Entscheidungsstichwort (Thema)
Bezugnahme auf Tarifvertrag. Definition der Schichtarbeit. Jeweiligkeitsklausel
Leitsatz (redaktionell)
1. Sinn und Zweck einer Jeweiligkeitsklausel ist die dynamische Bezugnahme auf die jeweils geltenden tariflichen Vorschriften. Dies gilt sowohl für die zukünftigen als auch für die aktuell geltenden Tarifbestimmungen. Die zukünftige Änderung der tariflichen Bestimmungen bewirkt eine Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen, ohne dass es der Zusendung oder auch nur einer Kenntnisnahme der geltenden Tarifverträge bedarf. Die Jeweiligkeitsklausel schließt aus, dass ein bestimmter Tarifvertrag unabhängig von seiner aktuellen Geltung Vertragsbestandteil wird.
2. Für den Begriff der Schichtarbeit ist wesentlich, dass eine bestimmte Arbeitsaufgabe über einen erheblich längeren Zeitraum als die tatsächliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers hinausgeht und daher von mehreren Arbeitnehmern (oder Arbeitnehmergruppen) in einer geregelten zeitlichen Reihenfolge teilweise auch außerhalb der allgemein üblichen Arbeitszeit erbracht wird. Bei Schichtarbeit arbeiten nicht sämtliche Beschäftigte eines Betriebs zur selben Zeit, sondern ein Teil arbeitet, während der andere Teil arbeitsfreie Zeit hat, wobei beide Teile sich regelmäßig nach einem feststehenden und überschaubaren Schichtplan ablösen.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 151, 242, 305 Abs. 1, § 305c Abs. 2
Verfahrensgang
LAG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 23.03.2006; Aktenzeichen 6 Sa 115/05) |
ArbG Koblenz (Urteil vom 01.12.2004; Aktenzeichen 1 Ca 1861/04) |
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. März 2006 – 6 Sa 115/05 – wird zurückgewiesen.
2. Auf die Revision der Beklagten wird das bezeichnete Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben, soweit es auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 1. Dezember 2004 – 1 Ca 1861/04 – abgeändert, der Klage stattgegeben und über die Kosten entschieden hat. Auch insoweit wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine Einmannfahrer-Zulage, Zuschläge für Nachtarbeit und eine Leistungszulage.
Der Kläger war seit 1982 bei der K… Elektrizitätswerk- und Verkehrs-Aktiengesellschaft (im Folgenden: KEVAG) als Omnibusfahrer beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde durch einen Aufhebungsvertrag zum 15. Februar 2004 beendet. Für die mit dem Ausscheiden verbundenen wirtschaftlichen Nachteile erhielt der Kläger eine Abfindung in Höhe von 95.086,00 Euro. Zusammen mit dem Angebot auf Abschluss des Aufhebungsvertrags durch die KEVAG übersandte ihm die Beklagte am 10. Dezember 2003 ein Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrags ab dem 16. Februar 2004 nebst einer Tarifsammlung für das private Transport- und Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz. Der darin enthaltene Manteltarifvertrag in der Fassung vom 7. September 1994 (im Folgenden: MTV) sah in Nr. 4 Abs. 1 der Anlage 3 zu § 13 noch die zum 1. Oktober 1996 aufgehobene Zulage für “Einmannfahrer” in Höhe von 10 % des tariflichen Stundenlohns vor. Die gleiche Tarifsammlung wurde dem Kläger nach einer entsprechenden Zusage des für Personalangelegenheiten zuständigen Vorstandsmitglieds der KEVAG einige Tage später erneut übersandt.
Der Kläger nahm das Einstellungsangebot der Beklagten an. Seit dem 16. Februar 2004 arbeitet er bei der Beklagten wie weitere zuvor bei der KEVAG beschäftigte Arbeitnehmer als Omnibusfahrer (Einmannfahrer) im Linienverkehr. Seine tarifliche Vergütung beträgt 1.764,60 Euro brutto bei einer Arbeitszeit von 170 Stunden/Monat. In dem Arbeitsvertrag heißt es:
Ҥ 5 Tarifliche und betriebliche Bestimmungen
Wesentlicher Bestandteil dieses Arbeitsvertrages sind die jeweils geltenden Bestimmungen der Tarifverträge, insbesondere des Manteltarifvertrages, abgeschlossen zwischen der Vereinigung der Arbeitgeberverbände Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), Landesbezirk Rheinland-Pfalz, der jeweils bestehenden betrieblichen Vereinbarungen bzw. Dienstanweisungen und die betriebliche Übung.
