Entscheidungsstichwort (Thema)
Probezeitkündigung: Personalratsbeteiligung
Orientierungssatz
- Abweichend von den §§ 75 und 77 BPersVG erstreckt sich gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Rundfunkanstalt der Länder Berlin und Brandenburg vom 25. Juli 2002 das Recht des Personalrats zur Mitbestimmung auch auf den Fall der ordentlichen Kündigung.
- Von dieser Erweiterung des Mitbestimmungsrechts des Personalrats wird auch die ordentliche Kündigung in der Probezeit erfasst.
- Teilt der Personalrat mit, dem “Antrag zur Kündigung” werde “nicht zugestimmt” und verbindet er damit die Rüge, die Dienststelle habe es versäumt, den Personalrat umfassend über die beabsichtigte Kündigung zu informieren und die beabsichtigte Maßnahme mit dem Personalrat unter eingehender Darlegung des Sachverhaltes, also auch der Kündigungsgründe, zu erörtern, so ist das kein Verlangen auf Begründung der in Aussicht genommenen Kündigung im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 2 BPersVG. Es handelt sich vielmehr um die Nichtzustimmung zu der beabsichtigten Kündigung. Die genannte Rüge ist Bestandteil der Gründe für die Ablehnung der Zustimmung.
- Die Mitbestimmtheit der Probezeitkündigung wirkt sich dahin aus, dass grundsätzlich nur solche Einwendungen beachtlich sind, die die Unwirksamkeit der Probezeitkündigung immerhin als möglich erscheinen lassen.
- Ob die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz dazugehört, bleibt offen. Der Personalrat müsste jedenfalls eine konkrete Weiterbeschäftigungsmöglichkeit benennen.
- Der Arbeitgeber muss den Personalrat über alle Gesichtspunkte informieren, die ihn zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses veranlassen. Der Personalrat ist ordnungsgemäß angehört worden, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht subjektiv tragenden Kündigungsgründe mitteilt. Bei einer Kündigung in der Probezeit/Wartezeit von sechs Monaten nach § 1 Abs. 1 KSchG ist es ausreichend, wenn der Arbeitgeber dem Personalrat nur seine subjektiven Wertungen mitteilt, die ihn zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses veranlassen, wenn er keine auf Tatsachen gestützte und durch Tatsachen konkretisierte Kündigungsgründe benennen kann.
Normenkette
BPersVG §§ 75, 77, 69
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses über den 31. Oktober 2003 hinaus. Dabei geht es um die Frage, ob die dem Kläger gegenüber mit Schreiben vom 5. September 2003 erklärte ordentliche Kündigung in der Probezeit zum 31. Oktober 2003 wirksam ist.
Der Kläger war seit dem 10. März 2003 bei der Rechtsvorgängerin des Beklagte, dem SFB, beschäftigt. Mit Wirkung ab 1. Mai 2003 ging das Arbeitsverhältnis auf Grund Gesamtrechtsnachfolge gem. § 2 des Gesetzes zu dem Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Rundfunkanstalt der Länder Berlin und Brandenburg vom 7. November 2002 (GVBl. Berlin 2002, 331) auf den neu gebildeten Beklagten über. Der Kläger war als Sachbearbeiter mit besonderen Aufgaben zu einer monatlichen Bruttovergütung von 3.523,00 Euro tätig.
Der Beklagte gelangte in der Probezeit zu der Auffassung, der Kläger sei für die vereinbarte Tätigkeit nicht geeignet und entschloss sich zur Kündigung. Mit Schreiben vom 25. August 2003 leitete er das Personalratsbeteiligungsverfahren ein. Der Personalrat widersprach mit Schreiben vom 4. September 2003. Hierauf erwiderte der Beklagte mit Schreiben vom 5. September 2003 und kündigte an, die beabsichtigte Kündigung auszusprechen. Er sehe die Einwendungen des Personalrats als rechtsunerheblich an.
