von Zeitzuschlägen für Samstagsarbeit in Höhe von 15 %
  • Erhöhung der Entschädigung für geteilte Dienste auf 30 EUR
  • Erhöhung der Zulagen für Schichtarbeit auf 140 EUR und für Wechselschichtarbeit auf 240 EUR
  • Einberechnung der gesetzlichen Pausen im Fahrdienst in die Arbeitszeit
  • Übernahme der Kosten für den Erwerb des Führerscheins der Klasse B bei Auszubildenden
  • Erhöhung der Jahressonderzahlung bei Auszubildenden auf 65 %

Schleswig-Holstein:

  • Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich
  • Begrenzung der Schichtlänge auf maximal 10 Stunden
  • Anhebung der Mindestruhezeit auf 12 Stunden
  • Samstagszuschläge von 25 % für den ganzen Tag
  • Streichung der Lohngruppe 7a und Überführung in die EG 7

Thüringen:

  • Erhöhung der Tabellenentgelte um 650 EUR pro Monat
  • Erhöhung der Ausbildungsentgelte um 250 EUR pro Monat
  • Einführung von Zuschlägen für die Samstagsarbeit in Höhe von 20 %
  • Erhöhung der Entschädigung für geteilte Dienste auf 30 EUR
  • Erhöhung der Zulagen für Schichtarbeit auf 100 EUR und für Wechselschichtarbeit auf 220 EUR
  • Erhöhung der Vergütung für Zeiten der Rufbereitschaft auf 20 %
  • Auszahlung des Jahresbonus in Höhe von 100 % ohne Abzug für Abwesenheitstage
  • Erhöhung der vermögenswirksamen Leistungen auf 50 EUR monatliche
  • Anerkennung von Ausbildungszeiten als Betriebszugehörigkeit
Pressemitteilungen ver.di vom 29.1. und 30.1.2024

Schlagworte zum Thema:  Tarifverhandlung, Öffentlicher Dienst