Die Tarifverträge und gegebenenfalls weitere Unterlagen können im Büro … eingesehen werden.”
Die Beklagte zahlt ihren nicht zuvor bei der KEVAG beschäftigten Omnibusfahrern auf Grund arbeitsvertraglicher Abreden bei Erbringung zufriedenstellender Leistungen eine Leistungszulage in Höhe von 400,00 Euro brutto monatlich. Die Zulage wird als freiwillige, jederzeit widerrufliche Leistung bezeichnet, auf die tarifliche Lohnerhöhungen angerechnet werden können. Die ehemaligen Arbeitnehmer der KEVAG erhalten keine Zulage.
Der Kläger wird als Omnibusfahrer im Rahmen eines im Voraus festgelegten Einsatzplans eingesetzt, wobei er auch zwischen 21.00 Uhr und 6.00 Uhr arbeitet. Der MTV sieht in seiner aktuellen Fassung für Nachtarbeit einen Zuschlag in Höhe von 50 % des tariflichen Stundenlohns vor. Zuschlagspflichtige Nachtarbeit iSd. Tarifvertrags ist die Arbeit zwischen 21.00 Uhr und 6.00 Uhr. Dies gilt nicht für Nachtarbeit während der Schichtarbeit. Für diese Arbeit bestimmt der Tarifvertrag einen Zuschlag in Höhe von 15 % des tariflichen Stundenlohns.
Mit seiner Klage hat der Kläger die Zahlung der Einmannfahrer-Zulage, der Leistungszulage und des Nachtzuschlags für Februar 2004 bis März 2005 verlangt sowie die Feststellung begehrt, dass die Beklagte auch künftig zur Zahlung der Zulagen und des Zuschlags verpflichtet sei. Auf Grund der Übersendung der Tarifsammlung habe er bei Eingehung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten davon ausgehen dürfen, dass der alte Tarifvertrag mit der darin enthaltenen Einmannfahrer-Zulage Inhalt des Arbeitsvertrags werde. Die Beklagte zahle die Zulage in Höhe von 400,00 Euro brutto auf Grund einer betrieblichen Übung, die von § 5 des Arbeitsvertrags erfasst werde. Der Anspruch sei zudem auf Grund des Gleichbehandlungsgrundsatzes gerechtfertigt. Dem Zuschlag für Nachtarbeit stehe die Regelung über Nachtarbeit während der Schichtarbeit nicht entgegen, weil er nicht in Schichtarbeit beschäftigt werde.
Der Kläger hat zuletzt beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.524,65 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,
dem Kläger eine Zulage in Höhe von 10 % seines maßgeblichen monatlichen Tabellenlohnes (Einmannfahrer-Zulage) zu zahlen,
an den Kläger monatlich eine betriebliche Zulage in Höhe von 400,00 Euro brutto zu zahlen,
dem Kläger für die Arbeit zwischen 21.00 Uhr und 6.00 Uhr einen Zuschlag pro Stunde zu zahlen, der pro Stunde 50 % des jeweiligen tariflichen Stundenlohnes beträgt.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Ein Anspruch auf die Einmannfahrer-Zulage sei nicht gegeben, weil im Arbeitsvertrag die jeweils geltenden Bestimmungen der Tarifverträge in Bezug genommen seien. Die Leistungszulage werde auf Grund einzelvertraglicher Abreden und nicht nach einer betrieblichen Übung gezahlt. Ihr Zweck sei es gewesen, einen bestehenden Personalkräftemangel zu beseitigen. Diese Praxis der Vertragsgestaltung sei zum Jahresende 2003 eingestellt worden, weil sich die Arbeitsmarktlage verändert habe. Zudem hätten die von der KEVAG übernommenen Arbeitnehmer eine beträchtliche Abfindung zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile erhalten. Der Kläger verrichte Schichtarbeit, so dass nach den tariflichen Regelungen nur der Schichtarbeits-, nicht der Nachtarbeitszuschlag zu zahlen sei.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beklagte zur Zahlung der Einmannfahrer-Zulage verurteilt und die weitergehende Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit den vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revisionen verfolgen der Kläger die genannten Klageanträge und die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision der Beklagten ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der Einmannfahrer-Zulage.
1. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anspruch auf die Zulage zu, weil der MTV in der Fassung vom 7. September 1994 durch Übersendung der Tarifverträge Inhalt des Vertragsangebots geworden sei und der Kläger das Angebot angenommen habe. Es liege eine Unklarheit vor, die nach § 305c Abs. 2 BGB iVm. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB zu Lasten des Verwenders, also der Beklagten, gehe.