Mit dem Kläger am 8. September 2003 zugegangenen Schreiben vom 5. September 2003 erklärte der Beklagte die ordentliche Kündigung zum 31. Oktober 2003.
Mit der am 25. September 2003 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis über den 31. Oktober 2003 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbestehe.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei wegen nicht ordnungsgemäßer Durchführung des personalvertretungsrechtlichen Verfahrens unwirksam. Das Beteiligungsverfahren sei nicht ordnungsgemäß eingeleitet worden, da die Kündigungsabsicht gegenüber dem Personalrat nicht hinreichend begründet worden sei. Das Schreiben an den Personalrat enthalte nur eine schlagwortartige Bewertung. Auch fehle es an der erforderlichen Zustimmung des Personalrats. Die Zustimmungsverweigerung könne nicht als unbeachtlich angesehen werden. Sie sei vielmehr auf Grund des Einwandes begründet gewesen, dass seine, des Klägers, Weiterbeschäftigung in einem anderen Bereich möglich sei.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat sich auf den Standpunkt gestellt, es könne dahinstehen, ob die Kündigung nach § 34 des Staatsvertrags über die Errichtung einer gemeinsamen Rundfunkanstalt der Länder Berlin und Brandenburg vom 25. Juni 2002 (GVBl. Berlin 2002, 332, 338) iVm. §§ 75, 77 BPersVG der Zustimmung des Personalrats bedurft habe. Jedenfalls sei die Zustimmungsverweigerung des Personalrats nach § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG unbeachtlich gewesen, weil er innerhalb der gesetzlichen Frist für die Verweigerung nur solche Gründe vorgetragen gehabt habe, die offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung lägen. Die beabsichtigte Maßnahme gelte damit als gebilligt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das arbeitsgerichtliche Urteil abgeändert und der Feststellungsklage des Klägers entsprochen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt, die Revision des Beklagten zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Es lässt sich noch nicht abschließend beurteilen, ob die Kündigung des Beklagten vom 5. September 2003 das Arbeitsverhältnis aufgelöst hat.
I. Gem. § 34 Abs. 1 Satz 2 Staatsvertrag erstreckt sich abweichend von den §§ 75 und 77 BPersVG das Recht des Personalrats zur Mitbestimmung auch auf den Fall der ordentlichen Kündigung.
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, mangels eingeschränkter Formulierung gelte das auch für die Kündigung in der Probezeit mit der Folge, dass im Falle der beachtlichen Zustimmungsverweigerung das Verfahren gem. § 69 Abs. 3 und Abs. 4 BPersVG einzuhalten sei.
2. Das greift die Revision mit dem Vortrag an, das Landesarbeitsgericht habe bei der Auslegung der Norm die Entstehungsgeschichte nicht hinreichend berücksichtigt. Der Landesgesetzgeber habe die von den Regelungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes abweichende Norm seinerzeit deshalb in den Staatsvertrag eingefügt, um die Besorgnis der beim Sender Freies Berlin und beim Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg beschäftigten Arbeitnehmer auszuräumen, im Rahmen der Fusion der beiden Sendeanstalten könne es zu betriebsbedingten Kündigungen kommen, die bei Anwendung des Bundespersonalvertretungsgesetzes – anders als nach den Landespersonalvertretungsgesetzen Berlins und Brandenburgs – nicht der Mitbestimmung des Personalrats bedurft hätten. Hierzu heiße es etwa in der Stellungnahme des Intendanten des Ostdeutschen Rundfunks Brandenburg zur 37. Hauptausschusssitzung des Landtages Brandenburg am 11. April 2002 (Ausschussprotokoll 3/547 Anlage 7):
“Es wäre jedoch wünschenswert, wenn die Staatsvertragspartner die Regelungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes in einem Punkt ergänzen könnten: die Mitbestimmung der Personalvertretung bei Kündigungen. Dies wäre sicherlich ein Beitrag, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Ausschluss fusionsbedingter Kündigungen zu verdeutlichen.”
