Tarifrunde 2021 TV-Ärzte/VKA Aktueller Stand

Nach insgesamt sieben Sondierungs- und Verhandlungsrunden haben sich die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und die Gewerkschaft Marburger Bund auf einen Tarifabschluss für die etwa 60.000 Ärztinnen und Ärzte an den kommunalen Krankenhäusern geeinigt.

Seit Herbst 2021 hatten die Tarifvertragsparteien verhandelt, es gab einen bundesweiten Warnstreik im März 2022 und festgefahrene Positionen, doch nun konnte eine Einigung erzielt werden. 

Inhalt der Tarifeinigung

Die Entgeltsteigerung von 3,35 Prozent greift rückwirkend zum 1. Oktober 2021. Die Regelungen zu den Ruf- und Bereitschaftsdiensten sowie den freien Wochenenden wurden modifiziert. Die Änderungen zu den Rufdiensten werden ab 1. Juli 2022 umgesetzt, die zu den Bereitschaftsdiensten und freien Wochenenden zum 1. Januar 2023.

Die Tarifvertragsparteien einigten sich im Einzelnen auf folgende Punkte:

Entgelt: Erhöhung um 3,35 Prozent (ab 1. Oktober 2021 bis 31. Dezember 2022)

Urlaub:

  • Ab dem 1. Januar 2022 erhalten die Ärztinnen und Ärzte einen zusätzlichen Urlaubstag.
  • Ab 1. Januar 2023 erhalten Ärztinnen und Ärzte, die mehr als 29 Bereitschaftsdienste im Kalenderhalbjahr geleistet haben, einen Tag Zusatzurlaub.

Rufbereitschaft (ab 1. Juli 2022):

  • Pro Kalendermonat sind nicht mehr als 13 Rufbereitschaftsdienste (ein Rufbereitschaftsdienst umfasst maximal 24 Stunden) und weitere Dienste nur bei der Gefährdung der Patientensicherheit zu leisten. Ab dem 14. Rufbereitschaftsdienst je Kalendermonat erhält die Ärztin/der Arzt zusätzlich zum Rufbereitschaftsentgelt einen Zuschlag von 10 Prozent, nach jedem weiteren dritten Rufbereitschaftsdienst erhöht sich der Zuschlag um jeweils weitere 10 Prozentpunkte.
  • Für die tatsächliche Inanspruchnahme in der Zeit zwischen 0 und 6 Uhr erhält die Ärztin/der Arzt zusätzlich zu dem Entgelt für Überstunden sowie für etwaige Zeitzuschläge erfasste Zeiten einen weiteren neuen Zuschlag. Auf Wunsch der Ärztin/des Arztes kann dieser Zuschlag in Freizeit ausgeglichen werden.

Bereitschaftsdienste (ab 1. Januar 2023):

  • Bei der Anordnung von Bereitschaftsdiensten hat die Ärztin/der Arzt grundsätzlich innerhalb eines Kalendermonats nur bis zu vier Bereitschaftsdienste zu leisten.
  •  Die Möglichkeit, Bereitschaftsdienste, Rufbereitschaften und Arbeitsleistungen am Wochenende bei Gefährdung der Patientensicherheit anordnen zu können, bleibt erhalten.  

Freie Wochenenden (ab 1. Januar 2023): Die Tarifvertragsparteien haben vereinbart, dass im Grundsatz nur an zwei Wochenenden pro Monat eine Arbeitsleistung zu erbringen ist.

Die zuständigen Gremien der VKA müssen dem Tarifabschluss noch zustimmen.

Eventuell Anfang 2023 erneute Verhandlungen über Entgelt

Sollte der Marburger Bund die Regelungen zu den Entgelten zum Ende des Jahres 2022 kündigen, stehen bereits Anfang 2023 erneut Tarifverhandlungen an, dann jedoch lediglich im Hinblick auf die Entgelte der Ärztinnen und Ärzte.

„Wir können nachvollziehen, dass der Marburger Bund auf Sicht fahren will. Der jetzige Tarifabschluss zeigt deutlich, wo in monetärer als auch organisatorischer Hinsicht ein Entgegenkommen bei den kommunalen Krankenhäusern möglich war. Unsere Häuser haben einen Versorgungsauftrag zu erfüllen, dies galt es sicherzustellen“, erklärt Wolfgang Heyl, Verhandlungsführer der VKA und Vorsitzender des Gruppenausschusses der VKA für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen.

Arbeitgeberseite zufrieden mit Ergebnis

Wolfgang Heyl, Verhandlungsführer der VKA sagte: „Der Abschluss stellt angesichts einer hohen Inflation und der Belastungen durch die Corona-Pandemie eine tragbare Lösung für alle Parteien dar. Neben den Entgeltsteigerungen für die Ärztinnen und Ärzte um 3,35 Prozent sind wir dem Marburger Bund auch hinsichtlich der schwierigen Problematiken zu Ruf- und Bereitschaftsdiensten als auch zu freien Wochenenden deutlich entgegengekommen. Alles in allem haben wir trotz der ungewissen wirtschaftlichen Entwicklungen einen guten Tarifabschluss herbeigeführt.“

Die unterschiedlichen Stichtage für die Einführung der Neuregelungen begründete er mit organisatorischen Umstellungen: „Damit die administrativen Belastungen für unsere Häuser, die durch die strukturellen Änderungen bei Ruf- und Bereitschaftsdiensten auf diese zukommen, gering gehalten werden, haben wir unterschiedliche Zeiten zu deren Umsetzung vereinbart. Mit dem Marburger Bund besteht darüber hinaus Konsens, dass die nun vereinbarten Regelungen zu Ruf- und Bereitschaftsdiensten sowie freie Wochenenden in den kommenden Jahren nicht mehr angefasst werden. Damit haben unsere Häuser Planungssicherheit, die aufgrund der pandemiebedingten Belastungen durch abgesagte Operationen und Einnahmeverlusten überaus wichtig ist.“

Marburger Bund: Verbesserungen bei Arbeits- und Ruhezeiten

Der Marburger Bund sprach von einem "Gesamtpaket an substanziellen Verbesserungen", das Belastungen außerhalb der Regelarbeitszeit klare Grenzen setze und verlässliche Ruhezeiten garantiere.

Christian Twardy, Verhandlungsführer des Marburger Bundes sagte: "Natürlich wollten wir bei den Gehältern einen größeren Zuwachs erreichen, die vergleichsweise kurze Laufzeit macht es uns aber möglich, mit Beginn des nächsten Jahres in neue Entgeltverhandlungen einzutreten. Zudem haben wir erreichen können, dass die Ärztinnen und Ärzte einen deutlich erweiterten Urlaubsanspruch erhalten. Auch das ist materiell bedeutsam.“

Bei der Begrenzung von Bereitschaftsdiensten in den Klinken hat der Marburger Bund den von ihm geforderten kalendermonatlichen Bezugszeitraum durchsetzen können. Bisher galt für die Höchstgrenze von vier Diensten eine Durchschnittsberechnung innerhalb eines Kalenderhalbjahres.

Angesichts der Preisentwicklung solle zudem bereits zum 1. Januar 2023 erneut über Gehälter verhandelt werden. Die Gewerkschaft war mit der Forderung von 5,5 Prozent mehr Geld in die Verhandlungen gegangen.


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Marburger Bund / VKA

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