2. Dem folgt der Senat nicht.
a) Bei dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 10. Dezember 2003 handelt es sich um einen Formularvertrag, der von der Beklagten für eine Vielzahl von Verträgen gleichlautend verwendet und dem Kläger bei Vertragsabschluss gestellt wurde (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB). Seine Auslegung ist durch das Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen (vgl. nur Senat 31. August 2005 – 5 AZR 545/04 – BAGE 115, 372, 380). Nach den §§ 133, 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen müssen. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen. Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind aber auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (BAG 14. Dezember 2005 – 10 AZR 296/05 – AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 37 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 30, zu II 1a der Gründe). Nach § 305c Abs. 2 BGB gehen Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders. Die Unklarheitenregel beruht auf dem Gedanken, dass es Sache des Verwenders ist, die von ihm vorgegebenen Vertragsbedingungen klar und unmissverständlich zu formulieren. Sie bezieht sich deshalb nur auf das Verständnis der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nicht auf die Bedeutung unklarer Begleitumstände (vgl. Senat 13. Juni 2007 – 5 AZR 564/06 –, zu I 3c der Gründe). Diese sind aus der Sicht eines redlichen und verständigen Empfängers der Erklärung zu würdigen.
b) Danach haben die Parteien die bereits außer Kraft getretenen Regelungen des MTV vom 7. September 1994 nicht arbeitsvertraglich in Bezug genommen. Es gilt zwischen ihnen jeweils nur die aktuelle Fassung des MTV. Schon ab dem 1. Oktober 1996 wurde die Einmannfahrer-Zulage Bestandteil des tariflichen Tabellenentgelts und nicht mehr als besondere Zulage gezahlt. Daher besteht auch kein Anspruch des Klägers auf Zahlung der Zulage.
Nach dem eindeutigen Wortlaut von § 5 Abs. 1 des Arbeitsvertrags musste für einen objektiven und verständigen Erklärungsempfänger klar sein, dass nicht die Bedingungen einer bestimmten Fassung des Manteltarifvertrags, sondern die jeweils geltenden Bestimmungen der Tarifverträge Vertragsbestandteil werden sollten. Daran ändert die Übersendung des inhaltlich nicht mehr aktuellen Manteltarifvertrags vom 7. September 1994 nichts. Sie hatte für den Inhalt des Vertragsangebots angesichts des eindeutigen Vertragswortlauts keine Bedeutung. Sinn und Zweck einer Jeweiligkeitsklausel ist die dynamische Bezugnahme auf die jeweils geltenden tariflichen Vorschriften. Dies gilt sowohl für die zukünftigen als auch für die aktuell geltenden Tarifbestimmungen. Die zukünftige Änderung der tariflichen Bestimmungen bewirkt eine Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen, ohne dass es der Zusendung oder auch nur einer Kenntnisnahme der geltenden Tarifverträge bedarf. Die Jeweiligkeitsklausel schließt aus, dass ein bestimmter Tarifvertrag unabhängig von seiner aktuellen Geltung Vertragsbestandteil wird. Eine Bezugnahme auf den übersandten Tarifvertrag enthielt das Vertragsangebot nicht. Vielmehr war in § 5 Abs. 2 des Arbeitsvertrags bestimmt, dass die Tarifverträge und gegebenenfalls weitere Unterlagen im Büro eingesehen werden können. Die Übersendung des Tarifvertrags stellt demnach keine Willenserklärung dar. Das war auch für einen juristischen Laien hinreichend deutlich.
Dieser Auslegung steht die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB nicht entgegen. Bei der Auslegung des Formularvertrags bestehen keine Zweifel. Unklar war allenfalls, ob der übersandte Tarifvertrag der aktuell geltende Tarifvertrag war. Die Vertragsauslegung kann das nicht entscheidend beeinflussen, insbesondere keine zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigende Unklarheit der Erklärung bewirken. In Betracht kommt lediglich eine, allerdings von der Beklagten geschaffene, Unklarheit der Begleitumstände, aus der der Kläger nichts für sich herleiten kann. Ob die Beklagte mit der Übersendung des nicht mehr aktuellen Tarifvertrags gegenüber dem Kläger eine Informationspflicht als Nebenpflicht zum Arbeitsvertrag oder als vorvertragliche Pflicht schuldhaft verletzt hat und ob den Kläger ggf. ein Mitverschulden trifft, kann dahingestellt bleiben, da der Kläger keinen Schadensersatzanspruch mehr verfolgt.