Erst danach sei § 34 Abs. 1 Satz 2 in den Staatsvertrag aufgenommen worden. Keinesfalls habe der Gesetzgeber die Beschäftigten aber besser stellen wollen, als diese vor der Fusion gestanden hätten. Das Landespersonalvertretungsgesetz Brandenburgs sehe aber, wie sich aus § 68 Abs. 1 Nr. 2 ergebe, in den Fällen der Probezeitkündigung lediglich ein Anhörungsrecht des Personalrats vor und gerade kein Mitbestimmungsverfahren. In der Gesetzesterminologie der vertragschließenden Länder werde also zwischen “normalen” Kündigungen und solchen in der Probezeit unterschieden.
3. Der Senat folgt im Ergebnis der Auffassung des Landesarbeitsgerichts.
a) Die Auslegung von Gesetzen hat zunächst vom Wortlaut auszugehen und sich dann an dem systematischen Zusammenhang, der Gesetzesgeschichte und dem Normzweck auszurichten, soweit er im Gesetz erkennbaren Ausdruck gefunden hat (BAG 6. Juli 2000 – 2 AZR 695/99 – BAGE 95, 216, zu II 1 der Gründe mwN). Nach dem Wortlaut des Gesetzes, hier des § 34 Abs. 1 Satz 2 Staatsvertrag, kommt es darauf an, ob ein “Fall der ordentlichen Kündigung” vorliegt. Unter ordentlicher Kündigung versteht man die Hauptform der einseitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Sie ist gem. § 620 BGB bei allen Dienst- oder Arbeitsverhältnissen zulässig, die nicht auf bestimmte Zeit eingegangen wurden, also nicht befristet sind. Die ordentliche Kündigung ist normalerweise eine “befristete Kündigung”, dh., das Arbeitsverhältnis endet nicht sofort mit Zugang der Kündigungserklärung, sondern nach Ablauf einer bestimmten, ab Zugang der Kündigungserklärung laufenden Frist. Die gesetzlichen Kündigungsfristen für Arbeitsverhältnisse ergeben sich aus § 622 BGB. Sie können sich aus gesetzlichen Sonderregelungen ergeben (zB § 19 BErzGG, § 86 SGB IX) oder aus Tarifvertrag (§ 622 Abs. 4 BGB). Auch die Kündigung innerhalb der Probezeit ist eine ordentliche Kündigung. Das zeigt § 622 Abs. 3 BGB, wonach das Rechtsverhältnis während einer vereinbarten Probezeit längstens für die Dauer von sechs Monaten mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden kann (Schaub Arbeitsrechtshandbuch 11. Aufl. § 40 Rn. 20 ff.; Schaub/Linck aaO § 124 Rn. 31 ff.; Dörner in Dörner/Luczak/Wildschütz Handbuch Arbeitsrecht 4. Aufl. B Rn. 382). Dem Wortlaut des § 34 Abs. 1 Satz 2 Staatsvertrag nach ist die “Kündigung … innerhalb der … vereinbarten Probezeit” erfasst.
b) Der systematische Zusammenhang erscheint hier als unergiebig. Im vierten Abschnitt des Staatsvertrags sind “Satzung, Personalvertretung, anzuwendendes Recht” geregelt. Lediglich § 34 des Staatsvertrags beschäftigt sich mit “Personalvertretung”, wobei Satz 1 bestimmt, dass für den Rundfunk Berlin-Brandenburg das Bundespersonalvertretungsgesetz und die dazu erlassenen Rechtsverordnungen nach Maßgabe der für die Rundfunkanstalt des Bundesrechts “Deutsche Welle” geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung finden, also § 90 BPersVG (Gerhold in Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber BPersVG Stand Mai 2004 § 90 Rn. 4a, 48). Mit § 34 Abs. 1 Satz 2 Staatsvertrag ist “das Recht des Personalrats zur Mitbestimmung auch auf den Fall der ordentlichen Kündigung” ausgedehnt worden.