II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts hinsichtlich der Leistungszulage und des Nachtarbeitszuschlags zu Recht zurückgewiesen.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der Leistungszulage in Höhe von monatlich 400,00 Euro brutto.
a) Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger keine einzelvertragliche Erklärung abgegeben, ihn zu den gleichen Arbeitsvertragsbedingungen wie die nicht übernommenen Arbeitnehmer zu beschäftigen. Die Zusicherung der Beklagten im Schreiben vom 10. Dezember 2003, als Eintrittsdatum gelte der “01.10.1982”, bezieht sich ersichtlich ausschließlich auf die Anerkennung der Beschäftigungszeit. Sie enthält angesichts der im Arbeitsvertrag im Einzelnen niedergelegten Arbeitsbedingungen kein Angebot auf Gewährung gleicher Arbeitsvertragsbedingungen wie die 1982 bei der Beklagten eingetretenen Arbeitnehmer.
b) Der Anspruch ergibt sich nicht aus betrieblicher Übung. Im Betrieb der Beklagten existiert keine auf die Vereinbarung oder die Gewährung der Leistungszulage gerichtete betriebliche Übung.
aa) Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille, sondern wie der Erklärungsempfänger das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte (st. Rspr., vgl. nur Senat 28. September 2005 – 5 AZR 565/04 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Presse Nr. 17 = EzA TVG § 4 Presse Nr. 4, zu II 2a der Gründe). Die Annahme einer betrieblichen Übung ist ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber zu dem von ihm praktizierten Verhalten auf Grund einer vertraglichen Regelung verpflichtet ist (BAG 19. Juni 2001 – 1 AZR 598/00 – EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 67, zu 1a der Gründe; Senat 16. September 1998 – 5 AZR 598/97 – AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 54 = EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 41, zu I 3 c, d der Gründe).
bb) Nach diesen Grundsätzen sind die Voraussetzungen einer betrieblichen Übung nicht gegeben. Die Beklagte gewährte dem Kläger als einem der von der KEVAG übernommenen Arbeitnehmer keine Leistungszulage. Die Gewährung der Leistungszulage an die nicht übernommenen Arbeitnehmer begründete keine betriebliche Übung, weil die Beklagte die Zulage in Erfüllung einer vertraglichen Verbindlichkeit leistete und mit ihrem Verhalten erkennbar kein Angebot auf Begründung einer neuen Verbindlichkeit verbunden war. Das gilt unabhängig von der Wirksamkeit des vereinbarten Freiwilligkeitsvorbehalts (vgl. hierzu Senat 25. April 2007 – 5 AZR 627/06 – NZA 2007, 853, zu I 3 der Gründe). Der Kläger konnte das Verhalten der Beklagten weder dahin verstehen, sie werde ohne vertragliche Grundlage auch an ihn eine entsprechende Leistung erbringen, noch dahin, sie werde auch ihm ein entsprechendes Angebot machen. Einer solchen Annahme stehen die ausdrücklichen rechtsgeschäftlichen Erklärungen entgegen, die eine bewusste Differenzierung seitens der Beklagten ergeben.
c) Der Anspruch auf Zahlung der Leistungszulage ergibt sich nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
aa) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage ebenso wie die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern einer bestimmten Ordnung. Unzulässig ist sowohl die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe als auch eine sachfremde Gruppenbildung (vgl. nur Senat 14. Juni 2006 – 5 AZR 584/05 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 200 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 9, zu II 1a der Gründe). Eine Differenzierung ist sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn also bei einer am Gleichheitsgedanken orientierten Betrachtungsweise die Regelung als willkürlich anzusehen ist (vgl. BVerfG 15. Oktober 1985 – 2 BvL 4/83 – BVerfGE 71, 39, 58). Im Bereich der Vergütung gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nur eingeschränkt, weil der Grundsatz der Vertragsfreiheit für individuell vereinbarte Löhne und Gehälter Vorrang hat (BAG 25. Oktober 2001 – 6 AZR 560/00 – EzBAT BAT § 40 Nr. 20, zu II 2b der Gründe). Das Gebot der Gleichbehandlung greift jedoch dann ein, wenn der Arbeitgeber Leistungen auf Grund einer generellen Regelung gewährt, insbesondere wenn er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt. Von einer solchen Regelung darf er Arbeitnehmer nur aus sachlichen Gründen ausschließen (st. Rspr., vgl. BAG 21. März 2002 – 6 AZR 144/01 – EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 88, zu B II 2a der Gründe). Zunächst ist der Zweck der in Betracht kommenden Maßnahme zu ermitteln und danach zu beurteilen, ob der von der begünstigenden Maßnahme ausgeschlossene Personenkreis berechtigterweise außerhalb der allgemeinen Zweckrichtung steht (BAG 11. September 1985 – 7 AZR 371/83 – BAGE 49, 346, 360).
bb) Danach scheidet ein Anspruch des Klägers auf Zahlung der Leistungszulage aus. Zwar findet das Gebot der Gleichbehandlung Anwendung, jedoch ist weder die Gruppenbildung noch die Zuordnung des Klägers zu beanstanden.
Die Beklagte hat mit der Neugestaltung der Vertragsbedingungen die Entscheidung getroffen, den ehemals bei der KEVAG beschäftigten Arbeitnehmern die Zahlung einer Leistungszulage nicht anzubieten. Die Gewährung der Abfindungen stellt einen sachlichen Grund für diese Gruppenbildung dar. Der Kläger hat wie die anderen übernommenen Arbeitnehmer von der KEVAG eine Abfindung “zum Ausgleich für die wirtschaftlichen Nachteile bei der KEVAG” erhalten. Wirtschaftliche Nachteile entstanden ihm auf Grund der Weiterbeschäftigung zu schlechteren Arbeitsbedingungen bei der Beklagten. Die Abfindung in Höhe von 95.086,00 Euro sollte dem Ausgleich dieser wirtschaftlichen Nachteile dienen. Ungeachtet des Umstands, dass die Beklagte und die KEVAG rechtlich selbständige juristische Personen sind, bestehen zahlreiche Verbindungen, welche die Gewährung der Abfindung als Kompensation der sich aus der Beschäftigung zu schlechteren Arbeitsbedingungen ergebenden wirtschaftlichen Nachteile erklären. Eine entsprechende Leistung erhielten die bereits bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer nicht. Daher war die Beklagte berechtigt, die durch die Abfindung bessergestellten übernommenen Arbeitnehmer von der Zahlung der Leistungszulage auszunehmen (vgl. Senat 14. März 2007 – 5 AZR 420/06 – Rn. 27 f., NZA 2007, 862).
cc) Ob darüber hinaus auch die von der Beklagten geltend gemachte Zweckbestimmung der Zulage als Arbeitsmarktzulage die Gruppenbildung rechtfertigt, bedarf keiner Entscheidung.
dd) Der Umstand, dass die übernommenen und die übrigen Arbeitnehmer die gleiche Arbeit leisten, zwingt die Beklagte nicht zur Gewährung der Zulage an alle Arbeitnehmer. Der Grundsatz “Gleicher Lohn für gleiche Arbeit” ist keine allgemeingültige Anspruchsgrundlage. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet nur eine willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb der Gruppen und eine sachfremde Gruppenbildung. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
ee) Die Gewährung der Zulage an die Arbeitnehmer, die zunächst befristet bei der Beklagten beschäftigt waren und deren Arbeitsverhältnisse erst nach der Einstellung des Klägers in unbefristete Arbeitsverhältnisse umgewandelt wurden, begründet ebenfalls keinen Anspruch auf Gleichbehandlung. Es handelt sich ausschließlich um Arbeitnehmer, die bereits vor dem 16. Februar 2004 bei der Beklagten beschäftigt waren und denen damals schon die Leistungszulage gezahlt wurde. Die Entfristung der Arbeitsverträge führte nicht zu einer Neueinstellung. Darüber hinaus kamen diese Arbeitnehmer auch nicht in den Genuss einer Abfindung.
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung des Nachtarbeitszuschlags in Höhe von 50 % des tariflichen Stundenlohns.
a) § 12 Abs. 1 und 2 lit. b MTV sieht für Nachtarbeit einen Zuschlag in Höhe von 50 % des tariflichen Stundenlohns vor. Zuschlagspflichtige Nachtarbeit ist die Arbeit zwischen 21.00 Uhr und 6.00 Uhr, soweit es sich nicht um Nachtarbeit während einer Schichtarbeit handelt (§ 9 MTV). Schichtarbeit ist nach § 29 MTV die Arbeit nach einem Schichtplan (Dienstplan), der einen regelmäßigen Wechsel der Arbeitszeit in Zeitabschnitten von längstens einem Monat vorsieht. Sie wird nach § 12 Abs. 1 und 2 lit. c MTV in der Zeit von 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr mit einem Zuschlag in Höhe von 15 % des tariflichen Stundenlohns vergütet.
b) Das Landesarbeitsgericht hat die Tätigkeit des Klägers zu Recht als Schichtarbeit im Sinne des § 29 MTV angesehen und daher einen Anspruch auf Zahlung des Zuschlags für Nachtarbeit in Höhe von 50 % des tariflichen Stundenlohns zutreffend abgelehnt.