c) Die Entstehungsgeschichte, wie sie von der Revision geschildert wird und vom Senat als richtig unterstellt werden kann, steht dem nicht entgegen. Selbst wenn lediglich betriebsbedingte Kündigungen erschwert werden sollten, so ist das in § 34 Abs. 1 Satz 2 Staatsvertrag nicht zum Ausdruck gekommen. Es ist allgemein von dem “Fall der ordentlichen Kündigung” die Rede. Hinzu kommt, dass nach dem Landespersonalvertretungsgesetz Brandenburg Kündigungen innerhalb der Probezeit mitwirkungspflichtig sind, im Übrigen die Zustimmung nach § 63 Abs. 1 Nr. 17 Landespersonalvertretungsgesetz Brandenburg erforderlich ist. Demgegenüber sieht § 79 BPersVG die Mitwirkung bei der ordentlichen Kündigung generell vor, also auch bei der Probezeitkündigung. Wenn dann nach § 34 Abs. 1 Satz 2 Staatsvertrag die ordentliche Kündigung mitbestimmt ist, erfasst das auch die ordentliche Kündigung in der Probezeit.
d) Die Auslegung des § 34 Abs. 1 Satz 2 Staatsvertrag durch das Berufungsgericht entspricht auch dem zum Ausdruck gekommenen Sinn und Zweck der Vorschrift. Die ordentliche Kündigung sollte kein Fall der Mitwirkung mehr sein, sondern der Mitbestimmung des Personalrats unterworfen werden. Die Unterscheidung zwischen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses innerhalb der Probezeit und “normalen” ordentlichen Kündigungen nach Ablauf der Probezeit wurde nicht gemacht. Das kann deswegen als sinnvoll angesehen werden, um fusionsbedingte Kündigungen auch in der Probezeit zu erschweren (vgl. die von der Revision zitierte Stellungnahme des Intendanten des Ostdeutschen Rundfunks Brandenburg zur 37. Hauptausschusssitzung des Landtages Brandenburg am 11. April 2002, Ausschussprotokoll 3/547 Anlage 7).
II. Die fehlende Zustimmung des Personalrats iSd. § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG gilt hier als erteilt, wenn der Personalrat vor der Kündigung ordnungsgemäß angehört worden war. Ob Letzteres der Fall war, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Dies führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.
1. Das Landesarbeitsgericht hat nicht geprüft, ob der Personalrat mit dem Satz “Die bisher von Herrn B… gezeigten Arbeitsleistungen lassen es leider nicht zu, das Arbeitsverhältnis mit ihm über den Ablauf der Probezeit hinweg fortzusetzen.” zur Kündigung ordnungsgemäß angehört worden war. Es ist vielmehr von der Entscheidung des Zweiten Senats vom 29. September 1983 (– 2 AZR 179/82 – AP BPersVG § 79 Nr. 1) ausgegangen, wonach der Personalrat im Rahmen der bei der ordentlichen Kündigung vorgeschriebenen Mitwirkung Einwendungen jeglicher Art erheben kann und also nicht auf die in Abs. 1 Satz 3 des § 79 BPersVG aufgezählten Gründe beschränkt ist mit der Folge, dass das Mitwirkungsverfahren allemal nach § 72 Abs. 3 und 4 BPersVG fortzusetzen ist. Speziell für eine Kündigung in der Probezeit hat das Berufungsgericht angenommen, der Personalrat könne geltend machen, dass Kündigungsschutzbestimmungen nicht beachtet seien, die Verlängerung der Probezeit möglich sei oder eine andere Möglichkeit der Weiterbeschäftigung bestehe oder aber, dass andere außerhalb des Beurteilungsspielraums des Dienstherrns liegende Gründe gegen die Kündigung sprächen; für diese Ansicht hat es sich auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. November 1994 (– 6 P 11.93 – BVerwGE 97, 154) berufen. Hiervon ausgehend kommt das Landesarbeitsgericht zu dem Schluss, als Begründung des Widerspruchs genüge es, dass der Personalrat einwende, eine Weiterbeschäftigung des Klägers außerhalb der Hauptstadtstudios sei durchaus möglich. Da das dann erforderliche personalvertretungsrechtliche Mitbestimmungsverfahren nicht eingehalten worden sei, sei die Kündigung mangels Zustimmung des Personalrats oder Durchführung des vorgeschriebenen Verfahrens unwirksam.
2. Das vermag die Entscheidung nicht zu tragen.
a) Der Personalrat hat in seinem Schreiben vom 4. September 2003, also am letzten Tag der Zehn-Tage-Frist des § 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG, wie das Arbeitsgericht festgestellt hat, darauf verwiesen, die Beklagte habe es verabsäumt, den Personalrat umfassend über die beabsichtigte Kündigung zu informieren und diese mit ihm unter eingehender Darlegung des Sachverhalts, also auch der Kündigungsgründe zu erörtern. Darin könnte ein Verlangen auf Begründung der in Aussicht genommenen Kündigung iSd. § 69 Abs. 2 Satz 2 BPersVG liegen. Das ist jedoch nicht anzunehmen. Der Personalrat hat im Obersatz mitgeteilt, dem “Antrag zur Kündigung” werde “nicht zugestimmt”. Die Rüge, der Beklagte habe es versäumt, den Personalrat umfassend über die beabsichtigte Kündigung zu informieren und die beabsichtigte Maßnahme mit dem Personalrat unter eingehender Darlegung des Sachverhalts, also auch der Kündigungsgründe zu erörtern, ist Bestandteil der “Begründung” für die Nichtzustimmung zu der beabsichtigten Kündigung.
b) Die Beantwortung der Frage, ob die vom Personalrat angeführten Gründe für die Nichtzustimmung “nicht rechtserheblich” sind und die Kündigung als gem. § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG durch den Personalrat “gebilligt … gilt” oder ob, wie das Landesarbeitsgericht meint, das Verfahren nach § 69 Abs. 3 und 4 BPersVG hätte durchgeführt werden müssen, hängt davon ab, wie sich die Mitbestimmtheit der Probezeitkündigung auswirkt.
aa) Soweit das Landesarbeitsgericht den Hinweis des Personalrats auf eine mögliche Umsetzung des Klägers in einen anderen Bereich auf Grund der Qualifikation des Klägers für ausreichend hält, folgt dem der Senat nicht.
(1) Die Revision verweist auf die amtliche Begründung zu § 34 Staatsvertrag (Drucks. 15/632 des Abgeordnetenhauses von Berlin), wo zum Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei Kündigungen ausgeführt ist:
“Die Fälle, in denen der Personalrat gem. § 79 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BPersVG das Recht hat, vor einer ordentlichen Kündigung Einwendungen zu erheben, gelten dabei für das Recht der Mitbestimmung des Personalrats bei ordentlichen Kündigungen entsprechend.”
und meint, der Gesetzgeber habe den Verweis so verstanden wissen wollen, dass nur die in § 79 Abs. 1 unter Nr. 1 – 5 BPersVG ausdrücklich genannten Gründe den Personalrat zum Widerspruch berechtigten.
Das ist deswegen nicht zutreffend, weil eine solche Beschränkung in § 34 Abs. 1 Satz 2 Staatsvertrag keinen Niederschlag gefunden hat. Die ordentliche Kündigung ist mitbestimmt mit der Folge, dass zumindest das, was im Rahmen der Mitwirkung geltend gemacht werden kann, auch im Rahmen der Mitbestimmung vorgebracht werden kann.
(2) Demnach greift grundsätzlich die Entscheidung des Zweiten Senats vom 29. September 1983 (– 2 AZR 179/82 – AP BPersVG § 79 Nr. 1), nach der der Personalrat im Rahmen des Mitwirkungsverfahrens bei ordentlicher Kündigung nicht auf die in § 79 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 – 5 BPersVG aufgeführten Punkte beschränkt ist, sondern auch andere Gründe wirksam vortragen kann. Dabei ist aber zu beachten, dass diese Entscheidung für den “Normalfall” einer ordentlichen Kündigung ergangen ist, nämlich für eine gegenüber einem im Zeitpunkt des Zustimmungsantrags an den Personalrat bereits über zwölf Jahre im Arbeitsverhältnis zu einem öffentlichen Arbeitgeber stehenden Arbeitnehmer. Das kann auf eine Probezeitkündigung nicht unbesehen übertragen werden.