Für den Begriff der Schichtarbeit ist wesentlich, dass eine bestimmte Arbeitsaufgabe über einen erheblich längeren Zeitraum als die tatsächliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers hinausgeht und daher von mehreren Arbeitnehmern (oder Arbeitnehmergruppen) in einer geregelten zeitlichen Reihenfolge teilweise auch außerhalb der allgemein üblichen Arbeitszeit erbracht wird. Bei Schichtarbeit arbeiten nicht sämtliche Beschäftigte eines Betriebs zur selben Zeit, sondern ein Teil arbeitet, während der andere Teil arbeitsfreie Zeit hat, wobei beide Teile sich regelmäßig nach einem feststehenden und überschaubaren Schichtplan ablösen (vgl. BAG 20. April 2005 – 10 AZR 302/04 – AP BMT-G II § 24 Nr. 3, zu II 1a der Gründe).
Nach diesen Grundsätzen leistet der Kläger Schichtarbeit. Die Arbeitsaufgabe als Omnibusfahrer geht über die Arbeitszeit eines einzelnen Busfahrers hinaus und wird von mehreren Arbeitnehmern in Schichten erbracht. Während ein Teil der Arbeitnehmer arbeitet, hat der andere Teil arbeitsfrei. Die Einsätze des Klägers bestimmen sich nach einem feststehenden und überschaubaren Schichtplan (Dienstplan). Die jeweiligen Anfangs- und Endzeiten richten sich nach den Abfahrts- und Ankunftszeiten entsprechend den jeweiligen Fahrplänen der Buslinien. Schichtarbeit liegt auch dann vor, wenn sich die verschiedenen Schichten überlappen oder wenn Arbeitsbeginn und Arbeitsende der verschiedenen Schichten nur um wenige Stunden auseinanderliegen (BAG 14. Dezember 1993 – 10 AZR 368/93 – BAGE 75, 208). Es findet ein regelmäßiger Wechsel der Arbeitszeit in Zeitabschnitten von längstens einem Monat statt. Das Erfordernis der Regelmäßigkeit bezieht sich dabei auf die Regelmäßigkeit des Schichtwechsels. Eine gleichgewichtige Heranziehung des Arbeitnehmers zu den einzelnen Schichtarten ist nicht erforderlich, insbesondere bedarf es auch keines wiederkehrenden Einsatzes in denselben Schichten. Eine solche Regelmäßigkeit forderte beispielsweise die Wechselschichtarbeit nach § 15 Abs. 8 Unterabs. 6 BAT. § 29 MTV beinhaltet ein solches Erfordernis nicht. Entgegen der Auffassung des Klägers stehen unregelmäßige Anfangs- und Endzeiten der Arbeit der Annahme von Schichtarbeit nicht entgegen.
Eine andere Auslegung ist nicht nach dem Sinn und Zweck von § 12 Abs. 1 und 2 lit. b, § 9 MTV geboten. Arbeitnehmer, die nicht in Schichtarbeit mit regelmäßig wechselnden Arbeitszeiten arbeiten, erhalten für die Arbeit zur Nachtzeit einen Zuschlag in Höhe von 50 % des tariflichen Stundenlohns. Damit wird die besondere Belastung vergütet, die mit dieser nicht regelmäßig wechselnden Arbeit verbunden ist. Für Schichtarbeiter sind dagegen ständig wechselnde Arbeitszeiten üblich. Für Busfahrer in Schichtarbeit stellt Nachtarbeit keine Besonderheit dar, welche die Nachtarbeitszeitvergütung rechtfertigt. Sie erhalten für Arbeit zur Nachtzeit einen Zuschlag nach § 12 Abs. 2 lit. c MTV in Höhe von 15 % des tariflichen Stundenlohns.
III. Der Kläger hat gemäß § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen.
Unterschriften
Müller-Glöge, Mikosch, Laux, Feldmeier, Reinders
Fundstellen