Die Aufstufung der Mitwirkung zur Mitbestimmung bei allen ordentlichen Kündigungen bedeutet nicht zugleich, dass den Arbeitnehmern, die noch keinen Kündigungsschutz iSd. Kündigungsschutzgesetzes haben, dieser ihnen indirekt über die Mitbestimmtheit der ordentlichen Kündigung zuwächst. Vielmehr bleibt es dabei, dass sich die Mitbestimmtheit nur auf solche Gründe beschränkt, die im Rahmen der Probezeitkündigung eine Rolle spielen. Das haben die Vorinstanzen dem Grunde nach erkannt. Es ist nämlich ausgeführt, die Verweigerung der Zustimmung des Personalrats zu einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme sei unbeachtlich, wenn die von der Personalvertretung angeführten Gründe den Mitbestimmungstatbeständen offensichtlich nicht zuzuordnen seien. Die Versagung einer Zustimmung ohne Gründe ist unbeachtlich und daher nicht geeignet, das Einigungsverfahren nach § 69 Abs. 3 und 4 BPersVG auszulösen. Aber auch wenn der Personalrat Gründe für eine Verweigerung angibt, führt dies nicht stets und zwangsläufig zur Einleitung des Einigungsverfahrens. Die Darlegung einer Rechtsauffassung oder der Vortrag von Tatsachen, aus denen sich ersichtlich kein Verweigerungsgrund ergibt, kann rechtlich nicht anders behandelt werden als das Fehlen einer Begründung (BVerwG 4. April 1985 – 6 P 37.82 – PersV 1987, 155).
Auf die Mitbestimmtheit der Probezeitkündigung übertragen bedeutet dies, dass nur solche Einwendungen beachtlich sind, die die Unwirksamkeit der Probezeitkündigung immerhin als möglich erscheinen lassen – “Möglichkeitstheorie” (BVerwG 17. August 1998 – 6 PB 4.98 –) –, also etwa ein Verstoß gegen § 242 BGB, § 138 BGB, Vorschriften besonderen Kündigungsschutzes wie SGB IX usw.
Dazu gehört nicht die Frage der möglichen Umsetzung in einen anderen Bereich. Ein solcher Einwand gehört in den Bereich des Kündigungsschutzgesetzes, wie § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG unschwer zeigt.
(3) Nun hat sich allerdings das Landesarbeitsgericht auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. November 1994 (– 6 P 11.93 – BVerwGE 97, 154) berufen. Dort ist zur Personalratsanhörung zu einer in Aussicht genommenen Kündigung innerhalb der Probezeit in der Tat ausgeführt:
“… eine solche Kündigung (ist) vom Personalrat im Rahmen der vorgeschriebenen Beteiligung nur daraufhin zu prüfen, ob Kündigungsschutzbestimmungen beachtet sind, ob nicht eine Verlängerung der Probezeit möglich ist oder eine andere Möglichkeit der Weiterbeschäftigung besteht … oder aber ob andere, außerhalb des Beurteilungsspielraums des Dienstherrn liegende Gründe gegen die Kündigung sprechen.”
Das erscheint aus den oben zu (2) dargelegten Gründen als zu weitgehend jedenfalls hinsichtlich der “anderen Möglichkeit der Weiterbeschäftigung”. Denn wenn der öffentliche Arbeitgeber zur Kündigung in der Probezeit greift, ist er der Auffassung, der Arbeitnehmer habe sich in dieser Zeit nicht durch Eignung, Befähigung und fachliche Leistung bewährt. Dann macht es jedenfalls für die auslaufende Probezeit keinen Sinn, den Arbeitnehmer auf einem anderen Arbeitsplatz weiterzubeschäftigen. Das ist, wie dargelegt, ein Prüfungspunkt aus dem Bereich des § 1 KSchG.
Selbst wenn jedoch der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu folgen wäre, müsste vom Personalrat jedenfalls verlangt werden, dass er eine “konkrete Weiterbeschäftigungsmöglichkeit” nennt. Es kann insoweit nichts anderes gelten als bei dem Widerspruch des Betriebsrats nach § 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG. Hier ist anerkannt, dass der Betriebsrat konkret darlegen muss, auf welchem freien Arbeitsplatz eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in Betracht kommt; hierbei muss der Arbeitsplatz zumindest in bestimmbarer Weise angegeben und der Bereich bezeichnet werden, in dem der Arbeitnehmer anderweitig beschäftigt werden kann (BAG 11. Mai 2000 – 2 AZR 54/99 – AP BetrVG 1972 § 102 Weiterbeschäftigung Nr. 13 = EzA BetrVG 1972 § 102 Beschäftigungspflicht Nr. 11; vgl. nur Kittner in Däubler/Kittner/Klebe BetrVG 9. Aufl. § 102 Rn. 201). Das gilt auch für § 79 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BPersVG (vgl. KR-Etzel 7. Aufl. §§ 72, 79, 108 Abs. 2 BPersVG Rn. 61). Darauf hat die Revisionsbegründung zutreffend hingewiesen. Für die mitbestimmte Probezeitkündigung gilt nichts anderes.
3. Ob der Personalrat hier ordnungsgemäß über die Kündigungsgründe unterrichtet wurde, kann der Senat dagegen nicht abschließend beurteilen.
a) Nach einhelliger Auffassung ist der Personalrat umfassend zu informieren. Der Dienststellenleiter hat dem Personalrat die Person des Arbeitnehmers, die Art der Kündigung, den Kündigungstermin sowie die Gründe für die beabsichtigte Kündigung mitzuteilen. Für den Umfang der Unterrichtungspflicht gelten hierbei die Grundsätze, die die Rechtsprechung im Rahmen von § 102 BetrVG entwickelt hat.
Nach § 102 Abs. 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung mitzuteilen, dh., der Arbeitgeber muss schriftlich oder mündlich dem Betriebsrat neben den näheren Informationen über die Person des betroffenen Arbeitnehmers, die Art und den Zeitpunkt der Kündigung, vor allem die seiner Ansicht nach maßgeblichen Gründe für die beabsichtigte Kündigung mitteilen. Hierfür genügt es in der Regel nicht, die Kündigungsgründe nur pauschal, schlagwort- oder stichwortartig zu bezeichnen oder bloße Werturteile ohne Angabe der für die Bewertung maßgebenden Tatsachen anzugeben.
Die Informationspflicht gegenüber dem Betriebsrat geht aber nicht so weit wie die Darlegungspflicht im Kündigungsrechtsstreit. Der Arbeitgeber ist daher auch nicht verpflichtet, dem Betriebsrat Unterlagen oder Beweismaterial zur Verfügung zu stellen oder Einsicht in die Personalakten des betreffenden Arbeitnehmers zu gewähren. Gleichwohl ist der für den Arbeitgeber maßgebliche Sachverhalt unter Angabe der Tatsachen, aus denen der Kündigungsentschluss hergeleitet wird, aber näher so zu umschreiben, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in die Lage versetzt wird, die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich über eine Stellungnahme schlüssig zu werden. Kommt der Arbeitgeber diesen Anforderungen an seine Mitteilungspflicht nicht oder nicht richtig nach, unterlaufen ihm insoweit bei der Durchführung der Anhörung Fehler, ist die Kündigung unwirksam, und zwar unabhängig davon, ob und wie der Betriebsrat zu der mangelhaften Anhörung Stellung genommen hat.
Auch bei einer Kündigung in den ersten sechs Monaten des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses richtet sich der Inhalt der Mitteilungspflicht des Arbeitgebers nach § 102 Abs. 1 BetrVG und der hier anwendbaren Vorschrift des BPersVG nicht nach den objektiven Merkmalen der Kündigungsgründe des noch nicht anwendbaren § 1 KSchG, sondern nach den Umständen, aus denen der Arbeitgeber subjektiv seinen Kündigungsentschluss herleitet. Die pauschale Umschreibung des Kündigungsgrundes durch ein Werturteil, zB nicht hinreichende Arbeitsleistungen, erfüllt ausnahmsweise dann die Anforderungen der Mitteilungspflicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG, wenn der Arbeitgeber seine Motivation nicht mit konkreten Tatsachen belegen kann (vgl. BAG 27. Juni 1985 – 2 AZR 412/84 – BAGE 49, 136; 16. September 2004 – 2 AZR 511/03 – AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 142 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 10, zu B I der Gründe).
b) Entgegen der Revisionsbeantwortung waren dem Personalrat die Sozialdaten des Klägers und die Kündigungsfrist bekannt. Das ergibt sich aus dem Schreiben des Personalrats an den Beklagten vom 4. September 2003. Die Kündigungsfrist ist im Anhörungsschreiben vom 25. August 2003 mittelbar durch den Kündigungstermin angegeben: 31. Oktober 2003.
c) Mit dem Satz “Die bisher von Herrn B… gezeigten Arbeitsleistungen lassen es leider nicht zu, das Arbeitsverhältnis mit ihm über den Ablauf der Probezeit hinaus fortzusetzen” hat der Arbeitgeber ein Werturteil abgegeben. Nach der Revisionsbeantwortung enthält die von der Beklagten vorgenommene Begründung der Kündigungsgründe nur eine schlagwortartige Bewertung. Das ist zwar zutreffend, reicht aber aus, soweit der Beklagte nicht auf einzelne Vorfälle abgestellt hat oder soweit solche Vorfälle dem Personalrat von dem Beklagten mitgeteilt und deshalb bekannt waren. Ob das der Fall war, ist offen.
Nach dem Vorbringen des Beklagten im Schriftsatz vom 23. Dezember 2003 soll ein Gespräch nach Einleitung des Beteiligungsverfahrens und unmittelbar vor der Personalratssitzung am 3. September 2003 mit dem Personalratsmitglied M… stattgefunden haben, demgegenüber die Ressortleiterin Betriebswirtschaft S… noch einmal ausführlich ihre Gründe im Zusammenhang mit ihrer fachlichen Einschätzung des Klägers erläutert haben soll. Zur Sprache seien dabei neben ihrer fachlichen Kritik an den Leistungen des Klägers, der nur einen Teil der ihm übertragenen Aufgaben habe zufriedenstellend erfüllen können und erhebliche Probleme in der Zusammenarbeit mit Mitarbeitern und Fremdfirmen gehabt habe, auch die Begleitumstände gekommen, dh. die soziale Situation des Klägers.
Auch in der Revisionsbegründung hat der Beklagte ausgeführt, der Personalrat sei mündlich ausführlich unterrichtet worden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist dazu vorgetragen worden, es habe mehrere Gespräche zwischen Frau S… vom ARD-Hauptstadtstudio des Beklagten und dem Personalrat oder einem Vertreter des Personalrats oder dem Personalratsvorsitzenden gegeben, auch über die Qualifikation des Klägers und einige konkrete Vorgänge, wie zB die nicht repräsentative Planung von Türrahmen.
Die ausreichende Anhörung des Personalrats bedarf somit der Klärung durch weitere Sachverhaltsfeststellungen. Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, unter Beweisantritt zur Personalratsanhörung noch im Einzelnen vorzutragen. Ggf. ist über die Personalratsanhörung eine Beweisaufnahme durchzuführen. Deshalb war der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Fischermeier, Dr. Armbrüster, Friedrich, Schäferkord, Schilling
Fundstellen
FA 2007, 93 |
NZA 2006, 808 |
AP 2007 |
AP, 0 |
ArbRB 2006, 169 |
NJOZ 2006, 2540 |